Fantasy Filmfest 2015 Quick’n’Dirty

Zwölf Tage FANTASY FILMFEST in Berlin sind zu Ende. Was für ein Festival in diesem Jahr! Draußen apokalyptische Temperaturen, im gut klimatisierten Saal 8 des CINE STARS in SONY-Center jede Menge coole Genresachen. In diesem Jahr gab es in der Tat ein paar echte Juwelen, sowohl im Vorfeld, als auch als Überraschungen, die man so nicht auf dem Schirm hatte. Wie immer schauen wir uns die Highlights aus meiner Sicht in Kurzreviews an, diesmal sind es sogar elf Filmchen, auf die sich nicht nur die Besucher der restlichen Spielstädte freuen dürfen. Los geht’s!

 

 

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Nach THE CONGRESS und THE ROVER endlich mal ein Festival Opener mit Drive und bitterbösem Humor – die Verfilmung von John Nivens satirischem Roman KILL YOUR FRIENDS mit Shooting Star Nicholas Hoult. Ein Film, so frisch, dass es noch nicht einmal richtiges Posterartwork gab.

 

KILL YOUR FRIENDS erzählt die rasante Berg- und Talbahnfahrt des A&R-Managers Steven Stelfox im Musikbusiness der neunziger Jahre in England, Britpop und so. Steven führt ein Leben in purem Stress, endlich einen Hit zu signen, zwischen wilden Drogenpartys, Nutten und unzähligen Konzerten, um neue Bands zu finden.

 

Das Musikbusiness ist verteufelt hart und die größten Widersacher lauern unter Kollegen. Steven, der außer seiner kalten und zynischen Weltanschauung kein sonderliches Talent für diesen Job hat, gleicht das durch effizientes Intrigieren bis hin zu Mord aus. Letzteres ist dabei nur der Auslöser für richtigen Trouble für Steven, der sich immer finstere Pläne ausdenken muss, um in den Popolymp aufsteigen zu können. Notfalls eben über noch mehr Leichen.

 

Ein Film über das Musikbusiness zu Zeiten der Spice Girls als FANTASY FILMFEST Eröffnungsfilm? Keine Angst, KILL YOUR FRIENDS hat nichts mit ALMOST FAMOUS, CONTROL, THE RUNNAWAY oder anderen Musikbusinessfilmen zu tun. Man kann ihn eher als einen Eurodance-Britpop-Remix aus THE WOLF OF WALL STREET und AMERICAN PSYCHO bezeichnen. Dabei ist Stelfox weder Wall Street Profi noch Serienkiller, eher ein bemitleidenswertes Arschloch, grandios gespielt von Nicholas Hoult.

 

Nicholas Hoult als Steven Stelfox in KILL YOUR FRIENDS (ASCOT ELITE)

Aber gerade das macht die Figur aus und daher bezieht KILL YOUR FRIENDS wiederum so viel Sympathie. Es macht einfach Spaß, Dreckswichsern bei der Arbeit zuzusehen. Kein Schmalz, keine Läuterung oder falsche Moral, KILL YOUR FRIENDS ist bitterböseste Satire in Reinform, nur es hätte ruhig noch ein wenig blutiger sein können.

 

Der Fokus liegt auf den messerscharfen Voice Over Kommentaren und der überdrehten Musik. Das Tüpfelchen auf dem i aber ist Moritz Bleibtreu als Rudi, der in einer Szene so ziemlich alle an die Wand pounded.

 

 

FAZIT:

Why don´t you? Bissige und bitterböse Satire auf das Musikbusiness mit messerscharfem Voice Over, cooler Musik, aberwitzigen Szenen im Vollrausch und einem Nicholas Hoult auf Speed!

 

 

 

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Ein Horrorfilm mit Arnold Schwarzenegger, gibt’s doch gar nicht! Gibt es (und gab es sogar mit END OF DAYS) sehr wohl. Titelsequenzdesigner Henry Hobson (RANGO) wirft in seinem Regiedebüt MAGGIE mit Arnie, Abigale Breslin und einer Zombie-Apokalypse drei interessante Zutaten in den Genrekochtopf.

