Ein Weg heraus aus zweierlei Welten
Wir Dramaturgen, Verschwörungstheoretiker und Hobby-Quantenforscher kennen das – manchmal geschehen Dinge, die sind einfach viel zu auffällig. All die vielen kleinen Zufälle, Ungereimtheiten, wenn Geschichte und Geschichten sich wiederholen und Katzen immer wieder das Treppenhaus flankieren, dann entstehen Zweifel und Skepsen. Und sobald man sich tiefer mit der Problemmatrix beschäftigt, macht es PENG oder BOING und plötzlich heißt es: “STAR WARS EPISODE VII wird nun doch kommen!” Schon weicht die Skepsis einem mechanischen Vorwärtstrieb, der all die Erkenntnisse mit einer Schokoladenglasur überträufelt und einen wieder gefügig macht. Ich weiß nicht genau, welcher Sache oder welchem weltumspannenden Geheimnis ich zu nahe gekommen bin, aber es muss ein immens Großes gewesen sein, dass DIE nun noch gewaltigere Geschütze auffahren müssen, um mich, ja mich allein, ruhig zu stellen. Denn plötzlich taucht irgendwo ein Lynch auf und verkündet, eine dritte Staffel TWIN PEAKS wird kommen. Ja klar, eine dritte Staffel TWIN PEAKS! Wo soll ich unterschreiben?
Nee, jetzt mal im Spaß…TWIN PEAKS kommt zurück, wirklich. Ich war beim Arzt und der meint, mit mir wäre alles in Ordnung. Früher hätte ich gesagt, ich würde gern in einer Parallelwelt leben, in der es eine EPISODE VII und eine dritte Staffel TWIN PEAKS gäbe. Nun lebe ich wohl wirklich in einer solchen. Was kommt als nächstes? Tim Burton und Michael Keaton machen noch einen Batmanfilm? Das seit meiner Kindheit verschollene PLAYMOBIL-Nashorn taucht wieder auf? Emma Stone klingelt bei mir und will mir einen neuen Parkettfußboden verlegen?
Deine Lieblingsfernsehserie kehrt schon bald zurück
Nehmen wir es erst einmal einfach so hin. That gum i like is going to come back in style! Nach 25 Jahren bekommt eine der am meisten geliebten TV-Serien eine weitere Runde spendiert. Bevor wir uns mit den metaphysischen Aspekten dieses Großereignisses beschäftigen, sammeln wir erstmal Fakten. TWIN PEAKS war eine Mysterieserie von David Lynch und Mark Frost, die in den Jahren 1990 und 1991 regelrecht für Furore sorgte und die bis heute Kultstatus besitzt. Kryptische Akronyme wurden zu geflügelten Buchstaben, ganze Diskussionen wurden und werden auch heute noch maßgeblich mit den Abkürzungen MFAP, WKLP, FWWM oder DFC bestritten. TWIN PEAKS hat mich begleitet, auch das in unheimlich konspirativer Art.
Die erste Folge der ersten Staffel wurde am 10.09.1991 auf RTL Plus ausgestrahlt, an meinem 14. Geburtstag. Während andere Kinder mit Kreide spielten, habe ich mich auf dem Schulhof mit einem Freund über Lelands weiße Haare unterhalten. TWIN PEAKS war völlig anders als das, was ich zu jener Zeit sah und doch war es das magnetischste überhaupt. Vom ganzen Trouble um TWIN PEAKS hat man anno dazumal natürlich wenig mitbekommen. Die Serie wanderte von RTL zu Tele5, dass SAT1 den Namen des Mörders von Laura Palmer auf Videotexttafel 100 verraten hatte, bekam ich gar nicht mit, wohl wegen fehlendem Videotext. Doch so richtig bindend wurde meine Liebe zur Serie erst mit der Zweitausstrahlung, die ich fachgerecht auf VHS mitschnitt, am nächsten Tag die Werbung heraustrennte und archivierte. Jene sechs VHS-Kassetten waren sogar bis nach Erscheinen der DVD-Boxen dem neuen Medium qualitativ überlegen, denn sie besaßen deutschen Stereoton. Nur das Bild hatte durch exzessiven Abspielgebrauch gelitten, am Ende sah Donna Hayward reichlich blass um die Nase aus. Laura sowieso.
