Solo: A Star Wars Story
Es war vor noch gar nicht all zu langer Zeit in diesem unserem Universum, als der letzte STAR WARS Film THE LAST JEDI über die Kinoleinwände flimmerte. Nur fünf Monate später startet nun der zweite Anthologiefilm nach ROGUE ONE namens SOLO um die Erlebnisse eines jungen Han Solo, bevor er und sein Copilot Chewbacca einen jungen Farmerburschen namens Luke kennenlernen. Es ist wieder Prequeltime im STAR WARS Universum, doch bereits im Vorfeld galt der Ableger der Saga als kleines Problemkind.
Im Januar 2017 begannen die Dreharbeiten zu SOLO unter der Regie von Phil Lord und Christopher Miller (21 JUMP STREET, THE LEGO MOVIE), im Juni 2017, kurz vor Ende der Dreharbeiten, aber zog Katheen Kennedy die Notreißleine und entließ das Regieduo nach angeblichen kreativen Differenzen. Zu unentschlossen improvisierten Lord und Miller das Script von Lawrence und Jonathan Kasdan, was vor allem die Besetzung am Set irritierte. Nach dem Rauswurf übernahm der alte Regiehase Ron Howard (WILLOW, THE DA VINCI CODE) das Zepter und drehte gerüchteweise 75% des Materials neu. Doch schon vor diesem radikalen Einschnitt hatte SOLO im Vorfeld für Unkenrufe gesorgt.
Konnte überhaupt jemand in die Fußstapfen von Harrison Ford als legendärer Schmuggler Han Solo treten oder musste jedweder Schauspieler unweigerlich an der Erwartungshaltung der Fans scheitern? Alden Ehrenreich (HAIL CAESAR) musste einiges über sich ergehen lassen, angeblich wurde ihm ein Coach zur Seite gestellt, um sein an Ford angelehntes Spiel zu perfektionieren. In der Summe sah es vor dem Start nicht ganz so rosig aus für den Film, als dann noch THE LAST JEDI die Fangemeinde spaltete, befürchtete man für SOLO schlimmes. Seit gestern aber ist die Zeit der tumben Mutmaßungen vorbei, SOLO: A STAR WARS STORY läuft im Kino und wir schauen uns die Sache mal wieder genauer an, irgendwo zwischen objektiver Kritik und pochendem Fanherz.
Doch Obacht, Spoilereien dürften dabei nicht ausbleiben.
Einige Jahre nach der Machtübernahme des ersten galaktischen Imperiums ist die Galaxis ein Ort der Unterjochung und Versklavung fremder Welten geworden. In den Slums des Planeten Corellia kämpft ein junger Mann namens Han (Alden Ehrenreich) ums Überleben und seinen großen Traum – ein freier Pilot zu werden, der die Galaxie bereist. Mit seiner Freundin Qi`ra (Emilia Clarke) muss er für ein Verbrechersyndikat unter der Führung von Lady Proxima stibitzen und schuften, bis er in den Besitz eines wertvollen Rohstoffes namens Coaxium gelangt, welches für das Paar ein Ticket in die Freiheit bedeutet. Doch die Flucht von Corellia scheitert, Han und Qi`ra werden getrennt, Han rettet seine Haut, in dem er der imperialen Akademie beitritt und schwört, eines Tages zurückzukehren und seine junge Liebe zu retten.
Doch statt zum Raumpiloten ausgebildet zu werden, fliegt Han wegen Befehlsverweigerung und Ungehorsam von der Akademie und landet auf den imperialen Schlachtfeldern als Blasterfutter. Doch Han ist clever und entdeckt unter den Soldaten einen Trupp von Gangstern, die Ausrüstung für einen eigenen Job ergattern wollen. Doch deren Anführer Tobias Beckett (Woody Harrelson) denunziert Han kurzerhand als Deserteur und so landet Solo in einer Gefängniszelle, in dem sich auch eine haarige Bestie befindet – ein Wookie namens Chewbacca. Dank ein paar Grundkenntnissen in Shyriiwook aber kann er das Zottelmonster überreden, gemeinsam zu fliehen, was wiederum Eindruck auf Beckett macht, der die beiden in seine Crew holt.
So landen Han Solo und Chewbacca bei einer Truppe Diebe und Schmuggler, die das ganz große Ding planen – eine große Menge Coaxiums von einem Zug zu stehlen. Doch sind sie nicht die einzigen, die es auf den wertvollen Treibstoff abgesehen haben, eine andere Gruppe unter der Führung von Enfys Nest haben das gleiche vor und somit entwickelt sich der Heist zu einem explosiven Desaster. Da Beckett und seine Crew nun Schulden bei Gangsterboss Dryden Vos (Paul Bettany) haben, schlagen sie ihm einen noch raffinierteren Plan vor – unraffiniertes Coaxium aus den Minen von Kessel zu stehlen und schleunigst selbst zu veredeln, bevor die instabile Substanz in die Luft fliegt. Alles, was dazu nötig scheint, ist ein schnelles Raumschiff. Einen geeigneten Kandidaten findet die Truppe in Besitz des Kartenspielers Lando Calrissian (Donald Glover) – den berühmten Millennium Falken.
Auch der zweite Beutezug wird beinahe zur Katastrophe, doch weil Han Solo ein so ausgebuffter Pilot ist und den Corsalflug in nur 12 Parsec bestreitet, gelingt es dem Trupp, die Schulden bei Dryden Vos zu begleichen. Wenn da nicht noch ein anderes Problem wäre – Hans Jugendliebe Qi`ra ist mittlerweile die Privatsklavin des Gangsterbosses, was die Prioritäten des Haudegens gehörig verschiebt und in eine auswegloses Dilemma driftet – Geld oder Liebe.