 

Wieder ist es eine verheerende Epidemie, die um den Globus zieht und wieder werden Infizierte irgendwann zu menschenfressenden Ungetümen. Soweit alles im Zombielot. Im Film erwischt es die titelgebende Maggie Vogel (Abigale Breslin), die in der Notaufnahme eines Krankenhauses von ihrem Vater Wade (Arnold Schwarzenegger) abgeholt wird. Wade weigert sich, Maggie in die Quarantäne zu stecken, sondern nimmt sie wieder mit nach Hause zu sich und seiner Frau (Joely Richardson).

 

Es ist ein Spiel auf Zeit, denn dass sich Maggie verwandeln wird, steht fest. Zwar kann Wade seiner Tochter Schutz vor der Auslieferung in die Quarantäne bieten, doch wird er sich irgendwann der Realität stellen müssen. seine Tochter vor dem endgültigen Ausbrechen der Krankheit erlösen zu müssen.

 

MAGGIE als Zombiefilm zu bezeichnen, wird dem Regiedebüt nicht wirklich gerecht. Hobson bedient sich der genrebekannten Ausgangslage und erzählt dann ein ruhiges, tieftrauriges Familiendrama. Keine stöhnenden Untoten oder platzende Schädel, dafür Wut, Trauer, Angst und Schmerz vor dem Unausweichlichen. Maggie fokussiert das Vater-Tochter-Verhältnis, die Mutter ist zwar anwesend, bleibt erzählerisch aber außen vor. Abigale Breslin spielt wie gewohnt souverän und ergreifend.

 

Maggie schnuppert an Papa Wade (Arnold Schwarzenegger) – MAGGIE (SPLENDID FILM)

Doch was ist mit der steirischen Eiche? Von all den Filmversuchen nach seiner Zeit als Gouverneur von Kalifornien ist MAGGIE mit Sicherheit der bemerkenswerteste. Man könnte fast meinen, den ersten Arthouse-Schwarzenegger serviert zu bekommen.

 

Arnie spielt unglaublich sensibel, die Diskrepanz zwischen seiner kräftigen Erscheinung und der absoluten Machtlosigkeit gegenüber dem Tod seiner Tochter bringt Schwarzenegger schauspielerisch tatsächlich eindrucksvoll rüber. Die Chemie zwischen ihm und Breslin stimmt auch, alles in allem also ein wirklich beeindruckendes Debüt.

 

 

FAZIT:

MAGGIE ist sehr langsam erzähltes, ruhiges Zombiekammerkino mit viel Stille, Traurigkeit, einem bitteren Ende und dem bislang feinfühligsten Schwarzenegger.

 

 

 

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WILD DOGS von Mario Bava hatte eine schwierige Geschichte. Als einer seiner letzten Filme 1974 fertiggestellt dauerte es über zwanzig Jahre bis zu seiner Veröffentlichung. Mit RABID DOGS (ENRAGÈS) kommt nun ein Remake des italienischen Exploitationthrillers und das auch noch aus Frankreich.

 

Ein bewaffneter Raubüberfall, ein sicherer Job, dennoch gibt es tote Polizisten und fortan sind drei Gangster auf der Flucht, nehmen eine weibliche Geisel (Virgine Ledoyen) und schnappen sich auf der Straße das nächstbeste Fluchtfahrzeug. Brisant ist, der Fahrer des Wagens ist nicht allein im Auto, bei ihm ist seine schwerkranke Tochter, beide sind auf dem Weg zu einer Organtransplantation.

 

Während das kleine Mädchen unter Medikamenteneinfluss nichts von der gefährlichen Situation mitbekommt, beginnt für den Vater (Lambert Wilson) ein Wettlauf gegen die Zeit. Binnen weniger Stunden muss er aus den Fängen der Kidnapper entkommen, um im Krankenhaus zu sein. Was die Geiselnehmer natürlich ganz anders sehen. Ein Nervenkrieg beginnt und bald kommt es zu brutalen Verwicklungen.

 

Wow, was für ein Killerfilm, den ich so nicht erwartet habe. Rabid Dogs ist stylisch, gut besetzt, mit toller 80er-B-Movie-Mucke und vor allem teuflisch spannend. Das beginnt bei der Erzählperspektive, die liegt nämlich auf den Bankräubern, die allesamt starke Typen mit Schwächen und wunden Punkten sind, was das Trio zu einer elektrisierenden Kombination macht. Als Gegengewicht agiert Lambert Wilson (MATRIX RELOADED) souverän und gelassen und doch es brodelt unter der Oberfläche .

