Timetravel-Double

Nun ist es fast ein Jahr her, als die erste Kleine Genrefibel über Zeitreisefilme erschienen ist. Weil das quantentechnisch von Bedeutung sein könnte, stellen wir eine Vergangenheit-Gegenwart-Achse her und schauen mal, was aus zwei der, damals zukünftigen, heute gegenwärtigen Zeitreisefilmchen geworden ist. Wenn die Analysen auch nicht von allumspannenden Raum-Zeit-Kontinuitätserkenntnissen geprägt sein werden, soviel kann ich schon mal orakeltechnisch vorgreifen, so bescheren sie vielleicht dem ein oder anderem Zeitreisefan einen launigen Filmabend.

 

ALLES EINE FRAGE DER ZEIT

 

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Nun ja, Zeitreisefans hin, Zeitreisefilme her, beide Streifen sind nicht unbedingt klassische Genreware über Zeitreisen, zumindest nicht so etwas wie PRIMER oder SOURCE CODE. Das ist bei Zeitreiseplots aber nicht das Problem, Auswirkungen von Zeitreisen waren immer schon die spannendere Komponente des fantastischen Gedankenspieles um Raum und Zeit als etwaige technische Voraussetzungen. So sind die besten Zeitreisefilme jene, die die eigentliche Zeitreise als solche gar nicht beachten, zum Beispiel UND TÄGLICH GRÜSST DAS MURMELTIER oder THE BUTTERFLY EFFECT. Denn auf den Effekt kommt es an. Dem widmet sich zwar auch vorrangig die britische Zeitreisekomödie ALLES EINE FRAGE DER ZEIT, doch im Großen und Ganzen geht’s nur um die Liebe.

 

An seinem 21. Geburtstag offenbart Tims Vater seinen Sohn, dass alle männlichen Familienmitglieder die Fähigkeit haben, in der Zeit zu reisen, und zwar mittels Kleiderschrank. Zunächst verdutzt nutzt Tim die neue Gabe, um sich im Umgang mit Mädchen zu schulen, zunächst erfolglos. Aber als junger Jurist lernt er in London Mary kennen und ergattert ihre Telefonnummer, die er jedoch wieder verliert, weil er seinem Freund bei einem verpatztem Theaterstück zeitreisetechnisch aushilft. Tim setzt nun alles daran, Mary wieder zu begegnen, um sie mit seinem bisherigen Wissen über sie zu beeindrucken. Das klappt und beide werden ein Paar, heiraten, bekommen ein Kind, alles schön und gut. Zeitsprünge von Tim haben mal Auswirkungen, mal keine. Das größte Problem stellt dar, nicht weiter als vor die Geburt des jeweiligen Kindes zu reisen. Das macht es Tim am Ende schwer, sein einziges verbliebenes Reiseziel in der Vergangenheit aufzugeben.

 

Da hat Tim wohl gleich mal Mist gebaut. Wo jetzt einen Kleiderschrank herbekommen?

ALLES EINE FRAGE DER ZEIT macht eine Sache super, der Film kümmert sich nicht darum, wie das geht, nach dem Erreichen der juristischen Volljährigkeit durch Kleiderschränke in der Zeit zurückzureisen. Das ist unerheblich. Die Story kümmert allerdings auch keinerlei Auswirkungen von Zeitreisen auf die Kausalität von Geschehnissen. Die Story macht, wie es ihr grad in den Kram passt. Das ist in sofern ein wenig schade, weil es dafür keinen Zeitreiseplot benötigt, das tut Zauberei dann auch, einfach falsche Entscheidungen aufzuheben. Der Umstand, nicht über die Geburt des eigenen Kindes hinaus zu reisen, wird wiederum sehr ernst genommen. Im Grunde aber geht’s nicht wirklich um die Schwierigkeit von Entscheidungen und ihrer verbundenen Konsequenzen.

 

In dem Fall ist es vielleicht fair mal zu schauen, was ALLES EINE FRAGE DER ZEIT eigentlich ist. Wer Science-Fiction oder etwas wie LOOPER erwartet, wird natürlich enttäuscht sein. Der Film ist eine lockere, unbeschwerte Liebeskomödie in Richtung BRIDGET JONES, TATSÄCHLICH LIEBE oder NOTTING HILL, nur eben mit ein bisschen Zeitreisepulver. Da wär natürlich mehr drin gewesen, vor allem, weil er erst ganz am Ende eine ernstere Tonart anschlägt. Als Zeitreisefilm jedoch funktioniert er gar nicht. Aber als Liebesfilm mit einer entzückenden Rachel McAdams, einem symphytischen Domhnall Gleesen und einem wie immer gut aufgelegtem Bill Nighy ist ALLES EINE FRAGE DER ZEIT wirklich niedlich, herzlich und macht auf jeden Fall Spaß.

 

Universal

 

  • sympathische Figuren
  • erstklassige Chemie zwischen…
  • Rachel McAdams und…
  • Domnhall Gleeson
  • Bill Nighy
  • Tom Hollander als Harry
  • Zeitreisekleiderschrank gabs noch nicht
  • Zeitreisekonsequenzen unlogisch
  • deswegen kaum Spannung

 

FAZIT:

Luftige Brit-Komödie mit ein bisschen Zeitreise. Aber Darsteller und Figuren sind herzlich. Schöne Frühlingskost.

