Frog Dreaming
Jetzt, wo im Mai die Schwimmbäder wieder aufmachen und das alles ausdefiniert sein muss, Killerpollen durch die Luft mäandern und es nirgendwo mehr frische Muscheln zu kaufen gibt (eine Frechheit, wie ich finde), so lasset uns Abschied nehmen von der Schwermütigkeit des Frühjahrs und freudestrahlend in die Zukunft blicken. So, alle in die Zukunft gekuckt? Fein! Dann drehen wir uns jetzt um und blicken wieder zurück. Ich habe erneut einen Klassiker der Kindheit ausgegraben, der zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist – wahrscheinlich deshalb, weil jener Film weltweit unter verschiedenen Titeln veröffentlicht wurde. Vorhang auf für FROG DREAMING aka DER GEISTERJÄGER aka THE QUEST aka THE GO-KIDS aus dem Jahr 1986.
Der britische Regisseur und Autor Brian Trenchard-Smith ist vielleicht nicht jedem geläufig, doch er ist ein echter Genre-Haudegen, der in den siebziger und achtziger Jahren vor allem in Australien haufenweise coole B-Movies gedreht hat, die bekanntesten sind mit Sicherheit THE MAN FROM HONGKONG mit George Lazenby und BMX BANDITS mit Nicole Kidman. Letzterer lief als DIE BMX-BANDE auch in DDR-Kinos und war ein echter Straßenfeger unter uns Kids. Zwei Jahre später drehte Trenchard-Smith ein weiteres Juwel des Jugend-Abenteuerfilms, FROG DREAMING, der in der DDR unter dem Titel DER GEISTERJÄGER aufgeführt wurde.
FROG DREAMING erzählt die Geschichte des 14-jährigen Waisenjungen Cody (gespielt vom Henry Thomas, der 1982 durch E.T. berühmt wurde), der im australischen Outback bei seinem Vormund lebt und den Kopf voller abenteuerlicher Flausen hat. Cody baut Schienenfahrräder, experimentiert mit Sprengkörpern, baut Raketen und wird dafür von allerlei Weibsvolk angehimmelt. Er ist aber auch der Schrecken der örtlichen Polizei, denen jedes mal das Herz stehenbleibt, wenn Cody wieder etwas ausheckt. Zusammen mit seinen Groupies Wendy und Jane entdeckt er im australischen Busch einen verborgenen Teich, das Skelett eines alten Bekannten sowie ein unheimliches Monster, welches wohl auf dem Grund des Sees haust.
Cody beginnt, Nachforschungen anzustellen und stößt auf eine alte Legende der Aborigines – die des Donkegin, ein steinfressendes Monster, welches angeblich unsterblich ist. Cody will der Legende nachgehen, baut Tauchgeräte, lässt sich sogar auf einen Tanz mit dem Teufel ein, bis er schlussendlich herausfindet, was sich hinter dem Donkegin verbirgt.
Als ich FROG DREAMING das erste mal in den späten 80ern sah, traf er mich als abenteuerversessenen Lausbub mitten ins Herz. Ganz klar, die Figur Cody hatte all das, was man sich so als Kind wünscht – Freiheit, Erfindungsgabe, einen tolles Abenteuer im Outback, kreischende Mädchen um einen herum. Doch mit so alten Klassikern ist das so eine Sache, sieht man sie Jahre später wieder, ist man meist enttäuscht.
Doch bei FROG DREAMING muss man das ein wenig differenzieren. Für heutige Verhältnisse ist FROG DREAMING relativ unspektakulär, nicht wirklich spannend, eher ein laues Lüftlein. Das liegt jedoch nicht an Story und, sondern eher an der Inszenierung. Das Drehbuch halte ich auch im Jahr 2015 noch für ziemlich frisch.
Das liegt in erster Linie an der Figur Cody, die wirklich alles hat, um als kindlicher Held durchzugehen. Die Geschichte spiegelt ein wundervolles Achtziger-Jahre-Gefühl á la E.T. oder THE GOONIES, gemischt mit alten Mythen der Aborigines, Schlangen, Kröten und Getier, Mutproben und Sehnsüchten, vor allem aber das Lüften eines Geheimnisses.
Das macht das Drehbuch ganz fabelhaft, es gibt eine schaurige Eröffnungssequenz mit Monster, Codys riskante Fahrradfahrt auf den Bahnschienen, die Entdeckung des verborgenen Sees im Dschungel sowie Codys Suche nach Antworten, die ihn in die faszinierende Welt der Ureinwohner Australiens führen. Das wirkt auch heute noch frisch und herzlich. Die Inszenierung hingegen ist relativ fad, spannend wird das Ganze nicht wirklich, auch spielt Henry Thomas zwar ganz niedlich, doch zu zurückhaltend. Die deutsche Synchronstimme gibt Cody dann noch den Rest, zu hoch, zu piepsig und vor allem vollkommen emotionsbefreit. Da lag schauspieltechnisch in THE GOONIES wesentlich mehr Esprit und Schlagfertigkeit in den Figuren.
Trotzdem ist FROG DREAMING auch heute noch irgendwie toll, was vor allem am mythologischen Hintergrund der Ureinwohner liegt (den sogenannten Froschträumen), an manch gewitzten Dialogen der Polizisten (“Meine Uhr ist stehen geblieben!” “Meine nicht!” “Gespenstisch!”) und vor allem am kindlichen Charme und der ein oder anderen politischen Unkorrektheit (die 10-jährige Jane qualmt wie ein Schlot). Auch die Musik von Brian May (MAD MAX) ist wie immer toll.
FROG DREAMING wird heute vermutlich niemanden so richtig von den Socken hauen, vor allem, wenn man ihn mit einem neueren Jugendabenteuerfilm wie SUPER 8 von J.J. Abrams vergleicht. Aber der Vergleich ist auch nicht wirklich fair. Retrospektiv ist FROG DREAMING tolles Achtziger Jahre Kino, abenteuerlich, atmosphärisch, sympathisch, aber eben auch harmlos und nicht wirklich spannend. Warum der Film weltweit mit so unterschiedlichen Titeln vermarktet wurde, kann ich gar nicht sagen, der Originaltitel FROG DREAMING ist eigentlich wunderschön. Bedauerlich ist eher, dass es der Film bislang nicht auf DVD geschafft hat und die alte VHS-Kassette in Vollbild und Mono qualitativ jenseits von Gut und Böse ist. Wer diese kleine Perle der Kindheit dennoch mal anschauen will, tja, der muss wohl mal googeln.
- kultiges Abenteuer
- Cody ist echt cool
- Outback-Atmosphäre
- Musik von Brian May
- Der Tanz mit dem Teufel
- (Frosch)traumhaftes Ende
- unspannende Inszenierung
- Synchronisation unterirdisch
- kein DVD-Release
FAZIT:
Tolles Buch, tolle Hauptfigur, tolle Story und tolle Outback-Atmosphäre, aber auch fade und unspannende Inszenierung. Dennoch ein Kultfilm der Achtziger.
FROG DREAMING, AUS 1986, Regie: Brian Trenchard-Smith, Drehbuch: Everett De Roche
Für Fans von DIE GOONIES, DIE BMX-BANDE & E.T.
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