 

Manu (Franck Gastambide), am Rande der Tollwut in RABID DOGS (Tiberius Film)

Schön, auch mal Virgine Ledoyen wiederzusehen, wenn auch ihre Figur ein wenig blass erscheint in der derben Maskulinmasse. RADIB DOGS ist straff inszeniert, ohne Schnörkel, atmet viel 70er und 80er Exploitationatmosphäre und hat ein wirklich markerschütterndes Ende. Würde fast soweit gehen, RABID DOGS als besten Film des diesjährigen Festivals zu betiteln.

 

 

 

 

FAZIT:

Ein rohes und dichtes Thrillerjuwel aus Frankreich. Das Remake des Mario Bava Klassikers ist ein verteufelt spannendes Roadmovie mit cooler Musik, brachialer Gewalt und einem irren Twist.

 

 

 

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TURBO KID zu beschreiben, fällt schwer. Die neuseeländisch-kanadische Produktion ist nicht einfach nur ein Endzeit-Apokalypse-Actiontrashfest, es ist eine Hommage an all die wundervollen Achtziger-B-Movie Filme, zu dessen Stars auch damals schon Bösewicht Michael Ironside gehörte.

 

Nachdem in den achtziger Jahren die Welt in einer Apokalypse unterging, leben die Übriggebliebenen im Jahr 1997 in einer Art MAD MAX Wasteland. Ein Streuner namens The Kid durchwühlt das Postinferno nach Schätzen der Vergangenheit, Comics, Rubiks Cube, Audiokassetten und fährt stilecht ein BMX-Fahrrad. Eines Tages lernt er die durchgeknallte Apple kennen, ein Robogirl, die ihm nicht mehr von der Pelle rückt.

 

Ein Warlord beherrscht die derweil Einöde, veranstaltet Schaukämpfe zur Belustigung, während ein Westernheld auf Rache sinnt und sich in einer Art Kolosseum widerfindet. Dort landen auch The Kid und Apple, doch schaffen sie es, dieser Donnerkuppel für Geringverdiener zu entkommen, was den Anführer Zeus (Michael Ironside) fuchsteufelswild werden lässt.

 

TURBO KID ist eine wilde Achterbahnfahrt aus bekannten Onliner, Zitaten und Anspielungen auf ein ganzes Filmjahrzehnt. Von MAD MAX über BMX BANDITS, TERMINATOR, ALIEN, THE WARRIORS bis TANZ DER TEUFEL , das Science-Fiction-, Horror- und Actionkino der Achtziger wird hier wundervoll karikiert, aber nicht nur das. TURBO KID schafft mit ganz einfachen Mitteln, eine tolle Endzeitstimmung aufzubauen, wenn auch die Story eher gaga ist und wohl alles hinter einem Baumarkt gedreht wurde.

 

Robogirl Apple (Laurence Laboeuf) greift an in TURBO KID (Ledick Filmhandel)

Ob grünes Giftwasser, Rauchschwaden als Wolken, was in anderen Filmen stümperhaft wirkt, kommt hier richtig sympathisch rüber. Irgendwie stimmt fast alles an TURBO KID. Michael Ironside ist richtig schön badass, der Blutgehalt ist irrsinnig hoch, ein wahres Splatterfest wird da abgefackelt und witzige Ideen stecken in fast jeder Einstellung. Am coolsten fand ich Robotergirl Apple (Laurence Leboef), die so zuckersüß spielt, dass man einfach ihre Schaltkreise knuddeln möchte.

 

 

FAZIT:

BMX BANDITS mit Gedärmen & Blutfontänen. Wundervolle Hommage an ein ganzes B-Movie-Jahrzehnt. Deftig, brüllend komisch und mit Michael Ironside ist eine richtige Legende an Bord.

 

 

 

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Letztes Jahr lief mit HOUSEBOUND eine neuseeländische Horrorkomödie und diese gewann sogar den FRESH BLOOD AWARD. Auch in diesem Jahr ist eine Splatterkomödie aus Neuseeland am Start, der deftige Metal-Demon-Höllenritt DEATHGASM.

