Die kleine Genrefibel Teil 95: Postapokalypse

Um gleich zu Beginn der Kleinen Genrefibel etwas apokalyptische Stimmung zu verbreiten, alles neigt sich mal dem Ende, auch das Genrefilmkompendium wird mit Teil 101 ein ebensolches finden. Was dann passiert, wissen wir alle. Der Himmel wird sich blutrot färben, Felder verdorren, die Flüsse trocknen aus, Katzen und Hunde beenden ihre Feindschaft und wenden sich gegen ihre Halter. Panik in den Straßen, es kommt zu Hamster- und Meerschweinchenkäufen, das Virus mutiert munter weiter und bekommt ein ganz böses Gesicht, die zivile Ordnung bricht zusammen. Während die Menschheit noch versucht, den Weltuntergang mittels nuklearen Massenvernichtungswaffeln aufzuhalten, kommt el final der Komet und macht klare Sache. So schön die Vorstellung der Apokalypse auch ist, sie verheißt vielmehr den Übergang in ein anderes Zeitalter, denn das Ende der Welt ist nur der Anfang der Endzeit.

 

 

 

 

Um die Stimmung wieder ein bisschen zu heben, das alles wird frühstens ab Januar 2022 geschehen. Machen wir hier also erstmal weiter im Text. Der Weltuntergang, Offenbarung des Johannes, der Tag des Jüngsten Gerichts, jahrhundertelang ein großes Thema der Menschheit, bis die Fiktion es zur Fiktion erklärte. Die Apokalypse, ein natürliches, übernatürliches oder künstlich erzeugtes Ereignis, welches den größten Teil der Menschheit vernichtet, egal ob durch göttliche Fügung, ein nukleares Inferno, Pandemien oder Umweltzerstörung, ist aber kein undenkbares Szenario. Die Fiktion, insbesondere der Film, hat diese Ängste mit speziellen Visionen geschürt, Alieninvasion, Zombieapokalypse, Machtübernahme durch künstliche Intelligenz. Doch noch eine weitere Genrefacette blickt über den Weltuntergangsteller hinaus und beschäftigt sich mit der Frage, wie es nach dem Ende weitergeht.

 

Apokalypse Ende Anfang Endzeit

 

Bei aller Faszination über das Ende der Welt geht es heute nicht direkt über die Apokalypse oder Filme, die den unwiderruflichen Weltuntergang thematisieren, sondern über die Zeit danach, die Postapokalypse, auch Endzeit genannt. Auch wenn Apokalypse und Postapokalypse selbstredend in Zusammenhang stehen, genretechnisch gibt es große Unterschiede. Apokalyptische Motive finden sich im Film nicht nur innerhalb der Science-Fiction, große Teile des Katastrophenfilms beschäftigen sich mit dem mehr oder weniger endgültigen Weltuntergang, Ängste um den Ausbruch von Pandemien werden auch im Horrorfilm gespiegelt. Ist die Welt aber erstmal darnieder gegangen, öffnet der Endzeitfilm die Pforte zu einem Subgenre zwischen Science-Fiction und Fantasy.

 

 

Mad Max Fury Road

Nicht alle Endzeitwelten sind Wüsten – der postapokalyptische Sumpf in MAD MAX: FURY ROAD (2015) von George Miller.

 

Enden apokalyptische Filme fast immer mit dem Weltuntergang, setzen Endzeitfilme später, oft jedoch sehr viel später an. Sind die Helden der Apokalypse noch getrieben, das Ende zu verhindern oder zumindest ihre eigene Haut zu retten, bestreiten Figuren im Endzeitfilm einen täglichen Kampf ums Überleben in der neuen postapokalyptischen Welt. Manchmal liegt der Weltuntergang so weit zurück, dass kaum noch Erinnerungen an die uns bekannte Zivilisation bestehen. Stattdessen finden sich die Figuren in einer neuen Ordnung wieder, neben der drastischen Veränderung des Lebensraumes und der Lebensbedingungen wird diese gezeichnet von gesellschaftlichen Umbrüchen, neuen (Überlebens)Regeln, vielmehr aber organisiertem Chaos.

 

 

Dystopie versus Endzeit

Von der Dystopie (1984) zu dystopischen Grenzgängern (CHILDREN OF MEN) bis zum klaren Endzeitfilm (BRIEFE EINES TOTEN).

 

Das führt zu einer ersten Stolperfalle im Genre. Sind Endzeitgeschichten Dystopien? Nicht in Gänze, eine Dystopie als mögliches negatives Szenario einer Gesellschaft kann von einem Weltuntergang beeinflusst sein, aber die meisten Dystopien definieren sich als Verschlechterung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Postapokalypse hingegen ist viel drastischer, wenn überhaupt, kann man die Endzeit als dystopischen Extremfall bezeichnen. Denn obwohl im Endzeitfilm in erster Linie die völlige Zerstörung des Lebensraumes thematisiert wird, welcher einen täglichen Survivalkampf nach sich zieht, bilden sich auch in diesem Subgenre neue Gesellschaftsformen wie Klans, Stämme oder Orden. Individuen geht es aber nur indirekt um Macht wie in der Dystopie, vielmehr ums nackte Überleben, die stetige Suche nach knappen Ressourcen oder die Erfüllung eines neuen Glaubensansatzes.

 

 

Endzeitfilm Dramaturgie

Dramaturgisches Hauptelement des Endzeitfilms ist die Suche – nach Treibstoff (MAD MAX 2), Wasser, Erde und Nutzpflanzen (WATERWORLD) oder zurück zum Glauben (THE BOOK OF ELI).

