Leidenschaft und Selbstausbeutung

Die Berliner Festivalwoche ist mittlerweile vorüber und mit ihr auch die GENRENALE2, ein Festival mit dem Label 100% GERMAN GENRE CINEMA. Genug Zeit also, um den Tag des deutschen Genrefilms ein wenig nachzuverarbeiten. GENRENALE2 im GENRENALE-PALAST Babylon Mitte, das war ein volles Tagesprogramm an Kurzfilmen, Trailern, einem Serienpiloten bis hin zu einer spätstündlichen Retrospektive, der LAST MARTIAL ARTS CHALLENGE, in der es die KAMPFANSAGE-Trilogie zu sehen gab. Das Herzstück der Veranstaltung aber war die Podiumsdiskussion “Rückkehr zur dämonischen Leinwand – Hindernisse und Chancen des deutschen Genrefilms“, in der es natürlich um das zentrale Thema für Filmemacher geht, die Genre in Deutschland machen wollen, nämlich, warum ist das so schwer, in diesem Land Genrefilme zu machen. Bevor ich näher auf die interessante Diskussionsrunde eingehe, denn das Gesagte ist wichtig und muss verbreitet werden, fangen wir doch an mit den…

 

Highlights des Festivalprogramms

 

Horror, Fantasy, Science-Fiction, Thriller, Noir, Mysterie in vier Blöcken mit coolen Taglines wie BLACK NARKOSIS MURDER BROTHERS oder DARK KILLING FLIES EXPRESS in Anlehnung an das Programm, bestehend aus Kurzfilmen und Trailern. Über 100 Einreichungen gab es, 27 Audiovisualschnittchen wurden präsentiert. Durch die Blöcke führt, neben einem seltsam aufgedrehten Moderator, auch die Trailerreihe THE DREAMLANDS von Huan Vu, eine düstere Geschichte frei nach dem Traumlande-Zyklus von H.P. Lovecraft. Am 1. März 2014 startet die Crowdfounding-Kampagne für dieses ambitionierte Filmprojekt, welches in den Trailern “Storm in the Night”, “The Awakening” und “Into the Abyss” bereits unheimlich dicht wirkt und visuell atemberaubend ausschaut.

 

Tatort: GENRENALE-PALAST Babylon Mitte

Ich konnte nicht alle Kurzfilme sehen, aber ein paar fand ich ganz beeindruckend. Allen voran MORITZ UND DER WALDSCHRAT von Bryan Chainey, in dem ein Junge mit einem Wesen, gefangen in einem Baum, einen unheilvollen Handel eingeht. Das Ganze ist sehr atmosphärisch, tolle Bilder, tolle Jungdarsteller, viel Interpretationsspielraum, ein Glanzstück an Dark Fantasy Drama.

 

Surrealistisch verschroben wie ein Cronenberg-Trip war SCHWARZATMEN von Marcus Hanisch, der sich ein wenig nach dem dystopischen Klassiker THX-1138 anfühlt. BRÜDER von Daniel Rübesam war ein kräftiger Noir-Krimi und IN THE DEATHROOM erzählt die Geschichte von einem Inhaftierten, aus dem Geheimnisse unter Folter gepresst werden sollen, frei nach einer Kurzgeschichte von Stephen King. Letzterer wandelt sich zwar in Beinahe-Klamauk, ist aber wie der Großteil der Kurzfilme von ernster Tonart.

 

 

Durchgeknallt, schräg und blutig gings kaum zu, lediglich HAPPY B-DAY von Holger Frick ist ein wortgewandter Funsplatter, bei dem man sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Ast lachen kann. Gefallen hat mir auch der Trailer zu dem Actionfilm DAS MILLIONENGRAB der Winterhuder Reformschule, in der coole Kids mit Schnauzbart in herrlicher 80er Optik mit allerlei Maschinenpistolen herumhantieren. Das passte ganz witzig in den Tenor der Veranstaltung, weil man sich vielleicht so auch Genrenachwuchs vorstellen kann.

