Die kleine Genrefibel Teil 98: Monsterparty

Für einem, der auszog, das Gruseln zu lehren, bleibe nun auch ich zurück in Angst und Bange. Ich schaue nicht mehr unters Bett. Denn da lauern sie und wollen es mir heimzahlen – Monster. Nicht irgendwelche Monster, die Nichtbeachteten, Unterschlagenen, Totgeschwiegenen. Sie kraxeln aus meinen Alpträumen heraus und machen Stunk, weil sie sich hintergangen fühlen. So viele kleine Genrefibeln um Horrorgestalten wie Vampire, Werwölfe, Böse Kinder, Geister, unheimliche Schlingpflanzen, doch die Monster, die mein Leiden hier plagen, habe ich nicht vergessen. Ich lade sie alle zu einer Party ein, einzige Bedingung ist, es müssen Monster sein, welche noch nicht in Fibeln beschrieben ihre Geschichte erzählen, sonst werden sie mich weiter Nacht für Nacht quälen.

 

 

 

 

Die Kleine Genrefibel ist fast vollendet, aber da Draußen unter den Betten und in den Schränken warten noch so einige Gestalten, die bislang ihr Dasein im Dunkeln fristen müssen. Heute feiern echte Monster eine schaurig Fete, die ganz Großen und die ganz Kleinen. Ich habe kleine Häppchen und Näpfchen vorbereitet mit Ziegentartar und Klärschlammbowle, von der Decke hängen Girlanden aus Ohrknöchelchen und plötzlich klingelt es auch schon an der Eingangstür. Der erste Gast ist da, er misst zwei Meter Dreißig, ist übersäht mit Operationsnarben im Zickzackschnitt und sein Schädel ist flach wie eine Herdplatte. Wer ist das nur? Im Live-Chat schreien alle „Frankenstein!“, aber die Crowd irrt gewaltig. Hier ist mal wieder Aufklärung von Nöten.

 

The Frankenstein Chronicles

 

Im Jahre 1818 veröffentlichte die Autorin Mary Wollstonecraft Shelley den Roman Frankenstein oder der moderne Prometheus, Hauptfigur ein gewisser Victor Frankenstein aus der Schweiz, welcher künstliches Leben aus Leichenteilen erschuf, eine Kreatur, das Monster, welches sich am Ende gegen seinen Schöpfer stellte. Mary Shelleys Frankenstein wurde nicht nur zu einem Klassiker der Science-Fiction wie Schauerliteratur, die beiden Hauptfiguren erlangten weltweit Berühmtheit und wurden zu Ikonen der Popkultur.

 

 

Frankenstein Movies History

FRANKENSTEIN (1910) von J. Searle Dawley, LIFE WITHOUT SOULS (1915) von Joseph W. Smiley & THE MONSTER OF FRANKENSTEIN (1920) von Eugenio Testa

 

Erstmalig verfilmten die Edison Studios den Stoff im Jahr 1910 unter dem Titel FRANKENSTEIN. Damit war FRANKENSTEIN nicht nur einer der ersten Horrorfilme überhaupt, sondern auch das erste Creature Feature, der erste Monsterfilm der Filmgeschichte. In Edisons Adaption glich die Kreatur zwar eher einer alten Kräuterhexe und viele der Sci-Fi Elemente der Geschichte um Labore, Organverpflanzungen und Stromstöße mittels Zitteraalen wurden ignoriert, dennoch begeisterte die erste Frankenstein Verfilmung das Publikum bereits durch clevere Tricktechnik, ein überaus gruseliges Setting und das moralische wie blasphemische Dilemma.

 

 

Frankenstein 1931

Boris Karloff als das Monster in FRANKENSTEIN (1931) von James Whale

 

Nach zwei Stummfilmadaptionen aus den Jahren 1915 und 1920 erschien 1931 die erste Tonverfilmung des Stoffes, FRANKENSTEIN von James Whale machte die Kreatur des Wissenschaftlers Frankenstein weltweit zu einer Filmikone. Whale mischte Elemente des Shelley Romans und des gleichnamigen Bühnenstücks von Peggy Webling aus dem Jahr 1927, machte den jungen Boris Karloff in der Rolle des bemitleidenswerten Monsters über Nacht zum Horrorfilmstar und begründete damit wohl auch die Verwechslung zwischen Wissenschaftler und Kreatur. Der Name Frankenstein wurde seither mit dem Monster assoziiert, nicht mit dem Schöpfer. Der Erfolg von FRANKENSTEIN zog nicht nur eine Reihe Fortsetzungen nach sich, Universal Pictures hatte ein Branding erschaffen.

 

 

Frankensteins Braut

Boris Karloff und Elsa Lanchester in FRANKENSTEINS BRAUT (1935) von James Whale

 

Universal ließ ihre visuelle Interpretation des Monsters rechtlich schützen, Make-up, Gang, Gesten, und schuf somit eine weitere Marke neben der ebenfalls 1931 erschienenen Verfilmung von DRACULA mit Bela Lugosi. 1935 kam mit FRANKENSTEINS BRAUT eine Fortsetzung des Klassikers in die Kinos, welche den Vorgänger in Stil und Wirkung sogar noch übertraf. 1939 erschien mit FRANKENSTEINS SOHN die letzte Verfilmung mit Boris Karloff als Monster, in die Rolle des Baron Wolf von Frankenstein, Victors Sohn, schlüpfte Basil Rathborne (DER HUND VON BASKERVILLE) und selbst Dracula Darsteller Bela Lugosi, der einst die stumme Rolle des Monsters in FRANKENSTEIN 1931 abgelehnt hatte, trat hier erstmalig als Igor auf.

 

 

Frankenstein Movies

FRANKENSTEINS SOHN (1939) von Rowland V. Lee mit Boris Karloff als Monster, Basil Rathborne als Baron Wolf von Frankenstein & Bela Lugosi als Ygor, FRANKENSTEIN KEHRT WIEDER (1942) von Erle C. Kenton mit Lon Chaney Jr. als Monster und Cedric Hardwicke als Dr. Ludwig Frankenstein, FRANKENSTEIN TRIFFT DEN WOLFSMENSCHEN (1943) von Roy William Neill mit Bela Lugosi als Monster & Lon Chaney Jr. als Wolfsmensch

 

Trotz des Ausstiegs von Boris Karloff produzierte Universal Pictures munter weiter Adaptionen von Frankenstein in exakt gleicher Gestaltung und spann den Originalstoff weiter. 1942 verkörperte Lon Chaney Jr. in FRANKENSTEIN KEHRT WIEDER die Kreatur, nachdem er 1941 mit DER WOLFSMENSCH berühmt wurde, auch Bela Lugosi kehrte als Igor zurück. 1943 folgte ein Rollenwechsel, während Lon Chaney Jr. in FRANKENSTEIN TRIFFT DEN WOLFSMENSCH in seine Rolle als Werwolf Larry Talbot zurückkehrte, mimte Lugosi dann doch noch Frankensteins Kreatur, weil das Drehbuch Textpassagen versprach, die allerdings herausgeschnitten wurden.

