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German Genre Roundabout

Deutschland im Herbst 2018. Eine Genrenation grübelt, überall Stillstand oder Leisetreterei. Als im August der deutsche OSCAR-Kandidat bekanntgegeben wurde, der für Deutschland 2019 ins Rennen gehen soll, wurde die Misere mal wieder überdeutlich. “Schicken wir den Donnersmarck dahin, der hat schon einen OSCAR gewonnen und somit Parketterfahrung.” Deutsches Bewältigungsdrama also mal wieder, unabhängig von der Qualität von WERK OHNE AUTOR. Aber Mut sieht anders aus. Nicht nur, dass auf der deutschen Bewerberliste neben 3 TAGE IN QUIBERON auch Michael Bully Herbigs Thriller BALLON stand, der ein spannendes Kapitel deutscher Geschichte mit Mitteln des Genrefilms erzählt. Ein Blick nach Schweden macht es noch deutlicher, dort geht das Fantasykrimidrama BORDER ins Rennen um den besten fremdsprachigen Film. Das ist mal beeindruckend.

SCHNEEFLÖCKCHEN

Jungs, wir müssen mal wieder…oh fuck, Verzeihung, ich meinte natürlich Jungs und Mädels, wir müssen mal wieder über deutsches Genrekino reden. 27 Jahre nach Helmut Kohls Vision von blühenden Genrelandschaften wird dieser Traum mehr und mehr Wirklichkeit. 2017 ist bislang ein fantastischer Jahrgang für den deutschen Genrefilm, nach der fünften GENRENALE, dem Kinostart von IMMIGRATION GAME und BERLIN FALLING nun auch noch zwei deutsche Genreproduktionen auf dem 31. FANTASY FILMFEST. Da kann man fast schon wieder die alten Weltherrschaftspläne herauskramen. Wer das alles nicht glauben will, kann sich ja auf dem FANTASY FILMFEST eines Besseren belehren lassen, denn mit SCHNEEFLÖCKCHEN von Regisseur Adolfo Kolmerer und Drehbuchautor Arend Remmers läuft dort einer der abgedrehtesten Mindfuckfilme der letzten Dekaden.

Der Genre-Sonderbeauftragte der EU empfiehlt

Sehr geehrte hohe Vertreter des Rates der europäischen Union für Genrefilmpolitik, liebe Mitglieder des europäischen Parlaments, sehr geehrter Ausschussvorsitzender für ominöse Körperkultur und Bildung (OCCULT) Herr Martin Sonneborn. Hiermit lege ich, der EU-Sonderbeauftragte für Genrefilmangelegenheiten, meinen Quartalsbericht zur wirtschaftlichen und kulturellen Lage der europäischen Genrefilmkultur vor, dieser Bericht ist ein Folgebericht des Berichtes über die wirtschaftliche und kulturelle Lage der europäischen Genrefilmkultur vom Dezember 2016 basierend auf dem Änderungsantrag 3 (Vorschlag für einen Beschluss Erwägung 1b (neu)) für die Förderung der Genrekultur in der Europäischen Union zur Stärkung innereuropäischer Integration und Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Genrebelange gemäß Artikel 4 des Beschlusses Nr. 418/2016/EU.

Genre Made In Germany

Das Jahr 2017 ist ein besonderes Jubiläumsjahr, denn es rundet sich zum fünfhundertsten Male die Thesenverspachtelung der Wittenberger Schlosskirche durch den Genrefilmer Martin Luther, dem Urururonkel von Lex Luther. Damals ging es um Reformation, und dieser Vibe erklingt auch 500 Jahre später noch durch die BRD, die Betroffenheitsrepublik Deutschland. Denn es gibt noch so viele Dinge neben konfessioneller Abgrenzung und der Homogenisierung von Milch, die reformiert gehören in diesem Lande. Zum Beispiel die Filmkultur. Während auf der BERLINALE der Vakuumszustand der Bewältigungsfilmerei befeiert wird, beweist die GENRENALE mittlerweile zum 5. Mal in Folge, dass es in Deutschland durchaus auch Filmemacher gibt, die ihre Visionen um kontroverse, aufreibende und unangepasste Stoffe mit den Stilmitteln des internationalen Genrefilms realisieren wollen und das auch tun, gegen jeden Widerstand der fantasiefeindlichen und bürokratisch verwalteten Filmbranche Deutschlands, die scheinbar jeden Anschluss an den internationalen Markt verloren hat.