 

Der kleine Ort Greypoint ist eine verschlafene, erzchristliche Gemeinde voller Langeweile. Brodie und Zakk, zwei Vollblutmetaller, haben es nicht unbedingt leicht in dem konservativem Örtchen, doch zum Glück gibt es einen Plattenladen und eine Garage, in denen die Freunde als Metalband DEATHGASM ihre Leidenschaft ausleben. Eines Tages gelangen sie in den Besitz alter Deathmetal-Noten und wagen es, jenen teuflischen Song nachzuschrummeln.

 

Das öffnet doch glatt das Tor zur Hölle und Brodie, Zakk sowie die entzückende Medina bewaffnen sich mit allerlei Spielzeug, um der Dämonenschar Herr zu werden. Denn in Neuseeland weiß jedes Kind, sollten Äxte, Macheten und Riesendildos als Waffen versagen, kann am Ende nur noch ein gepimpter Rasenmäher helfen.

 

DEATHGASM ist eine wilde Mischung aus FREAKSHOW, BRAINDEAD, THE EVIL DEAD und NIGHT OF THE DEMONS, mit liebenswerten Figuren, aberwitzigen Situationen und jede Menge Kunstblut. Als Partyfilm taugt er definitiv. Vor allem die erste Hälfte begeistert durch niedliche Nerdkomik, rockige Tagträumen und skurrilen Figuren. Auch ist die Choose mal kein Zombiegematsche, sondern wir haben es mit echten Dämonen zu tun, was es ja nicht mehr so häufig gibt.

 

“Jetzt isst jeder noch ein Eis und dann metzeln wir los!” mit DEATHGASM (Tiberius Film)

Der Drive stimmt, die Musik ist klasse, die Effekte sind handgemacht und schauen toll aus, kein Wunder, Regisseur Jason Lei Howden hat bei Peter Jackson gelernt. Leider fällt die letzte halbe Stunde etwas ab und bietet lediglich bekanntes Zermalmen und Matschen á la BRAINDEAD und ist ein wenig formelhaft. Das Thema Metalmusik fällt am Ende ein bisschen unters Mischpult. Trotz allem eine herrlich überdrehte Splatterkomödie, die vor allem in geselliger Runde Spaß macht.

 

 

FAZIT:

Die erste Stunde ist nerdiger Metal-Horror-Fun par excellence, am Ende gibt es BRAINDEAD-Splatter von der Stange. Aber Figuren und Stil sind äußerst sympathisch und machen Laune.

 

 

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Nach unzähligen Exorzismusfilmen, die alle gleich ablaufen, wagt es endlich mal jemand eine Geschichte zu erzählen, die dort beginnt, wo alle anderen aufhören. Hauptfigur Ava braucht nach einer mehr oder minder erfolgreichen Austreibung eine Post-Exorzismus-Therapie. Klingt irre!

 

AVAS POSSESSIONS beginnt in der Titelsequenz mit einem Exorzismus. Doch danach gehen die Probleme für Ava (tollgespielt von Louisa Krause)  erst richtig los. Über die Zeit, als sie noch einen Dämon in sich trug, weiß sie nicht mehr wirklich viel. Ihre Freunde distanzieren sich, ihrer Mutter fehlt ein Auge und Ava steht zu Beginn der Geschichte ziemlich verloren und einsam da.

 

So beginnt sie nicht nur, in Erfahrung zu bringen, was sie unter Dämoneneinfluss so angestellt hat, sie schließt sich auch einer Selbsthilfegruppe für Ex-Besessene an. Mit Hilfe ihres Coachs Tony versucht sie die Scherben der vergangenen Wochen aufzusammeln, bis Ava feststellt, dass der Dämon noch nicht wirklich gebannt ist. Also müssen schlussendlich radikalere Methoden und Hilfe aus dem Jenseits her.

 

Im Gegensatz zu DEATHGASM ist AVAS POSSESSIONS eine ruhige Horrorkomödie mit starkem Coming-of-Age-Einschlag. Trotz der skurrilen Idee der Ex-Exorzismus-Therapie driftet der Film von Jordan Galland zu keiner Zeit in Klamauk ab. In der Welt von Ava sind Dämonen keine Seltenheit, die Reaktionen der Menschen auf Besessene ist in dem Fall eine ziemlich gelungene Metapher auf Pubertät, Erwachsenwerden und dem Finden der eigenen Stärke.

