Frikadelle am Ohr
Script Development XIV: Gute & schlechte Dialoge

In der letzten Folge script development ging es gebackene Bohnen mit Speck. Es ging auch mal um das Verhältnis einer 180 Minuten VHS-Leerkassette zur Evolution des Neunzigminüters, um Figurenentwicklung mit Marzipanrohmasse und die Verwendung von ABBA-Songs im Drehbuch. Bloß nicht zu unkonkret werden! Kann sein, dass es den Eindruck hinterlässt, um den heißen Hirsebrei herumzureden. So habe ich mich lang geweigert, mal über ein Thema zu schreiben, welches wirklich von dramaturgischer Bedeutung ist – zum Beispiel über Drehbuchdialoge. Aber so wie ich mich kenne, wird das dieses mal auch wieder nix.

 

Es gibt Drehbuchtheorie und es gibt die Praxis. Es gibt unzählige Bücher, dramaturgische Leitfäden, die Drehbuchelemente aufdröseln, Schnittmuster freilegen und einem beibringen, wie man Haken und Ösen schlagen kann. Klingt bisschen nach fakultativ Nadelunterricht, wahrscheinlich spricht man in diesem Zusammenhang auch von Dialogen stricken, ich weiß es nicht. Wie dem auch sei, sie haben alle Recht. Alles, was da steht in den Büchern, stimmt. Dialoge haben Funktionen, übermitteln Informationen, Fakten, Emotionen, Widersprüche, sollen realistisch sein, stilistisch, jede Figur hat eine andere Sprache, eine andere Sprachmotivation, man muss sich viele Gedanken machen, gleichzeitig soll man aber auch sparsam mit Dialogen umgehen, denn Film folgt visuellen Gesetzen. Ein Bild ist tausend Worte wert. Show, don´t tell! Noch ´n Aal und noch ´n Aal!

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Soweit, so gut. Nur stimmt es auch, solche Erkenntnisse nützen einem alles und nichts, wenn man selbst vor seinem Script hockt. Denn im Bereich Dialoge im Film wird später häufig mit einfachen Schlagwörtern argumentiert: gut, schlecht, brillant, langweilig. Zumindest von Konsumentenseite. Da diese Seite beim Stoffentwicklungsprozess aber irgendwie schon von Bedeutung ist, schauen wir uns das mal genauer an. Denn beim Thema Dialoge gibt es trotz vieler guter Ratschläge noch immer offene Fragen, Irrungen, Wirrungen und Fehleinschätzungen.

 

 

“Gutes Gespräch, Dad!”

 

Was sind denn gute Dialoge? Wenn man welche schreiben will, sollte man sich danach erkundigen. Im Netz findet man nicht nur Ranglisten von guten Filmdialogen, nein, man findet sogar die Besten, besser noch: die Coolsten. Das sind manchmal schlichte Sätze wie “Ich bin dein Vater!”. Das sind aber auch ausufernde Verbalgewitter wie in PULP FICTION, in denen man sich genüsslich über das Thema Royal mit Cheese auslässt. Zweifelsohne sind das Glanzstunden der Kinokonversation, Dialoge wie “Ich liebe Dich!” – “Ich weiß!” oder “Das ist blaues Licht.” – “Und was macht es?” – “Es leuchtet blau!”, und nicht selten werden diese Zeilen Zitate.

 

 

BLUES BROTHERS (1980), Drehbuch: Dan Aykryod, John Landis

 

Der Otto-Normal-Zuschauer versteht unter einem guten Drehbuch eine gute Geschichte und dann gute Dialoge. Dass im Drehbuch wesentlich mehr Enterhaken stecken, bekommt er meist nur indirekt mit, und das ist auch gut so, denn die besten dramaturgischen Kniffe sind die, die man gar nicht bewusst mitkriegt.

 

Den Dialog aber bekommt man sehr bewusst mit. Seltsam ist allerdings, wenn man einfach so aus dem Stegreif nach einem Film mit guten Dialogen fragt, die Antwort oft schwer fällt, ausgenommen die weltbekannten Zitate. Mal ehrlich, diese Beispiele, von Tarantino über Jarmusch, Anderson und die Coen-Brothers, so genial sie geschrieben sind, für das, was Dialog im Film vermag, erfüllen sie nur nebensächliche Funktionen.