 

Der Endzeitfilm entstand in den 1950er Jahren vor allem aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges heraus und wurde genährt von neuen Weltuntergangsszenarien wie im Kalten Krieg, der Umweltzerstörung durch die zunehmende Industrialisierung oder der Angst vor Seuchen und Pandemien. Obwohl der Endzeitfilm eine gewisse thematische Breite besitzt, wurde er erst in den 80er Jahren als Subgenre stilistisch geprägt. Bis auf wenige Ausnahmen sind postapokalyptische Welten lebensfeindliche Wüsten mit Überresten der einstigen Kultur. Durch den zivilisatorischen Rückschritt weisen Endzeitfilme auch Parallelen zum Western auf, nicht nur ob der Dramaturgie und des Wüstenszenarios, auch hinsichtlich moralischer Aspekte und der Verrohung der Menschlichkeit.

 

 

The Road

Der Endzeitfilm übernimmt nicht nur visuelle Facetten des Western Genres – THE ROAD (2009) von John Hillcoat.

 

Die technische Evolution ist zurückgesetzt auf eine eher archaische Zeit, sei es weil Technik zerstört ist oder Ressourcen dafür fehlen. Die Endzeitwelt ist ein Ödland, nur vereinzelt entstehen neue Ballungen an Menschen in provisorischen Städten. Auch Figuren scheinen im Endzeitfilm fast immer gleich, Geschichten werden hauptsächlich über den Typus des einsamen Wanderers erzählt, welcher immer im Überlebenskampf und immer auf der Suche ist. Es gibt Figuren, die in der Endzeit seelisch zerbrechen, andere wiederum verlieren jegliche Würde und Humanität. In Endzeitfilmen geht es oft um die Frage, wie weit man als Mensch gehen kann oder muss, um zu überleben, bis sich eines fernen Tages die Zustände wieder normalisieren.

 

 

Endzeitfilm Figuren

Hauptfigurentypen im Endzeitfilm: der einsame Wanderer, getrieben von Rache oder der Suche nach Frieden (MAD MAX 2), der nach Macht strebende Tyrann (WATERWORLD) und die kämpferische Amazone (MAD MAX: FURY ROAD).

 

Neben dem Western gibt es im Endzeitfilm noch weitere Überlappungen mit Genres. Während die Science-Fiction das Subgenre als Zukunftsszenario deklariert, finden sich auch Einflüsse des Horrorfilms und der Fantasy. Ein großer Teil des modernen Endzeitfilms wird von der Zombieapokalypse bestimmt, eine Welt, in der ein Virus oder ähnliches die Menschheit zu tollwütigen Bestien mutieren lässt. Mutationen allgemein sind ein großes Thema im Endzeitfilm, basieren viele derer Welten doch auf eine Zerstörung durch nukleare Waffen. Das Entstehen von Mutanten wird im Grenzbereich von Science-Fiction und Fantasy beschrieben. Wurde die Apokalypse durch eine Alieninvasion entfacht, kämpfen die Überlebenden aber auch gegen diverse außerirdische Schreckgestalten.

 

 

Endzeitfilm Crossover

Endzeitwelten, aber keine klassischen Endzeitfilme – Genre Crossover mit Fantasy bzw. Steampunk in MORTAL ENGINES: KRIEG DER STÄDTE, die Zombieapokalypse (PENINSULA) sowie die Behandlung von Endzeitfragen mit komödiantischen Mitteln (THE LAST MAN ON EARTH Serie).

 

Wir wollen heute aber auf den klassischen Endzeitfilm schauen, welcher seine Hochzeit in den 1980er Jahren hatte. Das schließt einige Filme aus, die durchaus in Endzeiten spielen. Die Filmreihe um den TERMINATOR als Beispiel für eine künstliche Intelligenz als Weltenzerstörer haben wir bereits in der Kleinen Genrefibel Teil 11. A.I. AKA K.I. behandelt, um den PLANET DER AFFEN ging es schon in der Kleinen Genrefibel Teil 55: Sci-Fi Visions. Auch die allseits beliebte Zombieapokalypse haben wir bereits thematisiert, bleibt denn überhaupt noch etwas übrig als kerniges Endzeitszenario? Auf jeden Fall, denn der klassische Endzeitfilm als Subgenre wurde in einer ganz anderen Auslegung stilprägend.

 

Nach Sintflut, Kometen und Kernwaffenregen

 

Ein früher Film im Grenzbereich zwischen Apokalypse und Postapokalypse war die dänische Produktion DAS JÜNGSTE GERICHT aus dem Jahr 1916. Er gilt als einer der ersten Science-Fiction Filme und war zudem ein Vorläufer des späteren Katastrophenfilms. Beeinflusst wurde das Werk von zwei weltgeschichtlichen Ereignissen, das Vorbeiziehen des Halley’schen Kometen im Jahr 1910 und die Eindrücke des damals wütenden Ersten Weltkrieges. Die Beobachtung eines Kometen, der sich der Erde nähert, führt zu einem apokalyptischen Szenario der Unruhe, der Film zeigt aber auch die Zerstörung von Städten durch Meteoriteneinschläge, den Anstieg des Meeresspiegels und die Suche nach Überlebenden und schafft so eines der ersten Endzeitszenarien der Kinogeschichte.