 

Ava (Louisa Krause) recherchiert über ihre Zeit als Besessene in AVAS POSSESSIONS (Ravenous Film)

Insgesamt aber dümpelt AVAS POSSESSION nach dem gelungenen Einstieg und der interessanten Prämisse eine lange Zeit vor sich hin. Die Therapie ist nicht wirklich Mittelpunkt des Storytellings und man wünscht sich fast mehr Szenen der illustren Selbsthilfegruppe. Auch das Ende ist fast ein wenig mutlos. Dafür gefallen der ruhige Stil, der ironische Unterton und vor allem Hauptfigur Ava.

 

 

 

FAZIT:

Cleverer Plot, bestes Coming-of-Age, eine tolle Hauptdarstellerin und dennoch nur eine mäßig spannende Post-Exorzismus-Geschichte. Trotz verschenktem Potential sympathisch.

 

 

 

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Nach seinem bemerkenswerten Spielfilmdebüt KIDNAPPED (SECUESTRADOS) 2010 springt auch der spanische Regisseur Miguel Ángel Vivas auf den Endzeit-Zombiezug auf. Neben Infizierten, LOST-Star Matthew Fox hat EXTINCTION vor allem eine bedrückende Eiszeitwelt zu bieten. Und sonst?

 

Statt Staub, Wüste oder verwilderte Großstädte ist die postapokalyptische Welt in EXTINCTION eine bitterkalte Eiszeit. Der Großteil der Menschenheit ist durch ein Virus ausgelöscht, die letzten Überlebenden suchen Schutz vor der Kälte und leben in ständiger Angst, auf übriggebliebene Infizierte zu treffen, die allerdings kaum mehr in Erscheinung treten.

 

So auch Jack (Jeffrey Donovan) und seine Tochter Lou sowie der einsiedlerische Nachbar Patrick (Matthew Fox). Doch wirklich nachbarschaftlich geht es nicht zu bei den letzten Überlebenden, denn die Schatten der Vergangenheit lasten auf den beiden Männern, die versuchen, die kleine Lou vor Gefahren zu bewahren. Und gefährlich wird es in der Eiswüste, als Infizierte eines Tages wieder auftauchen und nach Fleisch und Blut gieren.

 

Wieder eine Zombieapokalypse und ähnlich wie in MAGGIE eine zu tiefst deprimierende Geschichte über das Überleben. Der interessanteste Punkt an EXTINCTION ist das seltsame Familienkonstrukt zweier Männer, die ein Kind schützen. Matthew Fox gibt den grimmigen Einsiedler, Quinn McColgan als Tochter Lou spielt frisch und keck, die Atmosphäre ist bedrückend eisig. In der Tat gewinnt EXTINCTION szenisch manch neue Facette des altbackenen Infiziertenplots ab, leistet sich aber auch Logiklöcher.

 

Patrick (Matthew Fox) und der wilde Eiszombie in EXTINCTION (SONY Pictures Releasing)

Zuerst locken Schüsse eine Zombieschar an, dann stellt sich jedoch heraus, dass die Infizierten ziemlich geräuschempfindlich sind und sich durch laute Musik in Schach halten lassen. Verrückt! Auch am Ende wird nicht mit üblen Klischees gespart, was den durchaus positiven Gesamteindruck ein wenig trübt. Denn atmosphärisch spielt EXTINCTION definitiv in der Oberliga, hat mit Eis und Zombies erfrischend neue Kombinationen und sieht in jeder Einstellung toll aus. Bis auf diese Minuspunkte ordentliche Genrekost, aber sowohl Miguel Ángel Vivas’ Debüt KIDNAPPED als auch der artverwandte MAGGIE sind noch eine ganze Spur besser.

 

 

FAZIT:

DAWN OF THE DEAD meets THE DAY AFER TOMORROW, kann das gut gehen? Zum Teil. Gute Genrekost mit ein paar kleinen Abzügen in Sachen Logik und Klischees.

 

 

 

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2011 veranstaltete die Filmproduktionsfirma RAT PACK den Genrestoffwettbewerb “Schreib um dein Leben”. Der Gewinner lautete Benni Diez mit dem Creature-Effect-Horrorfilm STUNG um mutierte Killerwespen. Nur vier Jahre später erblickt der Film nun das Licht der Leinwand.