 

 

Schreien statt Flüstern

Die Auswahl des Programms spiegelt in dieser Hinsicht nicht unbedingt das Verlangen nach mehr Vielfalt wider, es ist aber ein Problem, welches fast unvermeidbar ist. Es mangelt dem deutschen Genrefilm ja vor allem um Akzeptanz. um die zu erreichen, bei Förderern, aber auch beim Publikum, welches dem deutschen Genrefilm ja gern mal voreingenommen die rote Karte zeigt, braucht es eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Sache, eine gewisse Qualität. Das ist keinerlei Vorwurf an Niemanden. Ich bin auch der Meinung, dass man den deutschen Genrefilm in erster Linie nicht mit Funsplattern, Trashkleinoden oder sperrigen Nischengrotesken reformieren kann. Die GERNENALE2 soll aber auch Bestandsaufnahme des deutschen Genrefilms sein. Für ein, zugegebenermaßen zugespitztes, Motto NO MORE DRAMA war in den Beiträgen noch ungleich viel an Drama vorhanden. Dass Drama durchaus mehrere Bedeutungen hat, wurde auch in der Diskussionsrunde angesprochen. So bildet das Programm auch keine inhaltliche Richtung der Bewegung, wie auch, innerhalb der Genreproduktionen in Deutschland gibt es keinen Trend oder keine Ausrichtung, weil schlicht zu wenig Genrefilme gewagt werden. Es bildet aber anschaulich ab, dass es handwerklich keinerlei Defizite gegenüber anderen Ländern gibt, die erfolgreich Genre machen.

 

Alle Filme, die ich gesehen habe, hatten eine tolle Optik, waren technisch makellos, gut inszenierte Action. Ich erinnere mich an Diskussionen vor der Jahrtausendwende, in denen oft gesagt wurde, Genrefilme (nur dass man damals sagte dieses Wort nicht verwandte) “…kannste vergessen, das haben die Amerikaner technisch besser drauf!”. Naja, das ist ewig her. Doch das ist gar nicht entscheidend. Mir haben viele Filme gefallen, trotzdem beklage ich auch fehlenden Mut in Sachen Figuren und Geschichten. Das fiel mir besonders bei ABBITTE EINES MÖRDERS auf, der erzählerisch geradezu einschläfernd vorhersehbar war. Auch BRÜDER, so gut er inszeniert war, hat schwache Konflikte, nicht unbedingt flache Figuren, aber eben bekannte Figuren, bekannte Wendungen, nichts überrascht wirklich. Es wird viel geflüstert, wenig geschrien in Sachen Storytelling.

 

 

 

 

Beim Genrefilm ist man natürlich in einer Zwickmühle, denn einerseits hat der Genrefilm immer wiederkehrende und vertraute Elemente, die in den einzelnen Subgenres essentiell für ihre Dramaturgie sind, andererseits ist das kein Grund, immer das gleiche zu erzählen. Deshalb gefallen mir auch Filme wesentlich besser, die in ihrer Interpretation diffuser sind, SCHWARZATMEN zum Beispiel. Wenn sie aber wieder so diffus sind, kann das auch die Intention verschleiern, ob das nur genial oder bloßer Brainfuck ist. Nun muss man aber auch dazusagen, dass es sich bei dem Programm ausschließlich um Kurzfilme handelt, die dramaturgisch, auch im Genre, sowieso machen was sie wollen. Man kann an Kurzfilmen hervorragend Stilistik eines Regisseurs, Inszenierungsroutinen und Raffinessen sehen, aber weniger Rückschlüsse auf Genrespielfilmdramaturgie ziehen. Es bleiben die Figuren, die spannend geschrieben sein müssen, egal ob im Kurz- oder Spielfilm. Und genau da herrscht, in meinen Augen jedenfalls, ein wenig fehlender Mut oder, dass Figuren zugunsten technischer Spielerreihen vernachlässigt werden.

