HEATHERS

Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahren feierten einige Regisseure ihre größten Erfolge, Tim Burton, die Coen-Brothers, Robert Zemeckis oder Quentin Tarantino, alles Namen, die auch heute noch erfolgreich im Schaugeschäft tätig sind. Ein Name allerdings gehört nicht dazu, obwohl auch er ein ganz großer seiner Zunft hätte werden können – Michael Lehmann. Noch nie von Michael Lehmann gehört? Tja, wie das so ist in Hollywood, es braucht nur einen veritablen Flop und schon darf man nur noch ganz kleine Brötchen backen. Michael Lehmann gewann bereits mit seinem Spielfilmdebüt HEATHERS 1990 den Independent Spirit Award. Ein Jahr später drehte er mit MEET THE APPLEGATES eine ebenso bissige Satire, in der sich eine unbekannte Käferart als brave US-Familie tarnt, um ein Atomkraftwerk in die Luft zu sprengen.

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Am Zenit seines Erfolges angekommen vertraute man Lehmann ein Großprojekt mit Bruce Willis an, der als sichere Bank galt. Doch HUDSON HAWK wurde 1991 zum Debakel, floppte gigantisch und wurde mit Goldenen Himbeeren überhäuft – zu Unrecht, HUDSON HAWK ist ein absolutes Meisterwerk. Aber die große Karriere von Michael Lehmann schien damit besiegelt, die unterhaltsamen Filmchen AIRHEADS und LÜGEN HABEN LANGE BEINE konnten nicht mehr an die Erfolge von HEATHERS oder MEET THE APPLEGATES anschließen.

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2002 drehte er noch die Komödie 40 DAYS AND 40 NIGHTS mit Josh Hartnett, heute aber arbeitet Lehmann vorrangig fürs Fernsehen, für Serien wie TRUE BLOOD oder BETAS.

 

Immer mal wieder krame ich sein Regiedebüt aus dem Jahr 1988 aus dem Videoschrank hervor – HEATHERS mit Winona Ryder und Christian Slater. Der Film ist ein seltenes Relikt der späten Achtziger, der durch und durch den Flair früher Tim Burton Werke ausstrahlt, kein Wunder, wurde er doch von Denise Di Novi produziert, die später auch EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN, BATMANS RÜCKKEHR und NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS betreute. In einer Zeit, in der gerade die Highschool-Filmwelle von John Hughes auslief, war HEATHERS ein bissiger, schwarzer Bastard von Film, der auf Moral und Weichspüler pfiff und der auch heute noch frischer wirkt als so manche Komödie der 2000er.

 

 

Die Heathers & Veronica Sawyer – Föhnfrisurenterror 1988

An der US-amerikanischen Highschool Westerburg High regiert eine elitäre Mädchengruppe, die alle den Namen Heather tragen (Shannen Doherty, Lisanne Falk und Kim Walker). Unter den Heathers haben besonders die Schwachen, Übergewichtigen und Unangepassten zu leiden. Und irgendwo zwischen diesen Polen steht Veronica Sawyer (Winona Ryder), die von den Heathers irgendwie akzeptiert wird, deren Herz aber auch für die Opfer der rigiden Mädchengruppe schlägt.

 

So zwischen den Stühlen lernt Veronica den neuen Mitschüler Jason Dean kennen (Christian Slater), der das Highschool-Treiben um Zickereien, Schikanen und Machtspielchen eher teilnahmslos registriert. Beide freunden sich an, doch bald schon tun sich Abgründe in Deans Seele auf.

 

Christian Slater als James Dean Verschnitt Jason Dean

Veronica gerät ins soziale Abseits, weil sie nicht nach der Pfeife der Heathers tanzt. Nach einer üblen Mobaktion will Veronica Heather Nr. 1 einen Denkzettel verpassen. Mit Deans Hilfe braut sie einen “Anti-Kater-Trunk”, doch Dean vertauscht das Brechmittel mit Rohrreiniger und Heather Nr. 1 stirbt röchelnd in ihrem rosa Kinderzimmer. In der Not entwerfen Veronica und Jason einen Abschiedsbrief für Heather und ziehen so ihren Kopf aus der Schlinge. Fortan wird in der Highschool nur noch der Selbstmord diskutiert, während Heather Nr. 2 den Platz ihrer Vorgängerin einnimmt.

