Eine Hauptstadt im Festivalfieber. Ganz Berlin ächzt unter der Knechtschaft von Gaius Julius Kosslick. Ganz Berlin? Nein, ein kleines Kino in Mitten der Mitte leistet nun schon seit vier Jahren Beihilfe zum Widerstand. Die GENRENALE, das Festival für den deutschen Genrefilm, das Bollwerk gegen die Uniformität filmischer Kältestarre und Mutlosigkeit im deutschen Betroffenheitskino und Betäubungsfernsehen, hat erfolgreich ihren vierten Staffellauf absolviert und purzelte am Donnerstag Nacht über die Zielgerade. Erster! Mit großem Abstand zur BERLINALE.
Erstmals fand auf der GENRENALE 3 eine öffentliche Pitchingveranstaltung statt. Neun Autoren stellten in vier Minuten ihre Genreprojekte vor, vom schwäbischen Supercop über ein vollautomatisches Altersheim der Zukunft, die Begegnung eines kleinen Jungen mit dem Tod, mysteriöse Gedankenübertragung, High-Tech-Träumereien und Found Footage, insgesamt ein breiter und interessanter Genre-Stoffpool, und auch ich hatte die Möglichkeit, mein Projekt PANOPTIKUM vorzustellen, eine etwas andere Horror-Anthologie. Abschließend zum GENRENALE-Special möchte ich das Konzept auch hier nochmal schriftlich pitchen.
In der letzten Script Development Folge über Filmtitel ging es unter anderem um Titelzusätze wie beispielsweise ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT. Während dem deutschen Kinozuschauer mit dem Untertitel suggeriert wurde, dass es sich bei jenem Alien um keinen freundlichen Artgenossen handelt, kam der Originaltitel ohne diese zusätzliche Erklärung aus und hieß schlicht ALIEN. Trotzdem ist für jeden Genrekenner die Phrase “Im Weltall hört dich niemand schreien” oder “In space no one can hear you scream” untrennbar mit Ridley Scotts Sci-Fi-Horror-Meisterwerk verbunden. Solche Phrasen oder Sätze, die losgelöst vom Titel auf Plakaten prangen oder aus Trailern schallen, nennt der Marketingexperte eine Tagline, und sie spielen nicht nur in der Filmvermarktung eine Rolle (“Think different.”, “Just do it.”). Filmtaglines aber können fantastische, bizarre Gebilde sein, banale Schenkelklopfer oder tiefgründige Philosophie, zweckdienlich oder dadaistisch. In über hundert Jahren Filmgeschichte hat sich da manch verschwurbeltes Kleinod gebildet, wo also anfangen?
Ja nun, was nützt es ihm denn, dem toten Hund? Und was ist das eigentlich für ein dämlicher Titel? Was kann man sich darunter vorstellen, was kann Google sich darunter vorstellen, wenn es diesen Beitrag irgendwo einordnen soll? Ein Freund meinte zu mir, mach deine Überschriften bloß nicht zu abstrakt, das ist werbetechnisch kontraproduktiv. Andererseits gibt es bestimmt Leute, die ob des Titels vielleicht Appetit bekommen, wegen dem Beefsteak? Die Meisten werden wie immer erstmal verdutzt dreinblicken.
Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de