Warum eine solch geliebte und faszinierende Serie wie TWIN PEAKS nach nur 30 Episoden eingestellt wurde? Es gab eine Vielzahl von Gründen. Bereits nach Ende der ersten Staffel drängte die ABC Lynch und Frost, den Mörder zu präsentieren, etwas, was beide eigentlich nie vorgehabt hatten, zu lüften. Dadurch geriet eine der tragenden Säulen der Serie und ihrer Faszination ins Wanken. Es wurde viel umgeschrieben, herumgemurkst und verschlimmbessert, letzten Endes schwanden die Zuschauerzahlen auch ob des immer undurchsichtiger werdenden Plots und das Ende von TWIN PEAKS in den Staaten kam bereits im Juni 1991.
Das Ende der Serie bedeutete aber den Anfang eines Kultes, der sich von Wiederholung zu Wiederholung mehr steigerte. 1995 erschien mit TWIN PEAKS – DER FILM ein Prequel-Spielfilm zur Serie, der die letzten 24 Stunden im Leben von Laura Palmer thematisierte, ein finanzieller Misserfolg, denn es gab wenig emotionales, was sich Film und Serie teilten. Seither blieb TWIN PEAKS für mich eine Urlaubsreise. In unregelmäßigen Abständen nehme ich mir frei und begebe mich in dieses kleine Städtchen, in dem niemand wirklich unschuldig scheint. Eine Rückkehr nach TWIN PEAKS ist immer eine sehr emotionale Sache, meist klebt die Serie noch wochenlang an einem, obwohl man bereits gut jeden Dialog mitsprechen kann, jedes Geheimnis zu kennen scheint und jeden Namen im Vorspann mit einem Seufzen abnickt. Eine Rückkehr nach TWIN PEAKS, der stelle ich mich immer mal wieder, auch wenn es weh tut. Aber eine Rückkehr der Rückkehr nach TWIN PEAKS? Geht das überhaupt so einfach?
Und einsam bläst das Nebelhorn
Fakt ist, TWIN PEAKS kehrt zurück, nach 25 Jahren. Der Sender SHOWTIME gab grünes Licht und produziert eine Fortsetzung als 9-teilige Miniserie, die ab Juni 2016 anlaufen soll. Lynch und Frost schreiben die Bücher, Lynch selbst soll alle neun Teile inszenieren. TWIN PEAKS soll genau 25 Jahre nach den Ereignissen der letzten Folge JENSEITS VON LEBEN UND TOD spielen und viele offene Fragen beantworten. Die neuen Folgen sind also in der Gegenwart angesiedelt, Rückblenden sind sicher nicht ausgeschlossen. Es soll neue Figuren geben wie auch viele bekannte Gesichter auftauchen sollen, so gut wie jeder des alten Casts ist bereit, wieder vor die Kamera zu hüpfen. Sogar Joan Chen, die Jocelyn Packard gespielt hat, twitterte: “…perhaps I can come back as a doorknob witch?” Brüller, oder?
Gerüchten zufolge wird ein neuer, zentraler Mordfall Dreh- und Angelpunkt der Story sein. Aber natürlich bieten sämtliche Szenarien und Location wie die Eulenhöhle, die Schwarze und Weiße Hütte inklusive dem Roten Raum die Möglichkeit, unkompliziert zurückzukehren. Auch in der Serie verstorbene Figuren sind nicht ausgeschlossen, denn einerseits können diese innerhalb der surrealistischen Szenarien der Hütten auftauchen, andererseits hat Lynch bereits Sheryl Lee als Madeleine Ferguson in die Serie eingeflochten, weil Lee eindeutig mehr drauf hatte als nur die schönste Leiche der Fernsehgeschichte zu mimen. Und wir mal ehrlich, TWIN PEAKS wird hauptsächlich wegen seines Casts geliebt, der Besetzung auch kleinster Rollen. Da kann man sich schon fragen, was aus den Helden von damals so geworden ist.