 

Viele der beliebtesten Filmdialoge sind witzig, geistreich, ironisch, wortgewand, verblüffend direkt, verquert oder herrlich deftig. Sind gute Dialoge also genau das? Andererseits, was ist rein vom Satz her am Ausspruch: “Ich bin dein Vater!” so besonders, wenn man den Kontext weglässt. Nicht vergessen darf man zudem, das die beliebtesten Filmdialoge auch deshalb in die Geschichte eingegangen sind, weil sie von großartigen Mimen gesprochen wurden. Auch die Art und Weise des Spiels und der Artikulation haben diese Dialoge geprägt. Würde man sie als solche auch erkennen, wenn man sie auf einem weißen Blatt Papier lesen würde?

 

Denn genau darum geht es im Stoffentwicklungsprozess und der Bewertung von Drehbüchern, wie kriegt man das selbst hin, gute Dialoge zu schreiben. Wie gesagt, man sollte das Wort “gut” hinterfragen, es ist viel zu schwammig. Die Dialoge in PULP FICTION sind nicht einfach gut, es bedarf mehr Adjektive, um sie zu beschreiben. So hat jeder Dialog unterschiedlichste Funktionen, von denen gibt es mehr als nur “witzig” oder “klug”.

 

 

Panik zwischen Gänsefüßchen

 

Gute Dialoge sind in erster Linie funktionale Dialoge. Funktionale Dialoge sind solche, die nicht die Ranglisten anführen, aber wesentlich wichtiger sind für das Gerüst. Es sind meist schlichte, wahrhaftige Dialoge, sie sind die, die man vor sich liegen hat, bevor man sie anzweifelt. Denn dieser Wahrhaftigkeit steht oft das Ego im Weg, es doch nicht so schlicht und einfach zu gestalten.

 

 

PULP FICTION (1994), Drehbuch: Quentin Tarantino, Roger Avary

 

Was für eine Erkenntnis! Jetzt muss kein Drehbuchautor mehr vor dem leeren Blatt Papier sitzen und Panik zwischen den Gänsefüßchen bekommen…was Quatsch ist, im Drehbuch gibt es keine Gänsefüßchen, aber ich fand den Zwischentitel so schön. In so vielen Fällen, wo man Dialoge in einem Drehbuch tonal als nicht gut beklagt, müsste man ihnen im gleichem Maße funktional Anerkennung zollen. Denn auch im ironiebefreitesten Dialog kann Funktionalität herrschen und tut es auch. Kein Drehbuch funktioniert als Aneinanderreihung von Tarantino-Zitaten. Einfacher wird die Sache, wenn man sich den Unbegriff “Schlechte Dialoge” vorknöpft. Denn erstens gibt es keine schlechten Dialoge, es gibt nur schlechte Szenen, schlechte Figurenanlagen und schlechtes Storytelling. Und zweitens, wenn die Dialoge aus PULP FICTION und Konsorten als Beispiele für “Gute Dialoge” genommen werden, heißt das dann, alle anderen Dialoge im Film sind “schlecht”?

 

Neuer Absatz, gleiche Erkenntnis: Gute Dialoge sind in erster Linie funktionale Dialoge. Vor allem im Genrefilm und um das geht es doch hier, oder? Der Genrefilm ist ja so ein Windhund, er schlüpft durch alle Konventionen hindurch und macht sein eigenes Ding, aber leider, leider: beim Thema Dialog muss er sich an die Spielregeln halten. Aber diese Spielregeln sind beim Genrefilm etwas leichter zu begreifen, was für ein Glück. Denn Funktionale Dialoge sind teilweise eine echte Pflicht im Genrefilmdrehbuch.

 

Storylastige Genres wie Fantasy, History, Politik, klar, das dort mehr Information weitergegeben werden müssen. Das kann durch vieles passieren, man sagt immer “Erzähle in Bildern”, das ist auch richtig, aber würde so die Informationsweitergabe in GAME OF THRONES funktionieren? Oder in einem Gerichtsthriller? In der Science-Fiction geht es oft um Debatten, um Moral, Maschinen, die Menschen werden wollen, damit sie endlich mitreden können. Bei Horrorfilm ist es schwieriger, denn er bezieht sein Potential weniger aus der Story als aus dem Effekt, der Wirkung. Das Ziel ist Spannung, und wo Spannung herrscht, wird meist nicht gelabert.