SOLO: A STAR WARS STORY ist also ein Heistmovie, ein Western und eine Gangstergeschichte. Gut so, Jedi, Sith und Rebellen gab es nun schon zu Hauf im KRIEG DER STERNE Universum. Hier macht der Film auch alles richtig, es ist eine dreckige Geschichte über den Abschaum der Galaxie, über Gangster und Profiteure der imperialen Herrschaft, in der jegliche Hoffnung verloren scheint. Kern der Story sind brachiale Actionszenen wie eine Speederverfolgungsjagd und vor allem den “Eisenbahnraub”, der vor allem in der Tradition spektakulärer Actionsequenzen wie die Schlacht von Hoth oder das Podracerrennen steht, nicht einmal der Kesselrun kommt da heran.
Was in SOLO auch besser funktioniert als in den Episoden VII und VIII ist das Worldbuilding, die neuen Welten Corellia, Vandor-1, Kessel und Savareen entfalten eine größere Faszination als vergleichbare Location in den Hauptepisoden. Atmosphärisch ist das Ganze noch eine Ecke düsterer als ROGUE ONE, obgleich das Imperium nicht sonderlich präsent erscheint und Sturmtruppler nun auch als Verkehrspolizisten agieren. Neue Welten bedeuten auch neue Kreaturen und Droiden, aber Rio Durant und L3-37 sind nicht ganz so markant und originär wie die Sidekicks aus den letzten Episoden.
Doch damit zum wichtigsten Punkt überhaupt – funktioniert Ehrenreich als Han Solo? Ich sage es laut, Ehrenreich ist das Beste an SOLO. Entgegen aller Unkenrufe gibt Ehrenreich einen fantastischen Han Solo ab und keine Harrison Ford Kopie, was ohnehin niemand wirklich gewollt hatte. Ehrenreich spielt einen Han Solo mit naivem, rohen Charme, mit Idealismus, bevor oder nachdem Ford ihm einen zynischeren und egoistischeren Anstrich gab. Vor allem die Chemie mit Chewbacca stimmt vom ersten Moment an. Es ist die große Liebesgeschichte zwischen Han und Chewie, alle Szenen zwischen den beiden sind STAR WARS Magie.
Dagegen funktioniert die eigentlich lancierte Lovestory zwischen Han und Qi`ra nicht wirklich. Emilia Clarke macht noch das Beste aus ihrer interessanten Figur, aber es knistert zwischen beiden kein bisschen. Traurig auch, dass der großartige Donald Glover als Lando Calrissian zu wenig Screentime und kaum inspirierenden Text zugesprochen bekam. Paul Bettany als Dryden Vos spielt gut, doch ist von einem wahren Widersacher weit entfernt, einen richtigen Bösewicht gibt es in SOLO eigentlich nicht. Wenngleich Droiden in STAR WARS immer Persönlichkeiten haben, wurde der Gleichberechtigungsgedanke in L3-37 ein wenig übertrieben und nervt zum Teil. Auch Woody Harelson spielt gut, aber weit unter seinen Möglichkeiten.
Kritisch sehe ich auch noch andere Aspekte von SOLO. Der Film ist düsterer als ich erwartet hatte und auch als es nötig schien, er ist zum Teil düsterer als ROGUE ONE. Manch Fanservice funktioniert (Chewie reißt endlich mal jemand die Arme aus), anderes wirkt albern und unnötig (Beckett stört Han und Qi´ra beim Knutschen, Hans Nachname). Manchmal ereilt einem das Gefühl, hier werden Dinge beantwortet, die kein Mensch gefragt hat. Ein wenig tragisch ist auch der Kesselrun. Bis vor SOLO war der eine funktionierende Legende, keinen Bantha hat es interessiert, was es eigentlich bedeutet hat, dass Han den Korsalflug in 12 Parsec bestritt. Aber jeder wusste, es war ein Riesending. Doch fühlt er sich nun im Film gar nicht so kolossal und wahnwitzig an.
Auch das obligatorische Cameo bleibt nicht aus und sorgt bereits Stunden nach Release für herbe Diskussionen, aber da muss man erstmal schauen, wie es weitergeht. Tragischer wirkt eher, dass abgesehen von Han und Chewie die Motivation aller anderen Beteiligten zwar verständlich, aber wenig emotional rüberkommt. Mit einer Ausnahme – Enfys Nest, eine Figur, dessen wenige Worte mich emotional erreicht haben und von der ich gern mehr sehen würde.
Trotz einer ganzen Reihe von Kritikpunkten funktioniert SOLO: A STAR WARS STORY für mich aber besser als Episode VIII, ROGUE ONE und die VII allerdings waren rundere Angelegenheiten. In Sachen echte Action stielt SOLO den letzten Jedi in jedem Fall gehörig die Show. Schade nur, dass möglicherweise auf eine Trilogie hin konzipiert wurde, ein SOLO-Ableger mit klarem Ende hätte dem Vorhaben besser gestanden, aber Jabba, Boba Fett und das Cameo wollen wohl auch noch bedient werden. Sei es drum, SOLO ist besser als erwartet, aber nicht so gut wie erhofft.
- Han und Chewie
- Enfys Nest
- Donald Glover als Lando
- der Eisenbahnraub
- Wordbuilding
- Han und Qi`ra
- L3-37
- ein wenig zu düster
- kein wirklicher Antagonist
- unnötig auf Fortsetzung getrimmt
FAZIT:
Coole neue STAR WARS Welten und bombastische Action mit dem tollsten Liebespaar des Jahres – Han Solo und Chewbacca. Ansonsten fehlt es leider an echten Emotionen und einem markanten Bösewicht.
SOLO: A STAR WARS STORY, USA 2018, Drehbuch: Lawrence & Jonathan Kasdan, Regie: Ron Howard
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