Die kleine Genrefibel Teil 82: Drama um Drama
Die Beschäftigung mit Filmgenres führt immer mal wieder zu Streitigkeiten, zu Abgrenzungen oder in Polarisierung. Die Liebe zum Film wird dann zum Kampf um Gegensätzlichkeiten. Jungs lieben Actionfilme, Mädchen romantische Komödien. Der eine kann sich nur in filmischem Realismus wiederfinden, ein anderer entflieht dieser Welt und sucht Antworten in der Fiktion. Das Festival für den Deutschen Genrefilm, die GENRENALE, formulierte den Wunsch nach mehr Genrevielfalt einst ebenfalls mit einer Abgrenzung – No More Drama lautete das Motto im Jahr 2014. Ist das immer noch so, bilden Dramen und der Genrefilm Gegenpole? Und sind diese gleichbedeutend mit der ältesten Auslegung aller Antipoden, der Unterscheidung zwischen Kunst und Unterhaltung? Ist das Drama ein Gegenentwurf zum Genrefilm oder andersherum? Was soll das ganze Drama um das Drama?
Früher bestimmten Genrezuweisungen den Diskurs darüber, ob etwas Kunst ist oder kommerzieller Mainstream. Bei den Oscars, so hieß es, gewinnen ausschließlich staubtrockene Filmdramen oder biedere Kostümschinken. Doch in den letzten Jahren bekam diese Brandmauer Risse, plötzlich rangieren in der Kategorie Best Picture auch Genrefilme wie JOKER, LE MANS 66, BLACK PANTHER oder der ungewöhnliche Genrehybrid PARASITE. Was ist mit dem altehrwürdigen Drama los, das Drama um Liebe, Leid und Betroffenheit, in dem die Konflikte ausdiskutiert werden und am Ende eine moralische Botschaft steht, gibt es das überhaupt noch? Wir befassen uns heute mit dem Filmdrama und seinen Spielarten und wollen herausfinden, ob es wirklich so staubtrocken, kitschig, pathetisch, moralinsauer oder manipulativ ist und einen, wie auch immer gearteten, Gegenpol zum Genrefilm darstellt.
Wir wollen nicht überdramatisieren…
Das Drama im Kontext Film ist ein eher umgangssprachlicher Begriff. Es wird verwandt wie der Begriff RomCom oder der Krimi, als eine Art Kosewort. Aber der Begriff Drama entstammt nicht der Filmwissenschaft, sondern bezeichnet eine literarische Gattung von Texten. Dráma, altgriechisch für Handlung, bezeichnet Texte mit verteilten Rollen innerhalb von Literatur und Theater. Weil sich ein Film insgesamt als ein Stück Handlung in verteilten Rollen versteht, ist der Begriff Drama als Genre nicht wirklich treffend. Das Genre, über das wir hier reden, heißt schlicht Filmdrama, manchmal auch Fernsehdrama, und ist alles andere als spezifisch.
Es gibt sie, die spezifischen Genres wie den Western, der durch klare äußere und innere Merkmale definiert ist. Beim Filmdrama ist das nicht ganz so leicht. Man kann Unterscheidungen hinsichtlich der Erzählform treffen, als wie etwas erzählt wird, in diesem Fall gehören das Filmdrama und die Komödie in dieselbe Kategorie, denn beide beschreiben eine zentrale Emotion. Die Komödie ist komödiantisch, das Filmdrama hingegen…? An dieser Stelle zickt der Begriff, denn so einfach kann man den Satz mit “dramatisch” nicht beenden. Denn es besteht im Film generell das Bestreben, Handlung und Figuren besonders dramatisch zu erzählen.
Etwas dramatisch zu erzählen ist, somit nicht die Eigenart des Filmdramas, sondern gilt für alle Genres. Dramatik als solche ist immer ein Resultat. Geht es um ein Filmdrama, meint man mit dramatisch eigentlich melodramatisch. Der Begriff Melodram ist weitestgehend als Filmsubgenre bekannt, es bildet sich aus den griechischen Wörtern melos für Klang oder Musik und dráma für Handlung und meint letztendlich Handlung mit Musik. Damit ist weniger der Einsatz von Filmmusik gemeint, als eine audiovisuelle Ausdrucksmöglichkeit im Film, Emotionen bildhaft, vor allem aber fühlbar zu machen. Doch eine melodramatische Inszenierung bestimmt auch andere Filmgenres und ist somit nicht auf das Filmdrama begrenzt.