 

Doch ein (Selbst)mord kommt selten allein. Veronica will sich wegen übler Nachrede an zwei Footballhelden der Schule rächen, wieder überspannt Jason den Bogen, erschießt die Kraftprotze und lässt es abermals wie einen verzweifelten Doppelselbstmord aussehen, in dem er die Lieblinge der Highschool als schwules Pärchen outet. An der Westerburg High geht derweil Panik um, die Selbstmorde sind Gesprächsthema Nummer Eins. Doch Veronica bekommt alsbald Skrupel, denn obwohl sie auf Jason abfährt, ahnt sie, dass er zu allem bereit zu sein scheint.

 

Das Selbstmordspektakel an der Westerburg High nimmt groteske Züge an.

Als sie sich Jason entziehen will, droht er sie ebenfalls über die Klinge springen zu lassen. Aber Veronica ist schlau und schlägt Jason mit seinen eigenen Waffen. Sie täuscht ihren eigenen Selbstmord vor und erfährt so, dass Jason plan, die ganze Schule in die Luft zu sprengen, als kollektiven Akt der Selbsttötung verzweifelter Highschool-Kids. Was Veronica natürlich tunlichst verhindern will.

 

HEATHERS fällt in dem Sinn aus dem Rahmen, weil er eigentlich nichts mit den zuckersüßen und moralinsauren Highschool-Filmchen der 80er am Hut hat. HEATHERS ist richtig böse und dabei ungemein unterhaltsam. Veronica und Jason sind echte Rebellen und mit den damaligen Shootingstars Ryder und Slater bestens besetzt. Die Figur Veronica hadert zwischen Anerkennung, Selbstständigkeit und Mitgefühl, eine tolle Figur und grandios von Winona Ryder gespielt. Wirkt Anfangs alles noch wie ein böser Scherz, wird das Selbstmordtreiben an der Highschool von Mord zu Mord brisanter. Das Drehbuch kann für diese Zeit durchaus als ziemlich mutig bezeichnet werden.

 

 

Das Ende von HEATHERS geriet den Machern wohl ein wenig zu kontrovers.

 

Bis auf den Schluss, dort war es Lehmann und Di Novi wohl ein wenig zu derb und sie verpassten dem Film ein eher abtörnendes Happy End. Trotzdem wirkt HEATHERS auch heute noch frisch und unangepasst. Das liegt auch an den vielen kleinen Ideen von Kühe schubsen über Zigarettenanzünder-Brandings bis zum Finale mittels Sprengstoffgürtel. Dabei strahlt der Film in jeder Pore eine subversive BEETLEJUICE-Atmosphäre aus, Glenn Shadix ist dabei und es gibt eine bizarre Trauerfeier, die Tim Burton genauso hätte inszenieren können.

 

 

 

 

Sicher nagt doch ein wenig der Zahn der Zeit an der schwarzen Komödie, für das Jahr 1988 aber war das blutige Treiben an der Highschool bemerkenswert ungezügelt, die VHS in Deutschland meines Wissens nach sogar mit rotem 18er Siegel versehen. HEATHERS besitzt heute Kultstatus und das mit Recht. Lange Zeit gab es den Film nicht auf DVD, mittlerweile vertreibt Savoy Film eine ungeschnittene FSK 16 Fassung. Wer auf Highschool-Filme in 80er Jahre Optik, schwarzhumorige Satire ohne Skrupel und zwei gut aufgelegte Stars der frühen Neunziger steht, kommt um HEATHERS nicht herum.

 

Savoy Film / Intergroove & VOD

 

  • Bitterböse Satire
  • Winona Ryder
  • Winona Ryders Garderobe
  • Christian Slater
  • Küheschubsen
  • Die Trauerfeier
  • Glenn Shadix als Priester
  • bisschen feiges Ende
  • Deutsche Synchro schauderlich

 

FAZIT:

Der wohl hundsgemeinste Highschoolfilm der späten Achtziger Jahre. Witzig, derb, blutig und mit zwei gut aufgelegten Jungstars besetzt.

 

HEATHERS, USA 1988, Regie: Michael Lehmann, Buch: Daniel Waters
Für Fans von BEETLEJUICE, THE BREAKFAST CLUB & TRUE ROMANCE

 

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