 

 

Frankenstein Movies

FRANKENSTEINS HAUS (1944) von Erle C. Kenton mit Glenn Strange als Monster & Boris Karloff als Dr. Gustav Niemann, DRACULAS HAUS (1945) von Erle C. Kenton mit Glenn Strange als Monster & ABBOTT & COSTELLO TREFFEN FRANKENSTEIN (1948) von Charles Barton mit Glenn Strange als Monster und Bela Lugosi als Dracula

 

Noch verwirrender wurde es 1944 mit FRANKENSTEINS HAUS, Boris Karloff kehrte zurück und verkörperte mit Dr. Gustav Niemann praktisch die Figur des Victor Frankenstein. Der Film war zudem das erste Gipfeltreffen der Universal Horrorfilmstars Frankensteins Monster, Dracula und Wolfmensch, welches 1945 mit DRACULAS HAUS fortgesetzt wurde. Beide Filme markierten das Ende des klassischen Universal Frankenstein Reihe, die aber erst 1948 mit ABBOTT & COSTELLO TREFFEN FRANKENSTEIN endgültig geschlossen wurde. Hier schlüpfte Bela Lugosi wieder in seine alte DRACULA Rolle aus dem Jahr 1931, während Glenn Strange nach FRANKENSTEINS und DRACULAS HAUS zum dritten Mal das Monster aus Leichenteilen mit dem Plattschädel mimte.

 

 

Die FRANKENSTEIN Filmreihe von den Universal Studios umfasste acht Filme mit wilden Wechseln an Schauspielern, welche Figuren nach Shelleys Roman verkörperten. Nach ABBOTT & COSTELLO TREFFEN FRANKENSTEIN aber war es eine Dekade lang still um den Wissenschaftler und die Kreatur. Doch im Jahr 1957 begannen die englischen Hammer Studios, eine Reihe von Adaptionen des Stoffes zu produzieren und modernisierten den Schauerroman gewaltig, ohne die klassischen Elemente zu vernachlässigen.

 

Hammer Classics & Exploitation Experimente

 

Mit FRANKENSTEINS FLUCH kam 1957 nicht nur Farbe und damit Blut ins Spiel, auch legte der Film den Fokus auf die Figur des Wissenschaftlers Frankenstein. Nach Karloff und Lugosi wurde eine neue Generation von Schauspielern zu Stars des Horrorfilms – Peter Cushing als Victor Frankenstein und Christopher Lee als Kreatur. Mit einer Reihe an Fortsetzungen bedienten die Hammer Produktionen nur noch lose Elemente aus Shelleys Roman, spannen aber die Grundidee um die Erschaffung von Leben clever weiter.

 

 

Frankensteins Fluch

FRANKENSTEINS FLUCH (1957) von Terence Fisher mit Peter Cushing als Victor Frankenstein und Christopher Lee als Monster

 

1958 experimentierte Peter Cushing als Dr. Stein in FRANKENSTEINS RACHE an einer neuen Kreatur, leider ohne Christopher Lee, in FRANKENSTEINS UNGEHEUER aber durften die Hammer Studios dann auf das Original Make-up von Boris Karloffs FRANKENSTEIN zurückgreifen, weil Universal Pictures die Vertriebsrechte für den amerikanischen Markt erworben hatten. Die klassische Hammer Reihe mit Peter Cushing wurde mit FRANKENSTEIN SCHUF EIN WEIB, FRANKENSTEIN MUSS STERBEN und FRANKENSTEINS HÖLLENMONSTER geschlossen, doch dazwischen produzierten die Hammer Studios mit FRANKENSTEINS SCHRECKEN ein weiteres Remake des Stoffes mit Ralph Bates als Victor Frankenstein und David „Darth Vader“ Prowse als Frankensteins Monster.

 

 

Frankenstein Movies

FRANKENSTEINS RACHE (1958) von Terence Fisher mit Michael Gwynn als Monster, Remake FRANKENSTEINS SCHRECKEN (1970) von Jimmy Sangster mit David Prowse als Monster & FRANKENSTEINS HÖLLENMONSTER (1974) von Terence Fisher mit Peter Cushing und David Prowse als Monster

 

Zwischen den 50er und 70er Jahren prägten die Frankenstein Verfilmungen aus dem Hause Hammer die Figuren vor allem im klassischen gothic horror Bereich, aber Shelleys Werk wurde auch noch in ganz anderen Subgenres und Ausrichtungen interpretiert. Im Jahr 1965 griffen zwei japanische Monsterfilme Figuren und Thematik auf, FRANKENSTEIN – DER SCHRECKEN MIT DEM AFFENGESICHT und FRANKENSTEIN – ZWEIKAMPF DER GIGANTEN und bereiteten Frankensteins Weg in den Exploitationfilm.

 

 

FRANKENSTEIN – DER SCHRECKEN MIT DEM AFFENGESICHT

FRANKENSTEIN – DER SCHRECKEN MIT DEM AFFENGESICHT (1965) von Ishirō Honda

 

In FRANKENSTEIN – DER SCHRECKEN MIT DEM AFFENGESICHT wurde das Herz des Monsters 1945 von Nazis geraubt und nach Hiroshima gebracht, wo es nach dem Atombombenabwurf zu mutieren begann und eine neue Kreatur hervorbrachte. Auch durch diese beiden Monsterfilme festigte sich der Name Frankenstein als Synonym für die Kreatur und es folgten Filme mit Frankenstein im Titel, obwohl diese rein gar nichts mit Mary Shelleys Romanfiguren zu tun hatten.

 

 

Frankenstein Movies

LADY FRANKENSTEIN (1971) von Mel Welles mit Rosalba Neri als Tania Frankenstein & Riccardo Pizzuti als Monster, ANDY WARHOLS FRANKENSTEIN (1973) von Paul Morrissey mit Udo Kier als Baron von Frankenstein & BLACKENSTEIN (1973) von William A. Levey mit John Hart als Dr. Stein & Joe De Sue als Monster

 

Gleichzeitig floss der Stoff in zahllose weitere Exploitationfilme der 70er Jahre ein, in Italien entstand 1971 LADY FRANKENSTEIN, 1973 erschien ANDY WARHOLS FRANKENSTEIN mit Udo Kier als Baron Frankenstein sowie der skurrile Blaxploitation Horrorfilm BLACKENSTEIN, der interessanterweise mit Originalrequisiten von FRANKENSTEIN aus dem Jahr 1931 gedreht wurde. Von der Ernsthaftigkeit des Romans von Mary Shelley war Ende der 70er in den Frankenstein Verfilmungen nichts mehr übrig, die Figur beinahe eine Persiflage. Bezeichnenderweise markiert die Parodie YOUNG FRANKENSTEIN aus dem Jahr 1974 auch das Ende der zweiten Ära Frankenstein nach der Universal und Hammer Reihe und den Exploitation Machwerken.