Das Filmdrama als Genreoberbegriff lässt sich eher auf andere Weise verbildlichen. Der Genrefilm, hierzu zählt vor allem die Phantastiksparte, hat sich mehrheitlich über die Vereinfachung definiert, über Symbolisierung und Ikonographie. Genrefilme vereinfachen die Welt in Symbolik und Interpretation. Das Filmdrama hingegen verwehrt sich dieser Simplifizierung, das Filmdrama als Genre entstand aus dem Wunsch nach mehr Tiefe, Reflektion und Gegenwärtigkeit.
Die technische Entwicklung des Films bedingte Anfangs die vereinfachte Darstellung, sie ist der Ursprung des Genrefilms. Möglich, dass es über Jahrzehnte diese Außensicht auf das Genrewesen gab, die Gegenpole Simplifizierung und Tiefe, die auch heute noch in der Diskussion um Genre und Nichtgenre, um Kunst und Kommerz, um Mainstream und Anspruch münden. Aber beide Pole haben sich gleichzeitig entwickelt. Heute können auch Genrefilme eine intellektuelle Tiefe besitzen, wie auch Filmdramen inszenatorisch alles andere als dröge sein müssen. More Drama tat ab einem gewissen Zeitpunkt auch dem Genrefilm gut.
Das Filmdrama beschreibt eine zentrale Emotion, aber es ist vielmehr die Frage, auf welche Art und Weise das geschieht. Einem Drama liegt eine emotionale Erzählweise inne, das Erleben von Furcht und Mitleid, das Auslösen von Empathie und Identifikation. In Dramen stehen Figuren im Zentrum, die eine Lebenskrise durchmachen, Entscheidungen treffen müssen, Verluste in Kraft nehmen müssen. Doch im Gegensatz zum Genrefilm, der sich auch diesen Themen verschreiben kann, werden diese Konflikte vorwiegend im Inneren ausgetragen.
Verwechslungsgefahr besteht zudem zu einem anderen literarischen Begriff, der Tragödie. Filmdramen müssen keine Tragödien sein, in denen faktisch der Held am Ende scheitert oder verstirbt, im Gegenteil. Am Ende eines Filmdramas steht entweder der Sieg oder die Erlösung vom Konflikt oder aber eine moralische Läuterung des Helden oder seines Umfeldes. In der Tragödie ist das Ende gewiss, im Filmdrama nicht, der Held gewinnt ramponiert, aber der Sieg kostet einen Preis.
Ein Filmdrama verläuft meist tröstlich und ist deshalb in seiner Wirkung umstritten. Um ein Höchstmaß an Emotionen zu erreichen, bedient sich das Filmdrama, vor allem das Melodram, oft einer moralischen Polarisierung, Sentimentalität, Pathos und wird gefühlsmäßig völlig überladen. Aus diesem Grund wird die Darstellung eines dramatischen Schicksals auch als manipulativ empfunden. Doch die Schuld tragen nicht immer die Autoren oder Regisseure, es liegt an den Themen, welche Filmdramen umfassen und die generelle Reaktion des Einzelnen auf diese. Leid, Schmerz, Krankheit, Tod, wer empfindet das schon als positiv?
Es ist ein verständlicher Schutzmechanismus, diesen Themen, sollten sie altklug, moralisierend oder selbstgerecht vorgetragen werden, mit emotionaler Distanz zu begegnen. Wir empfinden es als unangenehm, jemandem in einem realistischen Setting beim Sterben beizuwohnen. Man geht ins Kino, um der traurigen Realität zu entfliehen. Es fühlt sich manipulativ und bevormundend an, wenn uns Emotionen diktiert werden, tröstliche Moralpflaster verteilt oder Lebensweisheiten herunter gerattert werden. Das macht manches Filmdrama so streitbar. Nicht wenige jedoch setzen sich diesen Gefühlen nur zu gerne aus.
Denn auf der anderen Seite gibt es aber auch einen gewissen Faktor der Neugierde und des unbedingten Mitfühlens, der sicheren Teilnahme an Leid und Schmerz vom Kinosessel aus und der Mitnahme von Erfahrungen und Klischees für die eigene Existenz. Das wiederum ist belegt durch die großen Erfolge von Filmdramen an der Kinokasse. Manche wollen im Kino genau das, mitleiden, Tränen vergießen, am Ende seufzen und sich vermeintlich gut fühlen, weil alles tragisch, aber mit schöner Pianomusik endet. Natürlich ist nicht jedes Filmdrama eine Schmonzette, die Themen sind ebenso unspezifisch wie das Genre.
Jene Unspezifischkeit des Genres kommt auch daher, weil das Lösen von inneren Konflikten und Emotionalität Grundbedingungen aller Genres und Subgenres darstellen. Der Konflikt steht so gut wie nie bloß für sich allein. Deshalb definieren sich diverse Filme selten als puristische Dramen, zur genauen Determinierung bedarf es oft eines weiteren Genrebegriffes. Filme wie DER PATE, FIGHT CLUB oder APOCALYPSE NOW, sie alle sind im Kern Dramen, aber werden nicht in erster Linie als solche rezipiert, stattdessen als Mafiadrama, Psychodrama oder Kriegsdrama. Genremixe stellen sie deshalb aber auch nicht dar, viele Filme sind im Kern Dramen.
