Die kleine Genrefibel Teil 84: Space Opera

Die Nemesis 2 löste die Ventile der Hyperstasis und trat in die Sophektoren des halbdurchlässigen Null-Gravitationstores ein. Von den Monden des Aaat-G´hmor stieg blauer Dunst auf und veränderte das Farbspektrum der Kolonosphäre in ein tiefes Violett. Doch Captain Pearl schenkte diesem intergalaktischen Schauspiel keinerlei Beachtung, waren es doch nur noch wenige Augenblicke, bis die feindliche Armada des ruchlosen Jupitars, Imperator Kcenebuat Sukram III., am Horizont des Illuum Courhe auftauchen würde. Die Nemesis 2 hatte bereits tausende Flüchtlinge von der Oberfläche Aaat-G´hmors getrackt und war bereit zum Sprung ins Ozagen. Doch Captain Pearl zögerte. Würde er jetzt fliehen, wären die übrigen paonesischen Schiffe der Armada des Imperators schutzlos ausgeliefert. Denn kein Pilot konnte es mit den Abfangjägern des wahnsinnigen Warlords der OminiMech aufnehmen. Bis auf ihn.

 

 

 

 

Exotische Galaxien und Sternenhaufen, epische Weltraumschlachten, Wesen aus anderen Dimensionen, Expeditionen jenseits der Nebel des Orion – Willkommen in der Wunderwelt der Science-Fiction oder zumindest einem Teil davon. Für viele ist der Begriff Science-Fiction noch immer ausschließlich mit Raumschiffen und Aliens verbunden. Nicht unbedingt zu Unrecht, denn große Teile der Science-Fiction haben sich hingebungsvoll mit möglichen anderen Zivilisationen des unendlichen Weltenraums beschäftigt. Trotz der Überpräsenz von STAR WARS oder STAR TREK im Kino oder TV gilt unser heutiges Subgenre aber eher als Nische der Phantastik, wenngleich auch als eins mit der größten Imagination – die intergalaktische Space Opera.

 

Weltraumopern

 

Die wissenschaftliche Geschichtsschreibung als eine der großen Säulen der Phantastik beinhaltet die Weiterdenkung unserer gesellschaftlichen Zivilisation oder technischer Errungenschaften in die Zukunft, unterscheidet zwischen Utopien und Dystopien sowie Hypothesen über mögliche Szenarien des Kontaktes mit fremden Lebensformen. Doch ein Subgenre der Sci-Fi scheint noch freier in Gedanken und Vermutungen zu sein, ebenso in Genrezuweisungen – die Space Opera. Übliche Science-Fiction Elemente wie Funktionalität von Technik oder Logik spielen in der Space Opera eine eher untergeordnete Rolle. Dafür bedient sich das Subgenre vermehrt anderer Motive aus Märchen, Wildwestgeschichten, Ritterabenteuern und Fantasy.

 

 

Space Opera

In den 1930er und 1940er Jahren war die Vorstellung über die Zukunft und ein Leben im Weltall vorrangig eine abenteuerliche.

 

 

Die Space Opera, die Weltraum(seifen)oper, ist vielleicht der romantischste Teil der Science-Fiction, im Kern mehr abenteuerliche Unterhaltung als die analytischen Gedankenspiele um erdbezogene oder außerirdische Zivilisationen. Space Opera, das bedeutet vor allem Eskapaden in fremde Welten, Auseinandersetzungen zwischen intergalaktischen Völkern sowie unendliche Fernweh. Menschlichkeit und Entdeckertrieb, diese beiden Begriffe formten die Space Opera, entstammte der Terminus doch aus der Soap Opera, der Seifenoper um zwischenmenschliche Kabale und der Horse Opera, dem romantisierten Western, dessen Hauptziel die Entdeckung und Eroberung unbekannten Landes war. Das unbekannte Land der Space Opera aber lag in den Sternen.

