Der Traumfalter Jahresrückblick 2016

Nach meiner erfolgreichen Doktorarbeit über den binomialen Einfluss chaotischer Axiomensysteme am Beispiel STAR TREK, also warum nur die geraden Teile gut sind wie DER ZORN DES KHAN, ZURÜCK IN DIE GEGENWART oder DAS UNENTDECKTE LAND, also gleich als ich mit diesen Berechnungen fertig war (die Lösung war übrigens 1 1/2), blätterte ich in meinem Karteikartenschrank und wollte meine Theorie auf Filmjahrgänge ausweiten. Denn 2015 war ein fantastischer Jahrgang. STAR WARS kam zurück, MAD MAX FURY ROAD ließ die gesamte Actionkonkurrenz Staub fressen, EX-MACHINA, INSIDE OUT, BIRDMAN, SICARIO, das Filmjahr 2015 war das beste Filmjahr 2015 seit Langem. Sind ungerade Filmjahrgänge denn nun besser als gerade? Blicke ich jetzt zurück auf das Filmjahr 2016, welches genau in diesem Moment die Segel streicht, und zwar in der Farbe Möhrengelb, dann scheint sich diese Theorie zu bewahrheiten. Aber in Wirklichkeit ist alles noch viel, viel schlümmer.

 

Denn die Wirklichkeit ist fantastischer als jeder Film. Man sollte mal einen Film darüber machen, über diese Wirklichkeit. Früher haben wir noch gelacht, über Marty McFly, als er in ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT 2 vor dem Biff Tower stand. Dann haben wir Marty McFly herbeigesehnt letztes Jahr, doch er kam nicht. In diesem Jahr wissen wir warum. In seinem Paralleluniversum ist es momentan entspannter als bei uns. Denn das Jahr 2016 war nicht irgendein Jahr. Das Jahr 2016 mutierte zu einem Supermonster mit zwölf Fangarmen, es schlug wild um sich und verbreitete Angst und Schrecken auf dem Erdenrund.

 

Das Jahr 2016 höchstpersönlich wurde für alles verantwortlich gemacht. Es hat all die guten Leute geholt, eigenhändig, nicht mal Achim Mentzel hat es verschon. Es hat die Menschlein wattebäuschig in den Schlaf gewiegt und sie am Morgen mit Schabernack überrascht – Brexit, Trump, die schwankenden Butterpreise. Dieses Schweinejahr! Terror vor der Haustür, beim Glühweintrinken. Und jetzt auch noch Prinzessin Leia. Es reicht! Deshalb wird dieses Jahr 2016 nun auch höchst unsanft nach draußen eskortiert. “2016 – Verpiss Dich!” hab ich letztens gelesen. Genau! Hau bloß ab du! Wir wollen nicht mehr bis Silvester warten, nicht, dass du auch noch Gene Hackman holst. Oder Milva! Wir ziehen 2017 einfach um ein paar Tage vor. Heißt ja auch “Zwischen den Jahren”.

 

Aber das passiert wie gesagt ja alles nur in dieser Wirklichkeit. Hier, also bei mir im Blog, kann uns nix passieren. Wir wollen uns mit den wirklich wichtigen Dingen des Jahres 2016 auseinandersetzen, ob zum Beispiel GHOSTBUSTERS mit Frauen funktioniert oder welcher Film niedlicher war, ZOOMANIA oder PETS. Gleich vorweg, auch filmtechnisch war das Jahr 2016 ein Jahrgang der Enttäuschung mit Hang zu mittleren Katastrophen. Aber es gab auch Lichtblicke. Folgen Sie mir unauffällig…

 

 

Hummer ist der beste Koch!

 

Wie in jedem Jahr gibt es Unmengen an Filmen, die es bei uns gar nicht erst ins Kino schaffen. Davon bekommt man im Normalfall erstmal gar nicht so viel mit, es sei denn, es handelt sich um einen von Lob gepriesenen Festivalfilm. Dieses Schicksal traf 2014 UNDER THE SKIN, in diesem Jahr sorgte SONY Pictures für Unmut, die den Cannes Hit THE LOBSTER nur im Heimkinomarkt veröffentlichten. Trotz fulminantem Cast (Colin Farell, Rachel Weisz) schien dem Verleih der zweite Spielfilm von Regisseur Giorgos Lanthimos (DOGTOOTH) zu kryptisch und intellektuell für das deutsche Kinopublikum.

 

 

THE LOBSTER von Giorgos Lanthimos

 

In Lanthimos beklemmend schräger Dystopie THE LOBSTER werden alle freiwilligen wie unfreiwilligen Singles in ein Hotel zwangsuntergebracht und haben 45 Tage Zeit, einen neuen Partner zu finden. Diejenigen, die das nicht schaffen, werden in ein Tier ihrer Wahl verwandelt. Die Anwärter können ihre Frist verlängern, wenn sie erfolgreich an einer Treibjagd auf Flüchtlinge im Wald teilnehmen.

 

THE LOBSTER ist sicher kein einfacher Film, die Atmosphäre ist erdrückend, ein paar Ideen geradezu wahnwitzig skurril, irgendwo zwischen NAKED LUNCH und der Serie UTOPIA, nur ganz anders. Immerhin bemühte sich das Fantasy Filmfest sowie die Yorck Kinogruppe, die Filmperle auf ein paar Kinoleinwände zu bringen. Eine andere kryptische Dystopie, die THE LOBSTER gar nicht so unähnlich ist, schaffte es 2016 indes doch ins reguläre Kinoprogramm – HIGH RISE von Ben Wheatley über die Bewohner eines riesigen Hochhauses, in dem ein Kleinkrieg zwischen den sozialen Ständen ausbricht.

