Fantasy Filmfest 2015 Quick’n’Dirty

Zwölf Tage FANTASY FILMFEST in Berlin sind zu Ende. Was für ein Festival in diesem Jahr! Draußen apokalyptische Temperaturen, im gut klimatisierten Saal 8 des CINE STARS in SONY-Center jede Menge coole Genresachen. In diesem Jahr gab es in der Tat ein paar echte Juwelen, sowohl im Vorfeld, als auch als Überraschungen, die man so nicht auf dem Schirm hatte. Wie immer schauen wir uns die Highlights aus meiner Sicht in Kurzreviews an, diesmal sind es sogar elf Filmchen, auf die sich nicht nur die Besucher der restlichen Spielstädte freuen dürfen. Los geht’s!

Ich seh, ich seh

“Guten Abend, gut’ Nacht, mit Rosen bedacht, mit Näglein besteckt, schlupf unter die Deck. Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt. Guten Abend, gut’ Nacht, von Englein bewacht, die zeigen im Traum dir Christkindleins Baum. Schlaf nun selig und süß, schau im Traum ’s Paradies.”  –  1997 schockierte Regisseur Michael Haneke das Feuilleton mit FUNNY GAMES. In der Anfangssequenz des österreichischen Skandalfilms tönte neben Händel und Mozart der Song “Bonehead” der Avantgarde-Metallband Naked City aus dem Autoradio, schrill, schreiend, verstörend.

Frog Dreaming

Jetzt, wo im Mai die Schwimmbäder wieder aufmachen und das alles ausdefiniert sein muss, Killerpollen durch die Luft mäandern und es nirgendwo mehr frische Muscheln zu kaufen gibt (eine Frechheit, wie ich finde), so lasset uns Abschied nehmen von der Schwermütigkeit des Frühjahrs und freudestrahlend in die Zukunft blicken. So, alle in die Zukunft gekuckt? Fein! Dann drehen wir uns jetzt um und blicken wieder zurück. Ich habe erneut einen Klassiker der Kindheit ausgegraben, der zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist – wahrscheinlich deshalb, weil jener Film weltweit unter verschiedenen Titeln veröffentlicht wurde. Vorhang auf für FROG DREAMING aka DER GEISTERJÄGER aka THE QUEST aka THE GO-KIDS aus dem Jahr 1986.

Predestination

Unter hunderten Filmen, die es Jahr für Jahr nicht ins Kino schaffen und hierzulande nur direkt auf DVD und Blu ray veröffentlicht werden, kann man immer mal wieder wirklich tolle Sachen entdecken. Dazu gehört natürlich auch viel Fortsetzungsmüll, aber manchmal sind darunter Filme, die einfach aus dem Nichts auftauchen, von denen man im Vorfeld kaum etwas oder gar nichts vernommen hat und die vielleicht deshalb oft mehr überraschen als so mancher umworbener Blockbuster. Solche Direct-to-Disc-Filme gab es bereits in der goldenen VHS-Zeit, ich erinnere mich an GEGEN DIE ZEIT mit Johnny Depp, später dann BRONSON mit Tom Hardy oder DEFENDOR mit Woody Harrelson und was weiß ich noch alles. Darüber könnte man mal ein interessantes Special machen, aber genug des langen Vorworts. Soeben frisch in den Videotheken steht nun ein weiterer hochkarätiger Direct-to-Disc-Film – PREDESTINATION, ein Sci.Fi-Thriller, der sich klammheimlich an die Spitze der besten Zeitreisefilme geschlichen hat.

Reise in die Urzeit

Wieder einmal schwelgen wir in Kindheitserinnerungen, diesmal jedoch in nicht ganz so düsteren Flimmerwerken wie BRIEFE EINES TOTEN oder MÄRCHEN EINER WANDERUNG. Wir reisen zurück in eine Zeit, in der franko-belgische Comics wie “Tim und Struppi” oder “Asterix” Phantasie und Wissbegierde erweckten, das MOSAIK mit den Abrafaxen monatlich heiß erwartet wurde und Filme wie 20.000 MEILEN UNTER DEM MEER eher eine Bastelanleitung für Abenteuer waren.