 

 

Während andere Subgenres der Science-Fiction oft unbeteiligte Antihelden fokussieren und Grauzonen offenlegen, sind Space Operas klassische Abenteuergeschichten mit klarer Trennung zwischen Gut und Böse. Es gibt kernige Helden, finstere Widersacher, draufgängerische Frauenzimmer, vor allem aber Spaß und Action. Die Geschichten sind überaus handlungsorientiert, die Figuren klar gezeichnet, die Phantasie im Detail oft grenzenlos. Diese pulpigen Elemente verdankt die Space Opera ihren Ursprüngen in der Trivialliteratur des frühen 20. Jahrhunderts. Denn die Space Opera hat ihre Verankerung vor allem in der Literatur und lebt darin auch heute noch fort. Wenngleich George Lucas’ STAR WARS für das Subgenre einen filmgeschichtlichen Wendepunkt darstellt und häufig als Synonym für die Space Opera herhalten muss, hat die Space Opera wesentlich ältere Wurzeln.

 

 

Space Opera Literatur

Die literarischen Wurzel der Space Opera: Robert William Coles Roman “The Struggle for Empire: A Story of the Year 2236” (1900), E. E. „Doc“ Smiths Roman “The Skylark of Space” (1928) sowie die Pulp Magazine Amazing Stories, Astounding Stories, Astounding Science Fiction und Edmond Hamiltons „Captain Future“ (1940)

 

 

Die Ära der Space Opera begann wie die Sparte der Low Fantasy und der frühen Hard Sci-Fi innerhalb der Trivialliteratur, in der großen Zeit der Pulp Magazine der 1920 Jahre. Doch bereits im Jahr 1900 erschien der Roman von Robert William Cole The Struggle for Empire: A Story of the Year 2236, welcher als erste literarische Space Opera angesehen werden darf. Ab 1926 erschien das Magazin Amazing Stories, in dem frühe Geschichten von späteren Sci-Fi Kultautoren wie Robert A. Heinlein oder Isaac Asimov veröffentlicht wurden. Doch gibt es noch eine zweite Urquelle des Subgenres und diese lag im neuen Medium des Comics.

 

 

Flash Gordon Comic

Comicstrips “Buck Rogers” von Philip Francis Nowlan (ab 1929) und “Flash Gordon” von Alex Raymond (ab 1934)

 

 

Das neue visuelle Medium des Comicstrips bediente sich der frühen Space Opera Abenteuern aus den Pulp Magazinen und formte es vor allem über die ausladende Bildgestaltung und dem Charakter von Fortsetzungsgeschichten. Als erster Science-Fiction Comicheld erblickte Buck Rogers 1929 das Licht der Tageszeitungspresse, der große Erfolg bei der Leserschaft, die in jener Zeit exotischer Geschichten aus den Kolonialländern erlegen waren, folgte 1934 der Held Flash Gordon und wurde ebenso zu einem Publikumsliebling. Der Begriff Space Opera tauchte erstmals im Jahr 1941 auf, Comicstrips, die auf Sci-Fi Pulp Geschichten basierten, ebneten den Weg der Space Opera doch bereits in den 1930er Jahren auch im Medium Film.

 

Buck Rogers versus Flash Gordon

 

Die Urväter der Space Opera, Buck Rogers und Flash Gordon, waren von Anfang an dabei. Comicheld Buck Rogers debütierte auf der Leinwand bereits 1933/34 während er Weltausstellung in Chicago mit einem zehnminütigen Film namens BUCK ROGERS IM 25. JAHRHUNDERT: EINE INTERPLANETARISCHE SCHLACHT MIT DEN TIGERMENSCHEN VOM MARS. Ursprünglich wurde Held Buck Rogers durch einen Unfall mit radioaktivem Gas in einen 500 Jahre andauernden Schlaf versetzt. Nach seinem Erwachen findet sich Rogers in einer dystopischen Zukunft wieder, die von einem außerirdischen Aggressor namens Killer Kane tyrannisiert wird.

 

 

Buck Rogers 1930

Promo zur Radioshow “Buck Rogers” aus dem Jahr 1930, drei Jahre vor seinem ersten Filmauftritt.

 

 

Im Jahr 1939 folgte Buck Rogers erster Auftritt auf der Kinoleinwand und dieser war dem Stil der Comicstrips konzeptionell nicht unähnlich. In jener Zeit erblühte die Form der Kino Serials als fortlaufende Filme vor dem Hauptprogramm. Sie waren kurzweilig bis rasant und endeten mit einem spannungshaltendem Cliffhanger. In BUCK ROGERS aus dem Jahr 1939 fällt der Held während eines meteorologischen Erkundungsfluges durch ein betäubendes Gas in den 500jährigen Schlaf, aber auch der Kino Serial Held erwacht in einer futuristischen Zukunft. Doch Rogers benötigt keine lange Eingewöhnungszeit, sondern wird recht schnell jener Held, der es mit allerlei fremdartigen Wesen und Zivilisationen aufnimmt.