 

 

HIGH RISE von Ben Wheatley

 

Vom Stoff her sind sowohl THE LOBSTER als auch HIGH RISE faszinierende Visionen, erzählerisch weiß aber nur THE LOBSTER zu fesseln, während HIGH RISE schon nach kurzer Zeit ermüdet. Trotz einiger gelungener Elemente wirkt Wheatleys Film zu stückhaft und zäh, nur das grandiose Portishead Cover eines Abba Songs bleibt im Gedächtnis. THE LOBSTER dagegen funktioniert hervorragend. Strange.

 

Überraschenderweise erschien nach PREDESTINATION von 2015 in diesem Jahr erneut ein recht gelungener Zeitreisethriller direkt für das Heimkino – SYNCHRONICITY von Jacob Gentry (THE SIGNAL), der zwar nicht ganz so clever ist wie die Zeitreiseagentenhatz mit Ethan Hawke und Sarah Snook, aber doch ungemein unterhaltsam und stylisch daherkommt. Ein Wissenschaftler baut mal wieder eine Zeitmaschine, doch bei einem Testlauf taucht plötzlich eine seltene Blume aus der Zukunft auf.

 

Nach dem Zeitreisegeigenkoffer in PREDESTINATION 2015 nun die erste Zeitreisedahlie in SYNCHRONICITY.

 

So sucht der Wissenschaftler nun das Pendant der Dahlie in der Gegenwart, um die Funktionalität seiner Maschine zu beweisen. Das stellt sich jedoch als ganz dumme Idee heraus und wieder muss eine Zeitreise her, um falsche Entscheidungen zu korrigieren. Was wiederum eine weitere dumme Idee ist. SYNCHRONICITY erfindet das Rad der Zeit natürlich nicht neu, ist aber recht spannend inszeniert, sieht für sein schmales Budget sehr ansprechend aus und Genrehaudegen Michael Ironside (STARSHIP TROOPERS) ist auch mit von der Party.

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Was gab es noch nur für den Heimkinomarkt? Mel Gibson ist zurück mit Talibanbart und dem dreckigen Actioner BLOOD FATHER und wenn auch Mel Gibson in letzter Zeit so ziemlich alle Sympathien verspielt hat, er hat es immer noch drauf, so gut aufgelegt war der alte Grantler lange nicht. Winona Ryder ist ebenfalls zurück, neben STRANGER THINGS im TV spielte sie die zurückhaltende Ehefrau des Sozialpsychologen Stanley Milgram in THE EXPERIMENTERS und das ziemlich überzeugend.

 

Ein bisschen enttäuschend wiederum war die Rückkehr der britischen Komiker Monty Python mit ZUFÄLLIG ALLMÄCHTIG. Simon Pegg und Kate Beckinsale sind auch nicht gerade die sympathischste Besetzung der eher launigen Komödie von Terry Jones (DER WIND IN DEN WEIDEN). Einzig der sprechende Hund Dennis, der noch von Robin Williams synchronisiert wurde, hat ein paar echte Lacher auf seiner Seite. Das liebenswürdigere Duo dagegen war eindeutig Sam Rockwell und Anna Kendrick im durchgeknallten Actionquark MR. RIGHT von Paco Cabezas (TOKAREV).

 

 

Daumen rauf, Daumen runter, Daumen ab

 

Enttäuschungen wie Überraschungen innerhalb eines Filmjahres hängen allerdings von der jeweiligen Erwartungshaltung. Manchmal freut man sich auf etwas, was dann der Erwartung nicht gerecht wird und manchmal sind die von vorherein verteufelten Blasphemien doch nicht so schlimm wie befürchtet.

 

Trinken wir zuerst das halbvolle Glas aus. Den größten Shitstorm in diesem Jahr trafen die neuen GHOSTBUSTERS. Dass es überhaupt noch zu einer Wiederbelebung der geliebten Geisterjäger gekommen ist, war lange Zeit nicht sicher. Murray stellte sich quer, dann verstarb 2014 auch noch Harold Ramis. Und nun das: die neuen GHOSTBUSTERS sind Frauen. Und was für welche!

 

Kirsten Wiig, Melissa McCarthy, Kate McKinnon und Leslie Jones – alle mit SATURDAY NIGHT LIVE Erfahrung als neues GHOSTBUSTERS Team unter der Regie von Paul Feig (BRAUTALARM).

 

War die Aufregung nun berechtigt oder ist GHOSTBUSTERS, Reboot, Remake und Fortsetzung in einem, doch ganz unterhaltsam? Ein zweischneidiger Kreuzstrahl. Während Kirsten Wiig an Peinlichkeit und Fremdschämerei nicht zu ertragen ist, spielt Melissa McCarthy mal nicht ganz so klotzig. Leslie Jones muss die Quotenschwarze ohne Doktortitel, aber mit viel New York Erfahrung geben, dafür darf Kate McKinnon als Holtzmann völlig am Rad drehen, was durchaus einen gewissen Witz hat. Den Vogel aber schießt Chris Hemsworth als Empfangsdame ab (“You know, an aquarium is a submarine for fish.”). Traurig dagegen die Cameos von Bill Murray und Dan Aykroyd, das war lustlos wie verschenkt. Sonst noch was? Achja, Schleimer is grün und rockt, wie soll es auch anders sein.

