Posts Tagged: Stoffentwicklung

Schönwetterscript
Script Development XX: Das Wetter im Film

Es herrscht wieder einmal Reizklima in der Misanthroposphäre. Abkömmlinge im Pariser Klimaabkommen, Feinstaub im Cola-Bier-Mischgetränk und Fipronil in jedem siebten Hühnerei. Schlagende Wetter. Da mach ich´s wie die Sonnenuhr, ich zähl die heiteren Stunden nur. Aber auch darauf ist kein Verlass mehr. Klebrige Schwüle unter der Beduinentracht, brennender Asphalt, die Felder verdörren, die Kartoffeln vorwiegend schrumpligkochend, die Katze checkt im Tiefkühlfach ein. Denn sie weiß, gleich kracht es. Dann türmen sich die Wolkenberge übereinander wie Königsberger Riesenklopse und die Superzelle wird zum Megazyklon.

Also ich gucke bis zum Schluss!
Script Development XIX: Der Abspann

Film ist Film und eine Geschichte ist eine Geschichte. Im besten Fall ist in einem Film eine gute Geschichte integriert. Aber Film ist nicht nur eine erzählte Geschichte, Film ist auch viel Drumherum. Das, was die Liebe zum Film ausmacht, liegt manchmal in diesem Drumherum verborgen. Das geflügelte Pferd im TriStar Pictures Intro, der langsam eingeblendete Filmtitel oder die ausladende Titelsequenz in Bondfilmen, bis die eigentliche Geschichte beginnt, wird vom Zuschauer oft Geduld abverlangt. Andererseits hilft Vorgespanntes, um eine Stimmung zu erzeugen, in die Geschichte des Films hineingleiten zu können. Wenn die zu Ende erzählt ist, folgt für gewöhnlich der Abspann, der einen mehr oder minder behutsam auf den Parkettfussboden der Realität zurückholt.

Drei Groschen Gänsehaut

Ich war, bin und werde es immer sein – ein bekennender Horrorfan. Aber was heißt das? Wenn man sagt, man liebt Horror, meint man für gewöhnlich Horrorfilme, wo es wohlig schaudert oder derbe splattatert. Aber die Faszination an Horror geht weit über bloßen Filmkonsum hinaus. Als Kind lauschte man Gruselgeschichten am Lagerfeuer, das war mitnichten ein Filmklischee. Nachtwanderungen im Ferienlager waren der letzte Schrei, in dunklen Wäldern, wo das Unterholz knackte. Nie werde ich die Schallplatte “Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen” vergessen. In staubigen Bodenkammern fand ich alte Bücher, las “Der Doppelmord in der Rue Morgue” von Edgar Allan Poe. Doch die entscheidende Begegnung mit Horror machte ich im Frühjahr 1990, als andere Kinder mit Lego spielten und tonnenweise Hanuta verdrückten. Die Wende brachte nicht nur Süßkram und Spielzeug in die Läden, sondern auch obskure Drehständer mit bunten, aber auch düsteren Heftchen.

I’m adaptable

In den frühen Neunzigern flimmerte ständig ein Videoclip der Band The B-52’s durch die Musiksender und zwar “Meet the Flintstones” zum dazugehörigen Kinofilm. Ich war entzückt, eine meiner liebsten Fernsehserien meiner Kindheit kommt ins Kino, Yabba, Dabba Do! THE FLINTSTONES, THE ADDAMS FAMILY, DIE NACKTE KANONE, Kinoableger bekannter TV-Serien gab es zwar schon länger, doch nie waren sie so zahlreich wie ab 1990. Damals waren die Hierarchien ganz klar abgesteckt, wenn eine Fernsehserie für einen Kinofilm adaptiert wurde, war das ein fulminanter Aufstieg von der winzigen Mattscheibe zur großen, ehrfürchtigen Leinwand. Denn Fernsehen war Fernsehen und Kino der Olymp der Unterhaltungsbranche.

PANOPTIKUM

Erstmals fand auf der GENRENALE 3 eine öffentliche Pitchingveranstaltung statt. Neun Autoren stellten in vier Minuten ihre Genreprojekte vor, vom schwäbischen Supercop über ein vollautomatisches Altersheim der Zukunft, die Begegnung eines kleinen Jungen mit dem Tod, mysteriöse Gedankenübertragung, High-Tech-Träumereien und Found Footage, insgesamt ein breiter und interessanter Genre-Stoffpool, und auch ich hatte die Möglichkeit, mein Projekt PANOPTIKUM vorzustellen, eine etwas andere Horror-Anthologie. Abschließend zum GENRENALE-Special möchte ich das Konzept auch hier nochmal schriftlich pitchen.