Das Genre lässt sich zudem schwer über die äußere Form definieren, Filmdramen können Biopics oder Literaturadaptionen sein, in zeitgenössischen oder historischen Kontexten spielen (period films). Neben dem umgangssprachlichen Begriff Drama haben sich noch andere Bezeichnungen für Filmdramen eingebürgert, Weepie, Tearjerker, Frauenfilm, Seifenoper oder schlicht Schnulze. Doch gibt es auch klare Subsparten des Filmdramas, die wir uns nun näher anschauen wollen und die das Genre treffender definieren.
Der innere Klang des Douglas Sirk
Als Ursprung des Filmdramas gilt das Melodram. Es verlangt vom Zuschauer eine absolute Hingabe an das Gefühl. Melodram bedeutet, wie bereits erwähnt, Klanghandlung, und jene inszenatorische Technik gab es bereits im Stummfilm. Um eine größere emotionale Wirkung zu erzielen, oder überhaupt eine, bediente man sich musikalischer Untermalung. Traurige Musik sollte auch solche Gefühle generieren. Aber Musik allein war nicht alles, was ein Melodram benötigte, um Emotionen zu entfachen.
Auch Ausleuchtung, Ausstattung und Bildkomposition dienen im Melodram der Visualisierung von Emotionen und werden als Werkzeuge der Dramaturgie verwendet. Der kalkulierte Bildaufbau, die sogenannte Mise en Scéne, auch innere Montage genannt, zielt im Melodram immer auf eine bestimmte Wirkung oder auf die Entfaltung von Emotionen ab. So werden Ausstattung und Kostümbild zum Spiegel der Figuren bzw. ihrer Seele, enge Räume verdeutlichen Bedrückung, Glasinterieur drückt Zerbrechlichkeit aus. Viele eher technische Filmaspekte dienen im Melodram auch zur Charakterisierung von Figuren und Emotionen.
Der Kern eines Melodrams liegt im innerseelischen Konflikt der Hauptfigur(en). Diese Dramatik wird aber weniger in Handlung als in Selbstreflektionen und theoretisierte Erkenntnis übersetzt. Ziel ist selten eine Lösungsfindung in faktischer Form als schlichte Akzeptanz. Ein Beispiel: In einem Science-Fiction Film wird oftmals versucht, Probleme oder Widersprüche des Lebens aufzuheben oder zu besiegen. Ist das Problem die Krankheit Krebs, versucht man ein Mittel dagegen zu finden. Im Melodram dagegen versucht man eher, mit dem Problem umzugehen, das Melodram fokussiert sozusagen die Unaufhebbarkeit jener Widersprüche.
Wird deshalb im Filmdrama, speziell im Melodram, das Problem durchgehend diskutiert, analysiert und letztendlich akzeptiert? Nicht ausschließlich. Der Genrefilm ist nicht das Allheilmittel gegen ein Problem, nur weil es fiktive Lösungsvorschläge macht. Und auch im Filmdrama gibt es Lösungen, wenn auch diese oft nur in Akzeptanz und moralischer Genugtuung enden. Etwas kann das Melodram ebenfalls nicht für sich beanspruchen – trotz der Verankerung der Geschichten in der Gegenwärtigkeit müssen diese nicht unbedingt realistisch erzählt werden. Im Melodram herrschen Übertreibungen, große Gesten und Zufälle (Deus Ex Machina), oft ist alles zu ernst und ohne jegliche ironische Distanz inszeniert.
Das Melodram selbst ist zwar Subgenre, aber immer noch ein großes Sammelbecken für andere Subgenres, weil es sich neben der Art der (melodramatischen) Inszenierung auch über Themen definiert. Hauptmerkmal des Melodrams ist der innere Konflikt, dieser jedoch äußert sich in verschiedenen Themenbereichen wie Familie, Liebe, Ehe, Gesellschaft, Emanzipation, Krankheitsfall, Sucht oder soziale Probleme. Erzählt werden diese meist in realistischen Settings, über große Entwicklungsbögen der Figuren hinweg.
Die emotionalisierte, melodramatische Gestaltung im Stummfilm über Musik und Ausstattung gipfelte in Europa stilistisch in den filmischen Expressionismus und kam in den 1930er Jahren über emigrierende Regisseure auch nach Amerika. So gelangte auch der Deutsche Hans Detlef Sierck nach Hollywood und machte sich dort als Douglas Sirk einen Namen als wohl größter Regisseur von Melodramen überhaupt. Seine Werke aus den 50er Jahren wurden stilprägend für das Subgenre des Melodrams.