 

Aber von einem völligen Desaster ist GHOSTBUSTERS weit entfernt. Erwartungen sind doofe Gremlinse, sie bringen alles durcheinander, man kann ihnen nicht trauen. BFG hieß in diesem Jahr der neue Film von Steven Spielberg. Die Zeit, in der Spielberg für unvergessliche Kinomagie stand, ist allerdings lange vorbei. BFG hätte vielleicht was werden können, ist es aber irgendwie nicht, zu langweilig und altbacken erzählt, die Göre nervt, der Riese hat einen witzigen Sprachfehler, aber sieht ungelenk aus. War ich von BFG enttäuscht? Nein, denn ich hatte nichts anderes erwartet.

 

Wunderbar unterhaltsames Sextett in THE HUNTSMAN AND THE ICE QUEEN.

Ganz anders THE HUNTSMAN AND THE ICE QUEEN, die Fortsetzung von SNOW WHITE AND THE HUNTSMAN, den ich lahm und uninspiriert fand. So beginnt der Fantasyquark Teil 2 auch, mit einer grottigen Charlize Theron und einer gelangweilten Emily Blunt. Doch plötzlich wendet sich das Blatt, als Jessica Chastain und (schon wieder cool) Chris Hemsworth plus vier Zwerge auftauchen.

 

 

Auf einmal funktioniert die Choose, weil die Chemie zwischen Chastain und Hemsworth hervorragend funktioniert und beide Spaß zu haben scheinen. Auch die Zwerge sind zum Schießen. Darüber hinaus entpuppt sich die Fantasywelt des Films als Augenweide, mit Schlangen, deren Haut aus Moos und Gras besteht und Trollen, die nach Gold gieren. Ich hätte nicht gedacht, dass THE HUNTSMAN AND THE ICE QUEEN ein wirklich spaßiger Fantasyfilm wird, weit besser als sein Vorgänger. So kann man sich irren.

 

 

Bösewicht des Jahres: Sacha Baron Coen als “Zeit” in ALICE HINTER DEN SPIEGELN

 

Sogar noch begeisterter war ich von der Fortsetzung von ALICE IM WUNDERLAND namens ALICE HINTER DEN SPIEGELN, den wähnte ich gar als Direct-to-Disc Veröffentlichung, doch er kam als Sommerblockbuster, mit Originalbesetzung plus Sacha Baron Coen, aber minus Tim Burton. Und siehe da, befreit von der Erwartung, Burtonmagie serviert zu bekommen, kann man ALICE wunderbar genießen, er ist in allen Belangen besser als der Vorgänger, erzählt eine tiefere Geschichte um die White und Red Queen, Johnny Depps Figur hat auch mehr Tiefe, Mia Wasikowska ist zumindest halbwach, alles ist bunt und wundervoll und Sacha Baron Coen als die Zeit einfach herrlich.

 

MISS PEREGRINE’S HOME FOR PECULIAR CHILDREN von Tim Burton

 

Tim Burton selbst hatte 2016 auch wieder einen neuen Film am Start, wie man so schön sagt, und zwar MISS PEREGRINE’S HOME FOR PECULIAR CHILDREN. Leider sind auch die guten Tage eines Tim Burton schon etwas länger her, obwohl mir BIG EYES vor zwei Jahren ganz gut gefallen hat. MISS PEREGRINE hat Licht und Schatten, leider halte ich Asa Butterfield für völlig fehlbesetzt und ganz und gar nicht mitreißend, auch Eva Green spielt auf Sparflamme. Aber es gibt ein paar tolle neue Gesichter, dazu kommen wir gleich, auch gibt es nach langer Zeit mal wieder eine coole Rolle für Samuel L. Jackson, der eigentlich nur noch nervt mit seiner Überbesetzung. Die Musik ist schön, am Ende wird es sogar ein wenig rasant, MISS PEREGRINE ist ein schwächerer Burton, aber nicht unbedingt ein schlechter Film.

 

THE JUNGLE BOOK als Realverfilmung? Muss schiefgehen, tönt es von den Dächern, aber es stimmt nicht, der Film ist absolut fantastisch. WARCRAFT dagegen nahm ich so hin, ich kann mit den CGI Orksen nicht so viel anfangen, die menschlichen Figuren nerven noch mehr, aber stellenweise sieht Duncan Jones World of Warcraft Verfilmung einfach umwerfend aus. Wenn man das so liest, eigentlich war 2016 ein richtig gutes Jahr für den Fantasyfilm. Und nicht nur für den, auch im Genre Science-Fiction gab es einige Perlen. Dazu gehört für mich neben ARRIVAL auch STAR TREK BEYOND.

 

 

Anton Yelchin in STAR TREK BEYOND

 

Was wurde nach dem ersten Trailer gemault über Regisseur Justin Lin, über billige Action und “Sabotage” von den Beastie Boys. Und am Ende? Ist STAR TREK BEYOND für mich sogar einer der besten STAR TREK Filme überhaupt geworden. Weil er straff und unterhaltsam ist, toll ausschaut und irgendwie von der erzwungenen Epik der Abramsfilme befreit wurde.

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Vor allem fühlt sich STAR TREK für mich wieder nach STAR TREK an, nämlich bedeutungsschwangerer Science-Fiction-Käse. Ja ich weiß, STAR TREK hat früher die ganz großen philosophischen Fragen gestellt und beantwortet, schon klar. Für mich kann es gern weitere Filme mit der neuen Crew geben, BEYOND macht Spaß, und was will man mehr?

 

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Was ist denn eigentlich ein richtig schlechter Film? Gibt es sowas überhaupt? Es ist vielmehr so, dass das Kino und der Film im Jahr 2016 durchaus den Spagat zwischen erzählerischen und audiovisuellen Ansprüchen hinbekommt. Trotzdem gibt es hier und da immer wieder reine Bauchlandungen. Da freut man sich auf einen neuen Barry Sonnenfeld Film und heraus kommt der unsäglicher Müll NINE LIVES. THE LEGEND OF TARZAN will die bekannte Geschichte ernsthafter erzählen, wird am Ende allerdings völlig käsig.