 

 

VERDENS UNDERGANG

DAS JÜNGSTE GERICHT (VERDENS UNDERGANG, 1916) von August Blom

 

Der erste Film, der gänzlich in einer Endzeit spielt, ist THE LAST MAN ON EARTH aus dem Jahr 1924, der allerdings nichts mit dem gleichnamigen Endzeitfilm aus dem Jahr 1964 mit Vincent Price zu tun hat. In THE LAST MAN ON EARTH geht es um das damalige Zukunftsjahr 1950, in dem eine Seuche alle zeugungsfähigen Männer getötet hat und in dem die Welt nun von Frauen regiert wird. In jener trostlosen Zukunft aber wird ein Mann namens Elmer entdeckt, welcher noch fortpflanzungsfähig ist. Sogleich sind nun alle Frauen der Endzeitwelt hinter Elmer her. Obgleich THE LAST MAN ON EARTH als Komödie gedreht wurde, führte der Film doch in manchen Ländern zu Verboten, gleichzeitig etablierte die Story Grundzüge für spätere Endzeitgeschichten.

 

 

 

 

1936 erschien der wohl prägendste Science-Fiction Film für spätere Generationen –  WAS KOMMEN WIRD (THINGS TO COME) nach dem Roman The Shape of Things to Come von H. G. Wells, welcher auch am Drehbuch mitarbeitete. Der Klassiker erzählt in epischer Form einen Zeitraum von knapp 100 Jahren, beginnend im Jahr 1940, in dem ein Krieg ausbricht. Zum Kriegsgerät zählen bereits frühe Kampfroboter, welche nach drei Jahrzehnten die Zivilisation auf Erden ausgelöscht hatten. Nach einer verheerenden Seuche regieren nun Warlords in den zerstörten Städten, bis ein Fremder auftaucht und eine neue Weltordnung verspricht. WAS KOMMEN WIRD endet im Jahr 2036 in einer utopischen Gesellschaftsform, welche die Barbarei der Endzeit überwunden hat.

 

 

Was kommen wird 1936

WAS KOMMEN WIRD (1936) nach einem Roman von H. G. Wells von William Cameron Menzies

 

Die großen Motive jener frühen Endzeitfilme waren der Erste Weltkrieg, Pandemien wie die Spanische Grippe und Ereignisse wie die Sichtung von Kometen. Das Hauptmotiv der späteren Dekaden aber wurde die Angst vor dem atomaren Inferno, genährt durch die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki und dem Kalten Krieg mit einem beinahe Weltuntergangsszenario in den 60er Jahren. Zusammen mit der grassierenden Hysterie vor Alieninvasoren boomte das Science-Fiction Genre in den 50er Jahren und mit ihm erste Vorläufer des modernen Endzeitfilms.

 

 

Die letzten Fünf 1951

DIE LETZTEN FÜNF (1951) von Arch Oboler

 

Apokalyptische und postapokalyptische Stoffe gab es nun zuhauf. Während in DER JÜNGSTE TAG aus dem Jahr 1951 die Erde von der Zerstörung zweier nahender Himmelskörper bedroht wurde, kam im selben Jahr mit DIE LETZTEN FÜNF der erste Film in die Kinos, der das Überleben nach einem Atomkrieg thematisierte. DIE LETZTEN FÜNF mutmaßlich Überlebenden der Menschheit waren vier Männer und eine schwangere Frau, der Film etablierte als erster wichtige Merkmale des Endzeitfilms wie die Suche nach einer Zuflucht und die Veränderung moralischer Grundsätze nach dem Untergang der Zivilisation. Im Gegensatz zu eher trivialer Sci-Fi Ware der 50er Jahre war DIE LETZTEN FÜNF von ernsthafter und bitterer Tonalität.

 

CAPTIVE WOMEN von 1952 etablierte weitere Endzeitfilmelemente. Im postapokalyptischen New York nach einem nuklearen Dritten Weltkrieg bekriegen sich drei Stämme, die ungläubigen Norms, die christlichen Mutates und Räuber namens Upriver People, letztere sind auf der Suche nach den letzten fruchtbaren Frauen innerhalb der anderen beiden Stämme. Das Thema rivalisierende Gruppierungen auf der Suche nach knappen „Ressourcen“ wurde zum Hauptmotiv des Endzeitfilms.

 

Radioaktiv verseuchte Mutanten hielten mit PLANET DES GRAUENS 1956 Einzug ins Endzeitsubgenre. Nach der Rückkehr von einer Marsmission gerät die Crew eines Raumschiffes in eine Zeitdilatation und landet auf der postapokalyptischen Erde der Zukunft nach einem Atomkrieg. Dort gibt es nicht nur mutierte Spinnenwesen, auch ein großer Teil der Menschheit hat sich in einäugige, brutale Mutanten verwandelt. Die letzten verbliebenen normalen Menschen verkriechen sich in Höhlen und fassen zusammen mit den Raumfahrern den Plan, die Oberfläche des Planeten zurückzuerobern und eine neue Gesellschaft zu gründen.

 

 

Endzeitfilme 60er Jahre

LATE AUGUST IN THE HOTEL OZONE (1967) von Jan Schmidt, DAS LETZTE UFER (1959) von Stanley Kramer, DANACH (THE BED SITTING ROOM, 1969) von Richard Lester

 

In den 50er und 60er Jahren gab es eine ganze Flut von trivialen Science-Fiction Filmen, Geschichten über eine postapokalyptische Endzeit aber waren in diesen Dekaden zuerst relativ ernsthaft und düster. Den Höhepunkt bildete 1959 der Film DAS LETZTE UFER über die Besatzung eines U-Bootes, welches nach globalem Atomkrieg eine neue bewohnbare Heimat sucht und das vermeintlich verschonte Australien ansteuert. Doch die Reise findet kein wirkliches Happy End und gipfelt in einer hoffnungslosen Endzeitvision.

 

 

Planet der Affen

Hoppla, der PLANET DER AFFEN (1968) von Franklin J. Schaffner ist eigentlich die postapokalyptische Erde.