 

 

Verbale Diarrhoe

 

Natürlich geht Handlung voran, aber irgendwann wird man sich den Dialogen stellen müssen, den Funktionalen und den Stilistischen. Horrorfilme werden ja gern kritisiert und oft hört man im Zusammenhang mit Horrorfilmen von diesen “schlechten Dialogen”. Aber das ist so nicht ganz richtig. Die meisten Dialoge in Horrorfilmen, auch die, die ganz klassisch gestrickt sind, funktionieren in dem, was sie übertragen. “Hier sind wir nicht sicher!”, “Wir teilen uns besser auf!”, “Runter auf den Boden!”, “Sei Vorsichtig!” – damit wird man vielleicht keine Drehbuch-OSCARS gewinnen, aber damit kann man dennoch großartgie Drehbücher schreiben. Das Problem ist eher, dass mit Dialogen im Genrefilm wie mit anderen dramaturgischen Hilfsmitteln umgegangen wird. Heißt, bestimmte Dialoge, auch wenn man sie noch so oft gehört hat, werden wieder und wieder an die gleichen Stellen geparkt. Das führt dazu, dass man manche Horrorfilme vom Dialog her kaum auseinanderhalten kann. Aber auch in anderen Genres wird viel “…zum Wohle der Menschheit…” getan, es wird gesagt: “Lasst mich zurück!”, “Wir wollen doch nicht, dass deiner entzückenden Frau etwas zustößt!” oder “Wenn du sie anrührst, schwöre ich, ich bring Dich um!”

 

Für sich genommen sind das starke Sätze, dass sie wieder und wieder benutzt wurden, macht sie jedoch auch zu Klischees. Nur gehören Klischees zum Genrefilm dazu. Und ein Genrefilm wird, vom Beispiel Horrorfilm mal abgesehen, selten für seine Dialoge kritisiert. Weil sie eben in vielen Fällen funktional sind und das tun, was sie sollen. In der Rezeption von Genrefilmdialogen geht man meist nicht so streng um als wenn man sie in einem Drehbuch bewerten muss.

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Deswegen sind die ersten Drehbuchfassungen, in denen noch roh und schlicht mit Dialog umgegangen wird, meist gar nicht so verkehrt. Das Problem beim Schreiben ist auch weniger der Dialog selbst als seine Platzierung, Zentrierung und seine Verzichtbarkeit. Im Grunde ist vieles, was man beim Dialogeschreiben falsch macht, eine Frage der Reihenfolge. Man will gleich die perfekten Sätze setzen, schließlich hat man dafür die ganze schieß Charakterarbeit gemacht, recherchiert wie der Teufel, Dialekte gelernt. Wenn man bei einem Drehbuch kritisiert, die Handlung kommt schleppend voran, dann ist das oft so, dass es weniger funktionale Dialoge und zu viel Tonalität gibt.

 

Funktionalität ist das Gerüst und die Pflicht, Tonalität die Kür. Wenn man Dialoge benutzt, um die Handlung voranzutreiben, weil kein anderes Mittel hilft, dann sollte man das sehr zielgerichtet und klar machen. Streng genommen lebt der Genrefilm auch von dieser harten Linie. Phrasen gehören zum Geschäft. Man versucht oft, ein schlichtes Drehbuch über den Dialog zu retten. Das klappt selten. Eine andere Frage, die sich diesbezüglich stellt ist, ob zu viel Dialog generell schlecht ist.

 

 

Dialogverzicht ist Konfliktverschleppung

 

Natürlich finde auch ich ein Erzählen in Bildern spannender. Aber ich will auch hören, wie Menschen sich widersprechen, wie sie sich rauswinden, wie sie lügen und stammeln und stottern und um den heißen Brei herumlavieren, wie sie große Worte schwingen, um Vergebung betteln, sich zutexten und speichellecken. Das passt mal mehr, mal weniger. Eddie Murphy darf mich zulabern, es ist (oder besser war) sein Markenzeichen. Die Leute mochten ihn, dieses Plappermaul. Die Leute lieben auch die GILMORE GIRLS, was mir wiederum schwer fällt, weil sie reden und sie reden und sie reden und sie reden und sie reden und sie reden mir was vor, und weil sie reden weil sie reden weil sie reden weil sie reden wächst mir ´ne Frikadelle am Ohr.

