Motherfucking Stoffentwicklung
Script Development Spezial: Tipps & Tricks

Gibt man bei diesem Google die Suchbegriffe TIPPS und DREHBUCH ein, rotiert der Scrollbalken. Sucht man nach TIPPS für gute STOFFENTWICKLUNG, ist der erste Suchtreffer noch immer dict.cc – das Deutsch – Englisch – Wörterbuch mit Ähnlichen Begriffen von Stoffbezug über Stoffdichteregler bis Stofffreisetzung. Logisch, für Fachfremde ist der Begriff Stoffentwicklung immer noch zwischen Textilien und Marihuanaanbau verortet. Natürlich finden sich unter den Suchergebnissen auch Schlagwörter wie Idee, Markt oder Medienkompetenz. Konkrete Tipps kann man sich da aber abschminken, klare Aussagen “Ein Drehbuch schreiben – Anleitung, Tipps & Tricks”? Fehlanzeige.

 

Das vermittelt den Eindruck, Stoffentwicklung ist ein komplizierter, komplexer, schwieriger Begriff, Drehbuchschreiben hingegen kann man erklären wie die Anleitung zur Reparatur einer Wäscheschleuder. In Wahrheit ist es andersherum. Ein Drehbuch schreiben ist einer der finalen Schritte der Stoffentwicklung, sozusagen das Ende des Prozesses. Wie Viele setzen sich hin und denken, mit dem ersten Satz im Drehbuch beginnt die Arbeit? Doch alle Schritte, die bis zur ersten Drehbuchfassung geführt haben, sind die Basis, die Pflicht, die Grundlage – Stoffentwicklung eben. Sollte es nicht eher so sein, dass man über den Begriff Stoffentwicklung wesentlich mehr Fakten und Schritte, auch Tipps kennen müsste, das Drehbuchschreiben eher Schlussfolgerung und Umsetzung, Filigranarbeit wäre? Wir werden sehen, oder auch nicht. Ich möchte mit acht kleinen Betrachtungen über den gesamten Entwicklungsprozess des Entwickelns und Schreibens eines Filmstoffes kleine Anstöße geben. Vielleicht sind ein paar dabei, die man auch auf Seite 13 der Googlesuche nur schwerlich entdeckt.

 

 

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Wo fängt Stoffentwicklung an? Man hat eine Idee, konkret oder diffus, und beginnt diese weiterzuentwickeln? Sicherlich! Aber als Autor macht man auch bewusst oder unterbewusst Arbeitsschritte oder Tätigkeiten, die im Entwicklungsprozess von grundlegender Natur sind und die sich nicht mittels To Do Liste abarbeiten lassen. Grundsätzliches über Erzählen, Rhythmus, Struktur, Fluss, Verdichtung, Klimax, Finale, das alles kann man allein schon verinnerlichen, wenn man sich Filme anschaut. Denn ein wichtiger Schritt, um sich grundlegend über die Struktur eines Films gewahr zu werden, ist die Analyse. Es gibt viel Literatur über Filmanalyse, das ist auch alles irre interessant, aber das meine ich noch nicht einmal. Für das Verständnis für Timing, Pacing, Verdichtung oder Fluss reicht es, sich einen Film unter strenger Verwendung der Pausetaste anzusehen und sich ein paar zeitliche Notizen zu machen. Ab der wievielten Minute tritt der Protagonist in Erscheinung? Wann wird der Plot erläutert, wann tritt der Killer in Erscheinung, wann setzt das Finale ein? Die Fragen sollte man sich vorher grob auflisten, es sind eh immer die Gleichen.

 

Filmanalyse kann extrem hilfreich sein, wie dieses Diagramm sehr präzise verdeutlicht.

 

 

Es geht darum, ein Gefühl für die zeitlichen Aspekte von Filmerzählen zu bekommen. Es heißt nicht, eine Skizze zu machen und die eigene Geschichte darauf abzubausen – obwohl streng genommen Genrefilm so funktionieren kann. Es geht darum, klare Anhaltspunkte zu finden, die einem viel, viel später konkret beim Drehbuchschreiben helfen. Ein Drehbuch in angemessener Formatierung spiegelt auch immer die Länge des Filmes wieder. Man sagt, Eine Drehbuchseite ist Eine Filmminute. Wenn das so ist, kann man sich bei der Struktur eines Survival Thrillers schon an ein paar dramaturgischen Eckpfeilern festhalten. Überprüft das mal, am Besten mit Filmen, die einen wirklich mitreißen. Was machen die richtig, im Vergleich zu irgendwelchen Schnarchpillen? Es ist mit Sicherheit das Pacing, die Klarstellung des Konflikts, meist schon die erste Szene. Ein Drehbuch, ein Film, ist selten spannend, wenn der Protagonist ab Seite 35 das erste Mal in einen Konflikt gerät. Eine genaue zeitliche Analyse der Dramaturgie hilft einem auch ohne konkretes Projekt, ein Gefühl fürs Erzählen zu bekommen.