 

Manchmal will man aber einfach nur zu viel. Ein Paradebeispiel dafür ist auch das neue DC-Universum. Zu den größten Enttäuschungen des Filmjahres 2016 gehören für mich sowohl BATMAN VS SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE als auch SUICIDE SQUAD. Nach dem immensen Erfolg der MARVEL Filme innerhalb des MCU will Warner mit ihrer DC-Lizenz natürlich auch was vom großen Franchisekuchen abhaben, immerhin haben sie irre populäre Figuren in ihren Stallungen. Auch sind die Ansätze vielversprechend, mehr Subtext, mehr Düsternis, mehr Ernsthaftigkeit gegenüber den poppigen MARVEL Helden.

 

 

Gupfltreffen: Batman käppelt sich mit Superman, wenn auch nur kurz, in BATMAN VS SUPERMAN – DAWN OF JUSTICE

 

Und trotzdem klappt beim DCU bislang nix, zumindest in filmischer Hinsicht. Die Konzepte klingen toll, die ersten Bilder von BVS und SUICIDE SQUAD waren atemberaubend, der Style stimmt, die Besetzung stimmt und trotzdem wurden aus beiden Großprojekten keine guten Filme. Was läuft da eigentlich schief? BVS krankt zum Beispiel an viel Lärm um nichts. Das Zusammentreffen der bekanntesten Comichelden überhaupt geriet beinahe zur Nebensache. Henry Cavill hat die Ausstrahlung einer Selleriestaude, die großartige Amy Adams wird völlig verheizt, während Jesse Eisenberg grenzdebil durch die Szenerie kaspert. Und alles ist so verdammt ernst und spaßbefreit.

 

Natürlich gibt es auch positive Sachen. Niemand hätte gedacht, dass Ben Affleck einen hervorragenden Batman abgeben würde. Auch Gal Gadot als Wonder Woman ist eine Schau. Bei SUICIDE SQUAD ist die Sache sogar noch schlimmer. Nachdem man sich durch die erste halbe Stunde gequält hat, in der sämtliche Figuren in Rückblenden vorgestellt werden, was so spannend wie Zwiebelzöpfe flechten ist, holpert die Story, wenn man sie überhaupt so nennen kann, von einer kruden Actionszenerie zur anderen. Selten hat sich ein Film so zusammengeschustert angefühlt wie SUICIDE SQUAD. Dabei ist das schade, weil die Einzelteile für sich genommen wirklich cool sind.

 

Nicht der Bösewicht des Jahres: Jared Leto als Joker in SUICIDE SQUAD

 

Wenn auch der neue Joker, gespielt von Jared Leto, eher eine Luftnummer ist, der Rest der Besetzung macht Spaß, vor allem Margot Robbie ist cool. Aber als Film reißt er nun gar nicht mit, man hangelt von einer Musiknummer zur nächsten, kein Fluss, keine Spannung, es ist zum Haare raufen. Darüber hinaus habe ich Zweifel, ob das Konzept des DCU so aufgeht wie bei MARVEL.

 

So cool Gal Gadot ist, glaubt wirklich jemand nach dem Trailer zu WONDER WOMAN 2017, dass das die Massen in die Kinos lockt? Nicht dass bei MARVEL alles super ist, das sind auch Hirn-Aus-Blockbuster, aber sie machen wenigsten Spaß und sind unterhaltsam. Ich fände es besser, im DCU würde man die Dinge individueller halten als bei MARVEL, nicht auf Teufel kommt raus ein Universum des Wiedererkennens aufbauen. Burton, Nolan, von mir aus auch Snyder haben bewiesen, wie unterschiedlich man die Comicgrößen des Verlages interpretieren kann. Das interessiert mich mehr als ein perfektes Universum mit kongruenter Besetzung und Stilistik.

 

Was reg ich mich gerade auf, aber nur innendrin, äußerlich bin ich ganz ruhig und esse Haribo Winterkonfekt. Bei all den Enttäuschungen 2016, die wir jetzt aber gleich abhaken, kommt das schlimmste aber erst noch. Der wohl grottigste Film des Jahres muss gekürt werden, als Warnung und als Tipp gleichermaßen. Selten hab ich so einen schlechten Film wie Kevin Smiths YOGA HOSERS gesehen. Dass er TUSK noch unterbieten würde, damit hätte nun niemand gerechnet.

 

 

Nicht jeder Trash ist gut – YOGA HOSERS ist filmischer Sondermüll

 

YOGA HOSERS ist unwitzig, penetrant nervig und eine Verschwendung von Talent und Zeit. Die Hauptrollen spielen die Gören von Kevin Smith und Johnny Depp, dagegen hat BEVERLY HILLS 90210 fast Arthouse Charakter. Zwei Teenager müssen die Invasion von kleinen, blauen Hitlerwürsten abwehren, welche die ganze Zeit “Mein Fräulein!” quicken. Johnny Depp mimt wieder den grenzdebilen Guy Lapointe aus TUSK, auch Justin Long und Haley Joel Osmond ist wieder mit an Bord, was hab ich die vermisst! Nochmal zur Erinnerung, Kevin Smith hat mal Meisterwerke wie CLERKS und DOGMA gedreht. Bitte bitte schaut euch YOGA HOSERS…äh, an! Ihr glaubt mir das sonst nicht.