 

Im Endeffekt ist man da bereits mitten in der Diskussion, die dann auf der GENRENALE innerhalb der Podiumsdiskussion eröffnet wurde. Moderiert wurde das Gespräch von Mark Wachholz, die Gäste waren Benjamin Munz (Producer, RatPack), Christian Alvart (Regisseur, ANTIKÖRPER, FALL 39), Krystof Zlatnik (Regisseur und GENRENALE-Gründer), Norbert Maass (Dramaturg) und Prof. Klaus Keil (Filmförderer a.D.). Zu Beginn wurde der Begriff Genrefilm noch einmal hinterfragt, welche Bedeutung er besitzt als Label, als Sparte, als Marketinginstrument. Gerade die Vielfalt innerhalb des Genrefilms verbietet ja eigentlich eine klare Definition.

 

Ich stelle mir häufig die Frage, wer diese Definition überhaupt braucht. Ich begebe mich mit dieser Frage allerdings in Teufels Küche, denn der in der Bedeutung wankelmütige Begriff steht ja momentan als Synonym für eine inhaltliche Veränderung des Films in Deutschland. Es fühlt sich aber auch ein wenig so an, als sei der Begriff erst jetzt dämonisiert. Früher bekam man eventuell eine Förderabsage, wenn im Genrekästchen “Horror” stand. Heut gibt es den Sammelbegriff Genrefilm, unter den gleich zig Subgenres als unproduzierbar gelten. Sicher schwingt da eine gewisse Naivität mit bei, wenn man sich eine Welt wünscht, in der der Inhalt ausschlaggebend ist und nicht das Genre. Aber Genrefilm steht in seiner Vereinigung vieler vernachlässigter Filmsparten in Deutschland eben auch als Kampfbegriff.

 

v.L.n.R.: Prof. Klaus Keil, Norbert Maass, Mark Wachholz, Benjamin Munz, Christian Alvart, Krystof Zlatnik

Ob ihn Konsumenten verwenden, bezweifle ich. Ich glaube nicht, dass jemand zu Hause sitzt und seinen Lebensabschnittsgefährten fragt: “Wollen wir uns heute Abend einen Genrefilm ausleihen?”, ich glaube, der Konsument geht noch immer in der Differenzierung “Horrorfilm geiler wie SAW” vor. Es ist aber noch mehr, was der Sache mit dem Begriff nicht unbedingt dient. Genrefilm gilt immer noch als “der andere Film”, auch von Regisseuren vorn auf der Bühne vernahm ich Sätze wie: “…als nächste mach ich aber keinen Genrefilm sondern einen…”. Ja, was?

 

 

NO MORE DRAMA!

Diese Unterscheidung führt zu einer völlig abstrakten Wertung, die wieder in die Diskussion Kunst und Unterhaltung mündet. Der Genrefilm steht dann immer als kleines schwarzes Schaf der Filmgesamtlandschaft da, doch das Ganze ist ein Zerrbild. Von wem das kommt, weiß ich nicht, aber wohl, von wem es nicht kommt. Benjamin Munz sprach zu Beginn der eigentlichen Genrediskussion davon, dass die 50 erfolgreichsten Filme aller Zeiten allesamt Genrefilme sind. Ich würde noch viel weiter gehen, Genre, ob man den Begriff nun verwendet oder nicht, ist mittlerweile viel stärker im Publikum, generell in der Kultur, verwachsen als dass man sagen müsste “Kuck mal, ein Genrefilm, das is was ganz was Spezielles!”

 

Comics, Mysterie, Science-Fiction, Fantasy, Horror, das sind alles selbstverständliche Bestandteile der Subkultur. Dieses Nerdige, was gern noch stereotyp verwandt wird, existiert meines Erachtens gar nicht mehr wirklich. Sicher gibt es noch Nerds, aber es sind nicht nur Nerds, die in Scharen in THE AVENGERS, TWILIGHT, AVATAR rennen. Das Missverständnis scheint, Genre wäre die Nische, aber man ist von Genre geradezu assimiliert. Von jeder Kellogspackung, von jeder Coladose, von der mich Yoda ankuckt, von jeder Werbung, Videospiele, Comics, Leute, das ist doch kein Nerdheiligtum von blassen, pickeligen Außenseitern mehr! Sehr richtig wurde bemerkt, dass der Erfolg von Genre auch mit einem großen Fantum zu tun hat, mit leidenschaftlichen Konsumenten, die natürlich stärker mit ihrer Genrespezialgebietswelt verbunden sind als Ottonormalkinogänger. Aber es ist noch mehr. Genre ist global, wesentlich stärker als es heimische Komödien oder Dramen sein können (keine Wertung), weil Humor vielleicht regionaler ist und Drama…Ja nun…