 

Paul und Julia arbeiten für ein Cateringunternehmen und richten eine Gartenparty für Mrs. Peach aus. Die rüstige Rentnerin besitzt ein üppiges Gewächshaus, welches mit Spezialdünger äußerst gut gedeiht. Dieses Zeug allerdings lässt auch harmlose Wespen der Region zu riesigen Killerbrummern mutieren, die sofort anfangen, Party und Gäste auseinanderzunehmen.

 

Die beiden Cateringangestellten müssen nun auf Kammerjäger umschulen und gehen zusammen mit dem alten Patriarchen Caruthers (Lance Henriksen) auf Wespenfang. Was gar keine so leichte Aufgabe ist, denn die Biester mutieren nach jeder Mahlzeit zu größeren Exemplaren und sollte auch nur eine Wespe die Gartenparty überleben, dann droht der Welt ein fieses Hautflüglerinferno.

 

STUNG hat so einige Pluspunkte für den Genrefreund auf Lager. Zum einen bedient das Debüt die beliebten Sparten Tier- und Creaturehorror, hat mit Lance Henriksen einen alten Genrehaudegen an Bord, ein frisches Setting und äußerst sympathische Hauptfiguren, gespielt von Matt O´Leary und Jessica Cook. Die Wespenbiester sehen dank handgemachter Effekte auch richtig cool aus, auch wenn sie zwar gut gestaltet, aber reichlich dürftig animiert sind.

 

Kellner Paul (Matt O´Leary) Auge in Auge mit fiesen Monsterbrummern in STUNG (WVG Medien / SPLENDID FILM)

Nach dem gelungenen Auftakt mit viel Situationskomik aber stellt sich dann doch eine gewisse Ernüchterung ein. Denn STUNG ist im Endeffekt zu brav und zu formelhaft. Spaßig ist das Ganze, mehr aber auch nicht, dafür fehlt ein wenig echte Spannung und Nervenkitzel, blutiger hätte es auch sein können. Eine luftige Hommage an tierische Horrorfilme der Achtziger und Neunziger, allen voran C2 – KILLERINSECT, die insgesamt ein wenig mehr Drive hätte vertragen können.

 

 

FAZIT:

Handgemachte Effekte, tolle Besetzung, frisches Setting und eine tolle Hommage an achtziger Jahre Creaturehorror, letzten Endes aber zu brav und unspektakulär.

 

 

 

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Makeup- Spezialist und Regisseur Paul Hyett überraschte 2013 auf den FANTASY FILMFEST NIGHTS mit dem schockierenden THE SEASONING HOUSE. In diesem Jahr ist er mit seinem zweiten Spielfilm auf dem Festival, was für mich ein must-see darstellt.

 

Der junge Schaffner Joe wird zu einer Sonderschicht verdonnert. In einem Nachtzug muss er sich mit arroganten Passagieren, Prolls, Spinnern und Schwarzfahrern herumschlagen. Zudem ist Joe unglücklich verknallt in seine Kollegin, die ihn aber beflissen ignoriert. Plötzlich stoppt der Nachtzug abrupt und vom Zugführer fehlt jede Spur. Nach einigen Debatten verlassen die Insassen den Zug auf offener Strecke mitten in einem finsteren Wald in Vollmondnacht.

 

Bis der Trupp nach wenigen Metern auf die Überreste des Zugführers stößt, übel zugerichtet von einer Art Tier mit riesigen Pranken und fletschenden Zähnen. Es bleibt nur die Flucht zurück in den Zug, denn im Wald wimmelt es tatsächlich vor Werwölfen. Jetzt heißt es zusammenhalten und die Nacht überstehen.

 

Nach dem kontroversen THE SEASONING HOUSE um die Gräuel des Balkankrieges überrascht Paul Hyett mit einem klassischen Werwolf-Film. HOWL hat auch alle Zutaten für einen zünftigen Maul-und-Klauen-Schocker, atmosphärische Wälder, großartige Masken, jede Menge Kunstblut und sogar erfrischende Figuren, spannende Szenen sowie ganz gewitzte Dialoge.