 

 

Himmelhoch furzend und zu Tode betrübt

 

So, jetzt ist aber genug mit der Meckerei, bevor wir zu den besten Filmen 2016 kommen, huldigen wir wieder den Schauspielern, Schauspielerinnen, Newcomern und Durchstartern des Jahres. Denn das hält einige Überraschungen bereit. Ich hätte es mir nicht in meinen kühnsten Tagträumen ausgemalt, aber der beste Schauspieler des Jahres für mich ist Daniel “Harry Potter” Radcliffe.

 

Schauspieler des Jahres: Daniel Radcliffe in SWISS ARMY MAN, IMPERIUM, VICTOR FRANKENSTEIN & NOW YOU SEE ME 2

 

Ich hab fast gedacht, Radcliffe wird aus der Harry Potter Rolle zeitlebens nicht mehr herauskommen. Aber falsch gedacht, Daniel Radcliffe feierte große Erfolge am Londoner Theater und der Bub hat mir bereits in KILL YOUR DARLINGS und HORNS gut gefallen. Dass er aber in diesem Jahr so durchstartet, hat mich überrascht. Los ging’s mit VICTOR FRANKENSTEIN, einer Holterdipolter Neuverfilmung aus Sicht des buckligen Igor. Der wird von Radcliffe gespielt und das richtig toll.

 

Noch besser ist er als Wasserleiche in SWISS ARMY MAN, dem Eröffnungsfilm des diesjährigen Fantasy Filmfestes. Dem folgt eine krasse Wendung hin zum überzeugenden FBI Agenten und erschreckt gutem Neonazi in IMPERIUM. Und es spricht Bände, das einzig erträgliche an dem unsagbar großkotzigen DIE UNFASSBAREN 2 war Radcliffe als gerissener Millionär. Hut ab, der Junge kann was!

 

Schauspielerin des Jahres: Felicity Jones in A MONSTERS CALL, COLLIDE, INFERNO & ROGUE ONE

 

Nur eins kann Daniel Radcliffe leider nicht – so wunderschön aussehen wie Felicity Jones. 2016 war eindeutig ihr ganz großer Durchbruch und sie beerbt damit Alicia Vikander vom Vorjahr, die sich aber in Februar mit einem OSCAR vergolden ließ. Für Felicity Jones gab es 2014 für DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT leider keine Trophäe, aber seitdem ist die junge Britin irre gut im Geschäft.

 

In diesem Jahr machte sie die beinahe unnötige Fortsetzung der Robert Langdon Saga INFERNO erträglich und machte mit blonden Haaren in COLLIDE eine ebenso gute Figur wie in A MONSTERS CALL, der Januar 2017 in die deutschen Kinos kommt. Die Krönung allerdings ist ihre Besetzung als Hauptrolle Jin Erso in ROGUE ONE. Sie spielt die Rebellin wider Willen zwar etwas herb, aber sie hat Energie und Drama in ihren Augen. Und dieser Mund! Schauspielerin des Jahres. Punkt.

 

Jetzt allerdings, muss ich erstmal einen Schluck trinken. Völlig unabhängig gibt es für mich noch einen Schauspieler des Jahres, tragischerweise hat auch er 2016 nicht überlebt – der durch einen Unfall zu Tode gekommene Anton Yelchin. Yelchin wurde 27 Jahre alt. Auch er hat 2016 ein beachtliches Portfolio vorgelegt, von der Indieperle THE DRIFTLESS AREA bis zum Blockbuster STAR TREK BEYOND.

 

Ein begnadetes Talent verstarb tragisch und viel zu früh: Anton Yelchin in GREEN ROOM, STAR TREK BEYOND, THE DRIFTLESS AREA & RISE

 

Er spielte die Hauptrolle in GREEN ROOM, einem der Genrefilme des Jahres und drehte noch ein paar weitere Filme, die noch ihrer Veröffentlichung harren. Nicht nur, dass er ein fantastischer Schauspieler war, ich hab mich mit ihm verbunden gefühlt, ich war mit ihm im Karbon und es ist alles so überaus tragisch…wie kommen wir da jetzt nur wieder raus?

 

Schauspielerische Up´s & Downs 2016: Margot Robbie Top als Harley Quinn in SUICIDE SQUAD, Charlize Theron nervig in THE HUNTSMAN AND THE ICE QUEEN, Kate McKinnon mit fantastischem Gesichtsfasching in GHOSTBUSTERS, Elle Fanning scheintot in THE NEON DEMON. Bärbeißig – Leonardo DiCaprio in THE REVENANT, auf einem Auge blöd – Nicolaj Coster-Waldau in GODS OF EGYPT, bullig & cool – Ben Affleck in BATMAN VS SUPERMAN, einen Meter neben sich – David Duchonvny in THE X-FILES. Jesse Eisenberg in BATMAN VS SUPERMANN – unerträglich. Brie Larson in ROOM – unfassbar ergreifend. Endlich wieder cool – Samuel L. Jackson in MISS PEREGRINE. Winona Ryder, was war nur los mit dir – in STRANGER THINGS??!!

Genau, regen wir uns wieder ein bisschen auf. Für eine ganze Riege an Schauspielern beginnt nun eine neue Zeit, in der sie flügge dem heimatlichen Serienneste werden und in die weite Spielfilmwelt hinausflattattern. Ich rede von einer Handvoll GAME OF THRONES Stars, die ja auch an die Zeit denken müssen, wenn der ganze Quatsch mal vorbei ist. 2016 konnten wir Nathalie Dormer in THE FOREST sehen, Nicolaj Coster-Waldau in GODS OF EGYPT, Pausbäckchen Emily Clarke in EIN GANZES HALBES JAHR und Sophie Turner in X-MEN APOCALYPSE. Und das war alles nich gut. So weiter.

