Die Halloween Horrorfilmnacht

“Leichen pflastern unseren Weg, Schrecken ist hier Privileg. Ob in Wien oder in Berlin, nichts ist schöner als Halloween!” trillern, tröten und krakeelen die Bewohner aus Halloweentown in TIM BURTONS NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS, als sie dem kitschverkleistersten Konkurrenzfeiertag Weihnachten den Kampf ansagen. Richtig so! Weihnachten nervt! Halloween hingegen ist mir grundsätzlich sympathisch, ein lustiger Tag fürwahr, an dem kleine Kinder mit Messern und Äxten im Schädel minütlich HARTZ 4 Empfänger aus ihren Sesseln klingeln, bis diese Amok laufen, Nötigung oder Erpressung nicht gefahndet und geahndet wird (“Wir sind kleine Geister, essen gerne Kleister, wenn Sie uns nichts geben, bleiben wir hier kleben!”) und am Ende dann noch´n Kürbis aus der Hosentasche geholt und mittels Kartoffelschäler eine Fratze des Schreckens schnitzen. Hab ich mal gemacht, Riesensauerei!

 

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Halloween hat in Deutschland erst eine kurze Tradition und viele Dinge, die man so kennt, sind meist Klischees oder Aufgeschnapptes aus Filmen, mehr noch der Werbeindustrie. Verkleiden sich tatsächlich Büroangestellte als Vampire oder Messerstecher und feiern Halloweenpartys? Keine Ahnung, ich bleibe an Halloween immer zuhause. Ziehen in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November wirklich Kinderhorden durch die hiesige Straßen? Definitiv, aber ich lass sie einfach klingeln. Doch das, was man heute Fasching oder Karneval nennt, also Tage der Arbeitsniederlegung, um sich Äppelwoi und Kamelle hinter die Knorpeln zu kippen, hatte in meiner Kindheit wesentlich mehr vom Halloweenfest.

 

 

An Faschingsdienstagen sind wir verkleidet durchs Neubauviertel gezogen, um andere abzuziehen. “Süßes oder es gibt Saures!” kannten wir damals nicht, das hieß: “Ich bin der kleine König, gebt mir nicht zu wenig,…” (man muss sich das in thüringischem Dialekt vorstellen). Zwar gab es wesentlich mehr Cowboys, Indianer und Prinzessinnen als Gespenster, Zombies und Vampire, aber insgesamt fühlte sich Fasching eher so an, wie Halloween heute proklamiert wird.

 

Etwas, das an Halloween immer geht, sind Horrorfilme. Im Oktober des Jahres 2013 erschienen ja, wie bereits erwähnt, recht viele gute Genresachen. Wenn man die allerdings bis zum 31. Oktober alle konsumiert hat, was dann? Doch auf so ´ne blöde Halloweenparty gehen? Das muss nicht sein! Traumfalter Filmwerkstatt verrät, wie man sich selbst oder mit Freunden einer zünftigen Horrornacht hingeben kann, mit Tipps aus dem Horrorfilmgiftschrank, den Neuheiten aus hiesigen Videotheken und sogar dem Fernsehprogramm (was für einige ja auch so reiner Horror ist).

 

Can’t Get You Out Of My Pumpkinhead

Im Netz gibt es unzählige Tipps für einen guten Horrorfilmabend, nur ist das Jahr für Jahr die gleiche Choose: SCREAM, SAW, PARANORMAL ACTIVITY. Alles schön und gut, aber wenn schon, denn schon, wie wäre es mal mit Horrorfilmen, die einen echten Halloweenbezug haben? So viele sind das nämlich gar nicht.

 

Natürlich fällt dem geschulten Genrekenner sogleich die HALLOWEEN-Reihe ein, die es seit 1978 auf stattliche 10 Filme gebracht hat. John Carpenters HALLOWEEN begründete nicht nur das Slashergenre, die Figur Michael Myers gehört neben Freddy Krüger, Jason Vorhees und Leatherface zu den absoluten Ikonen der Horrorfilmgeschichte. Man macht auch nichts falsch daran, sich den Klassiker von 1978 ins Filmprogramm zu holen, der Streifen schafft es immer noch, dass man sich vor Spannung die Fingernägel bis zum Ellenbogen abknabbert. Doch wenn man HALLOWEEN – DIE NACHT DES GRAUENS schon längst überdrüssig ist, welche der anderen neun Filme sind denn noch empfehlenswert?

 

Wenn HALLOWEEN klassisch auf dem Programm stehen soll, dann definitiv in einem Doublefeature mit Teil 2 von 1981, der für mich dem Erstling in nichts nachsteht und eine echte Fortsetzung ist. Während HALLOWEEN 3 nicht wirklich was mit der Reihe zu tun hat (es gibt keinen Michael Myers in Teil 3), kann ich bis heute die Teile 4 und 5 nur schwer auseinanderhalten. Hängen geblieben ist mir Teil 6 DER FLUCH DES MICHAEL MYERS wegen des phantastischen Soundtracks.