 

Munteres Zerhacken lykantropischer Auswüchse in HOWL (Metrodome International)

Doch so richtig springt der Funke in THE HOWL nicht über, denn nach dem gelungenen Einstieg wird die ganze Choose etwas zu generisch dahingeschludert. Die Wölfe im Wald sind richtig spooky, die Mensch-Wolf-Hybriden dagegen fast ein wenig lächerlich überproportioniert. Das Finale des Film wirkt dann tatsächlich ein wenig lustlos. Die Zutaten insgesamt stimmen, aber letztendlich kommt HOWL bei Weitem nicht an neuere Werwolf-Highlights wie DOG SOLDIERS oder GINGER SNAPS heran.

 

 

FAZIT:

MIDNIGHT WOLF TRAIN – spannendes Setting, gute Figuren, klasse Effekte, dennoch bietet THE HOWL vor allem altbekannte Werwolf-Klischees und ein unspektakuläres, fades Ende.

 

 

 

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Am letzten Abend standen THE HALLOW und COP CAR auf dem Programm. Während ich sehr gespannt auf COP CAR war, sollte THE HALLOW nur ein Mitnahmeprodukt sein. Klassischer Grusel in irischen Wäldern, warum nicht. Dann jedoch wurde es dunkel im Saal.

 

Der Umweltforscher Adam dokumentiert in Irland das Baumsterben, zusammen mit seiner Frau Clare und dem frischgebackenen Sohnemann Finn haben sie ein altes Haus hergerichtet, weit weg vom Londoner Trouble. Doch Ärger gibt es auch in der Provinz. Die Nachbarn entpuppen sich als abergläubige Hinterwäldler, zudem scheint ein bösartiger Pilz im Wald umzugehen.

 

Es dauert nicht lang, und das altbekannte Kratzen und Scharren an den Wänden beginnt, irgendetwas ist da draußen in den Wäldern und hat es auf die junge Familie abgesehen. Unheimliche Wesen okkupieren das Anwesen, entführen den Sohnemann und fiese Pilzsporen nisten sich in Adam ein, die ihn nachhaltig verändern. Auf der Suche nach Finn muss nun vor allem Clare Standhaftigkeit beweisen.

 

THE HALLOW stand nicht unbedingt an erster Stelle auf meiner Filmfestliste. Und THE HALLOW bedient sich auch bekannter Motive und Gruselstandards, aber im Gegensatz zu HOWL dreht der Film von Corin Hardy das Volumen mächtig auf. THE HALLOW ist ein wahres Glanzstück von einem Horrorschocker. Eine fantastische Atmosphäre, Figuren, mit denen man wirklich mitfiebern kann, grandiose Creature-Effects und ein toller Score.

 

Ein fieser irischer Waldgeist in THE HALLOW (MFA + Filmdistribution)

Aber vor allem ist THE HALLOW eins: scheiß gruslig! War lange her, dass ich mich so richtig gefürchtet habe und mich an den Unterarm meiner Freundin klammern musste. Die Schocks sitzen auch für Genrekenner perfekt, das Pacing ist atemberaubend und der Film ist bis nach den Credits ein wilder Ritt zwischen THE EVIL DEAD, PUMPKINHEAD und Grimms Märchen. Unerwartet eins der absoluten Highlights in diesem Jahr.

 

 

 

FAZIT:

Einer der besten Gruselschocker der letzten Jahre, der alles richtig macht. Atmosphäre, Figuren, Effekte, Jump-Scares, hier stimmt alles. DER Geheimtipp des diesjährigen Festivals.

 

 

 

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Abschlussfilme sind immer etwas besonderes. In den letzten Jahren war ich allerdings von YOU´RE NEXT und LIFE AFTER BETH nur bedingt angetan. Aber mit COP CAR standen die Zeichen definitiv günstig: Kevin Bacon, coole Kids, spannender Plot, im Filmfestkatalog als “Coen Brother inszenieren STAND BY ME” tituliert. Klingt nach einem würdigen Festivalabschluss.

 

Die beiden Teens Harrison und Travis streunen durch die verlassene Einöde von Colorado, als sie auf ein verlassenes Polizeiauto stoßen. Erst zögerlich, doch dann immer dreister vergnügen sich die coolen Kids an dem Wagen, bis sie sogar die Autoschlüssel finden und eine abenteuerliche Spritztour starten. Was die Travis und Harrison nicht wissen, im Kofferraum befindet sich etwas, was der Besitzer des Polizeiautos, Cop Kevin Bacon, noch schnell hatte verschwinden lassen wollen.