Leo braucht neue Schuhe
Die Besetzung von TWIN PEAKS war schon damals aufsehenerregend. Neben einigen Stars, die bereits in den fünfziger und sechziger Jahren bekannt und beliebt waren, gesellten sich ein paar durchaus begabte Jungschauspieler. Schaut man sich die Biografien aller TWIN PEAKS Darsteller an, dann fällt auf, dass TWIN PEAKS das markanteste in ihren Schaffensjahren war. Wirkliche Kassenmagneten oder Stars, wie wir sie heute kennen, ist keiner von ihnen geworden, viel mehr sind ein Großteil des Castes im Bereich Serie oder B-Movie gelandet.
Sheryl Lee spielte bereits eine winzige Rolle in WILD AT HEART und sollte eigentlich nur die Leiche Laura Palmer mimen, aber die wenigen Flashbackaufnahmen von ihr und Donna Hayward waren so überzeugend, dass Lynch sie auch als Lauras Cousine Madeleine Ferguson besetze. Nach dem Erfolg von TWIN PEAKS spielte Lee noch in dem bemerkenswerten Beatles-Film BACKBEAT eine tragende Rolle, aber dann, nach TWIN PEAKS – DER FILM wurde es ruhiger um Sheryl Lee. Aber aufgeschlossene Filmliebhaber konnten sie immerhin in WINTERS BONE mit Jennifer Lawrence entdecken.
Natürlich hat TWIN PEAKS auch deswegen so eingeschlagen, zumindest bei mir, weil man sich gar nicht entscheiden konnte, in welche der entzückenden Jungdarstellerinnen man sich als erstes verlieben sollte. Das fällt mir auch heute noch schwer. Mädchen Amik (Shelley Briggs, sie war für mich nie eine Johnson) spielte 1992 in Stephen Kings SCHLAFWANDLER die Hauptrolle, später dann hauptsächlich Serienzeugs wie CALIFORNICATION, GOSSIP GIRL oder MAD MEN. Sherilyn Fenn (Audrey Horne) hingegen, die als neue Elizabeth Taylor gehandelt wurde und die die Nichte von Suzi Quatro ist (?!), hatte den Mut, 1993 in BOXING HELENA, dem Spielfilmdebüt von Lynchs Tochter Jennifer Chambers Lynch, die Hauptrolle zu bekleiden, eine Rolle, die zuvor Kim Basinger angenommen, dann wieder abgelehnt hatte. BOXING HELENA ist zwar ein völlig wahnsinniger Film, aber er hat Sherilyn Fenns Karriere nicht wirklich gut getan. Auch Fenn spielte seither hauptsächlich in Fernsehserien, doch vor kurzem entdeckte ich sie in dem Film RAZE, wo sich Frauen tüchtig verkloppen, um zu überleben. Aber die Magie von Audrey Horne ist irgendwie weg, schade.