 

Diese Beklemmung des Endzeitfilms bestimmte das Subgenre in den 60er und 70er Jahren durchweg. 1968 schockierte der Film PLANET DER AFFEN das Publikum mit einer überaus bitteren Schlusspointe, Endzeitfilme der 70er Jahre wie GLEN AND RANDA, DER OMEGA MANN oder die Dystopie SOYLENT GREEN waren alles andere als Unterhaltungsware und durchweg pessimistisch geprägt. Zwar verfügten alle Filme bis in die späten 70er bereits über Grundmotive des modernen Endzeitfilms, doch erst eine andere Filmreihe sollte das Subgenre in den 80er Jahren zu einer Hochzeit bringen.

 

What A Lovely Wasteland

 

Im Jahr 1979 debütierte der australische Regisseur George Miller mit dem Film MAD MAX, in der Hauptrolle der damals 22jährige Mel Gibson. MAD MAX spielte in einer nicht genau definierten Zukunft, in der marodierende Rockerbanden auf Motorrädern die Straßen mit Gewalt und Mord überzogen. Das Rechtssystem schien zusammengebrochen und die Zivilisation am Scheideweg. Trotz dieses Hintergrunds war MAD MAX kein Endzeitfilm, sondern ein waschechter Rachethriller. Aber MAD MAX legte damit nicht nur den Grundstein für eine erfolgreiche Filmfranchise, sondern auch für den modernen Endzeitfilm.

 

 

Mad Max

MAD MAX (1979) von George Miller

 

Geboren wurde dieser 1981 mit der Fortsetzung MAD MAX 2 – DER VOLLSTRECKER, der trotz gleicher Hauptfigur kein echtes Sequel war, sondern viel mehr die Neudefinition der Endzeitwelt nach Miller. Die Zivilisation ist endgültig zusammengebrochen, die Welt ein postapokalyptisches Ödland, in der es nur um eins geht, die Suche nach Energie in Form von Treibstoff. Titelheld Max Rockatansky fährt mit einem modifizierten Ford Interceptor durch die Einöde, immer auf der Suche nach Benzin. Das führt ihn zu einer Raffiniere, welche als Festung umgebaut wurde und die von motorisierten Gesetzlosen belagert wird. Als Max es in die Festung schafft, schlägt er einen Handel vor, den Bewohnern bei der Flucht mit einem Tanklastzug voll Benzin zu helfen.

 

 

Mad Max 2

MAD MAX 2 – DER VOLLSTRECKER (1981) von George Miller

 

MAD MAX 2 war ein gigantischer Erfolg an der Kinokasse, kostete 4 Millionen US-Dollar und spielte weit über 100 Millionen US-Dollar wieder ein, machte Mel Gibson zum international bekannten Superstar und George Miller zu einer Furie von Regisseur, der für das gesamte Actionfilmgenre neue Maßstäbe setzte. Was aber MAD MAX 2 zur Sternstunde des Endzeitfilms machte, war die glaubhafte postapokalyptische Welt bis ins kleinste Detail innerhalb der Ausstattung. Miller erklärte diese Endzeitwelt nicht, sondern ließ sie visuell und dramaturgisch durch und durch glaubhaft entstehen.

 

Dabei war MAD MAX 2 mehr Western als Endzeit Science-Fiction, sowohl getrieben von einer klaren Westerndramaturgie als auch in Konsequenz der neuen Zivilisation, das Gleichnis der Suche nach Benzin statt Öl und in der Art der Waffen, meist Pfeil und Bogen und Armbrüste, welches mit dem Mangel an Munition glaubhaft erklärt wurde. Das Heer an Automobilen glich Pferden und Trecks, das Erobern der Raffiniere anstelle eines Forts entspricht ebenso dem Westernfilm.

 

1985 legten Miller und Gibson mit MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL nach und vertieften die postapokalyptische Welt, welche 15 Jahre nach den Ereignissen von Teil 2 noch archaischer wirkt. Während in der ersten Hälfte des Films noch die Brutalität des Ödlands in Form der Arenaspiele in der Donnerkuppel im Mittelpunkt steht („Zwei Mann geh’n rein, ein Mann geht raus.“), zeigt MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL in der zweiten Hälfte eine andere postapokalyptische Facette rund um eine Gruppe von Gestrandeten, die eine neue, friedliche Zivilisation aufbauen wollen. Mit dem dritten Teil schloss George Miller für 30 Jahre das MAD MAX Kapitel, doch das Endzeitspektakel kehrte 2015 noch einmal furios zurück.

 

 

Mad Max 3

MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL (1985) von George Miller

 

Mit MAD MAX: FURY ROAD zeigte 2015 der mittlerweile 70 Jahre Regisseur allen anderen Actionfilmemachern, wie handgemachte Stunt- und Pyrowahnsinn auch in Zeiten von CGI noch funktionieren kann. Mad Max, inzwischen mit Tom Hardy neu besetzt, kämpft hier gegen den üblen Tyrannen Immortan Joe, welcher die Wasservorräte in einer künstlichen Oase kontrolliert und Frauen als Gebärmaschinen und Milchlieferantinnen hält. FURY ROAD ist im Grunde eine einzige Actionsequenz um eine Verfolgungsjagd tief ins Ödland und zurück, aber erneut gelingt es Miller, eine bis ins kleinste Detail stimmige Endzeitwelt zu erschaffen wie nie zuvor.

 

 

Mad Max Fury Road

MAD MAX: FURY ROAD (2015) von George Miller

 

Die Endzeitwelt von MAD MAX 2 hat eine ganze Heerschar an Filmemachern versucht zu kopieren. Denn wenn wir von der Hochzeit des Endzeitfilms oder den modernen Endzeitfilm sprechen, geht es eigentlich um die zahlreichen MAD MAD 2 Klone, die nach dem Erfolg von Millers Opus 1981 weltweit aus dem Ödlandboden sprossen. MAD MAX 2 hatte den größten Einfluss auf das Endzeit Subgenre in Dramaturgie und World Building bis heute. Aber nur ganz selten wurde auch die Brillanz des großen Vorbildes erreicht.