 

Es ist immer dieses Auf und Ab an Schauspielerei, wie in jedem Jahr. 2016 hat sich Leonardo DiCaprio endlich den OSCAR für die beste Hauptrolle erbissen, sogar zu Recht wie ich finde. Aber andere Fragen bleiben. Hypnotisiert Nicolas Winding-Refn seine Schauspieler wie Ryan Gosling oder in diesem Jahr Elle Fanning, dass sie wie Mumien durch seine doch sehr coolen Filme mäandern? Und welche Drogen hat David Duchovny in der Neuauflage von THE X-FILES genommen bitteschön?

 

Deshalb ist es schön, mal neue Gesichter zu sehen wie Lauren McCrosti in MISS PEREGRINE oder Milly Bobby Brown in STRANGER THINGS. Jacob Trambley war atemberaubend in ROOM und die mittlerweile nicht mehr ganz so taufrischen Kodi Smit McPhee und Taron Egerton begeisterten im neuen X-MEN und in EDDIE THE EAGLE. Von allen genannten kann bitte mehr kommen in Zukunft.

 

Newcomer & Durchstarter 2016: Brianna Hildebrand als Ellie Phimister in DEADPOOL, Lauren McCrostie in MISS PEREGRINE, Millie Bobby Brown in STRANGER THINGS, Mary Elizabeth Winstead in 10 CLOVERFIELD LANE, Tom Holland in THE FIRST AVENGER: CIVIL WAR, Jacob Tremblay in ROOM, Kodi Smit McPhee in X-MEN APOCALYPSE, Taron Egerton in EDDIE THE EAGLE

Bemerkenswert in diesem Jahr wären auf jeden Fall noch Margot Robbie, die SUICIDE SQUAD und TARZAN erträglich gemacht hat sowie Gal Gadot, der die Rolle der WONDER WOMAN in BATMAN VS SUPERMAN auf den heißen Leib geschrieben wurde. Mary Elizabeth Windstead hat sich entschlossen, auch mal etwas entschlossener zu spielen und begeisterte mich in 10 CLOVERFIELD LANE. Aber auch ein paar Herren haben gefallen, Tom Holland in CIVIL WAR wird ein guter neuer SPIDERMAN werden und Chris Hemsworth wird wie gesagt immer besser. Freu mich schon auf THOR nächstes Jahr.

 

 

Die Filme des Jahres

 

Wo wir bei den Filmen des Jahres wären. Schwierige Sache in diesem Jahr. Erst kurz vor Ende drehte das Kinojahr auf und lieferte völlig überraschend den mit Abstand besten Film des Jahres – ARRIVAL von Denis Villeneuve. ARRIVAL kam fast aus dem Nichts und fegte den ganzen halbgaren Quark des Filmjahres mit einem Wisch weg. So muss ein intelligenter und emotionaler Blockbuster aussehen und sich vor allem anfühlen. Auch wenn man sich über ROGUE ONE, das erste STAR WARS Spin-off, das Maul zerfetzen kann, ich glaube keinem Genrefreund, dass er nicht begeistert war. Doch dann hört es schon fast auf, möchte man meinen?

 

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Gab ja aber nicht nur Blockbuster. SWISS ARMY MAN, GREEN ROOM und 10 CLOVERFIELD LANE sind vorzügliche Genrefilme für einen Bruchteil eines Blockbusterbudgets. Im Fall von 10 CLOVERFIELD LANE kann man sogar noch was lernen, nämlich wie man ein Filmuniversum interpretieren kann und wie das mit den Erwartungen des Zuschauers spielt. Auch 10 CLOVERFIELD LANE kam urplötzlich, niemand hatte den Film auf dem Schirm. Er knüpft an CLOVERFIELD von 2008 an, bedient aber ein ganz anderes Setting, ja sogar Genre und bezieht aus dieser Verwirrung sogar dramaturgisches Potential.

 

Aus der OSCAR Saison hat mich ROOM und SPOTLIGHT am meisten begeistert, natürlich auch THE REVENANT. Aber viel schöner ist die Freude über ALICE ZWISCHEN DEN SPIEGELN, das hätte ich nun wirklich nicht vermutet. ZOOMANIA liegt bei mir vor FINDING DORY und PETS in Sachen Animation, DR. STRANGE darf rein, weil er so ein heimeliges BATMAN BEGINS Feeling hat, ansonsten ist das auch MARVEL Stangenware mit verschenktem Potential und Klischees, aber wir wollen mal nicht so sein.

 

 

Amy Adams glänzt im Film des Jahres ARRIVAL von Denis Villeneuve

 

 

TONI ERDMANN

 

Kommen wir mal zum deutschen Markt. Ja, auch in Deutschland werden Filme gemacht, möchte man gar nicht meinen. Dabei hat der Deutsche Film in diesem Jahr einmal ganz hell gestrahlt, als nach 400 Jahren mal wieder ein deutscher Film in Cannes zu Gast war. Das war im Jahr 2008, als Wim Wenders PALERMO SHOOTING lief, also knapp vor 400 Jahren. Mittlerweile wurde TONI ERDMAN in 55 Länder verkauft und steht sogar auf der OSCAR Shortlist. Was is da los?

 

TONI ERDMANN ist der dritte Spielfilm von Maren Ade nach DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN und ALLE ANDEREN, der auf der Berlinale 2009 den Großen Preis der Jury gewann. TONI ERDMANN erzählt die Geschichte des leicht verschrobenen, urgemütlichen Winfried Conradi und seiner in Beruf und Privatleben überforderten Tochter Ines , die sich über die Jahre entfremdet haben.