STAR WARS EPISODE 1: THE DARK FORCE

Betreiben wir wieder einmal Fan-Fiction, von der es heißt, dass sie sich im nichtkommerziellen Untergrund von Fangemeinden abspielt, schaurig, schaurig. Ich sehe es praktisch vor mir, Horden von dunklen Gestalten in Bademänteln oder Trenchcoats, die in den U-Bahnhöfen herumirren und Fangeschichten in kleine Notizblöcke kritzeln und wenn dann jemand kommt und mal nachfragt, dann raunen sie: “Wir verkaufen nix, das is unkommerziell!” Vielleicht treffen die sich aber auch Sonntags in einer kleinen Kirche, vielleicht heißt das deshalb Fangemeinde, nicht selten wird ja beispielsweise das STAR WARS-Universum auch als Religion bezeichnet. Da sind wir auch schon beim Thema – STAR WARS.

Nintendo says No!

Sommer, heiß, Zitroneneis! Das unbeschreibliche Gefühl, am Kunstlederbezug des Bürostuhls festzukleben, Schokokekse von Griesson, die zu einem riesigen Nukleus zusammenschmelzen, warmes Bier zum Frühstück? Was für Zustände, wie soll man so arbeiten? Worüber schreibt man bei so einem Sauwetter? Man könnte ja mal was über Filmstoffe verfassen. Absolut verrückt! Keine Genreanalysen und so, nein, über Storyfragmente, eigene Ideen. Da tauchen links und rechts zwei Wolpertinger auf meiner Schulter auf, die das kritisch hinterfragen – beide! Sollte nicht einer auf meiner Seite sein? Der Linke meint, wenn ich über eigene Stoffideen schreibe, werden die mir sofort alle geklaut und man macht daraus Filme, zehn Stück, alles Genrefilme, die dann irre erfolgreich im deutschen Kino laufen. Der rechte Wolpertinger lacht sich darüber kaputt und meint, diese Sorge sei unbegründet, außerdem liest meinen Blog ja sowieso kaum jemand. Während sich die beiden Wolpertinger prügeln und beißen, kommt mir eine tolle Idee.

Lass uns drüberreden
Script Development VIII: Voice Over

Es war einmal, vor vielen, vielen Jahren, in einem Land namens Posemuckel. So beginnen Märchen, Erzählungen am Lagerfeuer oder Gute-Nacht-Geschichten. Auch in der Bibel heißt es: “Es begab sich aber zu der Zeit…”  Eine Geschichte braucht einen Erzähler, könnte man meinen, aber es stimmt nicht. Nicht die Geschichte braucht einen Erzähler, vielmehr der Leser. Es ist die warme, beruhigende Stimme einer Mutter, die ein Märchen am Bett ihres Kindes vorliest, während das Kind vom sanften Klang der Worte zuerst in eine Geschichte, später dann in den Schlaf getragen wird. Märchen werden nach wie vor vorgelesen, nacherzählt, umgedichtet, der Vorleser übernimmt eine Rolle, ist Mittler der Geschichte, der Begebenheit. Aber manche Eltern sind auch faul und setzen ihre Kinder einfach vor die Glotze oder eine Märchen-App. Immerhin leben wir nicht mehr in einer Zeit, in der Kinder im Wald zurückgelassen wurden, ganz allein, die Hosentaschen voller Brotkrumen.

cool open
Script Development VII: Die Titelsequenz

Kann sich noch jemand an den Film SPHERE mit Dustin Hoffman und Sharon Stone aus dem Jahr 1998 erinnern? Nein? Ich auch nicht so richtig. Woran ich mich aber noch gut erinnern kann, ist ein kurzes Gespräch mit einem Kinokollegen, der befand, jener Film sei seltsam. “Wieso fängt der eigentlich mit dem Abspann an?”. Das hat meine Stirn etwas runzeln lassen, aber ok, manche Leute waren nicht wirklich oft im Kino. Der Film SPHERE begann lediglich mit einer etwas ausladenderen Titelsequenz. Ich will auch gar nicht gleich wieder gehässig und arrogant werden mit Sprüchen wie “Niemand schätzt eine tolle Titelsequenz beim Film, heul heul!”. Denn vielleicht ist das gar nicht so, was weiß ich denn. Ich kann sehr gut verstehen, dass man, wenn man sich einen Film ansieht, gern einen Film sehen möchte und sich nicht erst durch das Impressum arbeiten will.

It’s not who I am underneath…
Script Development V: Figurenfindung

Die vier hilfreichsten Eigenschaften eines Autors sind Phantasie, Imaginationsgabe, Vorstellungskraft und das Talent, möglichst viele Synonyme für ein und denselben Begriff zu finden. “Drehbuch ist Handwerk”, sagen die einen. “Buuu” rufen die anderen, wo bleibt die Phantasie. Es ist schon hilfreich, wenn man über die Fähigkeit verfügt, Geschichten oder Figuren weiterzuspinnen, nach Möglichkeit dramatisch, mit Zunder. Dafür braucht man mit Sicherheit Phantasie. Aber ist Phantasie ein schöpferischer Akt? Ist es Phantasie, die eine Kettenreaktion auslösen kann, wo ist der Ursprung von Geschichten, besser, wo ist der Ursprung von Figuren?

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de