Unter der Regie von Douglas Sirk wurden Hollywoodstars wie Rock Hudson, Dorothy Malone, Lauren Bacall, Charles Boyer oder Lana Turner weltberühmt. Für den einen waren seine Filme gefühlvoll geschilderte Frauenschicksale, für andere purer Kitsch und Schnulz. Selbst die zeitgenössische Kritik machte Douglas Sirk letztere Vorwürfe, an der Kinokasse hatten diese “Schnulzen” wie DIE WUNDERBARE MACHT (1954), WAS DER HIMMEL ERLAUBT (1955) oder IN DEN WIND GESCHRIEBEN (1956) jedoch großen Erfolg.
Die Würdigung von Douglas Sirks Werken und ihre Prägung für das Subgenre Melodram indes geschah erst Jahre später. Für manche Kritiker handelten seine Filme nur von “…Menschen, die in ihren Häusern und gesellschaftlichen Moralvorstellungen gefangen sind.“. Für andere waren seine Filme ein Ausbruch aus der distanzierten Erzählwelt des seinerzeit blühenden Genrefilms. Auch in Deutschland hallte Sirks Ruf nach, er wurde in den späten 60er Jahren von Regisseur Rainer Werner Fassbinder entdeckt, nachdem Sirk Hollywood schon lang den Rücken gekehrt hatte. Auch für Fassbinder waren seine Filme Ausbrüche, aber anderer Natur.
Heute assoziiert man den Deutschen Film häufig als dramalastig, seicht und genrefeindlich, aber in den 60er Jahren bestimmten in Deutschland Schlager- und Heimatfilme die Kinoleinwände. Was in Amerika zur Abwertung des Melodrams als Hollywoodkitsch führte, brachte den Deutschen Film eher zurück in realistische Fahrwasser. Rainer Werner Fassbinder benutzte die Wirkung von Douglas Sirks Melodramen auch in seinen Filmen. Ihn interessierten aber mehr die sozialen Zusammenhänge und Abgründe als die moralische Läuterung und Genugtuung. In Europa entwickelte sich in dieser Zeit das Sirksche Melodram eher zum Subgenre des Sozialdramas weiter, in Hollywood entstanden aus dem Melodram andere Subgenrezweige, die Themen bliebe dieselben.
Jene Themen waren gesellschaftlich nicht neu, wohl aber der Umgang damit. Weil Filmdramen im Hier und Jetzt verortet sind, liegt jeder Filmdekade auch ein gesellschaftlicher Wandel inne. Themen wie Emanzipation oder Sexualität wurden in den 50er Jahren gesellschaftlich wie im Film anders behandelt als in den 70ern. Auch die Irrwege der Liebe und der Ehe gehören dazu.
Tränenzieher
Die große Zielgruppe von Melodramen waren Frauen, während Männer andere Genres bevorzugten. Denn die Zurschaustellung und Offenlegung von Emotionen war nicht jedermanns Sache, Liebesschnulzen schon mal gar nicht. Das Thema Liebe wurde bis in die 50er Jahre im us-amerikanischen Kino größtenteils innerhalb der Romantischen Komödie behandelt, ernstere Beziehungsfragen wurden kaum diskutiert. Mit Douglas Sirks Schmachtfetzen änderte sich das, aus dem Melodram entstand das romantische Drama.
Im Gegensatz zur Romantischen Komödie geht es im Romantischen Drama eher um die Hindernisse, welche einer tiefe Liebe zwischen zwei Menschen im Wege stehen. Mitleiden, das kennzeichnet das Liebesdrama im Kern aus. Das kann melodramatisch sein, tragisch oder irgendwas dazwischen, was die tonalen Subgenres der Tragikomödie oder der sogenannten Dramedy entstehen ließ. Romantic Drama Movies bleiben bis heute eher ein von Frauen rezipiertes Subgenre und dennoch sind die überaus erfolgreich an der Kinokasse.
Es liegt an der Bittersüße jener Sparte, dem Vergnügen daran, wenn Tränen fließen. Das Romantische Drama funktioniert zeitgenössisch wie in historischen Kontexten, die großen Klassiker wie VOM WINDE VERWEHT oder CASABLANCA leben von diesem Gefühl wie auch TITANIC, der sich viel vom melodramatischen Rezept eines Douglas Sirk bediente. Die Bezeichnungen Weepie oder Tearjerker entstanden bereits in den 50er Jahren und sie wurden auch für das Marketing verwendet.