 

Nach den Tod seines Hundes besucht Winfried Conradi seine Tochter in Bukarest, die dort als Unternehmensberaterin vor schwierigen Verhandlungen steht. Dementsprechend genervt ist sie von ihrem Vater, der einen skurrilen Humor an den Tag legt. Als Vater und Tochter scheint es in Bukarest nicht zu funktionieren, also schlüpft Winfried in die Rolle seines Alter Ego Toni Erdmann, mit Perücke und falschen Zähnen und funkt immer wieder in Ines’ kompliziertes Leben. Doch je mehr beide in diesem “Spiel” aneinandergeraten, desto näher kommen sich Vater und Tochter.

 

Winfried Conradi (Peter Simonischek) und Tochter Ines (Sandra Hüller) in TONI ERDMANN von Maren Ade

 

TONI ERDMANN wird von allerlei Seiten als Glücksfall für den deutschen Film bezeichnet. Was wohl damit gemeint ist? Dafür ist der Film viel zu untypisch für den deutschen Film. Vielleicht genau deswegen. In TONI ERDMANN liegt eine Schlichtheit und unprätentiöse Leichtigkeit wie selten zuvor. Diesen mikroskopischen Blick auf das scheinbar Banale, gepaart mit der Urwucht des Unvorhersehbaren treibt Ade nach ALLE ANDEREN mit TONI ERDMANN erst recht auf die Spitze.

 

Ich hatte das Glück, Maren Ade bei den Dreharbeiten zu ALLE ANDEREN erleben zu dürfen, wie sie dieses Mikroskop an die Szenerie ansetzt wie eine Insektenforscherin und wie sich diese Intimität dann auf der Leinwand anfühlt. Genau wie bei TONI ERDMANN, der viel zu persönlich ist, um nun für den gesamten deutschen Film zu stehen. Genau deshalb ist er ja so gut. Der Film ist pure Magie, trotz 162 Minuten Laufzeit keine Sekunde zu lang, poetisch, unfassbar absurd wie witzig und in seiner Schlichtheit tief berührend. TONI ERDMANN ist nicht nur einer der besten deutschen Filme des Jahres, er ist einer der Filme des Jahres schlechthin.

 

Genrenägel mit Köpfen

 

Aber auch der deutsche Genrefilm darf sich bisschen stolz fühlen, denn irgendwie geht es voran. Nicht nur dass Krystof Zlatnik zusammen mit Paul Andexel das Festival für den deutschen Genrefilm GENRENALE ins Leben gerufen haben, welches 2016 zum viertem Mal in Folge präsentiert wurde, nein, Zlatnik war das ewige Gejammer um die prekäre Lage deutscher Genrefilmmacher leid und er machte mit IMMIGRATION GAME Nägel mit Köpfen.

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Mit einer kleinen Crew, unglaublicher Zähigkeit und einer großen Vision entstand ein fantastischer Actionthriller über ein bitteres Spiel um Flüchtlinge, irgendwo zwischen RUNNING MAN und THE HUMAN RACE. Zwar erscheint der Film erst 2017 offiziell, aber er wurde bereits bei der Premiere frenetisch gefeiert. Vor allem aber ist IMMIGRATION GAME nicht gefällig und glatt, ich hadere beispielsweise mit dem Ende und könnte mich in wüste Diskussionen stürzen, aber genau das ist super, denn darum geht es im Genrefilm, um neue Geschichten, streitbare Geschichten, eine filmische Interpretationen der Realität mit Hilfe von Phantasie, cleverem Intellekt und natürlich Mut. Das beweist auch DER NACHTMAHR, einem weiteren Höhepunkt des deutschen Genrejahres.

 

DER NACHTMAHR von Akiz ist ein ganz vorzügliches Genrestück mit Anleihen von David Cronenberg und DONNIE DARKO. Ein Coming-of-Age Monsterfilm mit treibenden Technobeats, Strobolights und einzigartigem Look. Die Geschichte der 17-jährigen Tina, die ein knubbeliges Monster von einer Party mit nach Hause bringt, ist ein düsterer Trip, magnetisch und umwerfend.

 

DER NACHTMAHR von Akiz

 

Mit DAS KALTE HERZ gibt es auch endlich mal ein vernünftiges Remake eines deutschen Klassikers aus dem Jahr 1950. Die Geschichte wurde ein wenig aufgebohrt und erweitert, die Sets, Kostüme und Ausstattung sind großartig, auch die Besetzung mit Frederik Lau, Milan Peschel, Sebastian Blomberg und Moritz Bleibtreu stimmt. Doch wie auch DER NACHTMAHR fand DAS KALTE HERZ kein allzu großes Publikum in Deutschland. Was wirklich schade ist. Bevor aber wieder jemand schreit, das sei alles die Schuld von Til Schweiger – der landete mit dem TATORT Kinodebüt auch auf der Nase.

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International war es am Ende auch ein ganz brauchbares Genrejahr. Neben GREEN ROOM und THE WITCH begeisterten auf dem Fantasy Filmfest noch THE DEVILS CANDY, WHAT WE BECOME und UNDER THE SHADOW. An der amerikanischen Kinokasse fuhren LIGHTS OUT und DONT BREATHE gute Gewinne ein, aber nur letzterer ist ein brauchbarer Thriller, während LIGHTS OUT wie so oft faulen Budenzauber á la Blumhouse betreibt.

 

 

 

“Halt die Tür fest!”

 

Nicht wirklich der beste Horrorjahrgang, dafür gab es in diesem Jahr mehr Fantasy und Science-Fiction, ist doch auch mal schön. Während im Kino größtenteils alles recht altbacken bleibt, Franchise und Universen gepflegt werden und weiter wild fortgesetzt wird (BOURNE, INDEPENDENCE DAY, JACK REACHER), findet man neue Geschichten wie so oft fast ausschließlich im TV.