GENRENALE 4

In einem altdeutschen Kinderspruch heißt es: “Erst Eins, dann Zwei, dann Drei, dann Vier, dann steht die GENRENALE vor der Tür.” Also sinngemäß! Bald ist es wieder soweit und die blutverschmierten Pforten in die Untiefen des deutschen Genrefilms öffnen sich erneut, dass es nur so knarrt. KEEP IT UNREAL heißt das Motto der diesjährigen vierten Ausgabe des Festivals, welches exklusiv dem deutschen Genrefilm gewidmet ist. Wie im letzten Jahr gibt es an zwei vollen Tagen wieder Action, Science Fiction, Fantasy, Horror, Mystery und Neo Noir, verpackt in illustre Shorts-Rollen, dazu das MORBIDO Special, Pitching, Podium und Preisverleihung.

Das Anti-Mainstream Transpirant

Mein grippaler Infekt ist Genrefan. Zwei Wochen plagte mich der Hallerwachl mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit, doch dann kam er zur Besinnung und gab mir zwei Tage frei – am Morgen des 11. Februar war meine Erkältung plötzlich spurlos verschwunden. Zwei Tage lang Deutsches Genrekino genießen statt zu beniesen, das war mir vergönnt in den letzten 48 Stunden. Nun sitze ich hier und will das resümieren, für mich, für Euch, für meinen grippalen Infekt, der sich in dieser Zeit auf der FIFTY SHADES OF GREY – Premiere herumgetrieben hat. Was war los an zwei Tagen GENRENALE, die ganz im Zeichen des Deutschen Genrefilms standen?

GENRENALE 2015

Endlich ist das Programm der diesjährigen GENRENALE 3 online gegangen, wie man heute sagt. Das erste und einzige Filmfestival, dass gänzlich dem deutschen Genrefilm gewidmet ist, geht damit in die dritte Runde. Darauf einen Dujardin! Präsentiert wird die diesjährige GENRENALE von TELE 5, dem duften Münchner Sender, dem wir BIM BAM BINO zu verdanken haben, auf dem aber auch Animes laufen (was für eine wundervolle Gelegenheit zum cross promoten, darauf noch einen Dujardin) und so mancher Genreklassiker. Zwei volle Tage Programm stehen an, wollen wir über die Programmpunkte diskutieren? Nein! Heute wollen wir uns einfach nur freuen, diskutiert wird ohnehin hinterher.

Die dritte Gen(r)eration

Wellen. Wellen sind mir einerseits suspekt. Ich mochte schon im Mathematikunterricht ungern mit Wellen diskutieren. Andererseits bereiten sie mir auch Unbehagen und Angst. Große Wellenberge, wie zuletzt in INTERSTELLAR, finde ich schaurig. Dieses Phänomen nennt sich Cymophobie, die Angst vor Wellen. Abseits dieser fürchterlichen Betrachtung gibt es aber auch positive Wellenaspekte. Retrospektive Belange zeitrhythmischer Natur, chronologische Beständigkeit oder temporäre Empfindungen kommen auch in Wellenform daher.

GENRENALE 2014

Während die BERLINALE in diesem Jahr zum 63. Mal stattfand, das FANTASY FILMFEST, eines der weltweit wichtigsten Genrefilm-Festivals überhaupt, bereits zum 27. Mal, schickt sich eine neue Plattform im Jahr 2014 an, frischen Wind in die hiesige Festivallandschaft zu bringen – die GENRENALE. Obwohl BERLINALE und FANTASY FILMFEST zwei Veranstaltungen sind, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, die Schnittmengen aus Genrefilm und Deutschland sind auf beiden Seiten gleichermaßen deprimierend. Während die BERLINALE nun nicht gerade als Genrefilm-Festival bekannt ist, bietet das FANTASY FILMFEST zwar superbe internationale Genrefilm-Produktionen, ein deutscher Beitrag gleicht aber weiterhin einer verlorene Injektionsnadel im Genrefilmheuhaufen. Deutschland und Genrefilm, das sind noch immer zwei schwer vorstellbare Angelegenheit.

Die kommenden Jahre

Im Smalltalk unter Filmliebhabern hält sich wacker die These: Der deutsche Genrefilm ist tot. Er hat keine Identität, ist Nicht-existent, ein Witz! Was dann meist folgt, ist die rotierende Argumentationskeule mit Schlagwörtern wie Komödienstadl oder deutsche Vergangenheit, und sollte das nicht reichen, ist ein Schuldiger schnell gefunden: Til Schweiger muss verantwortlich sein. Nun ist der Verbalauswurf, der deutsche Genrefilm sei tot, ungefähr so objektiv wie die tägliche Hetze gegen unkreative Remakes oder das Jammern über die angeblichen Selbstbeweihräucherungs-praktiken dieses ach so doofen Hollywoods. Damit das nicht so auffällt, relativiert man die Wutrede gegen deutsche Genreproduktionen am Ende gern mit: „…es gibt Ausnahmen!“ Sammeln wir mal ein paar Ausnahmen der letzten Jahre und schauen, was die mit dem Problemfall deutscher Genrefilm zu tun haben.

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de