 

Kieskuhlen Warrior

 

Die 80er Jahre wurden zum Mekka an MAD MAX 2 Rip Offs, allein 1983 erschienen sieben Klone des 1981er Kultfilms, nicht nur in den USA, sondern aus allen Teilen der Welt und alle folgten sie dem gleichen Endzeit Schema – Rache, Suche nach Wasser und Öl, Kriege zwischen Endzeitgruppen, obskure Kostüme, halbnackte Amazonen, kernige Onliner, Kämpfe in Kieskuhlen. Damit wurde der philippinische Regisseur Cirio H. Santiago zum Rekordhalter, was die Produktion von vergleichbaren Endzeitfilmen angeht.

 

 

Wheels of Fire 1985

DIE SOLO KAMPFMASCHINE (WHEELS OF FIRE, 1985) von Cirio H. Santiago

 

Mit STRYKER legte Santiago 1983 seinen Endzeit Erstling vor, in dem eine Gruppe von Frauen vom letzten Wasserreservoir der postapokalyptischen Welt wissen und deshalb gnadenlos gejagt werden, bis sich ein Fremder namens Stryker an ihre Seite stellt. In DIE SOLO KAMPFMASCHINE von 1985 überziehen Piraten das Ödland mit Plünderung und Mord, bis sich ihnen ein Straßenkrieger entgegenstellt, dessen Schwester von den Piraten entführt wurde. Auch in EQUALIZER 2000 wechselt ein Outlaw die Seiten, als ein Tyrann die eigenen Leute meuchelt und schließt sich einer friedlichen Gruppe von Rebellen an, was natürlich im Bandenkrieg endet.

 

 

Cirio H. Santiago Filme

Die Endzeitwelten von Cirio H. Santiago: STRYKER (1983), EQUALIZER 2000 (1987) und RAIDERS OF THE SUN (1992)

 

Im Endeffekt drehte Cirio H. Santiago immer den gleichen Endzeitfilm und schob mit RAIDERS OF THE SUN oder DUNE WARRIORS auch in den 90er Jahren kontinuierlich Endzeitware nach. All diese Produktionen waren von der Qualität eines MAD MAX 2 so weit entfernt wie Bartertown vom Grünen Land, sie waren extrem günstig, die Kulissen schäbig, die Ausstattung teilweise lächerlich und dennoch fanden diese Produktionen genug Zuschauer, um die Endzeitschmiede am Laufen zu halten.

 

 

 

Metropolis 2000

METROPOLIS 2000 (1982) von Enzo G. Castellari

 

Auch Italien mische in der Postapokalypse kräftig mit und wurde zu einem begehrten Produktionsland für Endzeitfilme. Diese hatten durchaus das ein oder andere Mal eine bessere Endzeitatmosphäre zu bieten als vergleichbare US-Billigproduktionen. Vor allem der italienische Regisseur Enzo G. Castellari war im Endzeitsubgenre umtriebig, 1982 legte er mit METROPOLIS 2000 einen der ersten MAD MAX 2 Klone vor, in dem der einsame Wolf Scorpion gegen postapokalyptische Raider antritt.

 

 

The Executor 1983

THE EXECUTOR (1983) von Giuliano Carnimeo

 

Im selben Jahr noch legte Castellari mit THE RIFFS nach, doch erst dessen beide Fortsetzungen kopierten MAD MAX 2 erneut völlig ungeniert. Aus Italien kamen zudem FIREFLASH von Exploitation Legende Sergio Martino oder THE EXECUTER von Giuliano Carnimeo und noch eine ganze Reihe weitere MAD MAX 2 Klone, die immer nach dem gleichen Muster abliefen. Neben dem Italo Western und dem Italo Slasher war der Italo Endzeitfilm der größte Importschlager des Landes.

 

Nach dem MAD MAX 2 Rezept funktionierten aber auch US-Produktionen, alle wunderbar trashig und infantil. Doch es gibt ein paar bemerkenswerte Trivia. 1987 erschien mit STEEL DAWN eine weitere MAD MAX 2 1:1 Kopie, Ödland, Wasser, Rache, derselbe Murks wie immer, aber recht prominent besetzt mit Patrick Swayze als Mad Max Rollendouble nebst Ehefrau. Auch der Soundtrack stammte von Queen Gitarrist Brian May, der auch den Score zu MAD MAX und MAD MAX 2 komponierte. Zur einzigen Abwechslung gab es mit STEEL DAWN diesmal auch Schwertkämpfe zu bewundern.

 

 

Steel Dawn 1987

Patrick Swayze in STEEL DAWN – DIE FÄHRTE DES SIEGERS (1987) von Lance Hool

 

Geradezu kurios wurde es mit HELL COMES TO FROGTOWN aus dem Jahr 1988 mit Roddy Piper. In der postapokalyptischen Welt gibt es keine fruchtbaren Männer mehr, außer natürlich Titelheld Sam Hell. Der wird von einer Art Regierung aus kriegerischen Krankenschwestern zu Befruchtungszwecken zwangsverpflichtet (inklusive Keuschheitsgürtel) und gezwungen, eine Horde fruchtbarer Frauen aus Frogtown zu befreien, die von Froschmutanten entführt wurden. So gaga das Ganze erscheint, am Ende haben Sam Hell und Amazone Spangle fünf Frauen befreit und fliehen in einem rosafarbenen Truck vor den ebenfalls motorisierten Froschverfolgern. Witzigerweise ähnelt das einem Plotstrang aus dem späteren MAD MAX – FURY ROAD. Endzeitsachen gibt’s?!