 

Ein gutes Mittel, um Dialoge im Drehbuch zu vermeiden?

Ich finde viel Dialog nicht per se ungünstig oder unprofessionell. Natürlich kommt es auch auf den Kontext an. Auch stell ich mir ganz spannend vor, einen Film direkt mit einem Dialog zu beginnen, was erstmal seltsam klingt. Aber ein Wortgefecht kann, wenn es gut fokussiert ist, fesselnder wirken als eine Landschaftsaufnahme. Viel kritischer sehe ich, wenn wenig bis gar kein Dialog zum Mantra erklärt wird. Hier muss ich biestig werden.

 

Denn das führt vor allem in deutschen Filmwerken zu einer elendigen Matschepamperei, wo man sich stundenlang anschweigt oder Wortfetzen haucht. Weil man nicht gleichermaßen so konsequent mit Bildern arbeitet.

 

 

Manchmal artet Dialogverzicht zum reinen Selbstzweck aus. Und Dialogfeindlichkeit führt häufig auch zu Konfliktvermeidung oder zumindest zu Konfliktverschleppung. Der Trend im TV ist ohnehin ein ganz anderer. Die Serienrevolution hat es angezettelt, Comedy funktioniert im TV wie im Kino auch über den Dialog, Dialog ist wichtig und gut. Dialog ist auch im Drehbuch nie das entscheidende Problem. Also Schluss mit dem Einteilen in Gut und Schlecht. Wichtiger ist die Frage, wie man die Kür am besten meistert. Wie kommt man da hin, wo die großen Dialogzitate stehen?

 

 

Auf der Suche nach dem goldenen Dialog

 

Genrefilmer machen das genau richtig. Sie schauen Filme. Denn wo kann man Filmsprache, ob nun visuell oder wörtlich am besten verstehen lernen? Das ist schon mal die halbe Miete. Denn dann weiß man im besten Fall, wie man funktionale Dialoge schreibt. Damit kann man definitiv zwei bis drei TERMINATOR-Filme schreiben. Ich meine das nicht abwertend. Viele großartige Genrefilme haben ganz schlichte Dialoge, funktionieren aber hervorragend. Nur ist Funktionalität halt nicht alles, Figuren brauchen Leben, Subtext braucht Leben und das geht nur über Charakterisierung und Tonalität. Man kann sich eine Tonalität irgendwo abkucken – dutzende Tarantino-Klonfilme funktionieren über die Dialogschiene. Aber wenn man wirklich eine eigene Tonalität aufbauen will, wenn man mit Dialogen etwas wirklich Neues schaffen will, muss man wieder den Blick weg vom Film wagen.

 

 

THE LIFE AQUATIC OF STEVE ZISSOU (2004) Drehbuch: Wes Anderson, Noah Baumbach

 

Das führt zu der Frage, woher die Inspiration zu Dialogen kommt, andere Filmdialoge ausgeklammert. Ist es das berühmte In-der-Kneipe-sitzen-und-die-Leute-belauschen-Ding? (Wie auch immer einem das bei einem Endzeitschocker helfen soll?) Aber falsch ist das gar nicht, ich liebe beispielweise die frühen Hörspiele von Helge Schneider, Tropfsteinhöhle und solches Zeug.

 

Die sind allesamt über Dialog realisiert und Helge hat darin seine Umwelt wunderbar komprimiert und etwas Einzigartiges erschaffen. Vorlage dafür war sein sogenanntes “Eduschostudium”, er stand bei Eduscho und atmete sinnlose Thekengespräche ein, die er später in Phrasen zu kleinen Geschichten umtopfte. Für das Finden andersartiger Tonalitäten kann sowas hilfreich sein.