 

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Dort ist man auch Fortsetzungen gegenüber aufgeschlossener, nur heißt das da Staffeln und ist ganz anders. Fortgesetzt wurden in diesem Jahr die Serien GOTHAM, STAR WARS REBELS und DAREDEVIL, da kann man sicher viel streiten, aber die Fangemeinde wird damit gut bedient. GOTHAM entwickelt sich mittlerweile zu einer reinen Gagashow, aber es macht Spaß, also was soll´s.

 

Bisschen in die Hose ging 11.22.63 – DER ANSCHLAG nach einem Roman von Stephen King. Ein Desaster dagegen war die Wiedereröffnung der X-FILES, da hatte wohl keiner richtig Lust drauf. Einzig Gilian Anderson als Dana Scully wird immer besser und schöner, je älter sie wird. Auch kann man die zweite Staffel von ASH VERSUS THE EVIL DEAD kaum mehr ertragen, der platte Humor mit, zugegeben, super Splattereffekten hat sich überholt, glaube ich.

 

Unvergessen in diesem Film- und Serienjahr wird die fünfte Folge der sechsten Staffel zu GAME OF THRONES bleiben, selten gab es so einen emotionalen Aufschrei in der Fangemeinde wie nach der Episode “The Door”. “Hold The Door” wurde zu einem geflügelten Satz und es handelt sich dabei vielleicht um eine der emotionalsten und erschütterndsten Szenen der Filmgeschichte überhaupt, natürlich neben der Folge aus ALF, als er Schluckauf hatte. Mit PREACHER kam Anfang des Jahres eine richtige Killerserie, die ich den Machern so nicht zugetraut hab. Auch AMERICAN HORROR STORY – MY ROANOKE NIGHTMARE ist clever geschrieben und inszeniert, eine wahre Überraschung nach fünf Staffeln, nur im Finale bricht das waghalsige Konzept ein wenig in sich zusammen.

 

 

Beste Serie: WESTWORLD 2016

 

Die Überserien des Jahres allerdings heißen WESTWORLD und STRANGER THINGS. Bei STRANGER THINGS kann man sich streiten, geliebt wird hauptsächlich die überaus gelungene Retro Atmosphäre und der Kindercast, storytechnisch ist das Ganze ein wenig wankelmütig und ausgerechnet Winona Ryder ist schwer erträglich. Dafür begeistert WESTWORLD von Anfang bis Ende, ich habe selten eine so durchdachte Serienwelt erlebt, in der Figuren und Plot so interessante Fragen stellen.

 

Zum Abschied nehmen wir Abschied. In diesem Jahr sind nicht einfach innig geliebte Schauspieler und Künstler verstorben, nein, das Jahr 2016 hat sie persönlich umgebracht, wie ich eingangs erwähnt habe. Wird das jetzt immer so weitergehen? Nicht, dass geliebte Menschen sterben, ich meine das Gejaule wie “Verpiss Dich 2016!” oder “Fuck You Cancer!”. Wenn es nur so einfach wär. Ich weiß nicht, was mich trauriger stimmt. Wie dem auch sei, Danke für alles, Kinohelden. Auf der anderen Seite sehen wir uns wieder.

 

 

Ruhet in Frieden: Angus Scrimm (PHANTASM), David Bowie (LABYRINTH), Alan Rickman (Professor Snape), George Kennedy (THE NAKED GUN), Prince (PURPLE RAIN), Götz George (Horst Schimanski), Bud Spencer (AUCH ENGEL ESSEN BOHNEN), Kenny Baker (R2D2), Alexis Arquette (PULP FICTION), Manfred Krug (LIEBLING KREUZBERG), Zsa Zsa Gabor (IM ZEICHEN DES BÖSEN), Carrie Fisher (Prinzessin Leia)

 

Was soll man noch sagen? Am Ende hat dieses Filmjahr die Kurve noch gekriegt, mit ARRIVAL, ROGUE ONE und WESTWORLD. Was wird bleiben? Echte Powerfrauen, nicht die GHOSTBUSTERS, sondern Margot Robbie und Gal Gadot, denen man nur bessere Scripts wünschen kann. Deutsche Genrefilmer, die nicht jammern, sondern anpacken wie mit IMMIGRATION GAME und DER NACHTMAHR.

 

“Hold The Door”. TONI ERDMANN. Die Faultiere aus ZOOMANIA. Furzende Leichen in SWISS ARMY MAN. Die digitale Unsterblichkeit. Felicity Jones Mund. Wir werden sehen. Bis dahin wünsche ich Euch, meinen Lesern, einen guten Jahreswechsel, betrinkt Euch nicht zu wenig und schaut mehr Filme. Damit wird alles leichter. Bis zum neuen Jahr, Eure Traumfalter Filmwerkstatt.

 

 

4 Comments

  1. Antworten
    Marci 30. Dezember 2016

    Perfekt…?Filmwerkstatt

  2. Antworten

    […] zwölf Monate wagen, auf Filme und Filmchen, Großkupfertes, Halbgares, Gesottenes und Geselchtes. 2016 war ein schwieriges Filmjahr, wird nun vielleicht alles noch schlimmer? Das muss nicht sein. Auf den ersten Blick sieht 2017 […]

  3. Antworten

    […] kann. Ich habe IMMIGRATION GAME nur bereits zum zweiten Mal gesehen und ihn bereits zu einem der Genrefilme des Vorjahres […]

  4. Antworten

    […] die Pflicht, etwas Neues zur geliebten Filmwelt beizutragen. Die Mischung macht’s. 2015 und 2016 waren da mit Filmen wie MAD MAX FURY ROAD oder ARRIVAL mutiger und verstanden es besser, Fanservice […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de