Das Romantische Drama kann dabei unterschiedlich aufgebaut sein. Melodramatisch sind solche Filme immer, aber sie können eine romantische Beziehung in Tragik enden lassen oder tragische Geschichten romantisieren. Liebe ist dabei zwar die tragende Säule, aber diese wird vielfach von anderen Aspekten flankiert, seien es Moralvorstellungen anderer Zeiten, gesellschaftspolitische Schranken oder Rassismus. Man könnte auch sagen, das Romantische Drama beginnt, wo die Romantische Komödie endet.
Geht es um Liebesleid und Herzschmerz, so gibt man oder frau sich gern diesen Emotionen hin, natürlich nicht alle, die meisten empfinden es als übersteigerte Sentimentalität oder gar Kitsch und häufig ist da auch etwas Wahres dran. Jene Formen melodramatischer Inszenierung, sie wurde stilprägend für den Film, nicht nur in Hollywood. Während man Liebe und Schmerz häufig am eigenen Leib erfährt und somit trotz allen Kitschs einen Zugang dazu finden kann, in anderen Thematiken des Melodrams bliebt einem dies oft glücklicherweise verwehrt, was das Mitleiden am Drama aber nicht einfacher macht.
Auch wenn in Filmdramen innere Konflikte im Zentrum stehen, diese entstehen aus einer Paarung heraus. Beim Liebesdrama sind es zwei oder mehr Individuen und ihre Auseinandersetzungen. Im Melodram allgemein aber kann man auch mit der Gesellschaft oder mit sich selbst in einem Konflikt stehen. Letztes klingt überleitungsmäßig ein wenig ungelenk, denn thematisiert ein Melodram Krankheit oder Tod, ist der Begriff Selbstkonflikt reichlich unempathisch. Doch genau darin geht es in Filmen über Krankheiten, es geht weniger um das Besiegen jenes Problems als den Umgang damit.
Another Melodramatic Cancer Movie
Im Film hatte es die Auseinandersetzung mit einer Krankheit lange Zeit nicht leicht, bzw. wurde erst spät sachlich und realistisch inszeniert. Das lag zum einen an der Thematik an sich, Krankheit und Tod sind gesellschaftlich weit mehr tabuisiert als Liebe, obgleich der Zyniker gern alles in einen Topf schmeißen würde. Abseits der Tabuisierung will man sich im Kino auch gar nicht mit solchen Themen befassen. Am Anfang half möglicherweise die Melodramatik, mit solchen Themen umzugehen. Aber je mehr das Thema Krankheit und Tod ins Lichtspiel rückte, desto schwieriger wurde die Akzeptanz damit im Film.
Auch heute noch ist die Rezeption von Filmen über das Thema Krebs bei Kritikern wie beim Publikum umstritten. Bis in die 70er Jahre war es gar nicht vorstellbar, jenes Thema zu ästhetisieren. Was demzufolge auch kaum gemacht wurde, außer es wurde gehörig melodramatisiert. Andere Krankheiten wie AIDS, die erst in den späten 70er Jahren auftraten, brauchten über ein Jahrzehnt an Akzeptant und Destigmatisierung, um filmreif zu werden. Wie im echten Leben musste auch der Film lernen, mit diesen heiklen Themen dramatisch undramatisch umzugehen.
Die ersten Filme über Krankheiten mit tödlichem Verlauf waren ein Sammelbecken für allerlei melodramatischen Kitsch und Schmonz, voller Klischees und Vorurteile. Dass manche Filme wie LOVE STORY von 1970 dennoch an der Kinokasse funktionierten, lag an genau dieser Ausrichtung. An allen Ecken und Enden wurde versucht, die unbarmherzige Krankheit zu romantisieren, damit man trotz des tragischen Endes noch mit einem guten Gefühl das Kino verlassen kann.
Für einen Betroffenen musste das wie Hohn vorkommen, kein Krebskranker wird sich an einem Melodram erfreuen können, aber für die waren solche Filme auch nicht gemacht, sondern für die Masse, für die das Thema mehr melodramatisches Schaustück war. Aber auch das veränderte sich über die Jahrzehnte, zum einen, weil Krebs zur Volkskrankheit wurde, zum anderen dadurch, dass man dem Film die melodramatische Botschaft nicht mehr abnahm oder derer überdrüssig wurde.
Filme über Krankheiten, allen voran Krebs, wurden im Melodram mehr und mehr zu Blaupausen. Man sieht den “Helden” in seinem Alltag, in dem seine Werte und Prinzipien noch funktionieren. Nach der Diagnose öffnet sich die Geschichte zum Melodram, was vorrangig bedeutet, dass sie in selbstreflektierende Phase driftet, der Beschäftigung mit dem inneren Konflikt. Der wird aber nicht nur mit sich ausgetragen, sondern vor allem mit Angehörigen, Freunden und Partnern und führt meist in eine Neudefinition der anfänglichen Werte.
