Spirits of the Air, Gremlins of the Clouds

Schlechte Laune brachte Kummer, die mir jede Stimmung nahm. Alles neu macht der Mai? Am Gesäß! Wenn´s draußen schon stürmt und mieselnieselt, könnte man es sich ja drin wenigstens mit neuer Genrefilmware gemütlich machen, aber es gibt ja nix Neues, bis auf ein paar Streamingsachen. Die Fantasy Filmfest Nights werden erneut verschoben, man weiß schon gar nicht mehr, wie Kihno geschrieben wird, Enttäuschung an allen Fronten, echt Horrorshow. Da hilft nur noch Toffifee und ein schöner Retro Filmklassiker. Traumfalter Filmwerkstatt will helfen und gräbt wieder im Fundus der fast oder gänzlich vergessenen Filmperlen, die da im Sande das Wahns verbuddelt liegen, heute mit einem ganz besonderen Debütfilm des australischen Regisseurs und Autoren Alex Proyas.

Alex Proyas Filmographie 1994 – 2016

Mit Alex Proyas verbindet man in erster Linie den Kultfilm THE CROW aus dem Jahr 1994 und den düsteren Sci-Fi Klassiker DARK CITY, einem geistigen Vorgänger von MATRIX. Danach inszenierte Proyas, der in den 80ern mit Musikvideos für Fleetwood Mac oder Mike Oldfield bekannt wurde, den schrulligen Musikfilm GARAGE DAYS, kehrte aber 2004 mit I, ROBOT fulminant zur Science-Fiction zurück. Doch weder mit KNOWING noch mit GODS OF EGYT konnte er diesen Box Office Erfolg wiederholen. Innerhalb seiner Filmographie scheint sein Debütfilm aus dem Jahr 1989 aber fast völlig vergessen zu sein, ein tragischer Umstand, denn mit SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS realisierte Proyas einen überaus atmosphärischen wie eigenwilligen Endzeitfilm.

Eine verhüllte Gestalt wandelt ziellos durch die Wüste, vorbei an bizarren Resten einer Zivilisation, die wohl schon seit Jahrzehnten zusammengebrochen ist. Mit letzter Kraft erreicht er eine heruntergekommene Farm im Outback. Glücklicherweise leben auf der Farm das schrullige Geschwisterpärchen Felix und Betty Crabtree, die den Fremden vorm Verdursten retten. Felix sitzt im Rollstuhl, Betty wirkt geistig entrückt und spielt den ganzen Tag auf einer Teufelsgeige, beide erscheinen dem Fremden, der sich als Smith vorstellt, wie verrückt gewordene Einsiedler. Eigentlich will Smith so schnell wie möglich wieder verschwinden, denn er wird verfolgt. Doch befindet er sich im Outback in einer Art Sackgasse, denn eine Gebirgskette versperrt den Weg in den Norden.

Jede Einstellung der Anfangssequenz von SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS ist ein postapokalyptisches Gemälde.

Felix aber bietet Smith einen Deal an. Seit Ewigkeiten brütet der entrückte Eremit an Plänen für eine Flugmaschine, mit der man die Bergkette überfliegen könnte. Weil Felix aber an einen Rollstuhl gefesselt ist, braucht er Smiths Hilfe, um ein echtes Flugzeug zu bauen. Dafür bleibt ihnen nur fünf Tage Zeit, bis Smiths Verfolger eintreffen, also machen sich beide an die Konstruktion eines Luftgleiters. Sehr zum Verdruss der hysterischen Betty, die in Smith den Teufel sieht und die jede Gelegenheit nutzt, den Fremden zu vertreiben. Nach ein paar glücklosen Flugversuchen scheinen Felix und Smith ihrem Ziel nahe, doch die Verfolger rücken näher und näher. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, die Flugmaschine fertigzustellen und den Flucht in eine neue Welt anzutreten.

Verschrobene Figuren á la Tim Burton oder Terry Gilliam – Michael Lake als Felix, Rhys Davis als Betty und Norman Boys als Smith.

SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS erzählt eine sehr schlichte Geschichte ohne jeglichen Background zu den Figuren oder der Welt, in der sie spielt. Zweifelsohne handelt es sich um ein postapokalyptisches Szenario, aber warum die Zivilisation untergegangen ist, erfährt man genauso wenig wie die Gründe für Smiths Flucht oder sein Ziel. Proyas Debütfilm fesselt in erster Linie über Atmosphäre als Resultat des grandiosen Produktionsdesigns, das staubige und brennend heiße Outback, die bizarren Kreuze überall und die surreal arrangierten Reste menschlicher Zivilisation, und natürlich die hypnotische Musik von Peter Miller.

Felix und Smith begießen ihre Fortschritte im Flugzeugbau.

Obgleich man kaum etwas über die Figuren erfährt, spinnt sich ein Mysterium um die Außenseiter. Felix‘ Obsession vom Fliegen ist da noch am glaubhaftesten, was aber Betty in hysterischen Wahn trieb und was der Grund für Smiths Flucht vor den geisterhaften Verfolgern ist, erfährt man nie. Weniger ist zwar oft mehr, aber gerade weil diese Endzeitwelt und ihre Bewohner so eigentümlich erscheinen, möchte man gern ein wenig mehr über sie erfahren. Schauspielerisch wirkt SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS dagegen oftmals unbeholfen und überzogen, Michael Lake als Felix überzeugt noch am ehesten, Rhys Davis als Betty ergibt sich oft in übersteigertem Overacting, Norman Boys als Smith dagegen könnte ein bisschen energischer sein.

Die wahnhafte Betty Crabtree mit ihrer sensationellen Teufelsgeige.

Der Atmosphäre von SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS kann man sich trotz der narrativen Mängel kaum entziehen, der Film wirkt wie ein obskures Findelkind zwischen MAD MAX, EL TOPO und den frühen Filmen von Richard Stanley, mit einer Prise Tim Burton Kringelstyle und einem Hauch aus Terry Gilliams Staubtuch. Proyas, damals gerade mal 24 Jahre jung, inszeniert eine Welt zwischen Wüstensand und blauem Himmel wie ein Gemälde, die nach den Credits noch lang in einem kleben bleibt.

SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS Artwork Galerie + der 2018 wiederveröffentlichte fantastische Soundtrack von Peter Miller.

Obgleich 1988 nominiert für zwei AACTA Awards und einem Spezialpreis auf dem Yubari International Fantastic Film Festival, galt SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS lange als verschollen, trotz Alex Proyas‘ Karrieresprung mit THE CROW 1994, der durch den tragischen Tod von Brandon Lee für ihn leider zum traumatischen Erlebnis wurde. Umbrella Entertainment restaurierte 2018 den Film und veröffentlichte ihn in Australien als Blu ray ohne Regionalcode, dass der geneigte Cineast doch noch in den Genuss dieses frühen Meisterwerks kommen konnte. Auch der grandiose Soundtrack von Peter Miller wurde wiederveröffentlicht.

Umbrella Entertainment (Region Free Blu ray)

 

• Atmosphärisches Filmdebüt
• Grandioses Setdesign
• Hypnotischer Soundtrack
• Michael Lake als Felix
• Bettys Garderobe
• Tim Burton Gedächtniskringel
• Teufelsgeige
• Bloody Moonboots

• Kaum Background zu Story und Figuren
• Schauspielerisch durchwachsen

 

FAZIT:

Ein frühes Filmjuwel von THE CROW Regisseur Alex Proyas mit fantastischem Setdesign und grandiosem Soundtrack, leider ein wenig schlicht erzählt und mit durchwachsenem Schauspiel, atmosphärisch aber ein Volltreffer.

 

SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS, AUS 1989, Drehbuch & Regie: Alex Proyas
Für Fans von MAD MAX, EL TOPO & RAZORBACK