I Walked with a Zombie

Die heutige Retro Review Perle ist kein Kleinod der Kindheit aus den seligen achtziger Jahren, trotz seines biblischen Filmalters sah ich den Film erst in den frühen Neunzigern, als man genretechnisch auch auf das TV-Programm angewiesen war. Zwar vertilgte ich schon Unmengen an Videothekenware, aber von dem ein oder anderen Schmankerl las man auch in der Fernsehzeitung. Es war die Zeit, als auch im ZDF zu später Stund manch schauriger Genrefilm lief, der Sender RTL mit “Hildes Wilde Horror Show” eine Art Grindhouse-Doublefeature an Horrorklassikern ausstrahlte, von FRANKENSTEIN, DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN bis DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN. Zu jener Zeit sah ich dann auch I WALKED WITH A ZOMBIE, der bei uns ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE hieß, ein düsterer Voodoo-Horrorfilm in Schwarz-Weiß aus dem Jahr 1943.

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Jacques Tourneur, ein französisch stämmiger US-Regisseur, kann mit Fug und Recht als einer der ersten Horrorfilmpioniere angesehen werden. Sein Spielfilmdebüt KATZENMENSCHEN aus dem Jahr 1942 war ein Kassenschlager, worauf die Produktionsfirma RKO, ein kleines Studio neben den Platzhirschen MGM, 20th Century Fox, Paramount und Warner, eine neunteilige Horrorreihe in Auftrag gab. Tourneur drehte für diese Reihe neben I WALKED WITH A ZOMBIE noch den Film THE LEOPARD MAN, im Jahr 1957 schuf er mit NIGHT OF THE DEMON einen weiteren Klassiker. Doch KATZENMENSCHEN und I WALKED WITH A ZOMBIE blieben seine gelungensten und erfolgreichsten Horrorwerke.

 

Die junge Krankenschwester Betsy nimmt einen Job auf der westindischen Insel St. Sebastian an, sie soll dort die kranke Frau des Plantagenbesitzers Paul Holland pflegen. Jessica Holland leidet an einer seltsamen Krankheit, sie spricht nicht, reagiert kaum, schlafwandelt des Nachts durch das Anwesen und hat einen starren, leeren Blick. Möglicherweise leidet sie an einer Form von Tropenfiber, doch auch Insulinspritzen verbessern ihren Zustand kaum. Betsy gewöhnt sich nur schwer in die neue Umgebung ein, Trommeln der Eingeborenen wecken sie jede Nacht, seltsame Rituale bestimmen den Inselalltag. Kann es sein, das ein Voodoo-Fluch auf der armen, teilnahmslosen Jessica lastet?

 

Plantagenbesitzer Paul (Tom Conway) sorgt sich um seine schlafwandelnde Frau Jessica (Christine Gordon), bändelt aber auch mit Krankenschwester Betsy (Frances Dee) an.

So unternimmt Betsy eines Tages den Versuch, Jessica bei einem Voodoo-Priester vorzustellen, um ihren Zustand durch ein Ritual zu verbessern. Doch das gelingt mehr schlecht als Recht, Jessica wird von einer unsichtbaren Macht angezogen, die auch die anderen Bewohner der Plantage in Mitleidenschaft zieht. Pauls saufwütiger Halbbruder, der ebenso wie der Plantagenbesitzer ein Auge auf die fesche neue Krankenschwester Betsy geworfen hat, wird ebenso von einem unheilvollen Fluch befallen und öffnet der schlafwandelnden Jessica eines Nachts die Plantagenpforte. Unheilvolle Geschehnisse nehmen ihren Lauf.

 

I WALKED WITH A ZOMBIE ist neben WHITE ZOMBIE mit Bela Lugosi der Zombieklassiker schlechthin. Zu jener Zeit war der Zombiemythos noch stark mit haitianischen Voodoo verknüpft, die Zombies keine gehirnmampfenden Moderklumpen, sondern tragische Wesen zwischen Leben und Tod, die in Trance wandelten und die man mit kleinen Puppen gefügig machen konnte.

 

Richtige Voodoo-Zombiefilme sind relativ selten und I WALKED WITH A ZOMBIE ist mit Sicherheit der beste seiner Art. Schaurige Buschtrommeln, der starre Blick der Verfluchten, das unaufhaltsame Laufen, gezogen von einer unbekannten Macht, zwielichtige Priester und schaurige Rituale, I WALKED WITH A ZOMBIE kennt sein Genre und ist auch heute noch ziemlich unheimlich.

 

 

 

 

Wenn Betsy mit Jessica im Schlepptau nachts durch das Gebüsch der Insel schleicht, tote Katzen am Baum hängen, beide einem unheimlichen Schwarzen begegnen und vor einer Meute Einheimischer fliehen, fährt einem das sanfte Grauen durch Mark und Bein.

 

Edel ausgestattet und toll fotografiert, atmosphärische Schattenspiele und schaurige Musik machen den Film auch heute noch sehenswert. Die Spannungskurve steigt langsam, die ruhige Erzählweise schafft viel Stimmung und Gänsehaut, mit gerademal 68 Minuten ist I WALKED WITH A ZOMBIE unglaublich dicht, fesselnd und in seiner Art ziemlich einzigartig im dichtbesiedelten Horrordschungel.

 

 

 

Denn guten Voodoo-Zombiehorror gibt es im Genre nicht zu Hauf. ANGEL HEART aus dem Jahr 1987 spielt mit diesen Motiven, DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN ist vielleicht der beste moderne Voodooklassiker. Im Jahr 2001 erschien innerhalb der Kinospielfilmreihe zur TV-Serie TALES FROM THE CRYPT (RITTER DER DÄMONEN, BORDELLO OF BLOOD) mit DAS RITUAL – IM BANN DES BÖSEN ein Remake von I WALKED WITH A ZOMBIE, mit Dirty Dancing Star Jennifer Grey und Craig Sheffer in den Hauptrollen. der zwar ganz nett ist, dem Original aber bei Weitem nicht das Weihwasser reichen kann.

 

Zum Glück ist I WALKED WITH A ZOMBIE kein verschollenes Treibgut, in der Reihe ARTHOUSE RETROSPEKTIVE ist der Kultklassiker zumindest auf DVD erhältlich. Wer einen unheimlichen Horrorstreifen ohne Effekthascheier sucht, sollte sich den Film auf die Wunschliste packen.

 

Studiocanal (Arthaus Retrospektive)

 

  • unheimliche Atmosphäre
  • Schattenspiele
  • Frances Dee als Betsy
  • eifersüchtiger Bruderzwist
  • der Schwarze Zombie im Feld
  • Buschtrommeln
  • der gruselige Gitarrenspieler
  • teils banale Dialoge
  • Ende ein wenig abrupt

 

FAZIT:

Ein atmosphärisch dichter Horrorklassiker in schaurigem Tropensetting, Voodoo Priester, wandelnde Untote und düstere Schatten beängstigen noch heute.

 

I WALKED WITH A ZOMBIE, USA 1943, Regie: Jacques Tourneur, Buch: Curt Siodmak, Ardel Wray
Für Fans von DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN, WHITE ZOMBIE & WEIRD WOMAN

 

 

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de