 

Der moderne Prometheus

 

Es sollten knapp 20 Jahre vergehen, bis der Stoff wieder von großen Filmstudios aufgegriffen und zurück zu den Science-Fiction wie Horrorwurzeln des Originalromans transferiert wurde. Die Wiederauferstehung der Kreatur fand im Jahr 1992 zuerst im TV statt, mit dem Fernsehfilm FRANKENSTEIN mit Patrick Bergin als Wissenschaftler und Randy Quaid als Monster. FRANKENSTEIN 1992 folgte zu weiten Teilen dem Roman, dichtete aber eine ominöse telepathische Verbindung zwischen Schöpfer und Kreatur hinzu.

 

 

Frankenstein 1994

MARY SHELLEY’S FRANKENSTEIN (1994) von und mit Kenneth Branagh als Victor Frankenstein und Robert De Niro als Monster

 

Zwei Jahre später, im Jahr 1994, inszenierte Shakespeare Experte Kenneth Branagh mit MARY SHELLEY’S FRANKENSTEIN dann die erste romangetreue Adaption des Stoffes, mimte selbst Victor Frankenstein und steckte Charakterdarsteller Robert De Niro in die Maske der Kreatur. Obgleich MARY SHELLEYS FRANKENSTEIN näher am Roman war als andere Verfilmungen zuvor, wich auch diese Verfilmung am Ende vom Originalstoff ab, leitete aber neben BRAM STOKERS DRACULA von Francis Ford Coppola eine Renaissance für klassische Horrorstoffe Anfang der 90er ein.

 

2004 erschien mit der Miniserie FRANKENSTEIN die bislang puristischste Adaption des Romans, in Nebenrollen prominent besetzt mit Julie Delpy, William Hurt und Donald Sutherland, mit viel Passion um die humanistische Geschichte voller Tragik, aber eher Historiendrama als Horrorfilm. Doch es gab innerhalb der unzähligen Frankenstein Adaptionen nicht nur die beiden Pole Romanauthentizität und wüste Spinnerei, einige Filme verlagerten die Erzählperspektiven auf clevere Weise.

 

Nach dem Fantasy Kladeradatsch I, FRANKENSTEIN aus dem Jahr 2014 kamen 2015 zwei Verfilmungen des Stoffes mit einem Perspektivwechsel auf den Filmmarkt. In VICTOR FRANKENSTEIN – GENIE UND WAHNSINN wird trotz des Filmtitels die Geschichte aus der Perspektive der Figur Igor erzählt, gespielt von Daniel Radcliffe, James McAvoy übernahm den Part des Wissenschaftlers Frankenstein. Die Figur Igor allerdings entstammt nicht dem Roman Shelleys, sondern wurde 1939 für den Film FRANKENSTEINS SOHN erfunden. Abgesehen davon ist VICTOR FRANKENSTEIN eine ziemlich gelungene Variante des Stoffes.

 

 

Frankenstein Movies

Aaron Eckhart als Monster in I, FRANKENSTEIN (2014) von Stuart Beattie, VICTOR FRANKENSTEIN – GENIE UDN WAHNSINN (2015) von Paul McGuigan mit James McAvoy als Victor Frankenstein und Daniel Radcliffe als Igor Straussman & FRANKENSTEIN – DAS EXPERIMENT (2015) von Bernard Rose mit Xavier Samuel als Adam & Danny Huston als Victor Frankenstein

 

Im selben Jahr erschien mit FRANKENSTEIN – DAS EXPERIMENT von Bernard Rose (CANDYMAN) eine modernisierte Version des Stoffes aus der Sicht der Kreatur, was dramaturgisch einiges an der Originalgeschichte verschob, aber dennoch ein gelungenes Experiment darstellte. Vor allem Hauptdarsteller Xavier Samuel (THE LOVED ONES) überzeugt als bemitleidenswerte Kreatur, auch Danny Huston als Frankenstein und Carry-Anne Moss (MATRIX) glänzen in der wohl mutigsten Modernisierung des Shelley Romans.

 

 

Depraved

DEPRAVED (2019) von Larry Fessenden mit David Call als Henry & Alex Breaux als Adam

 

Frankenstein und die Kreatur wurden zu Ikonen des Horrorfilms, egal ob klassisch, exploitativ oder modernisiert. Die Figuren sind zudem auch für jüngere Zielgruppen adaptiert worden, ohne den Kern der Geschichte zu beschneiden wie in Tim Burtons FRANKENWEENIE oder haben Gastauftritte in diversen CGI Animationsfilmen für Jüngere wie IGOR oder HOTEL TRANSYLVANIA. Was soll die Kreatur schon tun, wenn sie auch im Film immer wieder zum Leben erweckt … oh da klingelt es erneut an der Tür…

 

Mumienschanz

 

Stumm, stechende Augen und eingewickelt in verrotteten Bandagen, so steht sie vor mir, die Mumie, ein weiterer Gast meiner Monsterparty. Dabei gibt es im Gegensatz zu Frankensteins Kreatur nicht die Mumie an sich als klassische Horrorgestalt. Mumien sind ziemlich real, im Horrorfilm aber erwachen sie zu neuem Leben, führen Befehle aus und bringen den Tod. In den Kindertagen des Films gab es ob neuer Ausgrabungen eine regelrechte Mumien Euphorie. Sie wurde auch durch Schauerliteratur genährt wie die Romane von Jane C. Webb Loudon, die als Begründerin des literarischen Mumienfluch Subgenres gilt.

 

 

DIE AUGEN DER MUMIE MA

DIE AUGEN DER MUMIE MA (1918) von Ernst Lubitsch

 

Im Film hatte die Mumie bereits 1899 ihren ersten großen Auftritt in Georges Méliès Stummfilm ROBBING CLEOPATRA‘S TOMB. Nach dem verlorenen Stummfilm THE MUMMY aus dem Jahr 1911 beschäftigten sich interessanterweise noch vor Hollywood drei europäische Filmproduktionen mit der Legende, neben Ernst Lubitschs DIE AUGEN DER MUMIE MA und DAS RÄTSEL DER SPHINX von Adolf Gärtner aus Deutschland auch die österreichische Produktion NARR UND TOD von Rudolf Stiassny aus dem Jahr 1920.