 

 

Hell comes to Frogtown

Roddy Piper in der prophetischen Zukunftsvision von MAD MAX: FURY ROAD HELL COMES TO FROGTOWN (1988) von Donald G. Jackson & R. J. Kizer

 

Kann es sein, dass es nach MAD MAX 2 trotz unzähliger Rip Offs keinem Film mehr gelang, das Konstrukt zumindest qualitativ annähernd zu kopieren? Nicht ganz, einmal ist dieses Vorhaben geglückt, in meinen Augen zumindest. 1995 erschien der Film WATERWORLD, welcher das MAD MAX 2 Konzept in nur einer entscheidenden Sache abänderte. Die postapokalyptische Zukunft hinterließ keine Wüsten, sondern einen Planeten, der komplett von Wasser umgeben war, wie der Filmtitel schon leicht andeutet. Der Rest ist MAD MAX 2, nur eben mit Wasser, aber Regisseur Kevin Reynolds und Produzent und Hauptdarsteller Kevin Costner schafften es, eine ähnlich detailgetreue Endzeitwelt zum Leben zu erwecken, in dem sie das Worldbuilding überaus ernst nahmen.

 

 

Waterworld

Kevin Costner in WATERWORLD (1995) von Kevin Reynolds

 

Bis in die kleinste Schiffsschraube ist WATERWORLD grandios ausgestattet, phantastisch ersponnen und actionreich gefilmt, Kevin Costner spielt einen ebenso wortkargen wie überzeugenden Mad Mariner, Dennis Hopper einen grandios durchgeknallten Warlord, WATERWROLD ist spannend, physisch und visuell durch und durch beeindruckend. Das fanden an der Kinokasse allerdings nur wenige Zuschauer, bei einen damals gigantischen Budget von 175 Millionen US-Dollar wurde WATERWORLD erst im Videoverleih kostendeckend. Die Filmkritik ließ auch kein gutes Haar an dem Endzeitspektakel, dennoch halte ich WATERWORLD für den besten MAD MAX 2 Klon schlechthin, der auch heute noch Spaß macht.

 

Beyond Ödland

 

MAD MAX 2 leitete den stilistischen Umbruch im Endzeitfilm der 80er Jahre ein, doch nicht alle postapokalyptischen Filmwerke waren nach diesem Muster gestrickt. Da eine globale Apokalypse überall auf der Welt gefürchtet wurde, befassten sich viele internationale Filmemacher mit der düsteren Zukunftsvision. Einen eher philosophischen Weg gingen Endzeitfilme aus Russland, neben den USA der Hauptprotagonist im Kalten Krieg. 1979, im Jahr von MAD MAX, kam Andrei Tarkovskys STALKER in die Kinos, ein Meilenstein des russischen Films wie auch des Endzeitfilms und er befasste sich mit der Postapokalypse deutlich tiefsinniger.

 

 

Stalker 1979

STALKER (1979) von Andrei Tarkovsky

 

In einer postapokalyptischen Welt führt ein Wanderer namens Stalker Fremde gegen Bezahlung durch ein verbotenes Gebiet namens „die Zone“. In der Zone soll ein Ort existieren, das „Zimmer“, in dem alle Wünsche und Geheimnisse erfüllt und offenbart werden. Die Reise des Stalkers durch die bildgewaltige Endzeitwelt mit einem Wissenschaftler und einem Schriftsteller wird zu einer philosophischen Betrachtung des Weltuntergangs und eine Odyssee ins Wahnhafte. Andrei Tarkovskys Meisterwerk ist beklemmend und hypnotisch, von bildgewaltiger wie erzählerischer Wucht und wirkt lange nach.

 

 

Briefe eines Toten

BRIEFE EINES TOTEN (1987) von Konstantin Lopuschanski

 

1987 kam ein weiterer russischer Endzeitfilm in die Kinos, nicht minder bedrückend und schwer verdaulich – BRIEFE EINES TOTEN von Konstantin Lopuschanski. Visuell und atmosphärisch schlägt BRIEFE EINES TOTEN jeden westlichen Endzeitfilm um Längen, die Bilder der zerstörten Welt, die Kinder mit Gasmasken und der unterirdische Bunker, in dem ein desillusionierter Wissenschaftler über seine Mitwirkung an der Apokalypse philosophiert, sind überaus bedrückend und alptraumhaft. Zur Review gehts hier lang.

 

 

Endzeitfilme 80er Jahre

Obskure Endzeit Kleinode: QUIET EARTH – DAS LETZTE EXPERIMENT (1985) von Geoff Murphy, DIE WELT IN 10 MILLIONEN JAHREN (WIZARDS, 1977) von Ralph Bakshi, SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS (1989) von Alex Proyas

 

Trotz ideologischer Unterschiede hatten alle Endzeitfilme weltweit eine ähnlich beklemmende Wirkung, egal ob philosophisch oder exploitativ. In den 80ern gab es neben den MAD MAX Rip Offs auch doppelbödige Perlen wie THE QUIET EARTH oder SPIRITS OF THE AIR, GREMLINS OF THE CLOUDS (hier gehts zur Retro Review). Trotz des Erfolges der MAD MAX Filme hielt der Endzeitfilm keinen sonderlich erfolgreichen Einzug ins Mainstreamkino, in den 90er Jahren floppten Filme wie WATERWORLD oder POSTMAN, erst ab der Jahrtausendwende und der Angst vor dem alles vernichtenden Millennium Bug wurde das Thema kommerzieller.