 

Dann kann man auch interessante Entdeckungen machen. Mir zum Beispiel fiel über exzessives Filmeschauen und Analysieren auf (das geht auch ohne Bleistift und Pausetaste), dass es bei JEDEM Film in der 60. Minute einen Cut gibt, einen Bruch oder ein Einatmen. Das hat streng genommen nicht unbedingt was mit dem Film selbst zu tun. Nach 60 Minuten Filmschauen setzen ganz natürliche Dinge ein. Man hat entweder wieder Durst, die Blase drückt, man nimmt eine andere Sitzposition ein oder man atmet tief ein. Ohne Quatsch, macht das mal, schaut mal einen Film und drückt die Pausetaste an der Stelle, an der man durch irgendeine externe Sache in Ablenkung gerät. Bier, Klo, Zigarette, Strecken der Gliedmaßen…

 

…und dann Pause drücken. Ich verwette meinen Dramaturgenarsch, dass das genau zwischen 55 und 65 Minuten der Fall sein wird. Es ist dramaturgisch meist das vorletzte Fünftel vor dem Finale. In der Literatur gibt es den Begriff “Retardierendes Moment”, also etwas, was verzögert, in dem Fall das Finale. Man kann da auch nicht viel machen, höchstens versuchen, höhere Spannung in diesen zeitlichen Bereich zu integrieren. Dass das ein Kacktipp ist, weiß ich selber. Denn man sollte hohe Spannung immer und überall integrieren. In der ersten Minute, in der Sechzigsten, im Finale.

 

 

 

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Der Drehbuchautor ist ein reiner Drinnenmensch. Die Hautpigmente verblassen, er wird über die Jahre schrumpelig und fängt an, nach Leberwurst zu riechen. Das ist natürlich großer Quatsch. Natürlich geht er raus. Wie oft habe ich schon von anderen Autoren gehört, sie setzen sich im Ideenfindungsprozess in ein Cafe oder in eine Kneipe, stellen sich drei Weizen in den Kopf und lauschen, fühlen, antizipieren. Dann geht es in die Dunkelkammer und die Tastatur wird mit zehn Fingern, wenns hochkommt, malträtiert. Find ich alles dufte! Hab ich aber nie gemacht. Ich bin ja auch ein Drinnenmensch. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Drinnen selten Kreativität blüht. In Kneipen aber auch nicht.

 

Bright Light, Dark Room © kaparulin @fotolia #41150342

Ich plädiere dafür, vor, während und vor allem nach dem Schreiben rauszugehen. Vor dem Schreiben, also im Stadium der Ideenreifung, kann es hilfreich sein, Atmosphäre zu schnüffeln. Welche ist dabei völlig egal, man bekommt sowieso nie den Gedankenanstoß oder das Gefühl, welches man gerne hätte. Am besten eignet sich dafür der Morgen, besonders im Sommer. Rausgehen um zirka Vier Uhr Morgens, und das Erwachen der Stadt einatmen.

 

Wenn Kehrmaschinen durch die Straßen wetzen, die ersten Ferngesteuerten aus den U-Bahnhöfen quillen, auf dem Land oder Dorf, wenn das Fleckvieh erwacht und die gurrenden Eulengeräusche verklingen. Wenn goldene Sonnenstrahlen die Straßen durchfluten, der Geräuschpegel zuhörens steigt, Duft von frischen, warmen Brötchen aus Bäckereien dringt und der frühe Vogel seinen ersten Schiss aufs Dach eines Mercedes Benz tätigt. All diese Stimmungen haben nichts mit dem Slasherstreifen zu tun, den man gern schreiben würde? Darauf kommts nicht an. Es ist dieses nicht Alltägliche, was völlig neue Ideen und Gefühle entstehen lassen kann. Ab 07:30 Uhr ist alles wieder so, wie man es kennt, wenn man rausgehen sollte. Da kann man sich ja dann wieder hinlegen.