 

HALLOWEEN H20 (1998) spielt in der Tat 20 Jahre nach dem Erstling, wartet wieder mit Jamie Lee Curtis in der Hauptrolle auf und ist einer der Highlights des Neunziger Jahre Teeniehorror-Booms, allein schon wegen den Speckbäckchen Josh Hartnett, Michelle Williams und Joseph Gordon-Levitt – H20 ist einer meiner Lieblings-HALLOWEEN-Filme. Tja, und dann gibt es noch die Verfilmungen von Rob Zombie, die ja nicht selten verrissen wurden. Ich selber bin auch kein großer Fan der Zombie-Remakes, trotzdem haben auch die Verfilmungen tolle Momente, allen voran die Szenen, in denen “Love hurts” von Nazareth erklingt. Und ich finde Scout Taylor-Compton als Laurie Strode einfach fantastisch. Punkt. Was hab ich jetzt gleich nochmal empfohlen? Ach ja, Doublefeature mit Teil 1 und 2 und H20! Den Achten kann man sich meines Erachtens schenken (…und ich mir wohl eine HALLOWEEN Genrefibel Folge, hehe).

 

Filme, in denen Halloween thematisiert wird, sind selten. Schon jetzt ist TRICK ´R TREAT von 2007 ein kleiner Klassiker des geschickt verwobenen Episodenhorrorfilms, überraschend, blutig, witzig. Cool finde ich auch die PUMPKINHEAD-Filme, von denen es mittlerweile vier Teile gibt. Jene und andere Halloween-Filme gibts hier in der Übersicht, und nicht alles ist blutiges Zeug. HOCUS POCUS und CASPER machen auch großen Spaß und haben dieses gewisse Halloween-Feeling.

 

Die TV-Tipps zum Schlachtfest

Die TREEHOUSE OF HORROR-Folgen der Kultserie THE SIMPSONS gehören zu Halloween wie die Nägel auf Pinheads Kugelkopf. In diesem Jahr kommen auf Pro7 die Folgen TODESGRÜßE AUS SPRINGFIELD, 4 ENTHAUPTUNGEN UND EIN TODESFALL , KRIEG DER WELTEN und NACH HAUSE TELEFONIEREN, allerdings erst am 1. November ab 17:05 Uhr. Warum am 31. Oktober keine Halloween-Folgen laufen, weiß der Geier. Die TREEHOUSE OF HORROR Specials gibt es aber auch auf DVD. In diesem Jahr absolut fantastisch: das Halloween-Intro von Guillermo del Toro!

 

 

 

 

Ansonsten kann man sich auch gern etwas Horror vom Fernsehbuffet holen, wenn es an Alternativen mangelt. Damit meine ich nicht THE VOICE OF GERMANY! Neben einem THE WALKING DEAD Marathon auf rtl2 gibt es noch weitere Highlights im TV. Zum einen DONNIE DARKO (3sat, 22:25 Uhr) mit Jake Gyllenhaal und Patrick Swayze.

 

Auf arte läuft um Punkt 0:00 Uhr das Vampirhorror-Melodram THIRST von Park Chan-wook (OLD BOY) und im Anschluss SHADOW OF THE VAMPIRE über die Dreharbeiten von NOSFERATU mit John Malkovich als F.W. Murnau. Ich persönlich empfehle aber vor allem den Westdeutschen Rundfunk, der um 23:15 Uhr das schwedische Horrordrama SO FINSTER DIE NACHT ausstrahlt, wohl einer der besten Vampirfilme der letzten 20 Jahre!

 

Rezept für Pistazienpudding á la BAD TASTE mit Glubschaugen

badtasteWenn´s ordentlich kracht, der Klingen-Kevin ein Stück Formfleischvorderschinken tranchiert und die Blutsuppe tüchtig umgerührt wird, bekommt der Horrorfilmfreund schon mal Hunger. Ein traditionelles Halloweengericht ist Hirn aus Hack, nee…Kürbissuppe. Da die aber nur eine Person zubereiten kann, dass es auch mir schmeckt (und zwar der Bruder von Rio Reiser, kein Witz!), kommt mir das Zeug anderweitig nicht auf den Tisch. Klingelnde Kinder wollen auch immer was, die Reste der Weihnachts- und Osterschokolade landet in  Lidltüten, am Ende ist der Fressschrank leer.

 

Was tun? Nach dem überwältigenden Erfolg meiner Erdnusspli-Waffeln suche ich neue, kulinarische Herausforderungen und möchte ein Rezept nachkochen, welches mir Peter Jackson persönlich in einer Flaschenpost hochgeladen hat: Schleimsuppe á la BAD TASTE. Das ganze soll ungefähr so aussehen wie hier im Bild.