 

 

The Mummy

Boris Karloff in THE MUMMY (1932) von Karl Freund

 

Zum Kinokult aber stieg die Mumie erneut durch eine Universal Pictures Produktion auf, ein Jahr nach dem großen Erfolg von FRANKENSTEIN erschien 1932 THE MUMMY, ebenfalls mit Boris Karloff in der Titelrolle, der nun Superstar war. Nach einer Reihe von Frankenstein Verfilmungen produzierte die Universal aber erst 1940 mit THE MUMMY’S HAND einen neuen Mumienfilm, in diesem Fall keine Fortsetzung des Klassikers THE MUMMY, sondern einen Neustart für eine Mumienreihe ohne Boris Karloff.

 

 

The Mummy Movies

Lon Chaney Jr. als Kharis in THE MUMMY’S HAND (1940) von Christy Cabanne, THE MUMMY’S TOMB (1942) von Harold Youn & THE MUMMY’S CURSE (1944) von Leslie Goodwins

 

THE MUMMY’S HAND folgte THE MUMMY’S TOMB aus dem Jahr 1942, hier schlüpfte Lon Chaney Jr. in die Rolle der Mumie Kharis, die er auch in den Fortsetzungen THE MUMMY’S GHOST und THE MUMMY’S CURSE darstellte. Wie in den FRANKENSTEIN Filmen von Universal schloss die MUMMY Filmreihe mit der Parodie ABBOTT & COSTELLO MEET THE MUMMY von 1955. Bevor auch diese Kultfigur durch die Hammer Studios neu belebt wurde, trat die Mumie in drei mexikanischen Filmproduktionen auf.

 

 

THE AZTEC MUMMY

THE AZTEC MUMMY (1957) von Rafel Lopez Portillo

 

In THE AZTEC MUMMY, THE CURSE OF THE AZTEC MUMMY und THE ROBOTS VERSUS THE AZTEC MUMMY erschienen im Jahr 1957 gleich drei Fortsetzungsgeschichten, die Regisseur Rafael Portillo wohl allesamt am Stück drehte und das Material für die Trilogie mehrfach verwandt. Auch grenzt sich das Design der aztekischen Mumie stark von den Universal Vorlagen Karloff und Chaney Jr. ab und hatte mehr Züge eines Zombies, unterhaltsam ist der mexikanischen Mumienschanz aber durchaus.

 

 

1959 nahmen sich dann auch die Hammer Studios Mumienstoffen an, nach den großen Erfolgen der DRACULA und FRANKENSTEIN Adaptionen ebenfalls besetzt mit den Studiostars Peter Cushing und Christopher Lee. DIE RACHE DER PHARAONEN allerdings war kein Remake des Films THE MUMMY mit Boris Karloff, stattdessen erwarb das Studio die Rechte am Namen Kharis, dem Star der Universal Mumienfilme aus den 1940er Jahren. Wie FRANKENSTEIN und DRACULA glänzt DIE RACHE DER PHARAONEN durch eine wundervolle Ausstattung und typische Hammer Farbgestaltung, den großartigen Mimen und klassischer Horroratmosphäre.

 

 

DIE RACHE DER PHARAONEN

DIE RACHE DER PHARAONEN (1959) von Terence Fisher

 

Die Hammer Studios produzierten zwischen 1964 und 1971 drei weitere Mumienfilme, leider ohne Regisseur Terrence Fisher und ohne die Stars Cushing und Lee, wohl aber in edler Ausstattung und typischem Hammer Flair. Der letzte Hammer Mumienfilm war BLOOD FROM THE MUMMY’S TOMB von 1971, eine Adaption von Bram Stokers Roman Die sieben Finger des Todes, welcher 1980 und 1998 mit THE AWAKENING und BRAM STOKER’S LEGEND OF THE MUMMY neuverfilmt wurde.

 

 

Bram Stokers Die sieben Finger des Todes

Adaptionen von Bram Stokers Die sieben Finger des Todes – BLOOD FROM THE MUMMY’S TOMB (1971) von Seth Holt. THE AWAKENING (1980) von Mike Newell & BRAM STOKER’S LEGEND OF THE MUMMY (1998) von Jeffrey Obrow

 

1998 erschien mit TALE OF THE MUMMY von Russel Mulcahy eine Hommage an die klassischen Mumienfilme der Kinogeschichte, sogar mit Christopher Lee in einer Nebenrolle. Ein Jahr später wurde DIE MUMIE von Stephen Sommers ein weltweiter Kassenhit und reanimierte das angestaubte Mumien Subgenre erneut im Gewand eines traditionellen Abenteuerfilms à la Indiana Jones, aber auch mit Horrorzutaten aus der klassischen Mumien Filmhistorie.

 

 

Die Mumie 1999

DIE MUMIE (1999) von Stephen Sommers

 

DIE MUMIE aus dem Jahr 1999 gilt als eigentlicher Startschuss für eine Neuauflage der alten Universal Horrorklassiker, wenn auch andere Studios bereits moderne und dennoch klassische Versionen von Frankenstein und Dracula in die Kinos brachten. Zunächst aber folgten dem Kassenhit die Fortsetzung DIE MUMIE KEHRT ZURÜCK und das Spin of THE SCORPION KING, ein später dritter Teil der Hauptreihe erschien 2008 mit DIE MUMIE: DAS GRABMAL DES DRACHENKAISERS. Wenn auch die Horrorelemente in der Trilogie plus Spin of eher zurückgefahren wurden, bieten die Filme doch viel klassisches Mumien Feeling.

 

 

DIE MUMIE 2017

DIE MUMIE (2017) von Alex Kurtzman

 

Danach machten sich Horrormumien im Kino eher rar und verstaubten vorrangig in direct-to-disc Produktionen, doch 2017 wagten die Universal Studios mit THE MUMMY noch einen Versuch der Reanimierung ihres klassischen Horrorportfolios mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Erstmalig trat darin eine weibliche Mumie auf, darüber hinaus wusste der Film leider keine neuen Akzente im Mumien Subgenre zu generieren und verzichtete zudem auch auf klassischen Grusel und Atmosphäre, THE MUMMY ist eher ein Fantasy-Action Gepolter, der weder dem Original aus dem Jahr 1932 noch dem Remake von 1999 das Nilwasser reichen kann.

 

Ich bin jemand, den du nicht siehst…

 

Es klopft, ich öffne und sehe nichts. Da war’s mir klar, das kann nur mein alter Kumpel, der Unsichtbare, sein. Der Unsichtbare ist wie Dr. Frankenstein nebst Kreatur eine adaptierte Romanfigur und basiert auf H. G. Wells Buch The Invisible Man aus dem Jahr 1897, einem Klassiker der Science-Fiction Literatur mit gehörigem Horroreinschlag. Erstmalig verfilmt wurde der Roman von FRANKENSTEIN Regisseur James Whale im Jahr 1933 und das abermals im Horroruniversum der Universal Studios.