 

Während des Schreibprozesses kann rausgehen auch wichtig sein. Nicht nur der Recherche wegen, sondern der Verbundenheit mit Ort oder Zeit. Straßen, Wege, Entfernungen, S-Bahnverbindungen, Plätze. Wie oft schreibt man von banalen Dingen wie den Weg von A nach B, ohne das konkret zu fühlen. Es ist die alte Leier, bei Vielem, was man als örtliche oder zeitliche Ebene in ein Drehbuch einbaut, greift man auf Gesehenes aus anderen Filmen zurück. Dabei entsteht die Kopie einer Kopie. Lebendig wird so etwas selten (siehe NIEMANDSLAND). Wenn man es also nicht sowieso tut und aus sich aus diesem Fundus bedienen kann, raus beim Schreiben. Szene Supermarkt? Hingehen. Klar, man ist vielleicht jeden Tag im Supermarkt, aber wann geht man mal die Regale mit einer konkreten Szene im Kopf ab? Es wird einem so viel mehr auffallen, als dass Nutella 2 Euro teurer ist als Nusspli.

 

 

 

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Im Stoffentwicklungsprozess kommt man nicht selten dazu, ein Exposé zu verfassen. Dabei ist es erst einmal egal, ob man es für sich selbst oder für ein Pitching verfasst. Das Thema Exposé ist ja riesig, deswegen will ich nur auf eine Sache hinaus. Ein Exposé sollte in gewissem Rahmen die Geschichte erzählen. Die meisten begehen jedoch den Fehler, die Geschichte zu beschreiben.

 

Wo ist der Unterschied. Kleines Beispiel. In einem Exposé könnte wörtlich stehen:

 

“In der Geschichte so und so geht es um ein junges Mädchen, welches immer von ihren Mitschülern gehänselt wird. Deswegen ist sie ziemlich traurig und verbringt viel Zeit allein.”

 

Alles schön und gut, aber was ist davon nun erzählt, was beschrieben? Im Endeffekt ist gar nichts erzählt, filmisch erst recht nicht. Klar, ein Exposé hat viel mehr den Charakter der Beschreibung, schon allein aus dem Format und der Länge heraus. Aber allein das Exposé mit: “In der Geschichte geht es um…” zu beginnen, hat mit Film Erzählen nichts zu tun. Das heißt nicht, dass man szenisch vorgehen muss, für so etwas ist das Exposé das falsche Format, im Treatment wird szenisch erzählt. Aber wenn ein Entscheider ein Exposé liest, weiß er zumindest, dass darin eine Geschichte vorliegt, man muss es nicht extra hinschreiben. Auch beim Exposé kann nicht schaden: Schreibe nur auf, was man sieht oder mit einer Kamera einfangen kann. Tauche in die Geschichte ein. Erzähle! Vermeide im Exposé die Wörter DREHBUCH, GESCHICHTE, PROTAGONIST! Fessle. Zum Beispiel so:

 

“Miriam, ein 11jähiges Mädchen sitzt allein vor dem Schuleingang auf der Treppenstufe, während ihre Mitschülerinnen spielen. Miriam schaut traurig.”

 

Das ist streng genommen nicht unbedingt die Art, wie ein Exposé beginnen sollte. Wie man seine Geschichte abbildet, ist von Fall zu Fall verschieden. Hauptsache, man Erzählt, und beschreibt nicht!

 

 

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Namen und Filmtitel, was für ein riesiges Thema. Wie oft liest man in Drehbüchern keine Namen, sondern Container. Stefan, Jürgen, Kalle, Patrizia, Luise…Josephine. Obwohl, Josephine ist ein toller Name! Da gehts schon los, gibt es überhaupt einen Tipp, wie Namen von Protagonisten oder Antagonisten gestaltet werden sollen? Natürlich nicht, es ist eine der persönlichsten Dinge, die ein Autor machen kann, seiner Figur einen Namen geben. Welchen er der Figur gibt, hängt von unzähligen, auch persönlichen Dingen ab. Aber die Realität ist häufig, Allerweltsnamen werden oft und gerne auch von Allerweltsfiguren getragen.

 

Macht man Namen originär und klangvoll, rutschen sie nicht selten in stereotype Regionen, werden zu Kunstfiguren. Ich selbst, der fast ausschließlich Geschichten in Realen Paralleluniversen schreibt, halte den Klang für einen wichtigen Faktor. Für mich ist eine gute jambische Metrik wichtig. Das ist das Zeug aus dem Deutsch Leistungskurs, Leute. Jürgen Potzkoten zum Beispiel hat wunderschöne Hebungen und Senkungen. Genau wie Konrad Blechschmidt oder Laura Bokelberg. Ronny Dietrich zwar auch, aber naja. Is das jetzt ´n Tipp oder nur hohles Gelaber?

