Timetravel-Double

Nun ist es fast ein Jahr her, als die erste Kleine Genrefibel über Zeitreisefilme erschienen ist. Weil das quantentechnisch von Bedeutung sein könnte, stellen wir eine Vergangenheit-Gegenwart-Achse her und schauen mal, was aus zwei der, damals zukünftigen, heute gegenwärtigen Zeitreisefilmchen geworden ist. Wenn die Analysen auch nicht von allumspannenden Raum-Zeit-Kontinuitätserkenntnissen geprägt sein werden, soviel kann ich schon mal orakeltechnisch vorgreifen, so bescheren sie vielleicht dem ein oder anderem Zeitreisefan einen launigen Filmabend.

GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS

Während Pippi Langstrumpf oder Ronja Räubertochter heute weitestgehend als Kultfiguren gelten, ist die kleine Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns eher ein Geheimtipp unter den Kinderbuchheldinnen. Frei nach einem Roman von Gisela und Bettina von Arnim, die man eher noch vom 5-DM-Schein kennt, entstand 1985 einer der liebevollsten Kinderfilme aus der DEFA-Schmiede.

HAUNTER

Vincento Natali ist ein ungewöhnlicher Filmemacher, seine Filme CUBE, CYPHER oder SPLICE sind seltsame Hybriden zwischen Science-Fiction und Horror. Dass Natali mit HAUNTER einen Mysterie-Geisterstreifen zwischen THE INNOCENTS und THE INNKEEPERS inszeniert, hat mich anfangs skeptisch gemacht. Denn Mysteriegeschichten um Geister in alten Häusern, die um Aufmerksamkeit ringen, gab es unzählige in den letzten Jahren und insgesamt wirkt das Subgenre, dessen große Highlights THE SIXTH SENSE und THE OTHERS waren, inzwischen angestaubt und storytechnisch monoton. Geist rüttelt am Geschirrspüler, der Tochter glaubt keiner, Tochter findet grausiges Geheimnis der Vergangenheit heraus, Tochter stellt den Untotenfrieden wieder her, am Ende finden alle raus, dass sie bereits tot sind. Nach diesem Muster laufen immer noch die meisten Mysteriefilme und es fing schon an, langweilig zu werden. Als HAUNTER auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest lief, interessierte mich der Streifen hauptsächlich wegen Natali und Abigale Breslin. Dass er nebenbei noch die beste Geisterstory seit Jahren liefert und zu den Genrehighlights 2013 zählt, hätte ich nicht vermutet.

Die Halloween Horrorfilmnacht

“Leichen pflastern unseren Weg, Schrecken ist hier Privileg. Ob in Wien oder in Berlin, nichts ist schöner als Halloween!” trillern, tröten und krakeelen die Bewohner aus Halloweentown in TIM BURTONS NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS, als sie dem kitschverkleistersten Konkurrenzfeiertag Weihnachten den Kampf ansagen. Richtig so! Weihnachten nervt! Halloween hingegen ist mir grundsätzlich sympathisch, ein lustiger Tag fürwahr, an dem kleine Kinder mit Messern und Äxten im Schädel minütlich HARTZ 4 Empfänger aus ihren Sesseln klingeln, bis diese Amok laufen, Nötigung oder Erpressung nicht gefahndet und geahndet wird (“Wir sind kleine Geister, essen gerne Kleister, wenn Sie uns nichts geben, bleiben wir hier kleben!”) und am Ende dann noch´n Kürbis aus der Hosentasche geholt und mittels Kartoffelschäler eine Fratze des Schreckens schnitzen. Hab ich mal gemacht, Riesensauerei!