 

 

THE INVISIBLE MAN

DER UNSICHTBARE (1933) von James Whale

 

Beinahe wäre die Hauptfigur ebenfalls mit Boris Karloff besetzt worden, doch für eine Gestalt, die man nicht sieht, sondern nur hört, musste ein stimmgewaltigerer Ersatz gefunden werden. Die Wahl fiel auf Theaterschauspieler Claude Rains und mittels cleverer Effektgestaltung wurde auch THE INVISIBLE MAN aus dem Jahr 1933 zu einem Universal Klassiker des Horrorfilms.

 

 

DER UNSICHTBARE Filme

DER UNSICHTBARE KEHRT ZURÜCK (1940) von Joe May mit Vincent Price, DIE UNSICHTBARE FRAU (1940) von A. Edward Sutherland & DER UNSICHTBARE TRIFFT AUF ABBOTT & COSTELLO (1951) von Charles Lamont

 

Nach Claude Rains verkörperte Vincent Price 1940 in THE INVISIBLE MAN RETURNS den Unsichtbaren als direkte Fortsetzung, für die Spezialeffekte gab es 1941 eine Oscarnominierung. Im gleichen Jahr noch erschien die dritte Verfilmung THE INVISIBLE WOMAN, nun mehr nur noch nach Motiven von H. G. Wells, und machte Virginia Bruce zur Unsichtbaren. Nach zwei weiteren Filmen mit dem Unsichtbaren hieß es auch am Ende dieser Universal Filmreihe ABBOT & COSTELLO MEETS THE INVISIBLE MAN, bevor man den Unsichtbaren für einige Jahre aus den Augen verlor.

 

Bereits die letzten Universal Filme waren mehr Abenteuer, Slapstick und Screwball Comedy als Horror, auch im späten Wiedersehen mit dem Unsichtbaren in JAGD AUF EINEN UNSICHTBAREN von 1992 gibt es romantic comedy statt Sci-Fi Horror. Die Hammer Studios haben diesen Stoff nicht adaptiert, schade. Dafür trat der Unsichtbare im Jahr 2000 dann endlich wieder in einem Horrorfilm auf und verbreitete in HOLLOW MAN von Paul Verhoeven gehörig Angst und transparenten Schrecken.

 

Trotz superber Spezialeffekte und moderatem Einspielergebnis gelang es HOLLOW MAN nicht, qualitativ an die Universal Klassiker heranzukommen, die Fortsetzung kam nur noch direct-to-disc auf den Markt, war aber gar nicht mal so übel. Aber auch hier strebten die Universal Studios eine Neuauflage an, die im Jahr 2019 mit THE INVISIBLE MAN von Leigh Whannell in die Kinos kam. Stark modernisiert und wieder back to the horror roots geriet die Neuverfilmung zum bislang besten Output der Universal Pictures Neuauflagen, die mittlerweile eine eigene Franchise bildeten – das Universal Dark Universe.

 

 

HOLLOW MAN

Kevin Bacon in HOLLOW MAN (2000) von Paul Verhoeven

 

Mit dem Dark Universe allerdings ist Universal Pictures einige Male gestolpert. Nach dem Erfolg von DIE MUMIE 1999 begann das Studio, die alten Horrorstoffe für sich stehend im Kino neu zu beleben, darunter das Monster Mashup VAN HELSING inklusive Dracula, Frankenstein und dem Wolfsmenschen, es folgten WOLFMAN und DRACULA UNTOLD. Als 2017 Universal Pictures ihr Dark Universe als Franchise dann offiziell mit THE MUMMY vorstellte, floppte ausgerechnet dieser Startschuss und machte die großen zusammenhängenden Pläne dezent zunichte. Mit THE INVISIBLE MAN von Leigh Whannell ging man dann einen anderen Weg, ließ das Gesamtkonzept fallen und fokussierte Einzelfilme, kreativ wie kommerziell ging dieser Ansatz auf.

 

 

Elisabeth Moss in DER UNSICHTBARE (2020) von Leigh Whannell.

 

Das Konzept des zusammenhängenden Monsterfilm Universums war nicht neu, bereits FRANKENSTEINS HAUS und die ABBOTT & COSTELLO Filme vereinten die verschiedenen Universal Horrorfiguren in Crossovern. Neben dem inzwischen fallen gelassenen Dark Universe aber gab und gibt es noch ein weiteres Franchise mit monströsen Aufeinandertreffen. Beide Hauptfiguren habe ich hier ebenfalls eingeladen, das Problem ist nur der Platz, denn es handelt sich um zwei kolossale Schwergewichte.

 

Riesige Monster von Schädelinseln und Atomatollen

 

Während die Universal Filmmonster allesamt aus Literaturvorlagen stammten, produzierte im Jahr 1933 die kleine und fast am finanziellen Ruin stehende Produktionsfirma RKO Pictures Inc. einen abenteuerlichen Horrorfilm mit einer eigens erdachten Kreatur – KING KONG wurde damit das erste frei erfundene Filmmonster der Filmgeschichte. Bei KING KONG handelte es sich um einen riesigen Menschenaffen, der mittels Stop Motion Tricktechnik auf der Leinwand zum Leben erweckt wurde und ein großes Publikum in Angst und Schrecken versetzte. KING KONG wurde weltweit zum Kassenhit und bewahrte die RKO Pictures Inc. vor dem Bankrott.

 

 

King Kong 1933

KING KONG UND DIE WEIßE FRAU (1933) von Merian C. Cooper & Ernest B. Schoedsack

 

Durch den gigantischen Erfolg entstand bereits im selben Jahr die echte Fortsetzung um THE SON OF KONG, welcher ebenfalls auf der geheimnisvollen Insel Skull Island hauste. Auch in Japan war KING KONG überaus erfolgreich und jene Firma, die das Original aus dem Jahr 1933 in Japan in die Kinos brachte, produzierte darauf einen ersten eigenen Kurzfilm um den Riesenaffen. 1938 folgte mit KING KONG ERSCHEINT IN EDO ein weiterer inoffizieller japanischer King Kong Film, welcher einer der Vorläufer eines neuen Subgenres war – des japanische Monsterfilms, auch Kaijū Eiga genannt.

 

 

King Kong Movies

KING KONGS SOHN (1933) von Ernest B. Schoedsack, WASEI KINGU KONGU (1933) von Torajiro Saito & KING KONG ERSCHEINT IN EDO (1938) von Sōya Kumagai

 

Im Gegensatz zu Universal Pictures Horrorfilmoffensive blieb es in den USA zunächst bei den beiden RKO King Kong Filmen und auch Kongs Leinwandausflug nach Japan war nur von kurzer Dauer. Dort aber brodelte etwas zwischen den Erdplatten. Im Jahr 1954 schlug Produzent Tomoyuki Tanaka den japanischen Tōhō Studios einen Monsterfilm nach Vorbild von PANIK IN NEW YORK vor, ein US-Erfolgsfilm des Vorjahres. In seiner Idee verarbeitete Tanaka einen aktuellen Vorfall um einen japanischen Fischkutter, der aufgrund amerkanischer Atombombentests radioaktiv kontaminiert wurde. Im Mittelpunkt stand ein Monster, eine Mischung aus Gorilla und Wal, Gojira genannt, in der westlichen Welt wurde er unter dem Namen Godzilla berühmt.