 

Dann wird mir das aber zu heiß und ich variiere das Rezept. Für eine echte BAD TASTE Suppe reicht es ja, Cornflakes unter irgendeinen Kleister zu rühren, aber Cornflakes sind mir irgendwie nicht krass genug. Da müssen Kürperexremitäten rein, zum Beispiel Glubschaugen. Doch der Reihe nach. Basis des Gemenges ist eine grüne Pampe. Ich habe viel probiert, Pesto, Erbspüree, Sporen, Grünspan, Schimmelpilze, alles Mist! Dann die Erleuchtung, Pistazienpudding! Der ist selten, aber im Kaufland gibt es eine Variante der Firma KOMET – die schmeckt grauenhaft chemisch und bah, aber immer noch besser als Peter Jacksons Originalrezept.

 

Den Pudding also in der Tradition märkischer Puddingstampfer zubereiten und in eine Schüssel kippen. Nun zu den Glubschaugen. Bestens geeignet dafür sind Litschie, das sind die komischen Früchte, die es im Chinarestaurant als Nachtisch gibt und wo jeder sagt: “Litschies!”. Eingelegt und entsteint sind sie hier roher Ware vorzuziehen. Sie bilden die Basis in Form von Augäpfeln, die mit Blaubeer- oder Kirschpupillen modifiziert werden – doing da Herbert West Style! Kirschsoße rundet die Optik tröpfchenweise ab und fertig ist die Pampe. Und soll ich euch was sagen? Es schmeckte füüürchterlich! Aber so soll das sein!

Der Horror-Marathon kann beginnen

Nach dem Essen kann man sich dann mit dem Programm für die lange Horrornacht beschäftigen. Material dürfte genug vorhanden sein. Logisch, dass im Zuge der Kommerzialisierung des Halloweenfestes auch Kinofilme und Verleihneuheiten extra bis Oktober aufgehoben werden. Das Highlight in den Staaten ist mit Sicherheit das Remake von CARRIE, auf das der deutsche Zuschauer noch bis Dezember harren muss. Starteten in den letzten Jahren die großen Franchise ihre neusten Ableger (SAW & PARANORMAL ACTIVITY), läuft in Deutschland der neue James Wan Film INSIDIOUS 2 und eine Woche nach Halloween der Fantasy Filmfest Abschlussfilm YOU´RE NEXT an. Mehr Auswahl bietet da das Verleihprogramm der Videotheken. Bis zum heutigen Tage müssten alle relevanten Neuheiten erschienen sein, der neue CHUCKY-Teil, Hideo Nakata`s THE COMPLEX oder CITADEL würden ganz gut in eine lange Horrorfilmnacht passen.

 

Was aber könnte schöner sein, als ein richtiger Horrorfilm-Marathon zu Halloween. Ich habe mal im Archiv gegraben und sechs Filmchen ausgebuddelt, die sich für ein solches Vorhaben wirklich lohnen. Bisschen Zeit muss man schon einplanen, so ein Marathon geht lang, im Falle meiner Empfehlungen stolze 517 Minuten oder 8,5 Stunden. Aber was ist das schon? Fängt man 18:00 Uhr an, ist man mit Discwechsel und Pistazienpuddingverzehr gegen 3:00 Uhr fertig. Aber fix und fertig!

 

Zum Einstieg empfehle ich FRANKENWEENIE von Tim Burton, bestenfalls in 3D. THE COTTAGE ist eine witzige Horrorkomödie, die am Ende zu einem waschechten Slasher mutiert und in der Andy Serkis auch ohne Motion-Capturing-Verfahren überzeugt. Ebenfalls eine Horrorperle ist RITTER DER DÄMONEN, eine Episode der Serie TALES FROM THE CRYPT in Spielfilmlänge.

 

In der zweiten Hälfte der Nacht darf es dann etwas robuster werden. Schön schaurig und mit hohem “Zusammenzuckfaktor ” kommt der spanische Streifen SHIVER daher, der britische Slasherverschnitt THE LOVED ONES lebt vor allem von der völlig durchgeknallten Hauptdarstellerin Robin McLeavy. Als Abschluss dann ein echter Klassiker, Fulci´s Zombiemär THE BEYOND rundet die Horrorfilmnacht dann schön moderig ab. Wer meint, sechs Horrorfilme an einem Abend zu kucken wäre hirnverbrannt, kann sich auch Auszügen des Marathons hingeben. Nur auf eine Medaille kann er dabei nicht hoffen.

 

Wer dann immer noch nach Splatter und Gore lechzt, dem kann ich auch nicht weiterhelfen. Sei´s drum, ich hoffe, mit diesem Füllhorn an Anregungen konnte ich dem Genrefan da Draußen ein paar Tipps für einen deftigen Halloween-Horrorfilmabend geben.

 

Alternativ kann man aber auch draußen kleine Kinder erschrecken, Süßigkeiten abziehen oder maskiert an einer Tür klingeln und einfach stumm davor stehenbleiben, so jemand öffnet. Kommt bestimmt gut. Bis dahin, eine schöne Nacht des Schreckens wünscht Traumfalter Filmwerkstatt.

 

 

One Comment

  1. Antworten

    […] ist wieder Halloween, nicht mal ein Jahr ist vergangen und nun ist schon wieder eins. Das wievielte ist das jetzt eigentlich? Interessiert das überhaupt […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de