Dann wäre da noch Lara Flynn Boyle (1988 in Poltergeist 3), die zumindest in der Klatschpresse von sich Reden machte, vornehmlich durch ihre Affären mit Jack Nicholson. Aber Flynn Boyle kam zumindest in den Neunzigern nach TWIN PEAKS ganz groß raus, spielte irre Rollen in tollen Filmen wie EINSAM, ZWEISAM, DREISAM oder RED ROCK WEST. Lara Flynn Boyle hätte eine große Karriere hinlegen können, aber sie galt als biestig und hat sich zudem durch ein paar Operationen reichlich verunstaltet. Man kennt sie vielleicht noch aus MEN IN BLACK 2 als bösartiges Monster Serleena. Ob ich sie 2016 nochmal als Donna Hayward sehen möchte, ich weiß nicht recht. Ergo:
Die gesamten Probleme unserer Industriegesellschaft sind sexueller Natur
Wenn jemand eine ernst zu nehmende Karriere nach TWIN PEAKS hingelegt hat, dann Heather Graham. Graham kam erst gegen Ende der Serie zum Hauptcast und spielte die Rolle der Annie Blackburn. Sie war nicht wirklich beliebt, denn sie funkte so zwischen das liebevolle Techtelmechtel zwischen Agent Cooper und Audrey Horne. Immerhin gehört sie untrennbar zum erschütternde Ende der Serie. Für Heather Graham ging es nach TWIN PEKAS aber erst richtig los, BOOGIE NIGHTS, AUSTIN POWERS 2, BOWFINGERS GROSSE NUMMER, FROM HELL. Letztlich sag ich sie in HORNS, auch dort spielte sie eine Kellnerin in einem amerikanischen Schnellstraßenrestaurant. Hat sich gut gehalten, die Graham. Und irgendwas sagt mir, dass sie definitiv 2016 mit an Bord sein wird.
Kyle McLanchlan war bereits vor TWIN PEAKS der Star in einigen Lynchfilmen (DUNE, BLUE VELVET) und spielte zudem die Hauptrolle in dem Horrorfilmgeheimtipp THE HIDDEN. Nach TWIN PEAKS ging es für McLachlan nur bedingt erfolgreich weiter. SHOWGIRLS von Paul Verhoeven wird nicht das Glanzlicht seiner Filmografie gewesen sein. Im Vorbeizappen konnte man dann McLachlan in DESPERATE HOUSEWIFES oder SEX AND THE CITY entdecken, sowie in einer Handvoll Trashperlen der Neunziger und frühen Zweitausender Jahre. Auch um Michael Ontkean (Sheriff Trumann) wurde es ruhiger, zumindest hatte dieser noch ein paar Kinoauftritte, zuletzt 2011 in THE DESCENDANTS.
James Marshall (James Hurley) spielte an der Seite von Tom Cruise, Kevin Bacon und Jack Nicholson in EINE FRAGE DER EHRE, danach allerdings nur Mist, aber Marshall hat meines Erachtens auch eine Zweitkarriere als Musiker begonnen. Dana Ashbrook (Bobby Briggs) dagegen ist einer meiner Lieblinge, den ich bereits in WAXWORK vergöttert habe. Hat danach auch hauptsächlich Serien gedreht, aber ich habe Ashbrook 2012 in THE AGGRESSION SCALE entdeckt, an der Seite von Ray Wise.
Da wären wir auch schon bei den damaligen “Stars” innerhalb der TWIN PEAKS Besetzung. Wenn jemand uneingeschränkten Kultstatus besitzt, dann ist es Ray “Fuckin’ Leland Palmer” Wise. Vor TWIN PEAKS spielte Wise bereits in den Genreklassikern DAS DING AUS DEM SUMPF von Wes Craven und in ROBOCOP von Verhoeven größere Rollen. Und Ray Wise ist dem kleinbudgetierten Genrefilm bis heute treu geblieben: DEAD END, BIG ASS SPIDER, CHILLERAMA, ROSEWOOD LANE, INFESTATION und so weiter, wann immer ich Ray Wise in einem Film entdecke, jauchze ich und singe:
“Mairzy doats and dozy doats an liddle lamzy divey, a kiddley divey too, wouldn’t you?”