 

ABOUT TIME, GB 2013, Regie und Drehbuch: Richard Curtis
Für Fans von KATE & LEOPOLD, TATSÄCHLICH…LIEBE & 500 DAYS OF SUMMER

 

JOURNEY OF LOVE – DAS WAHRE ABENTEUER IST DIE LIEBE

 

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Oh je, noch eine Liebeskomödie? Nicht ganz. Erstmal muss man JOURNEY OF LOVE überhaupt finden, denn hinter dem mehr als Sammelbegriff dienendem Titel den auf Festivals gelobtpreisten SAFETY NOT GUARANTEED zu vermuten, dazu gehört Phantasie. Da mir aber auch keine bessere Titelentsprechung des mehr als sperrigen Originals einfällt, will ich nicht weiter unken. Auf den Film habe ich mich schon lange gefreut, was ist nun schlussendlich draus geworden?

 

 

JOURNEY OF LOVE ist das Kinodebüt von Collin Trevorrow, welches anscheinend bei manchen Entscheidern derart eingeschlagen hat, dass der junge Regisseur nun das Remake von DER FLUG DES NAVIGATORS und JURASSIC WORLD drehen darf. Respekt! Dabei ist der Streifen eigentlich ein schlichtes, ruhig erzähltes Kleinod eines Coming-of-Age-Films. Die Praktikantin Darius geht mit dem Journalist Jeff und einem weiteren Praktikanten, dem Inder Arnau, einem obskuren Zeitungsinserat nach. Jemand sucht Hilfe bei einem Zeitreiseexperiment. Mitzubringen sind eigene Waffen, Bezahlung im Nachhinein.

 

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Ach ja und für Sicherheit kann keine Garantie übernommen werden. Was nach den Worten eines geistig Abgedrifteten klingt, führt in Wahrheit zu Kenneth Calloway, einem Supermarktverkäufer. Darius schmeiß sich an Kenneth heran, um mehr über die angebliche Zeitreise herauszufinden.

 

Jeff hingegen besucht seine alte Jugendliebe, Praktikant Arnau verliert seine Unschuld, dann verliebt sich Darius in Kenneth und alles wird kompliziert. Plötzlich sind da mutmaßliche Geheimdienstagenten, gestohlene Laserapparate und aufkeimende Zweifel, dass Kenneth doch kein durchgeknallter Irrer ist.

 

Neben den wirklich witzigen und toll besetzen Figuren schlägt JOURNEY OF LOVE vor allem aus dem Umstand Potential, dass der Film lange Zeit verschleiert, ob es sich in der Annonce um eine Finte handelt und ob Kenneth nur einen Spinner ist. Ein Zeitreisefilm ohne Zeitreise, da bin ich großer Fan von. JOURNEY OF LOVE macht wirklich Spaß, vor allem Journalist Jeff ist eine tolle Figur, nur Praktikant Arnau ist als verklemmte Jungfrau eine Wundertüte an Stereotype. Aber vor allem, die beiden Hauptfiguren Darius und Kenneth passen gut zusammen, Chemie stimmt und eigentlich merkt man gar nicht, dass man über beide eigentlich nicht wirklich was erfährt.

 

Zwei tolle Figuren und zwei fantastische Mimen: Darius (Aubrey Plaza) und Kenneth (Mark Duplass)

Das Problem ist, im Gegensatz zu ALLES EINE FRAGE DER ZEIT spielt die Zeitreise oder Zeitmaschine eine wirkliche Rolle und daran sind dann auch Erwartungen geknüpft, die es am Ende irgendwie zu erfüllen gilt. Das ist bei JOURNEY OF LOVE leider nicht der Fall. Das Ende ist unbefriedigend, beantwortet keine Fragen und lässt noch mehr im Raum stehen.

 

Das ist in dem Fall ein wenig tragischer als bei ALLES EINE FRAGE DER ZEIT, weil es einen unbefriedigt zurück lässt. Trotzdem, bis auf das Ende ist JOURNEY OF LOVE ein süßer Coming-of-Age-Film mit tollen Figuren und Darstellern.

 

 

Sunfilm

 

  • tolles Coming-of-Age-Feeling
  • Figur Darius ist faszinierend
  • guter Nebenplot um Jeff
  • Mark Duplass
  • clevere Zeitreiselogiken
  • falsche Fährten und Finten
  • Spannungsbogen hält lang…
  • …endet aber unbefriedigend
  • Nebenplot um Arnau ist peinlich

 

FAZIT:

Cleverer Plot, sympathische Figuren, tolle Atmosphäre. Im Grunde stimmt fast alles der Zeitreise-Coming-of-Age. Bis auf´s Ende.

 

SAFETY NOT GUARANTEED, USA 2012, Regie: Colin Trevorrow, Drehbuch: Derek Connolly
Für Fans von SUBMARINE, BRICK & SUNSHINE CLEENING

 

Soweit von der Front des Subsubgenres Zeitreiseliebeskomödien. Für richtige Sci-Fi-Kost ist es noch ein wenig zu früh, aber im November startet Christopher Nolans INTERSTELLAR. Bis dahin, man wird sich gesehen haben!

 

2 Comments

  1. Antworten

    […] PUNCH in gut finden, mit GRAND PIANO einen teuflisch-spannenden Thriller und endlich auch mal SAFETY NOT GUARANTEED unter JOUNEY OF LOVE auf Deutsch […]

  2. Antworten

    […] daraus ein romantisches Aufeinandertreffen verschiedener Generationen, aus den Bestrebungen in SAFETY NOT GUARANTEED resultiert die […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de