 

 

Der US-amerikanische Endzeitfilm profitierte von den Box Office Erfolgen des benachbarten Subgenres des Katastrophenfilms wie INDEPENDENCE DAY, ARMAGEDDON oder 2012. Roland Emmerichs THE DAY AFTER TOMORROW bebilderte zwar eine imposante Eisendzeit, war dramaturgisch aber durch und durch ein Katastrophenfilm. Mit I AM LEGEND kam 2007 die bereits dritte Verfilmung des Romans Ich bin Legende von Richard Matheson in die Kinos, in die Rolle des letzten Mannes auf Endzeiterden schlüpfte nach Vincent Price und Charlton Heston nun Will Smith und legte sich mit postapokalyptischen Vampirmutanten an.

 

I AM LEGEND (2008) von Francis Lawrence

 

Mit Tom Cruise kamen 2004 WAR OF THE WORLDS nach dem Roman von H. G. Well und 2014 EDGE OF TOMORROW in die Kinos, welche zwar reinrassige Alien Invasion Movies waren, aber über eine durchaus imposante Endzeitoptik verfügten. Mit OBLIVION drehte Cruise dagegen einen echten Endzeitfilm in einer postapokalyptischen Wüste, in der ein Drohnenmonteur die letzten Förderungen der Erdressourcen überwacht. OBLIVION ist ein durchaus origineller Science-Fiction Film mit Endzeitatmosphäre.

 

 

Endzeitfilme 2000

Endzeitspektakel in TERMINATOR: SALVATION (2009) von Joseph McGinty Nichol, menschenleere Schönheit in OBLIVION (2013) von Joseph Kosinski & der Endzeit Animationshit #9 (2010) von Shane Acker.

 

Aber auch dem MAD MAX Klon gab man 2010 noch einmal grünes Licht für eine Großproduktion mit THE BOOK OF ELI von den Hugh Brothers mit Denzel Washington in der Mad Max Gedächtnisrolle. Der einsame Wanderer Eli trägt die letzte verbleibende Bibel durch die postapokalyptischen Staaten von Amerika. Wie MAD MAX ist THE BOOK OF ELI im Kern ein Western, mehr als je zuvor. In einer Westernstadt trifft Eli auf den Tyrannen Carnegi, der schon lang auf der Suche nach einer Bibel ist, um seinen Führungsanspruch durch die vergessene Religion zu festigen. Doch es gab noch weitere MAD MAX Klone nach THE BOOK OF ELI.

 

 

The book of eli

THE BOOK OF ELI (2010) von Albert &, Allen Hughes

 

Einen eher verspielt surrealen Ansatz verfolgte 2016 THE BAD BATCH von Ana Lily Amirpour mit Jason Momoa, Suki Waterhouse, Keanu Reeves und Jim Carrey als Endzeitverrückten. James Franco wiederum inszenierte 2018 mit FUTURE WORLD puren Endzeit Edeltrash. Dass eine brutale Endzeitwelt aber auch innerhalb einer deftigen Retro Komödie funktionieren kann, bewies 2015 die kanadisch-neuseeländische Produktion TURBO KID mit Michael Ironside als fantastischer Endzeit Tyrann namens Zeus.

 

 

Endzeitfilm 2010

FUTURE WORLD (2018) von James Franco, THE BAD BATCH (2016) von Ana Lily Amirpour, TURBO KID (2015) von Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell & François Simard

 

Zudem war 2015 auch das Jahr des furiosen Comebacks von George Millers MAD MAX FURY ROAD, der postapokalyptische Film war also weiterhin recht lebhaft, vor allem direct-to-disc blühte das kostengünstige Subgenre. So gut wie alle Mainstream Endzeitfilme der 2000er Jahre hielten sich an die gängie MAD MAX 2 Rezeptur, vor allem an die Hauptfigur des einsamen Wanderers, doch das Subgenre wurde im folgenden Jahrzehnt doch noch einmal dramaturgisch variiert.

 

We’re the last of us

 

Eine neue Welle von düsteren wie ernsthaften Endzeitfilmen leitete 2009 THE ROAD nach einem Roman von Cormac McCarthy ein. Nach den einsamen Outlaws bestimmten nun mehr und mehr Zweierkonstellationen das Endzeit Subgenre und das führte vor allem zu mehr Figurenspannung. In THE ROAD ziehen Vater und Sohn durch die US-amerikanische Postapokalypse, müssen sich gegen Diebe und Kannibalen behaupten, um ihr Ziel, die Küste, zu erreichen. THE ROAD setzte zudem wieder auf bedrückendere Stimmung als andere Endzeitfilme in den Jahren zuvor und wurde zur Blaupause des neuen postapokalyptischen Endzeitdramas.

 

 

Viggo Mortensen und Kodi Smit-McPhee in THE ROAD (2009) von John Hillcoat

 

Diesem Muster folgten Filme wie LIGHT OF MY LIFE oder CARGO, Endzeitgeschichten gab es nun im Figurendoppelpack. Nicht immer musste eine nukleare Zerstörung der Erde als Erklärungsmodell herhalten, in INTO THE FOREST ist das Stromnetz der gesamten Westküste der USA sowie die Trinkwasserversorgung ausgefallen, was die beiden Hauptfiguren Nell und Eva zusammen mit ihrem Vater in Endzeitstimmung versetzt. Das interessante an INTO THE FOREST ist, dass die Endzeitgeschichte mit Figuren einer jungen und aktuellen Generation erzählt wird, die vor allem der fehlende Strom vor eine Herausforderung stellt.

 

 

Endzeitfilme Drama

LIGHT OF MY LIFE (2019) von Casey Affleck, INTO THE FOREST (2015) von Patricia Rozema & HOW I LIVE NOW (2013) von Kevin Macdonald.