Auch bereits ein alter Hase im Schaugeschäft war Richard Beymer (Benjamin Horne), der spielte bereits in DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK 1959 und in WEST SIDE STORY von 1961. Nach TWIN PEAKS kam nicht mehr wirklich viel. Graze Zabriskie (Sarah Palmer) war ohnehin eine Lynch-Aktrize, die aber auch durch CHUCKY , ARMAGEDDON und THE GRUDGE hüpfte. Auch Piper Laurie (Catherine Martell) ist ein Schauspielschwergewicht, die noch an der Seite von Ronald Reagan gespielt hat und die man vor allem aus Brian De Palmas CARRIE von 1976 kennt. Laurie ist bis heute aktiv und spielte tolle Rollen in tollen Filmen und Serien (FACULTY, HESHER, DEAD LIKE ME). Everett McGill (Big Ed Hurley) ist für mich ein richtiger Genrestar, der bereits vor TWIN PEAKS in Klassikern wie AM ANFANG WAR DAS FEUER, DUNE, DER WERWOLF VON TARKER MILLS oder LIZENZ ZUM TÖTEN mitspielte, nach TWIN PEAKS immerhin noch in ALARMSTUFE: ROT 2. Von Everett McGill hört man gar nichts mehr, Gerüchten zufolge hat er sich aus dem Filmgeschäft zurückgezogen.
Russ Tamblyn (Dr. Jacoby) allerdings war (diverse Frankenstein und Dracula Verfilmungen, BIS DAS BLUT GEFRIERT) und ist immer noch fleißig (DRIVE, DJANGO UNCHAINED). Auch Kenneth Welsh (Windom Earle) hat noch einiges an gelungenem Genremist fabriziert, zuletzt 2009 SURVIVAL OF THE DEAD von George A. Romero. Michael J. Anderson (Man from another place) wirkte auch in David Lynchs MULHOLLAND DRIVE mit und scheint noch wohl auf zu sein. Der tanzende Zwerg im Red Room ist für die dritte Staffel wohl unverzichtbar. Und selbstverständlich Albert Rosenfield (Miguel Ferrer), der neben Fernsehauftritten auch in TRAFFIC oder IRON MAN 3 auftauchte.
Peggy Lipton (Norma Jennings), Kimmy Robertson (Lucy Moran), Harry Goaz (Andy Brennan) oder Eric DaRe (Leo Johnson) hingegen haben nicht wirklich große Erfolge nach TWIN PEAKS bestritten. Das ist aber längst nicht so traurig wie jene Mimen, die nach TWIN PEAKS leider verstorben sind. Jack Nance beispielsweise, der Pete Martell gespielt hat und den ersten Satz der Serie murmelte (“Und einsam bläst das Nebelhorn), ein Gefährt von David Lynch seit seiner Hauptrolle in ERASERHEAD, ist leider 1996 nach den Dreharbeiten zu LOST HIGHWAY an den Folgen einer Schlägerei verstorben.
Auch Killer Bob, der durch einen gewitzten Zufall vom Set-Dresser Frank Silva verkörpert wurde (Silvas Kopf war in einer Kameraeinstellung im Spiegel zu sehen, Lynch besetze ihn daraufhin als Bob) verstarb 1995 an einem Herzinfakt in Folge seiner AIDS-Erkrankung. Don S. Davis (Major Garland Briggs) verstarb 2008, auch Bürgermeister Dwayne Milford (John Boylan) und Hotelkellner Hank Worden (“Die Milch wird ihnen ja kalt, sie müssen sie trinken!”) sind bereits jenseits der weißen Hütte gestrandet.
Bleibt noch zu klären, was Komponist Angelo Badalamenti und Sängerin Julee Cruise so treiben. Von Badalamenti stammen nach TWIN PEAKS die herausragenden Soundtracks zu Jean-Piere Jeunets DIE STADT DER VERLORENEN KINDER oder Lynchs STRAIGHT STORY, der mittlerweile 77-jährige Komponist ist immer noch aktiv. Julee Cruise (Titelsong “Falling”) hat sich zwar nach TWIN PEAKS mit Lynch und Badalamenti überworfen, aber inzwischen wieder versöhnt, ihr letztes Album erschien 2011 und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass eine Rückkehr nach TWIN PEAKS ohne ihre Stimme funktioniert.