 

Während die Kids durch die Pampa gondeln, startet Bacon eine wilde Verfolgungsjagd auf das Auto und die beiden Taugenichtse. Ein Auto, Knarren, schusssichere Westen, was für Travis und Harrison als Kindheitstraum beginnt, endet alsbald in einer blutigen Odyssee über den staubtrockenen Highway.

 

COP CAR hat einen coolen Plot, zwei richtig tolle Jungdarsteller, einen fantastisch-abgefuckten Kevin Bacon und das Feeling guter alter 80er Jahrefilme von Donner, Spielberg oder Zemeckis, ist aber in Ton und Stil wesentlich rabiater. Was als Dummer-Jungen-Streich beginnt, wandelt sich bald in ein Szenario, welches man gut mit NO COUNTRY FOR OLD MAN vergleichen kann.

 

Cop (Kevin Bacon) sucht Car in COP CAR (Universal Pictures Germany)

Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das dem Film so gut tut ab der zweiten Hälfte. COP CAR wirkt am Ende fast deprimierend und kühl, auch fällt das eigentliche Duell Bacon versus Kids nicht ganz so aus, wie man es nach dem Trailer vermutet hatte. Ein richtiger crowd pleaser ist COP CAR bestimmt nicht. Bacon und die Kids sind cool, keine Frage. Richtig begeistert hat mich COP CAR dann aber doch nicht.

 

 

 

FAZIT:

Nach fulminantem Start und einem herrlich abgefuckten Kevin Bacon verliert sich COP CAR zu sehr in emotionslose Ernsthaftigkeit. Der Trailer verspricht mehr Drive, als der Film halten kann.

 

 

 

Insgesamt empfand ich das Festivaljahr 2015 mehr als gelungen. Die Mischung war fantastisch, so ziemlich jedes Subgenre wurde bedient (wenn auch wenig Sci-Fi), es gab tolle Überraschungen (RABID DOGS, THE HALLOW) und nur dezente Enttäuschungen (HOWL, COP CAR). Am Ende wurde sogar noch enthüllt, dass es ab Dezember eine dritte Runde namens FANTASY FILMFEST WHITE NIGHTS geben wird. Ich bin sehr angetan vom Programm, den Filmen und dem Flair des diesjährigen Festivals. Bis zu den WHITE NIGHTS, Freunde der subversiven Unterhaltung.

 

 

5 Comments

  1. Antworten

    […] dem FANTASY FILMFEST hab ich erstmal genug von Filmen. Irgendwann muss auch mal Schluss sein! Worüber reden wir denn […]

  2. Antworten

    […] schlendern und sich den ein oder anderen aktuellen Horrorschmankerl ausleihen. Vom diesjährigen FANTASY FILMFEST kommen SWEET HOME, EXTINCTION und die Anthologie TALES OF HALLOWEEN, vom Vorjahr sind DER BABADOOK […]

  3. Antworten

    […] für ein weiteres Sonderprogramm, so Festivalleiter Rainer Stefan am letzten Tag des Festivals im August, seien all die Filme, für die es im Spätsommer zu früh und bei den NIGHTS im Frühjahr zu spät […]

  4. Antworten

    […] diesen Erfolgsgeschichten gehört auch der Film STUNG von Benni Diez, der im Rahmen eines Filmstoffwettbewerbes aus dem Hause RAT PACK entstand. Der […]

  5. Antworten

    […] Gespannt bin ich zudem auf AFTER BLUE von Experimentalfilmer Bertrand Mandico aus Frankreich, ein psychodelischer Sci-Fi Fantasy Trip in Richtung BARBARELLA in wundervoller Neonpracht. Spannend klingt auch SEE FOR ME aus Kanada, in der sich eine blinde Frau einer Home Invasion Attacke erwehren muss, bei der ihr eine ehemalige Elitesoldatin und eine Sehhilfe-APP assistiert. Mit MOSQUITO STATE gibt es cronenbergschen Bodyhorror, mit THE SPIN OF NIGHT ist ein animierter Fantasyfilm à la FIRE & ICE im Programm und mit CRABS gibt es ein hoffentlich deftiges Creature Feature in Richtung GRABBERS oder STUNG. […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de