 

 

Buck Rogers 1939

Serial BUCK ROGERS (1939) mit Buster Crabbe

 

 

Buck Rogers debütierte 1933 im Medium Film und gilt als erster Space Opera Kinoheld, doch noch vor seinem Auftritt in einer Serial durfte 1936 die Comic Legende Flash Gordon das Publikum in fremde Welten entführen. Aus diversen Comics entstanden 1936, 1938 und 1940 drei Film-Serials um den Sportler Flash Gordon, welcher den Untergang der Erde durch einen nahenden Kometen zu verhindern versucht. Zusammen mit dem Wissenschaftler Dr. Zarkow und der Journalistin Dale Arden steigt Flash Gordon in eine selbstgebaute Rakete und fliegt zu dem gefährlichen Himmelskörper, um festzustellen, dass es sich um einen bewohnten Planeten namens Mongo handelt, auf dem der hinterlistige Imperator Ming die Zerstörung der Erde plant.

 

 

Flash Gordon

Serial FLASH GORDON (1936) mit Buster Crabbe und Jean Rogers

 

 

Sowohl Flash Gordon als auch Buck Rogers formten einen neuen Typus des Abenteurers, kühn, unerschrocken, aber durch und durch ein normaler Erdenbürger, ausgestattet mit vornehmlich amerikanischen Tugenden, dazu groß, athletisch und blond. Diese Art von Held spross in Literatur und Comic nun zu Hauf aus dem Boden und wurde Vorlage für diverse spätere Filmhelden, die sogenannten Swashbuckler wie Zorro, Robin Hood, später dann Typen wie Han Solo oder Indiana Jones. Die frühen Geschichten der Pulps, Comics und Serials indes waren durchzogen von rassistischen Untertönen und Kolonialträumereien, die Bösewichter fremde Feindbilder, in beiden Serials waren es Chinesen als Abziehbilder der damaligen yellow peril Ära.

 

Das Gesicht für den typischen Space Opera Swashbuckler wurde der Schauspieler Buster Crabbe, der in den 30er Jahren Buck Rogers und Flash Gordon mimte. Nach dem Erfolg der FLASH GORDON Serials wurde er auch für BUCK ROGERS besetzt, auch Teile der Ausstattung fanden in BUCK ROGERS Verwendung. Nach den Space Opera Serials der 30er und 40er Jahre und mit Ende des 2. Weltkrieges bzw. des Beginns des Raketenzeitalters und des Kalten Krieges aber verschoben sich filmische Sci-Fi-Elemente.

 

Die Space Opera wurde von anderen, neuen Subgenres verdrängt, Hard Sci-Fi erlebte ebenso einen Aufschwung wie Plots rund um Alien Invasions und postapokalyptische Szenarien. Hinzu kam die Verbreitung des neuen Mediums Fernsehen, welches die Kino Serials sterben ließ. Buck Rogers durfte so 1950/51 wenigstens in einer, heute leider verschollenen, Fernsehserie auftreten, Flash Gordon kehrte als Zeichentrickheld zurück. Das Subgenre der Space Opera wanderte generell von Kino ins TV, doch Ende der 70er Jahre sollte es fulminant wiederauferstehen und mit ihm die Helden Rogers und Gordon.

 

Flesh Gordon

Softporno Remake FLESH GORDON (1974)

Flash Gordon Cartoon

Zeichentrickserie FLASH GORDON (1979 – 1980)

 

In den späten 60er und frühen 70er Jahren wurde Science-Fiction analytischer und düsterer. Von Abenteuerlust auf exotischen Planeten war nicht mehr viel übrig, zumindest im Kino, wo Filme wie 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (1968) oder SOLARIS (1972) anliefen. Doch das änderte sich 1977 durch den immensen Erfolg von STAR WARS. George Lucas Weltraummärchen holte den Spirit der 40er Jahre Space Opera Serials um Buck Rogers und Flash Gordon zurück, zauberte dank cleverer Tricktechnik opulente Weltraumschlachten und fremdartige Wesen auf die Leinwand und strafte jeden Lügen, der dieses Genre für tot erklärte.