 

In Z FOR ZACHARIAH nach dem gleichnamigen Roman von Robert C. O’Brien gibt es sogar eine Dreiergruppe Überlebender der Apokalypse, die sich in der Endzeitwelt behaupten muss, auch die zweite Romanverfilmung verzichtet auf Actionelemente und erzählt eine eindringliche Gesichte um Zwischenmenschlichkeit in der Endzeit. Ebenso erzählt der Film THE YOUNG ONES eine Familiengeschichte mit drei Figuren, der Film mischt bekannte Endzeit(western)szenarien wie Wasserknappheit und Überfälle von Gesetzlosen mit Coming of Age Elementen, toll besetzt mit Michael Shannon, Nicholas Hoult und Elle Fanning.

 

 

HELL Tim Fehlbaum

HELL (2011) von Tim Fehlbaum

 

Um eine Dreierkonstellation geht es auch im deutschen Endzeitfilm HELL von Tim Fehlbaum aus dem Jahr 2011, ein seltenes wie gelungenes Beispiel für einen deutschen Beitrag im Subgenre. In HELL haben Sonnenstürme die Welt in ein Endzeitinferno verwandelt, die Überlebenden Marie, Leonie und Phillip müssen sich nicht nur der lebensbedrohenden Sonnenstrahlung erwehren, sondern auch Kannibalen und einem stilechten Endzeitclan, was der postapokalyptischen Welt diverse Horrorelemente beifügt.

 

 

In der letzten Ausprägung des Endzeitfilm spielen Horrorelemente eine durchaus größere Rolle. Diverse aktuelle Filme weichen vom nuklearen postapokalyptischen Ansatz ab und entwerfen eine Endzeitwelt mit grausigen Mutanten oder Alieninvasoren. Diese Nische bespielte 2010 bereits MONSTERS von Garreth Edwards, in dem ein Pärchen die infizierte Zone durchqueren musste, in der es vor gefährlichen, krakenhaften Wesen wimmelt. Trotz des Horroreinschlags kommt MONSTERS überaus philosophisch daher.

 

 

MONSTERS Garreth Edwards

MONSTERS (2010) von Garreth Edwards

 

In A QUIET PLACE ist das gesellschaftliche Leben auf Erden durch eine Alieninvasion zusammengebrochen. Doch A QUIET PLACE ist nicht nur effektiver Sci-Fi Horror, sondern hält auch ein paar interessante Endzeitelemente bereit. Die Überlebenden, in dem Fall eine junge vierköpfige Familie, hat sich an die neuen Gegebenheiten der Endzeit angepasst, lebt autark auf einer Farm, die gegen die geräuschempfindlichen Aliens gut gesichert ist. Auch die Routinen in der Endzeit wie Nahrungssuche in verlassenen Städten und Läden sind im Subgenre stilsicher inszeniert, 2021 kommt hoffentlich noch die Fortsetzung in die Kinos.

 

 

a quiet place 2

A QUIET PLACE 2 von John Krasinski, ab September 2021 im Kino

 

Der Erfolg von A QUIET PLACE zog weitere Nachahmer nach sich, welche eine Endzeitwelt vor allem über Sinneserfahrungen dramatisieren. In BIRD BOX treiben herkunftslose Wesen die Menschen in den Selbstmord, sobald Sichtkontakt besteht, Schutz bietet nur Blindheit. So macht sich eine Mutter und ihren zwei Kindern mit verbundenen Augen auf eine Odyssee durch die neue postapokalyptische Welt. Interessante Crossover zwischen Endzeit und Horror bieten zudem die Filme VANISHING ON 7TH STREET und IT COMES AT NIGHT, welche interessante neue Aspekte einer Endzeitwelt spiegeln.

 

 

Endzeit Horror

IT COMES AT NIGHT (2018) von Trey Edward Shults, VANISHING ON 7TH STREET (2010) von Brad Anderson & THE SILENCE (2019) von John R. Leonetti.

 

Die Postapokalypse, ach wie ist sie doch schön, also schrecklich schön. So wirklich mag ja keiner den Weltuntergang, in der Fiktion aber ist er ein überaus reizvolles Thema. Filmvisionen wie MAD MAX 2 oder STALKER haben nicht nur Filmemacher inspiriert, auch Videospiele wie FALLOUT, METRO 2033, oder WASTELAND stehen seitdem hoch im Kurs der Genreliebhaber. Und zum besten Endzeitspiel schlechthin, THE LAST OF US, steht dem Endzeitfans wiederum eine Serienverfilmung bevor.

 

 

The Last of Us 2

Der Endzeit Spieleklassiker THE LAST OF US 2 (2020) – Teil 1 THE LAST OF US (2013) bekommt eine Serienadaption spendiert, mit Pedro Pascal (THE MANDOLARIAN) als Joel und Bella Ramsey (GAME OF THRONES) als Ellie.

 

Auch im Kino oder PayTV wird weiter auf Endzeitware gesetzt, aktuell mit der deutschen Serie TRIBES OF EUROPE auf Netflix, möglicherweise kehrt sogar der Genreprimus MAD MAX unter der Regie von George Miller zurück, angekündigt ist zudem ein MAD MAX FURY ROAD Prequel um FURIOSA. Und vielleicht haben wir auch Glück und leben irgendwann selbst einmal in einer schicken Endzeitwelt, natürlich nur unter der Bedingung, dass es noch funktionierende TV-Geräte und Blu-ray Player gibt.

 

 

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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.

 

Lesen Sie in der nächsten Folge:

 

 

 

 

One Comment

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    […] ihr kleinen Wühler, die Postapokalypse hätten wir überstanden, Willkommen in der Post-Postapokalypse, denn die Inzidenzen fallen, die […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de