Nach dieser Dramaturgie funktionieren viele klassische Melodramen um Krebs. Auch wenn am Ende das Ableben der Hauptfigur steht, wurde ihr oft ein gutes Gefühl mitgegeben, entweder ist die Figur am Ende mit sich und seiner Welt im Reinen, hat noch etwas erlebt, zum Beispiel das Meer gesehen oder verstirbt nicht in Gram, sondern in innerer Befriedung. All das, was das Melodram in Sachen geliebten Schmerz ausmacht, funktioniert auch beim Krebsdrama, ist aber verzerrt.
In Sachen Krankheit und Krebs standen Produzenten oft vor schwierigen Entscheidungen. Wie einen Film machen, den Millionen Menschen sehen wollen, obwohl es sich um ein bedrückendes Thema handelt. Aus diesem Grund wurden mehrere Parameter verschoben bis hin zur filmischen Fiktion. Junge Stars wollten keine Krebskranken spielen, sie sollten es ob ihres Status’ auch nicht und auch das Publikum wollte das nicht unbedingt sehen. Also zeigte man häufig nur eine Facette des Themas, über das Alter des Protagonisten. Die Behandlung des Themas Krebs geriet so zu einer reinen Außenansicht voller Klischees und Vorurteile.
Die Protagonisten mussten vor allem leidend aussehen, geschwächt, ergraut oder mindestens ans Bett gefesselt. Durchaus reale Dinge wie die Chemotherapie wurden zu filmischen Symbolträgern, wenn auch nicht alle Krebsarten diese Therapiemaßnahme verlangten. Melodramen über Krebs wollten gar nicht realistisch sein, sie haben das Thema zum Teil unaufrichtig und künstlich behandelt. So musste in Krebsfilmen der Protagonist auch in jedem Fall am Ende sterben, obgleich es im wahren Leben nicht immer so enden musste. Krebsfilme mussten in jedem Fall melodramatisch sein.
Also wurden auch sämtlicher inszenatorischer Kitsch aus Kübeln gegossen, um am Ende einen erfolgreichen Tearjerker ins Kino zu bringen. Was durchaus oft gelang. Aber die Rezeption über Krebsfilme änderte sich. Vielleicht, weil man im echten Leben nicht so moralisch und emotional gefestigt der Krankheit begegnete, weil die filmische Fürsorge bis in den Tod ausblieb, Freunde aus Angst plötzlich nicht mehr auftauchten, die Familie anders reagierte und auch die filmischen Ratschläge und Sentimentalitäten am Ende nicht weiterhalfen.
Heute begegnet man einem Film über das Thema Krebs sofort in Alarmbereitschaft. Er wurde zum Synonym für das sentimentale Betroffenheitsdrama, welches manipulativ mit Gefühlen spielt und keine Lösungen außer fiktionalem Kitsch bereit hält. Fairerweise muss man sagen, dass Filme über todbringende Krankheiten diesen Umgang selbst auch erst erlernen mussten, abseits des melodramatischen. Diese Weiterentwicklung geschah in der Tat erst nach dem Millenium.
Wie begegnet man im Film einem solchen Thema? Ist Galgenhumor angebracht? Auch den Umgang mit Ironie und Sarkasmus musste man erst lernen, ebenso den Verzicht auf Klischeesymbole wie Hausbau, der letzte Roadtrip oder das totkranke Husten in ein Taschentuch. Ein großer Schritt in die richtige Richtung erfuhr das Thema durch Filme wie 50/50 oder DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER. Der Fokus lag auf wesentlich jüngeren Figuren, welche mit der Krankheit zu kämpfen hatten und sie zeigten diese Figuren nicht nur in Stationen des Leids, sondern auch in realer Alltäglichkeit, in der man oftmals ganz allein ist.
Frühere Filme wie PATCH ADAMS dagegen haben nicht nur aus dem vollen Klischee- und Betroffenheitspool geschöpft, die Zurschaustellung von Todkranken und das Begegnen von moralisch überlegen fühlenden Figuren hatte zum Teil auch einen etwas abstoßendenden und geschmacklosen Beigeschmack. Das Thema Krebs schürt Wut, Filme, die auf dieses Thema altkluge Antworten geben wollen, schüren diese Wut erst Recht. Man fühlt sich manipuliert, man will nicht mit trauriger Musik der Sachlage mit einem Seufzen begegnen, man möchte schreien und um sich schlagen. Filme, die tiefer dringen wollten, mussten das auch tun.