INTERSTELLAR

Große, staunende Kulleraugen, ein Kribbeln in der Magengegend, Gedanken, die um einen Atomkern emotionaler Filmleidenschaft kreisen, so etwas ist eigentlich ein Relikt der Vergangenheit, der Kindheit. Ob und wie sich andere dieses Gefühl bewahrt haben oder nicht, ich weiß es nicht. Bei mir ist es wohl der Beruf und das Überangebot an audiovisueller Kunst, welche jenes Gefühl gedämpft haben. Ob nun dieser oder jener Film früher, später oder gar nicht ins Kino kommt, ich nehme es hin ohne Betroffenheit oder Groll. Lange hab ich nicht mehr so etwas wie kribbelige Vorfreude empfunden für einen Film, für eine Geschichte, eine Reise, die mich aus der Realität entführt. Aber wie aus dem Nichts war dieses Gefühl wieder da, knapp eine Woche vor dem Kinostart von INTERSTELLAR. Nun sitze ich hier und könnte über Blaubeermuffins schreiben, wohl aber keine rationale Rezension über den neuen Film von Christopher Nolan (THE DARK KNIGHT TRILOGY, INCEPTION). Muss ich aber auch nicht, Fakten gibt’s auf Wikipedia, Zahlenspielereien auf imdb, selbstgerechte Verrisse allerorten. Bei mir gibt es Blaubeermuffins.

Fantasy Filmfest 2014 Quick’n’Dirty

An einem sonnigen, frühherbstlichen Septembersonntag endete das 28. Fantasy Filmfest in Berlin. Was soll ich sagen, mir hat es Spaß gemacht, zumindest, was meine eigene kleine Zusammenstellung betrifft. Ich habe ein gutes Dutzend Filme gesehen, so dass man nicht wirklich von Festivalüberblick sprechen kann. Ist aber auch egal, ich mag Formulierungen wie “Bester Film des Festivals” sowieso nicht. Wie im letzten Jahr picken wir uns kurz & dreckig ein paar Rosinen aus dem Filmfestkuchen und prüfen diese radikal und völlig subjektiv auf ihre Genretauglichkeit. Erwartungen gab es ja durchaus. Viel Spaß mit 8 Köstlichkeiten vom FFF 2014.

BRIEFE EINES TOTEN

Als kleinen Nachtrag zur Genrefibel Teil 25: Atomic Age habe ich einen Film ausgegraben, der mich mal wieder seit meiner Kindheit begleitet hat. Wie bereits erwähnt haftete Allem, was mit der Atombombe und einem unvermeidlichen Dritten Weltkrieg zu tun hatte, ein ungemein beklemmendes Gefühl an. THE DAY AFTER oder WENN DER WIND WEHT, das waren solche Filme, die einem als kleinen Bub nächtelang Alpträume bescheren konnten. Aber da war noch ein Streifen, von dem ich zuerst in alten Prospekten des Progress Filmverleih las, bzw. Fotos sah. Bilder von Kindern mit Gasmasken, einer zerstörten Stadt nach dem atomaren Exodus und ein Schneesturm aus radioaktivem Fallout. 1987 kam der russische Endzeitfilm Письма мёртвого человека auch in der DDR ins Kino, unter dem Titel BRIEFE EINES TOTEN MANNES. Er ist bis heute einer der düstersten Visionen eines atomaren Holocaust.

UNDER THE SKIN

Es ist Halbzeit im laufenden Kinojahr 2014, Zeit, um ein Zwischenfazit zu ziehen. Es ist ein fantastisches Filmjahr bislang, GRAND BUDAPEST HOTEL, GODZILLA, ONLY LOVERS LEFT ALIVE und HER haben bei mir bislang alle hohen Erwartungen übertroffen. In diese Reihe erstklassiger Produktionen reiht sich nun ein weiteres Juwel ein, der sogar Film des Jahres werden dürfte. Klingt alles gut, doch nun das Kleingedruckte: An vielen wird diese Perle der Kunst wohl unbemerkt vorbeigehen, und wenn man doch etwas von Jonathan Glazers Meisterwerk UNDER THE SKIN gehört hat, dann vornehmlich durch den Aufschrei kinoaffiner Genrefans, dass einer der fantastischsten Produktionen der letzten Jahre bei uns erst gar nicht offiziell in die Kinos kommt. Skandal! Was ist da los?

CAPTAIN BERLIN VERSUS HITLER

So, Freunde der leichten Unterhaltung. Kommen wir nun, nach der exorbitanten Kleinen Genrefibel Teil 20 zur Verleihung des Trash Awards für den besten Trashfilm aller Zeiten! Welcher Film könnte denn diese begehrte Trophäe abstauben…ach, scheiße, steht ja schon oben im Titel. Naja, dann wollen wir mal. Noch vor THE TOXIC AVENGER schafft es eine deutsche Produktion, bei mir am Trashsternhimmel gleich neben 00 SCHNEIDER – JAGD AUF NIHIL BAXTER den Müllolymp zu besteigen.

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de