 

 

Buck Rogers 1979

Pilotfolge als Kinofilm und Serie BUCK ROGERS IN THE 25th CENTURY (1979 – 1981)

 

 

Eine Vielzahl von Produzenten wollten von diesem Erfolgskuchen ein Stück abhaben und kramten somit die Heldenvorbilder der Space Opera Serials wieder hervor. Buck Rogers und Flash Gordon kehrten zurück, ihre Rückkehr wurde aber streng genommen fürs Fernsehen konzipiert. Wegen des großen Erfolges von STAR WARS aber bekamen die Pilotfolgen der Serien BUCK ROGERS IN THE 25TH CENTURY sowie BATTLESTAR GALACTICA aber dennoch einen Leinwandauftritt. 1979 schlüpfte Gil Gerard in die Rolle des Capt. William “Buck” Roger, neben dem Kinoauftritt bestritt er zwei Staffeln der gleichnamigen Serie zwischen 1979 und 1981.

 

 

Flash Gordon 1980

Sam J. Jones und Max von Sydow in FLASH GORDON (1980) von Mike Hodges

 

 

Kultfigur Flash Gordon kehrte nach einem Zeichentrickauftritt und der Porno Parodie FLESH GORDON (1974) im Jahr 1980 mit FLASH GORDON auf die Leinwand zurück, nun verkörpert von Sam J. Jones. An seiner Seite spielten Max von Sydow als Imperator Ming, Ornella Muti als nyphomanische Prinzessin Aura und Timothy Dalton als Prinz Barin, die Band Queen steuerte den Soundtrack bei. FLASH GORDON floppte an der Kinokasse, gilt aber als eine herausragende Trash-Space-Opera Perle mit extravaganter Austattung, Kostümbild und jeder Menge buntem Charme.

 

Die späten 70er und frühen 80er Jahre waren allerdings nur eine kurze Hochzeit für neue Space Opera Abenteuer im Kino. Nicht wenige Filme waren kunterbunter Trash mit viel nackter Haut und des intergalaktischen Rufs nach freier Liebe. Aber durch überbordende Ausstattung und visuelle Effekte waren sie nicht gerade günstig, auch schien der Erfolg von STAR WARS wesentlich nachhaltiger zu sein. Den erneuten Todesstoß für das Subgenre vollführte abermals das Fernsehen, was erzählerische Gründe hatte.

 

Denn die Space Opera verleugnete ihre Namensherkunft aus der Seifenoper nicht, das Konzept um andauernde Zwistigkeiten der Bewohner fremder Universen und epischer Handlungsbögen gelang in Fernsehserien ungleich besser als im Kino, wo eine Trilogie wie die STAR WARS Saga noch eine Ausnahme war. Erfolgreich Vorgänger gab es bereits ab den 60er Jahren, durch den Erfolg von STAR WARS erlebte auch die Space Opera im TV eine Renaissance.

 

Interstellare Reisen durch den Äther

 

Nur wenige Space Opera Helden in Serials oder TV-Serien sind so bekannt wie Buck Rogers oder Flash Gordon. Neben den Serials um BRICK BRADFORD (1947) war es CAPTAIN VIDEO AND HIS VIDEO RANGERS, welche 1949 als erste Science-Fiction Fernsehserie der Welt ihre Uraufführung fand. Es folgten die Serien TOM CORBETT, SPACE CADET und SPACE PATROL, beide aus dem Jahr 1950, welche das ursprüngliche Konzept der Space Opera fortsetzten oder neue Elemente hinzufügten.

 

 

Captain Video

Die erste Sci-Fi TV-Serie der Welt: CAPTAIN VIDEO AND HIST VIDEO RAIDERS (1949)

 

 

Das Hauptmotiv der Space Opera, die Entdeckungsreise in fremde Welten und die abenteuerliche Begegnung mit außerirdischen Zivilisationen wurde dann ab 1966 vor allem mit der Serie STAR TREK umgesetzt. Doch auch vor den Phänomen STAR TREK gab es erfolgreiche Space Operas für die Flimmerkiste. 1965, bereits ein Jahr vor STAR TREK, folgte der Fernsehzuschauer begeistert den Abenteuern der Familie Robinson in LOST IN SPACE – VERSCHOLLEN ZWISCHEN FREMDEN WELTEN.