Aus diesem Grund sind Filme über Krebs und andere unheilbare Krankheiten ein Drahtseilakt der Feinfühligkeit und werden selbst dann abgelehnt, wenn sie, wie im Falle von 50/50 oder DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER, vielschichtig und unprätentiös daherkommen. Schuld hat in gewisser Weise auch der gesellschaftliche Umgang damit und das clevere Ausnutzen des Themas zur Profilierung im Filmbereich. Klingt hart, aber wie viele junge Filmemacher wollten nur aus dem Grund ein Krebsdrama drehen, weil ihnen eingeredet wurde, damit einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten oder einen Filmpreis zu erhalten, durch ein Widerkäuen aller Klischees? Der Begriff Betroffenheitsdrama ist demzufolge eher ein Schimpfwort.
Für andere Gewerke des Films, der Schauspielerei zum Beispiel, ist der Umgang mit einer im Film porträtierten Krankheit indes ein sicheres Geschäft, wenn es um ein Millionenpublikum oder einen Filmpreis geht. Tödliche Krankheiten wie Krebs aber gehören seltener dazu, denn sie sind oftmals nicht mit dem Image vereinbar oder der Produzent entscheidet, das wäre dem Zuschauer nicht zuzumuten. Anders liegt der Fall bei Melodramen, die sich mit psychischen Krankheiten befassen, selbst wenn auch da alle melodramatischen Klischees ausgespielt werden.
Genretechnisch ist das Psychodrama ein schwieriger Begriff, Filme über psychische Krankheiten in Form von Melodramen sind nur ein Teil davon. Auch verläuft die Grenze zwischen Psychodrama und Psychothriller mitunter fließend. Obgleich in einigen Teilen mehr oder minder melodramatisch tendieren Filme wie BLACK SWAN oder REQUIEM FOR A DREAM in eine andere Richtung Psychodrama als Filme wie RAIN MAN, A BEAUTIFUL MIND, GILBERT GRAPE oder STILL ALICE.
Natürlich hätte es Filme wie STILL ALICE oder ADAM so in früheren Dekaden nicht gegeben, in denen psychologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Autismus noch nicht richtig diagnostiziert waren. Andere Themen wie eine geistige Behinderung im Film ICH BIN SAM waren tabuisiert. Aber Akzeptanz und “Gesellschaftsfähigkeit” waren in diesen Fällen ebenso Lernprozesse wie der Umgang mit Krebs. Für Schauspieler, die einen psychisch Kranken spielen sollten, bedeutete das lange Zeit gute Chancen auf einen Oscar, was möglicherweise zu größeren Akzeptanz führte. Andere empfanden es als Zurschaustellung.
So ist es auf den ersten Blick bizarr, aber einleuchtend, dass ein Melodram über Krankheiten und Tod immer dann am besten ist, wenn es möglichst unpathetisch und unmelodramatisch inszeniert ist. Das geschah in der Filmgeschichte nicht einfach so, sondern im generellen gesellschaftlichen Umgang damit und auch Filme mussten dafür eine eigene Sprache entwickeln, weg von der Melodramatik, aber eben auch nicht in Emotionslose. Ein Balanceakt, für wahr, denn nicht immer halfen die Waffen der Ironie, des Sarkasmus’ oder des Zynismus’. Ehrlichkeit und Objektivität waren viel schwieriger im Stoffentwicklungsprozess.
Sprechen wir heute von Filmdramen, ist vornehmlich das Melodram gemeint, welches die Art und Weise der Inszenierung meint. Nicht alle Filmdramen aber sind ausschließlich melodramatisch. Die Subgenres des Filmdramas basieren mehr auf Themengebieten oder der Art der Auseinandersetzung mit dem inneren Konflikt. An viele Themen des Films kann man am Ende -drama heften, Familiendrama, Scheidungsdrama, Gerichtsdrama. Aber ein Filmdrama funktioniert nur dann, wenn es Realitäten spiegelt.
Sozialkitsch oder anders
Ein Subgenre hat sich vor allem durch einen anderen Umgang mit filmischen Realismus gewandelt, das sogenannte Sozialdrama. Es ist heute vor allem im Fernsehbereich am stärksten vertreten und es entstand vornehmlich in Europa. Die Filme von Rainer Werner Fassbinder waren stark geprägt von den Melodramen von Douglas Sirk, aber der Fokus wurde verschoben, die melodramatische Inszenierung reduziert, die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte erhöht. Man kann ANGST ESSEN SEELE eher als Sozialdrama denn als Melodram bezeichnen. Das Sozialdrama entwickelte inszenatorisch eher weg vom Melodram.
