Der Traumfalter Jahresrückblick 2015

Mich deucht, es wär erst gestern gewesen. Die Menschen auf dem Erdenrund überfiel eine gallertartige Hysterie, endlich waren sie selbst in der Zukunft angekommen, die sie vorher nur aus Filmen kannten. Das Jahr 2015, es sollte ein ganz besonderes werden. Marty McFly würde endlich in dieser Zukunft ankommen und so starrten die Menschen in den Himmel voller Sehnsucht und warteten. Und warteten und warteten, denn Marty McFly landete tatsächlich am 21. Oktober 2015, allerdings in der Stadt Oberursel im Taunus. Er ging zum Bäcker und kaufte sich ein ganzes Blech Streuselkuchen, aß eine Hälfte auf und verfütterte den Rest an Enten und Schwäne im Stadtpark. Dann flog er wieder weg. Er wollte mit dem ganzen Trouble nichts zu tun haben, setzte bewusst ein Zeichen gegen diese ganze Zukunftseuphorie und dass sich die Leute nicht immer so künstlich aufregen sollen. Denn so eine Zukunft wird schnell Vergangenheit, auch sie hat ein Mindesthaltbarkeitsdatum und das Mindesthaltbarkeitsdatum der Zukunft war am 21. Oktober 2015 abgelaufen, tja, Pech gehabt.

Let strength be granted…

Das Licht der Flamme malt Schatten an das nasse Relief. Hinter dem Tor verklingen die Laute der Krähen in dumpfen Hall, der Wind, der sich in den Zinnen verfängt, pfeift wie winselndes Gewürm unter der Klinge der Erhabenen. Ich friere nicht, die Flamme spendet Wärme, jedoch keinen Trost. Einsamkeit lässt mich frösteln, meine Haut ist zerklüftet, einer Landkarte gleich, die den Weg in die Verdammnis beschreibt. Die Mauern sind durchdrungen von Wurzelgeflecht, sie binden das Bauwerk an ihren Lebenszyklus, organische Materie, die über Leben, Tod und Verfall bestimmt, ähnlich meiner Haut. Sie zu sehen konfrontiert mich mit meiner eigenen Vergänglichkeit. Viel habe ich auf dem Weg hierher verloren. Ich bin nun mehr eine Hülle, eine Puppe in ehernem Kleid, graviertes Eisen, lederne Schellen, zerrissene Gamaschen. Doch mein Körper selbst ist eine viel beständigere Hülle geworden.

Drei Groschen Gänsehaut

Ich war, bin und werde es immer sein – ein bekennender Horrorfan. Aber was heißt das? Wenn man sagt, man liebt Horror, meint man für gewöhnlich Horrorfilme, wo es wohlig schaudert oder derbe splattatert. Aber die Faszination an Horror geht weit über bloßen Filmkonsum hinaus. Als Kind lauschte man Gruselgeschichten am Lagerfeuer, das war mitnichten ein Filmklischee. Nachtwanderungen im Ferienlager waren der letzte Schrei, in dunklen Wäldern, wo das Unterholz knackte. Nie werde ich die Schallplatte “Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen” vergessen. In staubigen Bodenkammern fand ich alte Bücher, las “Der Doppelmord in der Rue Morgue” von Edgar Allan Poe. Doch die entscheidende Begegnung mit Horror machte ich im Frühjahr 1990, als andere Kinder mit Lego spielten und tonnenweise Hanuta verdrückten. Die Wende brachte nicht nur Süßkram und Spielzeug in die Läden, sondern auch obskure Drehständer mit bunten, aber auch düsteren Heftchen.

Riddle Me That!

Da die letzten Artikel wieder sehr viel Text enthielten, will ich mal wieder was ohne machen…oh scheiße, schon verbockt. Sei´s drum. In diesem viel besungenen Internet findet man ja das ein oder andere Filmquiz. Am liebsten mag ich Screenshot Quizese mit mehr oder minder treffenden Bildausschnitten aus Filmen, bei denen man denkt: “Jaaaaa, das kenn ich, äh…was war das nochmal gleich?” Erst kürzlich klickte ich mich mit einem guten Freund durch so ein Bilderrätsel und wurde dabei übel abgezockt. Aus jener tief sitzenden Schmach heraus dürstet es mich nun nach Rache und ich habe selbst ein knackiges Screenshot Quiz erstellt.

Super Mario Melody

Nach dem FANTASY FILMFEST hab ich erstmal genug von Filmen. Irgendwann muss auch mal Schluss sein! Worüber reden wir denn nun, wo das Thema abgehakt ist? Über Eierteigwaren? Fusselrollen? Schwierig, schwierig! Betreiben wir doch mal wieder etwas FanFiction, damit ist man unangreifbar. Super! Apropos Super, ich bin momentan wieder in einer Art Super Mario Flash. Nachdem ich mir auf Youtube diverse Hacks von Super Mario Spielen reingezogen habe (Liebe Grüße an Domtendo!) und bald der Level Editor SUPER MARIO MAKER ins Haus steht (Frage dazu: wer kauft mir eine WiiU?), hatte ich vor ein paar Nächten einen seltsamen, aber angenehmen Traum. Ich trum ein neues 3D-Super Mario Adventure. Wovon ich sing`n und sagen will!