 

 

Godzilla 1954

GODZILLA (1954) von Ishirō Honda

 

Nach der Uraufführung im November 1954 wurde GODZILLA von Regisseur Ishirō Honda zu einem riesigen Leinwanderfolg, welcher im Jahr 1955 die Fortsetzung GODZILLA KEHRT ZURÜCK spendiert bekam. Bereits in GODZILLA KEHRT ZURÜCK wurde die Idee aufgegriffen, Godzilla gegen ein anderes Riesenmonster namens Anguirus antreten zu lassen. Hatte GODZILLA 1954 das Kajiu Eiga Genre begründet, fügte Godzillas Rückkehr 1955 dem japanischen Monsterfilm ein wichtiges Element hinzu – das Monsterbattle.

 

 

Auch in den Staaten verfolgte man den Erfolg von Godzilla, der dort 1956 in leicht veränderter Form als GODZILLA KING OF THE MONSTERS in die Kinos kam. So wirklich wollte man diese Kampfansage nicht auf sich sitzen lassen, immerhin galt dort KING KONG als König der Monster. Dort lag bereits eine Idee für ein mögliches KING KONG GEGEN FRANKENSTEIN in der Schublade, doch es kam anders. Die RKO veräußerte die Rechte an King Kong an die Tōhō Studios, die sowohl Godzilla als auch King Kong eine weitere Verfilmung spendierten – KING KONG GEGEN GODZILLA, der 1962 in die japanischen wie US-amerikanischen Kinos kam, war gleichzeitig der dritte offizielle King Kong Film und sowohl für Kong als auch für Godzilla war es der erste Filmauftritt in Farbe.

 

 

KING KONG GEGEN GODZILLA

KING KONG GEGEN GODZILLA (1962) von Ishirō Honda

 

Zu einem weiteren Monster Mashup kam es 1967 mit KING KONG – FRANKENSTEINS SOHN, das zweite japanische Crossover zwischen den Giganten. Damit war es aber erstmal vorbei mit dem japanisch-amerikanischen Monsteraustausch. Für Godzilla ging in Japan die Reise weiter durch verschiedene Zeitepochen, nach denen die Filme gegliedert wurden, die sogenannte Showa Phase zwischen 1954 und 1975 umfasste 16 Filme, die darauffolgende Heisei Phase bis 1995 weitere sieben Godzilla Verfilmungen.

 

 

Ab 1965 hielt ein weiteres Monster namens Gamera Einzug ins Kaiju Genre, beginnend mit GAMERA – FRANKENSTEINS MONSTER AUS DEM EIS, dem elf weitere Gamera Filme folgten. Die US-amerikanischen wie deutschen Filmtitel sind ein völliger Wirrwarr, scheinbar wahllos wurde sich der Begriffe Frankenstein oder King Kong bedient, obwohl die Filme mit diesen Figuren rein gar nichts zu tun hatten. In Japan waren die Kaiju Eiga Kulturgut, auf dessen Erfolg US-Produzenten durchaus neidisch schielten.

 

 

KING KONG 1976

KING KONG (1976) von John Guillermin

 

So ging es auch für King Kong nach seinem Japan Ausflug im US-Film weiter, zunächst mit dem Remake KING KONG von Produzent Dino De Laurentis aus dem Jahr 1976 mit Jessica Lange und Jeff Bridges. Starbesetzt mit Linda Hamilton (TERMINATOR) war auch die Fortsetzung KING KONG LEBT aus dem Jahr 1986, ebenfalls inszeniert von Regisseur John Gullermin (FLAMMENDES INFERNO), der allerdings an der Kinokasse floppte. In den Staaten war damit die Kong Franchise für knapp 20 Jahre tot.

 

 

Godzilla 1998

GODZILLA (1998) von Roland Emmerich

 

Besser erging es dem US-amerikanischen GODZILLA, der erstmals 1998 mit der Columbia TriStar Produktion unter Regie von Roland Emmerich in die Kinos kam. Doch GODZILLA 1998 war bei den Kajiu Fans nicht sonderlich beliebt, änderte Emmerich doch einige entscheidende Facetten um das Monster, was ihm den Spottnamen GINO für Godzilla In Name Only einbrachte. Trotzdem war die erste Godzilla Verfilmung außerhalb Japans mit einem Einspielergebnis von 370 Millionen US-Dollar überaus erfolgreich.

 

King Kong Versus Godzilla

 

Nach Punkten führte also Godzilla, doch King Kong holte im Jahr 2005 zum Gegenschlag aus. LORD OF THE RINGS Regisseur Peter Jackson verwirklichte seinen Traum eines Remakes des Original KING KONG Film aus dem Jahr 1933 und drehte mit KING KONG 2005 wieder einen Kassenschlager um den beliebten Riesenaffen. In epischer Länge von drei Stunden, revolutionärer Motion Capturing Tricks und klassischer Abenteuer Atmoshpäre gelang es Peter Jackson, einen modernen Klassiker zu inszenieren, der dem Erbe des Originalfilms Respekt und Erfurcht erwies und im dramatischen Finale zu Tränen rührte.

 

 

KING KONG 2005

KING KONG (2005) von Peter Jackson

 

Das Battle war wieder voll im Gange, mit Punktsieg für King Kong. Um beide aber erneut aufeinandertreffen zu lassen, musste erstmal der US-Godzilla nach Emmerich rehabilitiert werden. 2010 erwarb die US-amerikanische Produktionsfirma Legendary Pictures erneut die Rechte an Tōhōs Godzilla und beauftragten Regisseur Gareth Edwards mit einem Reboot der Marke für den US-Markt. Es sollte bis 2014 dauern, als GODZILLA 3D endlich in den Kinos startete.

 

Mit 529 Million US-Dollar Einspielergebnis über die Maßen erfolgreich konnte Legendary Pictures nun einen Plan ins Auge fassen, ein eigenes Monster Franchise namens MonsterVerse zu verwirklichen. Gegenüber Godzilla hatte man in Design und Wirkung bereits mehr Respekt gegenüber den Tōhō Studios gezollt als in der Emmerich Version. Bevor man aber Godzilla erneut auf King Kong treffen lassen würde, musste man auch die Marke Kong nochmal neu aufbauen.