 

 

 

 

Ansonsten sind Dialoge schwierige Angelegenheiten für Stoffentwickler und Autoren. Man kann sie nicht auf Vorrat schreiben wie man Anekdoten für Geschichten sammelt oder Figurennamen. Man kann Dialoge in Sachen Authentizität auch schlecht testen. Stell mal vor, man will wissen, wie jemand auf eine ausbrechende Zombieapokalypse reagiert, rüttelt deshalb den Mitbewohner aus dem Bett und schreit die ganze Zeit: “Zombies! Überall Zombies!” Und dann die verbale Reaktion aufschreiben. Kann man mal machen, aber nicht immer. Man kann im Bestfall nur einen Nährboden für Dialogarbeit und Figurensprache heranzüchten, auch wenn man das nicht konkret für ein Projekt verwenden kann. Was ich auch gerne schaue, um beim Thema Helge zu bleiben, sind seine Interviews für dctp mit Alexander Kluge. Das sind skurrile Fantasiefiguren, die totalen Stuss erzählen, aber das so überzeugend, dass mich das schon des Öfteren zu Dialogen inspiriert hat.

 

Inspirationen für Dialoge kann man für gewöhnlich nur in Dialogen finden. Zum Beispiel in Videospiel-Let´s-Plays auf youtube, am besten, wenn dort zwei Gamer im Ko-op unterwegs sind, noch besser, wenn sie unterschiedlichen Geschlechts sind. Da gibt’s viel harten Stoff. Man kann dort lernen, dass man “wtf” (also we-teh-eff) oder “lol” nicht nur schreiben, sondern auch sagen kann. Auch Fluchen kann man prima studieren. Das Besondere an solchen Let´s-Plays ist, man sieht den Youtuber nicht, man hört nur sein Gefasel, was Figuren im Kopf entstehen lässt. Auch Kommentare in Foren, die zu geschriebenen Endlosdialogen werden, können einem viel über das Thema Argumentation, Engstirnigkeit, Überzeugungskraft oder verbale Fettnäpfchen beibringen, und das am lebenden Objekt Mensch! Irre, oder? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um sich für die Tonalität eines Dialogs inspirieren zu lassen. Man muss nur wieder mal lernen, vierdimensional zu denken.

 

 

Zwiegespräch

 

Filmdialoge sind seltsame Geschöpfe. Beim Schreiben fallen sie einem immer wieder in den Rücken. Dabei bin ich selbst oft in die Falle getappt, denn auch mein Mantra ist, je besser das ausgearbeitete Treatment, desto einfacher die erste Drehbuchfassung. Das mag ja auch stimmen, in vielen Punkten, aber eben nicht bei Dialogen. Denn wo im Treatment handlungstreibende Elemente visuell verpackt sind (im besten Fall), so findet man sich in der ersten Szene mit Dialog als Sklave des gesprochenen Wortes wieder. Vielleicht auch deshalb, weil überall so viel Wert auf diesen schwammigen Ausspruch “Gute Dialoge!” gelegt wird. Im Treatment hat man das alles überbrückt, aber sobald man wörtlich werden muss, fühlt man sich wieder wie am Anfang. Selbst wenn man alles vorher bedacht hat.

Realistische Dialogrecherche durch Abhöraktionen am lebenden Objekt

Sind Dialoge Anachronismen? Auf keinen Fall! Dialoge sind eher wie Quastenflosser, lebende Fossilien. Ein Feld, welches man umgegraben, entsteint, gejätet und befeuchtet hat, um nun die Samen zu verstreuen, damit irgendwas wächst. Oder verhält es sich mit Dialogen im Drehbuch eher wie beim Songwriting? Man hat die Melodie, den Rhythmus, die Struktur, Strophe und Refrain, alles ist fertig, man braucht nur noch einen Text? Verwirrung an allen Fronten, echt Horrorshow!

 

 

Man kann im echten Leben und in allem, was die Kunst hinterlässt, auch eine Inspiration für Filmdialoge finden. Was man definitiv nicht kann, ist sein Leben mit Filmdialogen bestreiten. Das ist eine niederschmetternde Erkenntnis, aber sie ist wahr, ich habe sie getestet. Aber vielleicht habe ich deshalb keine Angst mehr vor Dialogen im Drehbuch. Weder vor guten, noch vor schlechten.

 

 

One Comment

  1. Antworten

    […] Zeiträumen und Lokalitäten, Figuren und deren Hinter- wie Beweggründe, Berufe und Berufungen, Dialoge, darüber hinaus Tools wie Titel, Untertitel, Loglines und Voice Over. Bleibt da noch überhaupt […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de