 

 

Lost in Space

Als das Jahr 1997 noch die ferne Zukunft bedeutete – LOST IN SPACE – VERSCHOLLEN ZWISCHEN FREMDEN WELTEN (1965)

 

 

Auch LOST IN SPACE basierte auf einer Comicreihe namens Space Family Robinson aus dem Jahr 1962 und entführte den Zuschauer ins Alpha Zentauri-System, in dem eine neue Kolonie für die Menschheit errichtet werden soll. Dieses Ziel hat auch die Familie Robinson in ihrem Raumschiff Jupiter 2, doch durch die Sabotage eines Agenten namens Dr. Smith landen die Reisenden in den unerforschten Bereichen des Alls und müssen unzählige Abenteuer bestreiten. Die Serie brachte es bis 1968 auf drei Staffeln.

 

 

lost in space 1965 - 2018

LOST IN SPACE (1965), Kinofilm LOST IN SPACE (1998) von Stephen Hopkins und LOST IN SPACE (ab 2017) auf Netflix

 

 

1998 folgte die Kinofilmadaption LOST IN SPACE mit William Hurt, Gary Oldman, Heather Graham und Matt LeBlanc, die allerdings nur mäßigen Erfolg an der Kinokasse verbuchen konnte. Trotz der großartigen Besetzung gelang es der Adaption nicht, das Familiengefühl der Robinsons aus der Originalserie wiederzugeben. Besser gelang das der neusten Adaption für Netflix ab 2018, welche neben den fulminanten Welten vor allen den “Space Soap Charakter” rund um die unterschiedlichen Figuren ausspielt, mal mehr, mal weniger überzeugend.

 

Obwohl das Subgenre der Space Opera fast ausschließlich durch US-amerikanische Produktionen geprägt wurde, erschienen in den 1960er Jahren auch in anderen Ländern Filme und TV-Serien nach dem Weltraumopern Strickmuster. Bereits 1963 produzierte der britische Sender BBC die Science-Fiction Serie DOCTOR WHO, welche, trotz einer Unterbrechung in den 90er Jahren, zu einer der langlebigsten und beliebtesten TV-Dauerbrenner überhaupt wurde.

 

DOCTOR WHO erscheint auf den ersten Blick recht untypisch für eine Space Opera, doch der große Bogen der Geschichten aller Staffeln ergeben vielleicht die gewaltigste Space Opera Serie überhaupt. Die Geschichte des immer wieder reinkarnierenden Doktors, seine Reisen mit diversen Begleitern in die Geschichte der Menschheit und zu anderen Zivilisationen in weit entfernter Sternensystemen ist in Sachen Epik, Drama, Herz und Phantasie auch heute noch ein Meilenstein der TV-Space Opera Geschichte.

 

 

Doctor Who

DOCTOR WHO (ab 1963)

 

 

Eine weitere britische Space Opera Serie erschien zwischen 1975 und 1977 mit MONDBASIS ALPHA 1 (SPACE 1999) mit Martin Landau in der Hauptrolle. Mit obskurem britischem Humor versuchten es zudem die Serien BLAKE’S 7 und natürlich Adaptionen von Douglas Adams PER ANHALTER DURCH DIE GALAXIS. Neben Großbritannien wurde auch Japan zu einem Mekka für Sci-Fi und Anime Fans, in Deutschland begeisterte vor allem die Serie CAPTAIN FUTURE, welche in den frühen 80er Jahren ausgestrahlt wurde.

 

 

MONDBASIS ALPHA 1

MONDBASIS ALPHA 1 (SPACE 1999) (1975 – 1977)

 

 

Auch in Deutschland selbst versuchte man sich in den 60er Jahren an Sci-Fi und Space Opera. Mit RAUMPATROUILLE ORION (ursprünglich RAUMPATROUILLE – DIE PHANTASTISCHEN ABENTEUER DES RAUMSCHIFFES ORION) erlangte sie 1966 Kultstatus. Trotz der ironischen und teilweise trashigen Tonalität steuerte die ORION auch in interessante gesellschaftspolitische Irrwege. Der Kern von Space Opera aber lag immer im Abenteuer. Hard Sci-Fi (Funktionalität der Technik) oder Soft Sci-Fi Elemente (Utopien & Dystopien) werden in der Space Opera nur oberflächlich behandelt und dienen oft nur als Kulisse oder Background.