…sometimes in the blue room

Ein leichtes leises Säuseln. Das Warten vor der Dekompressionskammer. Fremde Hände an Schultern, Hüfte, Fußfesseln. Schlüssel, Smartphone, Sonnenbrille, Tabak – keine Defekte.

 

Druckabfall nach der Schleuse.

 

Verengung der Pupillen, wittern des Pulses. Bel, Dezibel, Butterworth-Filter. Die Zunge trocken. Unterwegs in einer Melange aus Jetlag und Alkohol. Soundmembran. Weiter, weiter, ignoriere das Murmeln, beats per minute, Wellenlänge. Plug in.

 

Sometimes in the blue room, another dream fades away. Zwei Magnete. Abwesenheit von Kronkorken, offen für alles. Das erste Bier schmeckt metallisch. Kopfnicken am Tanzflächenrand, zu spät um sich fallen zu lassen. Warten. Akustischer Szenenwechsel.

PANOPTIKUM

Erstmals fand auf der GENRENALE 3 eine öffentliche Pitchingveranstaltung statt. Neun Autoren stellten in vier Minuten ihre Genreprojekte vor, vom schwäbischen Supercop über ein vollautomatisches Altersheim der Zukunft, die Begegnung eines kleinen Jungen mit dem Tod, mysteriöse Gedankenübertragung, High-Tech-Träumereien und Found Footage, insgesamt ein breiter und interessanter Genre-Stoffpool, und auch ich hatte die Möglichkeit, mein Projekt PANOPTIKUM vorzustellen, eine etwas andere Horror-Anthologie. Abschließend zum GENRENALE-Special möchte ich das Konzept auch hier nochmal schriftlich pitchen.

Zurück in der Zukunft

Das alte Jahr ist dahin, vergangen, zermalen, mach´s gut, 2014, und schreib mal ´ne Karte. Weg damit! Wir müssen nach vorne schauen und weitermachen. Eigentlich total aufregend, wo beziehungsweise wann wir uns befinden. Nämlich im Jahr 2015, einer weiteren Etappe der Hoffnung, nachdem 2010 – DAS JAHR, IN DEM WIR KONTAKT AUFNEHMEN nicht das war, was wir uns versprochen hatten und auch 2012 völlig enttäuschte, zumindest Weltuntergangsmäßig. Aber 2015, das ist eine ganz andere Sache. Marty McFly wird hier ankommen, es gibt schwebende Hoverboards, Klamotten, die sich selber trocknen und im Kino läuft JAWS 19 von Max Spielberg. Ein tolles Jahr, dieses 2015 aus ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT 2.

Monster schleichen um dein Haus…

Endlich ist wieder Halloween, nicht mal ein Jahr ist vergangen und nun ist schon wieder eins. Das wievielte ist das jetzt eigentlich? Interessiert das überhaupt jemanden? In diesem Jahr scheinbar mehr als zuvor, denn ich lese hier und da von Halloweenpartys. Zum Beispiel gibt es ein GENRENALE HALLOWEEN SPECIAL im Flimmerzimmer Berlin, auf dem fünf Kurzfilmhighlights der GENRENALE 1 + 2 laufen, unter anderem LIEBE TOD ABENDBROT, YOU MISSED SONJA, HAPPY B-DAY, YELLOW und IN THE DEATHROOM.

Ein Weg heraus aus zweierlei Welten

Wir Dramaturgen, Verschwörungstheoretiker und Hobby-Quantenforscher kennen das – manchmal geschehen Dinge, die sind einfach viel zu auffällig. All die vielen kleinen Zufälle, Ungereimtheiten, wenn Geschichte und Geschichten sich wiederholen und Katzen immer wieder das Treppenhaus flankieren, dann entstehen Zweifel und Skepsen. Und sobald man sich tiefer mit der Problemmatrix beschäftigt, macht es PENG oder BOING und plötzlich heißt es: “STAR WARS EPISODE VII wird nun doch kommen!” Schon weicht die Skepsis einem mechanischen Vorwärtstrieb, der all die Erkenntnisse mit einer Schokoladenglasur überträufelt und einen wieder gefügig macht. Ich weiß nicht genau, welcher Sache oder welchem weltumspannenden Geheimnis ich zu nahe gekommen bin, aber es muss ein immens Großes gewesen sein, dass DIE nun noch gewaltigere Geschütze auffahren müssen, um mich, ja mich allein, ruhig zu stellen. Denn plötzlich taucht irgendwo ein Lynch auf und verkündet, eine dritte Staffel TWIN PEAKS wird kommen. Ja klar, eine dritte Staffel TWIN PEAKS! Wo soll ich unterschreiben?

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de