MÄRCHEN EINER WANDERUNG

Es ist wieder Retrostunde im Reviewbereich. Mit Besprechungen von Klassikern und alten Kamellen ist das so eine Sache. Spricht man über die Wirkung eines Filmes heute oder aus teils verklärter Erinnerung heraus? Es gibt durchaus ein paar Filme, die man sich besser nicht noch einmal angeschaut hätte, weil sie konträr zur Erinnerung plötzlich langatmig und zäh erschienen. Aber bei Retrospektiven geht’s ja nicht immer nur um Vergleiche. In meiner Kindheit gab es einige Filme, die mir in junge Jahren mächtig Angst eingejagt haben. In meiner Top Fünf der grusligsten Kindheitserinnerungen rangiert neben CRITTERS und KOJAK: MORDFALL MARKUS NELSON (?!) rangiert auch folgendes Fantasymärchen von Alexander Mitta aus dem Jahr 1982.

ONLY GOD FORGIVES

Die Filme des Dänen Nicolas Winding Refn sind nicht unbedingt jedermanns Sache. Neben der PUSHER Trilogie, die ich erst sehr spät gesehen habe, hat mich vor allem BRONSON mit Tom Hardy begeistert. Seit DRIVE aus dem Jahr 2011 ist Refn einem größeren Publikum bekannt. Trotz Ryan Gosling ist DRIVE aber weit entfernt von massentauglichem Feel-Good-Entertainment. Refn inszeniert sperrige, schweigsame und abgründige Reflektionen von Gewalt und Gegengewalt. Sein neuer Film ONLY GOD FORGIVES treibt beide inszenatorischen Pfeiler von Refn noch auf die Spitze: stilisierte Langsamkeit und emotionslose Brutalität.

SEELEN

Nicht nur aus Tradition wegen freut es mich, den neuen Film von Drehbuchautor und Regisseur Andrew Niccol zu besprechen. Die bisherigen Kritiken sind allesamt vernichtend. Und auch ich war durchaus zwiegespaltener Vorfreude. Auf der Habenseite stand, neben Niccol, vor allem Saoirse Ronan, die ich für ein fantastisches Talent halte. Der Stoff eine klassische Niccol-Dystopie, ein cleaner Science-Fictioner mit glattem, monochromem Look. Andererseits verfilmte Andrew Niccol mit THE HOST erstmals keinen eigenen Stoff, noch dazu ein Buch von Stephenie Meyer. Kann einer meiner Lieblingsautoren verhindern, dass SEELEN eine Art Science-Fiction TWILIGHT-Schnulzenkino wird?

THE BROOD

Eigentlich wollte ich in der Rubrik Review ausschließlich Neuheiten und Geheimtipps feilbieten. Aber nachdem mich aus dem VHS-Schrank so ein paar Genreklassiker angelächelt haben, gibt´s nun jede dritte Review eine Portion Retro, Undergroundhits und vergessene Perlen der Siebziger, Achtziger und Neunziger Jahre.

EVIL DEAD

Endlich ist es soweit. Der allererste Traumfalter Artikel ANGST ESSEN VIDEOKASSETTE AUF beschäftigte sich mit der Notwendigen Übelkeit von Remakes im Horrorbereich, ganz konkret am Beispiel EVIL DEAD. Und nun isser da, der Film, jenes Remake, was herbeigesehnt oder verteufelt wurde wie kaum eine andere Neuverfilmung. Eine kurze Zusammenfassung.

THE POUGHKEEPSIE TAPES

In der Geschichte des Horrorfilms gab es immer wieder Marksteine des Genres, welche Trends auslösten. Fanden diese genügend Nachahmer oder Trittbrettfahrer, wurden aus Trends Subgenres. So begründete beispielsweise HALLOWEEN 1978 den Slasherfilm, eine Kannibalenfilmwelle überschwemmte Anfang der achtziger Jahre Europa und der Erfolg von RINGU zog jede Menge Japan-Horror nach sich. Subgenres können eine feinere Auslese der Zielgruppe sein, definieren sich aber auch über den Inhalt oder das Konzept. Bereits 1980 drehte Ruggero Deodato den Klassiker CANNIBAL HOLOCAUST teilweise in dokumentarischem Stil.

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de