 

So erschient 2017 zunächst ein neuer Film um King Kong mit KONG: SKULL ISLAND, trashig, aber ungemein unterhaltsam und wuchtig. 2019 folgte eine Fortsetzung zu GODZILLA 3D mit GODZILLA: KING OF THE MONSTERS und ein deftiges Monsterbattle zwischen Godzilla und Mothra, Rodan sowie King Ghidorah. Innerhalb von Legendary Pictures gab es Überlegungen, auch die hauseigene Produktion PACIFIC RIM ins MonsterVerse einzubinden, aber daraus wurde nicht. Stattdessen standen nach zwei Godzilla Filmen und einem neuen King Kong Streifen endlich alle Lichter auf Grün für eine zünftige Keilerei der Riesenmonster.

 

 

GODZILLA 3D

GODZILLA 3D (2014) von Gareth Edwards

 

Im März 2021 war es dann endlich soweit – GODZILLA VS. KING KONG startete in den Kinos und beide kämpften um die Frage, wer nun wirklich König der Monster sei. 58 Jahre nach dem Duell in KING KONG GEGEN GODZILLA endete das Monster Battle allerdings unentschieden, zu populär waren beide Filmmonster, als das man die Fangemeinde spalten wollte. Stattdessen kloppten sich beide Giganten mit dem beliebten Mechagodzilla, der seinen ersten Auftritt 1974 in GODZILLA VS. MECHAGODZILLA hatte.

 

 

Monsterverse

MonsterVerse – KONG: SKULL ISLAND (2017) von Jordan Vogt-Roberts, GODZILLA: KING OF THE MONSTERS (2019) von Michael Dougherty & GODZILLA VS. KONG (2021) von Adam Wingard

 

Im Gegensatz zu Universals Dark Universe ging das Konzept von Legendarys MonsterVerse zumindest finanziell auf, der Erfolg der neuen Monsterfilme um Godzilla, King Kong und Konsorten wird mit Sicherheit weitere Filme in der Zukunft bereithalten. Zunächst ist da die Animationsserie SKULL ISLAND, offizieller Teil des MonsterVerse, welche Legendary exklusiv für Netflix produziert. Auch neue Filme sind im Gespräch, gerüchteweise soll einer davon ein Remake von SON OF KONG aus dem Jahr 1933 sein.

 

Geheimakte Yeti

 

Nun wollte ich eigentlich schon meine nächsten Gäste vorstellen, welche bereits an der Tür scharren, aber ein leises Schluchzen hinter dem Kühlschrank lässt mich noch einen kleinen Absatz hinterherschieben. Im Duell der Giganten Godzilla und King Kong fühlt sich ein weiteres Filmmonster ein wenig vernachlässigt. Manche wissen nicht einmal, um was es sich wirklich handelt, Yeti, Schneemensch, Bigfoot, in jedem Fall ein haariges Biest, welches schon manchen Wissenschaftler wie Filmfan genarrt hat.

 

 

YETI, DER SCHNEEMENSCH

YETI, DER SCHNEEMENSCH (1957) von Val Guest

 

Zum einen gibt es die tibetanische Legende vom Yeti, der im Himalaya haust, einen Bär oder eine vergessene Menschenrasse darstellen soll, niemand weiß was genaues, außer die Filmfans, die konnten bereits 1957 einen Blick auf die sagenumwobenen Gestalt erhaschen. Mit YETI, DER SCHNEEMENSCH nahmen sich die Hammer Studios neben Frankenstein, Mumie und Co. auch diesem Filmmonster an, selbstverständlich mit Peter Cushing in der Hauptrolle.

 

Wenn es in nordamerikanischen Gefilden um einen Schneemenschen geht, spricht man aber eher vom Bigfoot, in Kanada nennt man das Wesen Sasquatch, der in den Rocky Mountains bzw. in den Appalachen hausen soll. Vor allem in den 70er Jahren erschienen einige Filme um das hünenhafte Zottelvieh, großen Erfolg an der Kinokasse hatte er aber nie, was wohl auf sein eher trashiges Aussehen zurückzuführen ist. Dafür kann der Schneemensch im Horrorfilm durchaus Spannung generieren.

 

Die frühen Yeti oder Bigfootfilme stellten das Monster eher unfreiwillig komisch dar, spätere Horrorstreifen verstanden die Suche nach der Legende aber dramaturgisch als eine Art Alien Verschnitt, je weniger man von dem Wesen sah, desto spannender wurde die Materie. In WILLOW CREEK wurde das mittels Found Footage umgesetzt und das gar nicht mal so schlecht. Auch ABOMINABLE aus dem Jahr 2006 gehört zu den besseren Filmen über Bigfoot, in dem es zudem recht blutig zur Sache ging.

 

 

Yeti Movies

THE LEGEND OF BOOGEY CREEK (1972) von Charles B. Pierce, THE ABOMINABLE (2006) von Ryan Schifrin & EXISTS (2014) von Eduardo Sánchez

 

Gegenüber Kong hatte der Schneemensch aber keine Chance, durch die Legende und angebliche Sichtungen aber war er filmisch nicht uninteressant. Doch Yeti, Bigfoot oder Sasquatch hatten das Einsehen, im Kampf der Monster keinen Blumentopf zu gewinnen und nahmen ab 2000 vor allem Jobs in CGI Animationsfilmen für Kinder an, dort wimmelt es nur so von putzigen Schneemenschen. Aber wer weiß, vielleicht hat auch der Yeti oder Bigfoot irgendwann in Zukunft noch eine Chance auf einen großen Kinohit.

 

My Lovely Little Creature (Feature)

 

Die berühmten Monster der Filmgeschichte haben es auf so unzählige Variationen, Fortsetzungen, Remakes oder Reboots gebracht, dass sie zum Teil selbst zu Subgenres wurden. Genretechnisch ist der Begriff Monster allerdings schwierig zu definieren, besser funktioniert die englische Bezeichnung Creature und das dazugehörige Genresammelbecken, das Creature Feature. Abgrenzungen bestehen zum Tierhorrorfilm, in dem sich zwar boshafte Tierkreaturen formieren, die aber allesamt reale Lebenwesen sind. Geister und Dämonen wiederum bilden ebenfalls ihr eigenes Subgenre, genau wie Schlitzer und Zombies, während Vampire und Werwölfe durchaus zum Creature Feature dazu gezählt werden können. Aber darüber hinaus?

 

 

CREATURE FROM THE BLACK LAGOON

CREATURE FROM THE BLACK LAGOON (1954) von Jack Arnold

 

Abseits der großen Franchise und Sammelsurien um Mumien oder Riesenaffen gab es diverse Filmmonster originärer Herkunft, von Klassikern wie CREATURE FROM THE BLACK LAGOON oder THE SWAMP THING bis zu aktuellen Horrorschockern wie FEAST, THE MONSTER oder AFTER MIDNIGHT. Ein Monster ist immer auch ein Symbol für die Angst, es zu töten heißt auch, die Angst an sich zu besiegen. Monster können im Horrorfilm durchaus vielschichtig sein, auf Legenden beruhen oder nicht per se als böse gelten.