 

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Titelfindung @shit rough drafts

 

Beim Thema Titelfindung halte ich es genauso. Inhalt ist wichtig, Klang aber auch. Eigentlich kann man jeden noch so Schwachsinnigen Titel nehmen, solange er über eine klangvolle Metrik verfügt. Motherfucking Stoffentwicklung zum Beispiel. Zwei Wörter mit jeweils 4 Silben: Mo-ther-fuck-ing Stoff-ent-wick-lung. So einfach isses. Klang ist das eine, inhaltliche Zugkraft etwas anderes. Hätte ich den Artikel Tipps rund um Stoffentwicklung getauft, hätte den wieder keinen interessiert.

 

 

 

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Jetzt mal konkreter. Kann oder sollte man beim Drehbuchschreiben Musik hören? Ich selbst kann das in manchen Phasen nicht. Vor allem Songs mit Texten, das lenkt zu sehr ab. Was aber ist mit Filmmusik? Das müsste doch passen wie Arsch auf Eimer? Tut es aber nicht, denn der Prozess, eine Actionszene zu schreiben, wird nicht mit einem Track von 4 Minuten einhergehen. Fürs Drehbuchschreiben finde ich Musik eher kontraproduktiv. Nicht aber beim Treatment.

 

Dort kann das Verhältnis “Geschriebenes Wort” und die Dramaturgie eines Soundtracktitels durchaus konform gehen. Ich selbst habe in Treatments Actionszenen oder Spannungsszenen gern mit etwas Musik im Hintergrund geschrieben. Auch wenn das fürs Drehbuch nicht übertragbar ist, schafft das doch ein besseres Verständnis für Pacing und Rhythmus. Ruhige Sachen für elegische, dramatische Szenen, funktioniert auch, jedoch auf einer anderen Ebene. Aber arbeitet mal Schritte einer Verfolgungsjagd mit “LIKE A DOG CHASING CARS” von Hans Zimmer aus dem THE DARK KNIGHT Soundtrack in Hintergrundbeschallung aus. Es kann einem ganz schön mitreißen. Auch das “Drüberlesen” mit entsprechendem Score kann plastisch wirken.

 

 

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Als Autor kennt man doch bestimmt folgende Situation: Es ist 14:00 Uhr, man schreibt seit Neun Uhr Morgens, der Vierte Kaffee ist verklappt, die hundertzweiundzwanzigste Zigarette geraucht. Da brodelt etwas im Habitus. Der kleine Hunger. Was tun? Hier nun der ultimative Tipp für alle unterzuckerten und übersäuerten Autoren: Erdnuss-Schoko-Waffeln.

 

 

 

Man nehme Frischeiwaffeln aus dem Lidl fürn schmalen Taler. Dazu Erdnusscreme (soft, nicht crunchy) und Nusspli! Denn wir wissen, Nusspli ist wesentlich billiger als Nutella…und schmeckt auch besser. Auf die eine Waffel kommt Erdnusscreme, auf die andere Nusspli. Die Waffel kommt von Haus aus mit einer großen Oberfläche daher, wegen der kleinen Vertiefungen. Da passt viel Creme rein. Dann zuklappen, und fertig ist ein sättigender, leckerer, nicht unbedingt nahrhafter Zwischensnack, um bis 18:00 Uhr am Rechner aushalten zu können. Dann gibts ja eh Nudeln oder Döner. Erdnusspli-Waffeln, ich werde mir das patentieren lassen. Jetzt krieg ich echt Appetit…

 

…7. …mampfmampf, ich ess Erdnusspliwaffel…mmäh…

 

 

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Ob das jetzt ein Tipp ist, weiß ich nicht. Ich mache es zumindest immer so. Ich habe ein System gefunden, wie ich beim Drehbuchschreiben strukturiert vorgehen kann. Jeder macht das nach seiner Fasson, und das is ja auch gut so. Bei mir läuft das folgendermaßen:

 

Wenn ich beginne, ein Drehbuch zu schreiben, ist das das Ende eines langen Entwicklungsprozesses. Ich kann ein Drehbuch in 14 Tagen schreiben, wenn ich vorher viel Zeit und Akribie in das Entwickeln eines Treatments gesteckt habe. Es gibt nur eine Sache, die ich heute anders sehe. Früher habe ich gesagt, ein Treamtent ist ein Drehbuch ohne Dialoge. Das kann man so sehen, aber es trifft den Kern nicht. Das würde bedeuten, dass man nach Fertigstellung eines Treatments nur noch Dialoge hinzufügen muss. Das ist aber nicht der Fall. Denn obwohl man in einem Treament schon szenisch arbeitet, im Drehbuch steht man wieder vor völlig neuen Fragen, obwohl die erste Szene im Treatment doch schon treffend und szenisch war. Denn ein Drehbuch ist noch strenger, will noch stärker vom Autor, dass er erzählt, was man sieht. Keine Gedanken, keine Zweifel, stattdessen Gedankenversunkener Blick oder zweiflerisches Grübeln.