 

Der TV-Sci-Fi Boom

 

Der Erfolg von STAR WARS 1977 ließ auch die TV Space Operas weiter gedeihen. Neben den Neuauflagen von BUCK ROGERS und FLASH GORDON, deren Pilotfolgen im Kino liefen, sorgte vor allem die Serie BATTLESTAR GALACTICA für Aufsehen. Auch jener Serienpilot lief 1978 im Kino, um die hohen Produktionskosten der Serie ein wenig zu amortisieren. STAR WARS revolutionierte aber nicht nur die Tricktechnik, welche auch in BATTLESTAR GALACTICA imposante Action rund um Raumschiffschlachten auf die Leinwand oder die Mattscheibe brachte, STAR WARS verändert auch die Akzeptanz in Sachen Science-Fiction und Eskapismus.

 

 

Battlestar Galactica

BATTLESTAR GALACTICA (1978)

 

 

Space Operas hatten immer einen Bezugspunkt, die Erde und die Menschheit, sie diente dem Zuschauer als Universalübersetzer. Ohne den Mensch als Fixpunkt traute man einer Sci-Fi-Fantasy Geschichte nicht zu, den Zuschauer mitzureißen. Doch auch dieser Pfad wurde dank STAR WARS verlassen, indem man den Zuschauer in eine völlig fremde Galaxis entführte. Zwar funktionierten jegliche Lebewesen noch immer in menschlichen Maßstäben, aber das Tor zu noch mehr Fantasy wurde weit geöffnet.

 

 

Battlestar Galactica

Die BATTLESTAR GALACTICA Franchise, Pilot als Kinofilm, Serienfolgen als Spielfilm Specials sowie diverse Serien Neuauflagen (1978 – 2009)

 

 

Auch in BATTLESTAR GALACTICA beginnt die Geschichte über menschliche Völker, welche sich zu Friedensverhandlungen mit nichtmenschlichen Aggressoren treffen wollen, was sich aber als Hinterhalt herausstellt. So flieht das letzte Schiff, der Kampfstern Galactica, vor den unbarmherzigen Zylonen auf der Suche nach einem verschollen geglaubten letzten Stamm der Menschheit auf einem Planeten namens Erde. Die Produktionen rund um BATTLESTAR GALACTICA sind heute nur schwer auseinanderzuhalten, wurden doch Serienfolgen für Kino- und Fernsehfilme zusammengeschnitten. Kult wurde BATTLESTAR GALACTICA dennoch.

 

 

Babylon 5

BABYLON 5 (1993 – 1998)

 

 

Nach der Evolution von Effekten durch STAR WARS wurden Space Operas im TV immer günstiger wie auch beliebter. Im Jahr 1987 läutete eine neue Serie aus dem STAR TREK Kosmos von Gene Roddenberry namens THE NEXT GENERATION eine neue Ära der Sci-Fi Serien ein, was streng genommen aber bereits mit BATTLESTAR GALACTICA begann. In den 90er Jahren folgte der Evolution eine Revolution durch digitale Filmtechnik, was bislang nur durch Matte Paintings und Pappmaschee realisiert werden konnte, kam nun umso beeindruckender aus dem PC. Die Reise durch die Tiefen des Alls wurde dadurch imposanter, aber auch austauschbarer.

 

 

Farscape

FARSCAPE (1999 – 2004)

 

 

Die 90er Jahre wurden zum Mekka für Sci-Fi Serien mit der Kühnheit des Space Opera Kinos plus der erzählerischen Komplexität, wie sie nur das Format Serie bot. Nicht überall wurde auf das neue Zaubermittel CGI gesetzt, in der Serie FARSCAPE agieren noch Wesen aus der Puppentrickschmiede von Jim Henson. Dafür wurde in Serien wie BABYLON 5 umso beeindruckender auf CG Visuals gesetzt. Dieser Boom von Sci-Fi Serien ist bis heute nicht versiegt und das wahre Erbe der Space Opera.