 

 

Einige interessante Filmmonster basieren auf Legenden, auf Verschwörungstheorien oder Halbwahrheiten wie der Yeti oder haben folkloristische wie märchenhafte Wurzeln. Im Regiedebüt von Effektspezialist Stan Winston wird das Rachemonster PUMPKINHEAD erweckt, welches fortan Jagd auf Jugendliche macht. Die PUMPKINHEAD Reihe um das frei erfundenen Halloween Monster besticht durch düstere Atmosphäre und ein erstklassiges Monsterdesign, welches eine Grundsäule des Creature Feature ist. Doch es gibt auch Monsterwesen, bei denen man sich nicht sicher ist, ob sie existieren oder nur Hirngespinste sind.

 

 

PUMPKINHEAD

DAS HALLOWEEN MONSTER (PUMPKINHEAD, 1988) von Stan Winston

 

Ein berühmtes Beispiel neben dem Yeti ist die Sichtung eines Monsters im Jahr 1966, ein geflügelter Halbmensch mit roten Augen, welches in der US-amerkanischen Kleinstadt Point Pleasent, West Virginia gesichtet wurde – der unheimliche Mothman. Ein Jahr nach den Sichtungen kam es in Point Pleasent zu einem schrecklichen Unfall, als eine Brücke einstürzte und 46 Menschen ertranken. Der Mothman wurde als Vorbote des Unglücks bezeichnet und wurde eine amerikanische Monsterlegende der Neuzeit. In THE MOTHMAN PROPECIES werden Mutmaßungen und Fakten zu einem superben Mystery Horrorthriller verdichtet, die nachfolgenden Mothman Filme eher traditionelle Creature Feature.

 

 

Auch die Filmreihe um JEEPERS CREEPERS wurde vom Mothman inspiriert, aber auch durch durch eine Figur der englischen Folklore, den Spring Heeled Jack, der nach angeblichen Sichtungen auch in den USA zur urbanen Legende wurde. Mythische Monster sind innerhalb des Monsterfilms ein eigenes Kapitel, zu der auch Trolle oder der Leprechaun gehören. In Filmen wie TROLL oder LEPRECHAUN aber verlassen sie ihre Herkunft aus dem Bereich Fantasy und werden zu wirklichen kleinen Monstern, teuflisch und hinterlistig. Sie gehören ebenfalls zum Monsterfilm wie Frankensteins Kreatur, die eben auch menschliche Wesenszüge hat.

 

 

Mothman Jeepers Creepers

THE MOTHMAN PROPHECIES (2002) von Mark Pellington, MOTHMAN – DIE RÜCKKEHR (2010) von Sheldon Wilson & JEEPERS CREEPERS (2001) von Victor Salva

 

Auch stimmt es nicht, dass grässliche Monster immer riesig sein müssen. Ab den 80er Jahren kam es zu einer Reihe von Filmen, die gut und gern in die Subgenreschublade Mini Monster passen. Der Hype um Kleinstmonster geht auf den Klassiker GREMLINS von Joe Dante aus dem Jahr 1984 zurück. Joe Dante erdachte sich eine komplexe Monsterfolklore mit Regeln für den Hausgebrauch, denn der Ursprung des Schreckens lag in dem kleinen süßen Mogwai Gizmo, der allerdings, mit Wasser in Berührung kommend, neue Mogwais entstehen lässt, die sich wiederum in die Monster Gremlins verwandeln sollte man sie nach Mitternacht füttern.

 

 

GREMLINS

GREMLINS – KLEINE MONSTER (1984) von Joe Dante

 

Auch Gremlins haben eine Legende innerhalb der britischen Luftwaffe, welche die Monster für Flugzeugschäden verantwortlich machten. 2021 erschien zur Legende der passende Creature Horrorfilm SHADOW IN THE CLOUD. Nach GREMLINS kam es bereits in den 80ern zu einer Hochzeit für Mini Monster, die bekanntesten Nachahmer waren sicherlich die CRITTERS, zwar außerirdischen Ursprungs, aber dennoch klassische Filmmonster mit 50er Jahre Sci-Fi Horrorvibe.

 

Neben den Gremlins und den Critters gab es Mitte der 80er eine Vielzahl von Mini Monstern, allesamt weit entfernt von der Mystik eines Gizmo, aber auch der blutrünstigkeit der Critters. Durch dämonische Beschwörungen erwachten 1985 die GHOULIES, die eher niedlichen Monster aus Weichplastik brachten es auf drei Fortsetzungen. Vom GREMLINS Hype wurden auch die SPOOKIES inspiriert, die 1986 über die Leinwände wuselten, ein filmisches Desaster, aber mit durchaus gelungenen Creature Effects.

 

Jeder wollte etwas vom GREMLINS Mitternachtskuchen abhaben, so auch Joe Dantes Cutterin Tina Hirsch, die 1987 das Pendant MUNCHIES inszenierte. Flink, boshaft und behaart waren auch die HOBGOBLINS, die es 1988 und 2009 auf zwei Filme brachten. Traditionelle GARGOYLES spielten in diversen Fantasy- und Horrorfilmen Nebenrollen und bekamen 1972 einen eigenen Film spendiert, auch hier hatte Effektspezialist Stan Winston seine Finger im Spiel. Mit PUPPET MASTER um boshafte Spielzeugpuppen endete der kurze Hype um Mini Monster Ende der 80er, die Filmreihe von Produzent Charles Band überlebte allerdings bis heute.

 

 

Mini Monster Movies

GHOULIES (1985) von Luca Bercovici, HOBGOBLINS (1988) von Rick Sloane & SPOOKIES – DIE KILLERMONSTER (1986) von Genie Joseph, Brendan Faulkner & Thomas Doran

 

Monster, ob groß oder klein, sind eine langlebige und überaus beliebte Spielart des Horrorfilms, wegen phantasievoller Designs, der handgemachten Effekte oder des schieren Größenwahnsinns innerhalb zünftiger Monsterbattle. Ich liebe Creature Feature, jedes Jahrzehnt der Filmgeschichte brachte coole Monster hervor, auch heute gibt es sie noch zahlreich. Ich weiß wovon ich rede, denn nun sitzen sie hier bei mir mit Partyhütchen auf dem Kopf. Frankensteins Monster wickelt gerade die Mumie aus, King Kong spielt mit den Critters Bowling, King Kong ist paralysiert vom Wackelpudding und die Ghoulies reinigen den Toilettenabfluss. Nur den Unsichtbaren sehe ich nirgendwo. Wenn sie wieder weg sind, kann ich hoffentlich beruhigt schlafen. Doch wehe, ich habe noch weitere Horrorwesen vergessen. Ihr könnt ihnen ja im Kommentarbereich Tribut zollen. Happy Halloween!

 

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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.

 

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de