 

Wenn ich aber ein Drehbuch beginne, dann hacke ich ohne Rücksicht auf Verluste die Erste Fassung mit Wucht ins Gerät. Schreiben, nicht Nachdenken! Eigentlich auch nicht nochmal lesen, einfach reinhacken. Ich mache mir am Vorabend Gedanken über die anstehende Szene und presse sie dann die Drehbuchvorlage. Ist das beendet, nehme ich mir zwei weitere Fassungen vor. Die 2. Fassung ist eine Überarbeitung von allem, was kein Dialog ist. Das ist szenisches Erzählen, Orte, Dinge, Personen – die Handlungsbeschreibung (Vorsicht, kann Spuren von Beschreibungen enthalten!).

 

Ich kürze, straffe, raffe, bis kein Gras mehr wächst. Ich konzentriere mich auf Szenenübergänge, auf Fluss, auf Pacing. Erkenntnisse aus der Filmanalyse helfen mir da. Ist das vollbracht, nehme ich mit mich mit der 3. Fassung dem Dialog an. Ist auch das überarbeitet, schleife ich den Rest mittels feinem Sandpapier glatt – in einer 4.Fassung. Die ist dann meist auch die Endfassung vor Pitch oder dem Verstauen in einem Ordner. Wie gesagt, das ist mein System, und es beruht darauf, dass ich stärker am Treatment arbeite. Große, dramaturgische Konstruktionen, die sich oft ändern, passieren bei mir in der Treatmentphase. Ein anderer legt das vielleicht rudimentärer an und kommt letztendlich auf neun oder zehn Drehbuchfassungen. Ist auch super. Ich für meinen Teil habe mir beim Schreiben stärker Struktur und Fluss erarbeitet. Jeder muss mit seinem System zurecht kommen.

 

Deswegen mein letzter und abschließender Tipp:

 

 

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Richtig. Tipps rund ums Drehbuchschreiben gibt es viele, manche sind ganz grundsätzlicher Natur, andere verkopfte Hühnerkacke. Wichtig ist, dass man für sich selbst das passende System findet, in dem man strukturiert arbeiten kann. Wenn man aus reinem Spaß mal ein Drehbuch schreiben will (solls ja geben), dann ist dort immer der Weg das Ziel, es bedarf keiner Regelwerke oder dergleichen. Jeder soll und sollte das tun, wie er es für Sinnig erörtert. Führe deinen Protagonisten innerhalb der ersten 3 Drehbuchseiten ein? Komme zum Punkt, schildere den Plot oder den Konflikt nicht erst auf Seite 45? Verzögere ab Seite 60 oder mache einen Coitus Interuputus? Alles geschenkt.

 

Drehbuchschreiben sollte keine Fessel sein, Geschichtenerzählen sollte Freiheit sein. Wenn man jedoch einen Survival Thriller oder einen Verschwörungsthriller schreiben will oder besser, wenn es einer werden soll, dann kommt man um gewisse dramaturgische Pfeiler kaum herum. Ein Horrorfilm ohne Bedrohung wird niemals spannend, ein Protagonist ohne Wünsche oder Sehnsüchte wird keinen mitreißen. Aber die Art und Weise, wie man Stoffe entwickelt, wie man an ein Drehbuch heran geht, wie man sich selbst zeitlich strukturiert, das ist nicht Aufgabe von Stoffentwicklung, das steht selten bei Google und das wird man auch schwer aus guter Script Development Literatur herausfiltern können. Mach einfach, wadde willst.

 

But if you did it, did it Jut!

 

 

 

 

2 Comments

  1. Antworten
    Lisa Feld 6. Juni 2013

    … ich mochte das Nusspli set up und pay off :-)

  2. Antworten

    […] häufig recht lang ist. Die Gründe sind hier wohl im Klangbild zu suchen. Wie ich bereits in MOTHERFUCKING STOFFENTWICKLUNG schrob, ist Klang und Metrik essentiell wichtig für die Griffigkeit eines guten Titels. M – […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de