Das, was manche so vorwurfsvoll als Betroffenheitsdrama bezeichnen, ist eigentlich das Gegenteil eines Melodrams. Sozialdramen sind wesentlich weniger melodramatisch aufgeladen, sondern eher unterkühlt oder ins Theoretische abstrahiert. Niemand würde Deutsche Filmdramen als Bällebad der Emotionen bezeichnen. Das lag auch daran, dass Gestaltungsmittel des Melodrams, also sentimentaler Musikeinsatz und überbordende Moralität, am Ende als manipulativ empfunden wurden, was ja auch stimmt. Was aber nicht zutraf, war die Denkweise, dass Wahrhaftigkeit im Film nur im kargen Realismus zu finden war.
Das Sozialdrama entstand in vielen europäischen Ländern, es mischte Realismus, Intellektualität und Spuren des Hollywood Melodrams zu etwas Neuem. Das gelang in Deutschland Fassbinder und in den 90ern der “Berliner Schule” auch, aber nie in dieser Bandbreite. In Frankreich war die Phase des poetischen Realismus und in Italien die des italienischen Neorealismus wesentlich prägender. In Großbritannien entwickelte sich Ende der 60er Jahre durch Regisseure wie Ken Loach der britische Sozialrealismus im Film, welcher in den 80er Jahren die Strömung des New British Cinema entstehen ließ, für den auch heute noch das britische Sozialdrama steht.
Stephen Frears MEIN WUNDERBARER WASCHSALON (1985) oder Ken Loachs RIFF RAFF (1991) mischten gesellschaftspolitische Themen mit individuellen Figuren und ihren inneren Konflikten, aber reduzierten die melodramatischen Elemente und setzten dafür auf ironische wie typisch britische Tonalitäten, bevor diese Zwischentöne auch in amerikanischen Melodramen reflektiert wurden. Ken Loach gilt als Meister des britischen Sozialdramas, wie es Douglas Sirk für das amerikanische Melodram war.
Diese Zwischentöne waren natürlich nicht überall reproduzierbar und vor allem in Deutschland schafften es Sozialdramen kaum, das Gleichgewicht zwischen realistischer Ernsthaftigkeit und ironischem Bruch hinzubekommen. Drama an sich war in Deutschland kein stoffliches Problem, bot aber auch keine emotionale Lösung, stattdessen so oft Betroffenheit und Sprachlosigkeit. Man mag das amerikanische Melodram für zu kitschig halten, deutsche Dramen aber bildeten fast einen Gegenpol.
Aber die Zeiten ändern sich und diese Veränderungen im Film sind durchaus global. Filme mussten erst den Umgang mit schweren Themen wie Krankheit, Leid und Tod erlernen, ob sie dafür immer die richtige Sprache fanden, sei dahingestellt. Aber Filmsprache hat sich insgesamt verändert, eine klare Trennung zwischen dem Realismus des Dramas und der Freiheit des Genrefilms, sie verschwimmt zunehmend. Warum? Früher waren Genrefilme puristischer, sie mussten es sein, so sind sie entstanden. Genrefilme haben sich realistischen Themen nie verweigert, sie haben nur eine andere Sprache gefunden, diese zu erzählen.
Jene Sprache bestand aus Vereinfachung und Symbolisierung. Vielleicht war der Genrefilm zuerst da, bedingt aus seiner technischen Evolution und der Entwicklung von Filmsprache. Das Filmdrama hat dann versucht, Innerlichkeiten darzustellen, in die Tiefe zu gehen, Figuren in der Tiefe zu ergründen. So entstand vielleicht das Bild vom oberflächlichen Genrefilm und dem tiefgründigen Drama, dass Drama sogar als Gegenpol zum Genrefilm verstanden wurde, was er aber nicht ist. Drama ist Action.
Aber die Entwicklung von Filmstoffen, ob Genrefilm oder nicht, ist über die Jahre insgesamt in die Tiefe gegangen. Das Austragen innerer Konflikte findet natürlich auch im Genrefilm statt, nur heute ist es sichtbarer als früher. Früher war Superman oder Batman ein plakativer Held, heute befasst man sich mit seiner Psychologie und seinen inneren Konflikten. Ein Film wie JOKER ist weit mehr Sozialdrama als alles andere. Deshalb tauchen diese Filme heute auch bei diversen Filmpreisen auf.
Deshalb ist erzählerische Tiefe und Melodramatik nicht dem Filmdrama vorbehalten. Andersherum erfahren auch vermeintlich staubtrockene Dramen audiovisuelle wie inszenatorische Öffnungen, denn möglicherweise hilft die Symbolisierung des Genrefilms, Fragen zu beantworten, vor denen man sich vor Betroffenheit eher scheut. Vielleicht existierte diese Gegenpoligkeit von Drama und Genre auch nur in den Köpfen der Menschen, aber sie gab oder gibt es und vielleicht sogar zum Glück, half sie doch beiden Ausrichtungen, Bilder zu finden, wo Worte versagen und Worte zu finden, wo Bilder keine Antworten mehr liefern konnten.
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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.
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