 

Damit wären wir bei einem weiteren Missverständlichen Begriff, Drama. NO MORE DRAMA heißt es spitz, und was gemeint ist, ist weg von der Betroffenheitskacke, wo Figuren ihre Probleme ausdiskutieren, analysieren, dann heulen, dann das Ganze nochmal durchgehen. Auch überspitzt. Richtigerweise gab dann Nobert Maas zu denken, dass der Begriff Drama zumindest für Dramaturgen wichtig ist (sonst hießen die nur Turgen), denn etwas dramatisch zu erzählen ist eine Pflicht eines jeden Autors für jedweden Stoff. Drama ist der Motor für Figuren, für Geschichten, und keiner meint ja damit, dass Horrorfilme, Fantasyfilme oder Science-Fiction-Stoffe nicht dramatisch sein sollten. Es ist aber genau diese Dramatik, die meist fehlt, nicht nur im Genrefilm, generell. Ich plädiere schon längst dafür, mehr mit Genrestrukturen in allen Filmsparten zu arbeiten. Nicht weil das ein ganz cleverer Tipp wäre, Schwachsinn, sonderen weil Film so funktioniert. Es gibt keine grundlegenden, dramaturgischen Unterschiede zwischen Genrefilmen und dem Rest. Auch ein Drama muss spannend sein, in den Figuren, im Plot, genau wie auch bei einem Horrorfilm die Motivationen von Protagonisten und Antagonisten wichtig sind.

 

Zwischen Leidenschaft und Selbstausbeutung

Die Diskussion um den deutschen Genrefilm ist keine von zwei Seiten, nicht ausschließlich. Es ist nicht so, dass es auf der einen Seite eine Horde junger Filmemacher gibt, die Genre machen wollen und auf der anderen Seite die bösen Förderer und Redakteure, die sagen, dass das alles nicht künstlerisch genug ist. Das allein ist schon ein verzerrtes Bild, aber es gehört zudem noch eine dritte Seite mit hinein, nämlich das Publikum. Wenn man während der Diskussion die nicht unbekannten Zahlen jener Genreproduktionen der letzten Jahre vernahm, also in dieser Geballtheit, könnte ich Verbitterung und Aufgabe leicht verstehen. Ich hab auch erstmal geseufzt und mir gedacht, wofür das Ganze? Wofür der Kampf um unkonventionelle Stoffe, Unterhaltungsstoffe, extreme Stoffe, wenn am Ende die Ignoranz des Publikums steht. Wenn es nicht möglich ist, deutsche Gelder für eine Produktion wie STUNG aufzutreiben? Wofür man das alles macht, was ist die Leidenschaft wert, wenn sie nur mit Selbstausbeutung einhergehen kann, wie Prof. Klaus Keil ironisch angemerkt hat. Der Ausweg aus dieser Misere scheint theoretisch einfach.

 

Mehr Qualität! Das ist objektiv richtig. Aber wie kann man das fördern? Kann man das überhaupt, einen Vorzeige-Genrefilm machen, der das Eis bricht? Das Problem ist, auch wenn es in Deutschland nicht den Nährboden gibt, den Filmemachern anderer Länder hatten, um sich auszuprobieren, die erfolgreichsten und gleichzeitig unkonventionellsten Genrefilme waren Filme von Ausnahmephantasten. Es gibt immer noch diese zwei Wege für einen Genrefilm. Eine sichere Bank, ein Beitrag zu einem Trend, einem Subgenre, etwas, was man kontrollieren zu glauben scheint. Der andere Weg ist der, dass einfach mal einer kommt, mit einem Wahnsinnskonzept, der Idee, aber auch den Atem, das durchzuziehen, die Chance, es zu tun und auch das Glück, dass es mit Erfolg gekrönt wird. Das kann man aber nicht berechnen oder prognostizieren.