Wie gehts Annie?
Bis auf die schmerzlichen Verluste steht einem Wiedersehen mit einem Großteil des Casts nichts im Wege. Interessanter ist, sich darüber Gedanken zu machen, was aus den losen Fäden des Serienfinales wird und wie Lynch und Frost aus manch notgedrungener Entscheidung einen Weg heraus aus zweierlei Staffeln finden. Lynch und Frost wählten einen hartherzigen Abgang, nachdem das Serienaus beschlossen war. Fast trotzig erschien es, wie sich beide manch toller Figuren in der letzten Folge entledigten.
Zur Erinnerung: Benjamin Horne wird von Dr. William Hayward erschlagen und liegt mit einer Platzwunde am Kopf vor einem Kamin. Audrey Horne kettet sich an die Safetür einer Bank, Pete und Catherine Martell sowie Andrew Packard öffnen ein Schließfach in eben jener Bank und eine Bombe geht hoch. Nadine Hurley erwacht aus ihrer Traumwelt und attackiert auch gleich wieder ihren Mann Big Ed und Norma. Cooper gelingt (scheinbar) die Flucht aus der schwarzen Hütte, Annie Blackburn aber ist tot oder zumindest schwer verletzt. Letztlich scheint es so, als hat sich Bob in Agent Cooper eingenistet und brennt auf die Beantwortung der Frage, wie es Annie geht.
Auch wenn die Serie diffus endet und man nicht ausmachen kann, ob jene Figuren wirklich tot sind, es wird interessant sein zu erfahren, wie Lynch und Frost das damalige Ende weiterführen. Ist Annie noch am Leben? Will Bob sie töten, weil sie weiß, dass Cooper noch immer in der schwarzen Hütte gefangen ist? Wer hat die Explosion in der Bank überlebt? Audrey darf einfach nicht tot sein! Und Donna ist die Tochter von Benjamin Horne? Was passiert, wenn Benjamin im Krankenhaus wieder erwacht? Ist Jocelyn Packard jetzt wirklich ein Schrankknauf? Was macht der Riese eigentlich, abgesehen von seinem Nebenjob als Butler Lurch in THE ADDAMS FAMILY? Lebt der kleine Fichtenmarder noch? Und was meinte Sarah Palmer, als sie zu Major Briggs sagte: “Ich bin in der schwarzen Hütte, zusammen mit Agent Cooper!”? Fragen über Fragen, die 2016 beantwortet werden?
Warten sie auf den Tee, die Fische wandern nicht!
Fest steht, die Ereignisse in TWIN PEAKS waren laut “Project Blue Book” die Folge einer Planetenkonstellation, die möglicherweise nur alle 25 Jahre auftritt. Wenn Jupiter und Saturn sich begegnen, wird’s Mumienweizen regnen, meinte Major Briggs zu Windom Earle. Auch Laura Palmer sagt zu Agent Cooper in der schwarzen Hütte: “I´ll see you again in 25 years!” Wird sich dann ganz folgerichtig die Pforte zu den Hütten wieder öffnen? Werden sich Cooper und Palmer wiedersehen? Oder wird genau 25 Jahre nach den Ereignissen in der letzten Folge ein weiteres Mordopfer gefunden werden? Ich weiß es nicht. Bei Lynch und Frost kann alles passieren, das ist ja das Schlimme.
Freudig stimmt mich, dass die dritte Staffel wohl eine abgeschlossene Miniserie von 9 Folgen werden wird, mit einem runden, hoffentlich definitiven Ende. Ich hoffe, dass Mark Frost Herrn Lynch irgendwie bremst, denn nach INLAND EMPIRE bin ich skeptisch, ob ich Lynch überhaupt noch folgen kann. Denn es war nicht die surreale Verschrobenheit, die ich an TWIN PEAKS geliebt habe. Das auch. Es war viel mehr die naive Schlichtheit, die Karikatur einer Soap Opera mit wundervollen Sätzen wie “Der Doktor sagte ich sei steril, zuerst hab ich gedacht ich muss nie mehr baden..” oder “Andy, wo nichts drin ist, kann auch nichts wehtun.”. Ob das 25 Jahre später noch mal so federleicht von der Hand ins Skript fließt, ich bin mir nicht sicher. Aber ich hoffe es. Oder um es mit den Worten von Richter Clinton Sternwood zu sagen:
“Bevor wir in dem Drama, das uns erwartet, in die uns zugedachten Rollen schlüpfen, lasst mich nur sagen, dass, wenn diese bleichen Schatten, die wir bewohnen, die Bühne verlassen haben, wollen wir uns wiederfinden zum Klang der Gläser in Walhalla.”
Hoffentlich gefüllt mit verdammt gutem Kaffee!
[…] Eine erfolgreiche Fernsehserie zu einem Kinofilm zu verdichten, eine treffende Besetzung zu finden, ein Konzentrat anzurühren mit allen Zutaten, die jene Serie so beliebt gemacht hat, das schien schwierig, aber auch ein teuflisch guter Erfolgsgarant zu sein. Doch das Fernsehen blieb nicht in seiner Rolle als Stofflagerstätte, die man plündern konnte, wann immer einem beliebt. Wider Erwarten entwickelten sich gerade Serien im Fernsehen, welches immer schneller, kompakter und leichtverdaulicher wurde, zum Hort komplexen Storytelling – der US-Serien-Boom begann mit AKTE X, EMERGENCY ROOM, CSI, 24 und DESPERATE HOUSEWIFES, was nur den Anfang der neuen TV-Revolution darstellte. Denn diese Revolution war vorrangig eine dramaturgische, erzählerische, weg vom Prinzip “Monster-of-the-week”, in dem es von Folge zu Folge um einen anderen Fall, Mörder, Auftrag, etc. ging, hin zu komplexen Geschichten, Figuren, Handlungssträngen, Hintergründen und Erzählperspektiven. Nach LOST kam FRINGE, BREAKING BAD, GAME OF THRONES, HOUSE OF CARDS oder TRUE DETECTIVES. Mittlerweile scheint es so, als wäre die Fernsehlandschaft sowie der Zuschauer endlich bereit für komplexes Storytelling, sogar TWIN PEAKS kehrt auf die Mattscheibe zurück. […]
Sehr schöner Text. Aber ich glaube, der erste Satz ist: ‘Ich geh fischen.’
[…] gezeigt? Erwartete man gerade von Lynch, ein gefälliges Stück Fanservice geliefert zu bekommen? Natürlich habe ich mir so meine Gedanken gemacht mit der Ankündigung der dritten Staffel TWIN PEAK… Aber auch ich war wohl vernebelhornt. Konnte diese Rückkehr noch einmal das bewirken, was TWIN […]
[…] gern und oft zwielichtige Frauenfiguren, von BLUE VELVET über WILD AT HEART bis zu Laura Palmer in TWIN PEAKS. Nach Pfeiffer, Basinger und Stone wurden in den Neunzigern vor allem Linda Fiorentiono (DIE LETZTE […]
[…] habe ich AKRIA damals nicht, kann mich zumindest nicht erinnern. Aber ich habe auch nicht wirklich TWIN PEAKS verstanden und es war dennoch eine ungeheure Faszination. Rückblickend betrachtet, und das ist […]
[…] Betrachtung einzelner Figuren in einem Ensemble. Ein tolles Beispiel dafür ist auch die Serie TWIN PEAKS, die dutzende Figuren besitzt, die sich um eine zentrale Frage spinnen: „Wer war es?“ […]