 

Die Entscheidende Äußerung kam in dieser Runde von Christian Alvart, der sinngemäß sagte, dass man beim Genrefilm unbedingt auch scheitern dürfen darf. Auch das ist eine Erkenntnis, wenn man europäische Genrefilmemacher anschaut, die nie mit ihrem Debüt gleich den Erfolg hatten. Die Lage klingt nach einer gefährliche Mischung, zum einen Filmemacher, die meinen, unbedingt DEN Achtungserfolg für den deutschen Genrefilm machen zu müssen und eine wirtschaftliche Filmlandschaft, die ihnen, wenn überhaupt, nur eine Chance dazu lässt. Zudem weiß man bei wirklich extravaganten Stoffen im Vorfeld nie, ob sie Erfolg haben werden oder nicht. Selbst ein aalglatter Slasherableger, der alle Regeln der Genrekunst vereint, muss nicht erfolgreich sein, nur weil es seine geistigen Väter waren. Wenn also Individualität und Qualität gefordert ist, dann muss auch der Mut von Seiten der Förderer und Entscheider da sein, das zu wagen.

 

v.L.n.R.: Moderator Christoph Drobig, GENRENALE-Gründer Paul Andexel & Krystof Zlatnik

Denn wenn man mal spinnt und sich all die Schwierigkeiten der Filmlage Deutschland wegdenkt, es also kein Problem ist, einen Genrefilm in Deutschland zu produzieren, ohne Regularien der Förderanstalten oder redaktionelle Einflussnahme, heißt das im Umkehrschluss dann, dass sofort hunderte von originären Stoffen da sind? Ist dann alles in butter? Es fehlt noch so viel im Umgang mit deutschen Genrestoffen. Die Suche nach deutscher Identität im Genrefilm, zum Beispiel. Was nützt es denn, einen Teenieslasherabklatsch oder einen Mysteriethriller mit Verallgemeinerungen in Ort und Zeit zu produzieren.

 

Der fehlende Mut, sich zu einem Ort zu bekennen, einem deutschen Ort, auch wenn das uncool und ungruselig erscheint. Die Suche nach eigenen Mythen und Legenden, aus denen sich die Phantastik speist, nicht nur im Wiedergeben von bereits Gesehenem. Das ist schwierig. Eine Figur zu erschaffen, die am Rand der Realität lebt und es dennoch schafft, dass man diese Figur auch fühlen kann, ob man nun Realist ist oder Phantast. Es gibt nicht nur die Pole EL TOPO und FACK JU GÖTE. Ich bin, rein aus Konsumentensicht, voll und ganz auf der Linie der Vielfalt, wenn ich mir überlege, wo allerdings die größten Stärken für den deutschen Genrefilm liegen, dann doch in der Verquickung von Drama (dem Betroffenheits-Drama) und Genre. Klingt erstmal doof. Aber wenn ich mir MORITZ UND DER WALDSCHRAT anschaue, in dem jenes “Drama” einer Fantasygeschichte eine nicht unerhebliche Tiefe verleiht, dann kann das eine Ausrichtung sein. Ich sehe da eher ein Dark Drama kommen als einen deutschen THE PURGE oder ein deutsches CABIN IN THE WOODS.

 

Selbstverständlich Genre!

Es ist mir nicht möglich, alle Aspekte der Podiumsdiskussion hier wiederzugeben, wenn schon ein Stichwort genügt, um eine Lawine von eigenen Betrachtungsweisen loszutreten. Jedenfalls war es eine elektrisierende Diskussion, ohne Verbitterung oder Trotz, feinfühlig geleitet von Mark Wachholz und immer mal wieder gewitzt provokativ kommentiert von Benjamin Munz. Wenn Christian Alvart dann das Bedürfnis des Menschen nach Genre in einem Höhlengleichnis, nee, in einem Gleichnis um Steinzeitmenschen veranschaulichte, die sich in der Runde ums Lagerfeuer über Monster und nicht über Eheprobleme unterhalten haben, fand die Diskussion genau den richtigen Ton, den unausgesprochenen Wunsch, dass Genre selbstverständlicher wird. Das muss es, denn es darf für die nächsten Jahre der GENRENALE nicht nur der Eindruck entstehen, hier läuft ein putziges Festival für die “anderen” Filme parallel zur BERLINALE. Ein Festival, was letztendlich für den deutschen Genrefilm steht und nicht für den Wunsch nach deutschem Genrefilm, zumindest in der Außenwahrnehmung.

 

In den Filmen, mehr aber noch in den Köpfen der Akteure, der Filmemacher, in deren Leidenschaft und Beharrlichkeit steckt jedenfalls ein Funke, der in den nächsten Jahren hoffentlich zu einem kleinen Flächenbrand führen wird. Was man nicht machen sollte, ist zukucken und warten, dass sich etwas verändert. Ich merke das an mir, dass sich angesichts der schwierigen Lage gern das Gefühl breit macht, einfach abzuwarten. Die Logik verbietet es mir zu glauben, dass die nächste Generation Filmemacher noch so verzweifelt am Genrebegriff klammert, ich glaube Genre wird von ganz allein selbstverständlicher werden. Aber abwarten ist doof und die zweite GENRENALE hat zum Glück auch viele Fragen aufgeworfen, denen man nachgehen muss in den nächsten Jahren. Nicht nur Fragen der Finanzierbarkeit, der Auswertung, auch Fragen nach Stoffen, Figuren und Identität. So wird vor allem die dritte GENRENALE 2015 ein interessanter Schritt in eine Genrezukunft sein und zeigen, wie mit den derzeitigen Fragen um deutsche Genrefilme umgegangen wurde.

 

Alles zur GENRENALE2, den Filmen und Filmemachern, gibt es unter www.genrenale.de.

 

GENRENALE Animation Trailer from Mike Bothe on Vimeo.

 

8 Comments

  1. Antworten

    […] finde ich den langen Bericht von Christian Hempel von traumfalter filmwerkstatt über die zweite, sogenannte „Genrenale“ sehr interessant und in seiner Ausführlichkeit sicherlich für den einen oder anderen hier von […]

  2. Antworten

    […] nach Motiven Lovecrafts, mehrere Trailer, die im Vorfeld unter anderem auf der GENRENALE präsentiert wurden, zeigen ein unglaublich gutes Gespür für lovecraftsches Flair, der in anderen […]

  3. Antworten

    […] es ein GENRENALE HALLOWEEN SPECIAL im Flimmerzimmer Berlin, auf dem fünf Kurzfilmhighlights der GENRENALE 1 + 2 laufen, unter anderem LIEBE TOD ABENDBROT, YOU MISSED SONJA, HAPPY B-DAY, YELLOW und IN THE […]

  4. Antworten

    […] ist ja nicht alles, was die Leidenschaft an der Fiktion abbildet. Das Jahr 2014 begann auch mit der zweiten GENRENALE und einem hoffnungsvollen Weckruf für den deutschen Genrefilm. Doch später dazu […]

  5. Antworten

    […] dritte GENRENALE fühlt sich so an, als gehöre sie schon immer zur deutschen Festivallandschaft. Meine Hoffnung letztes Jahr war, dass die GENRENALE für den deutschen Genrefilm steht und nicht dem Wunsch danach. Das gelingt ihr […]

  6. Antworten

    […] für verbitterten Protest gegen das Establishment. Jedenfalls nicht mehr vordergründig. War das Motto vor zwei Jahren noch „NO MORE DRAMA!“, also ein Wunsch, hieß es in diesem Jahr „KEEP IT […]

  7. Antworten

    […] zu einem Indikator dieser Bewegung. Das zeigt auch die Evolution der Slogans des Festivals. Waren „No More Drama“ und „Kill Your Darlings“ noch Kampfansagen, wogegen man sich platziert, prägte die […]

  8. Antworten
    Die dritte Gen(r)eration 25. Oktober 2017

    […] deutscher Genrekost aufgefordert, ihre Kurz- und Langfilme bis zum 31.12.2014 einzureichen. Die GENRENALE 2014 war ein großer Erfolg und ich bin sehr gespannt, wie die Reise weitergeht und wie sich das […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de