 

Per Kinoticket durch die Galaxis

 

Im Kino allerdings vollzog sich ein Imagewechsel, die Bezeichnung Space Opera verschwand, nicht aber opulente Sci-Fi Märchen. Science-Fiction und Fantasy wuchsen zusammen und wurden zu Standardbezeichnungen, die ursprüngliche Typisierung der Space Opera wurde zur Nische. In den 90er Jahren erschien eine ganze Welle von Sci-Fi-Fantasy Filmen wie STARGATE, THE FIFTH ELEMENT, diverse Parodien wie GALAXY QUEST oder PER ANHALTER DURCH DIE GALAXIS und schlussendlich, am Ende des Millenniums, auch wieder eine neue STAR WARS Trilogie, die noch mehr Space Opera als je zuvor war.

 

 

Stargate

STARGATE (1994) von Roland Emmerich

 

 

Die Stoffe und Visionen blieben dieselben, hüpften aber wild zwischen Kino und TV hin und her. Nach dem Erfolg von Roland Emmerichs STARGATE (1994) erschien zwischen 1997 und 2017 diverse Serien rund um das titelgebende Sternentor, welches die Erde mit dem ägyptisch anmutenden Planeten Abydos verband. Auf STARGATE – KOMMANDO SG-1 folgte STARGATE ATLANTIS und STARGATE UNIVERSE, mit diversen Spin-Offs und Videopremieren zählt die STARGATE Franchise heute zu den beliebtesten und langlebigsten Space Opera Ablegern.

 

Nicht alles hatte kommerziellen Erfolg, doch Science Fiction hatte schon immer eine riesige und vor allem treue Fangemeinde. Ein Glanzstück einer Space Opera, die Serie FIREFLY, schaffte es nur auf magere 14 Episoden, von denen sogar nur 11 ausgestrahlt wurden. Aber dank der Fangemeinde entwickelte sich die Serie auf DVD zu einem veritablen Erfolg, was Regisseur Josh Wheadon (BUFFY) ermöglichte, 2005 mit SERENITY einen Kinoableger von FIREFLY zu produzieren.

 

Ein weiterer Meilenstein für das Space Opera Subgenre erschien 2009 mit James Camerons AVATAR in 3D. Die eigentlich uralte 3D Filmtechnik wurde mit AVATAR revolutioniert und hielt sich die gesamten 2010er Jahre wacker an der Kinokasse. Auch die Filme des Marvel Cinematic Universe führten das Erbe der alten Space Operas wie BUCK ROGERS und FLASH GORDON fort, basierten doch die Abenteuer von THOR oder den GUARDIANS OF THE GALAXY ebenfalls auf Comicvorlagen und waren tonal genauso flapsig.

 

 

SERENITY

SERENITY (2005) von Josh Wheadon

 

 

Science-Fiction boomte wieder, doch nicht alles hatte den leichtfüßigen Charme der Space Opera. Im Gegensatz zu anderen Sci-Fi Subgenres über Aliens, Postapokalypse oder Dystopien blieben sie im Kino eher eine Nische. Wenn aber mal eine Space Opera konzipiert wurde, dann wurde mehr geklotzt als gekleckert. Auch die neue STAR WARS Trilogie, trotz aller Kritik, atmet viel vom Flair der alten Serials, die Animationsserie THE CLONE WARS umso mehr. Ebenso von der Kritik gescholten wurde VALERIAN von THE FIFTH ELEMENT Regisseur Luc Besson, doch auch VALERIAN ist ein wildes Space Opera Abenteuer der alten Schule.

 

The Fifth Element

THE FIFTH ELEMENT (1997) von Luc Besson

Valerian

VALERIAN (2017) von Luc Besson

 

Die Grundzüge des Subgenres blieben immer erhalten, kernige, draufgängerische Helden, die Mission, das Ziel, eine Crew und ein markantes Raumschiff mit coolem Namen, dazu ein Höchstmaß an intergalaktischen Verwicklungen und jeder Menge Seifendrama. Das unterscheidet die Space Opera von der eher kopflastigen Hard Sci-Fi oder der bedrohlichen Alien Invasion oder Alien Attack Sparte, die mehr in Richtung Horror tendiert. Im Kern sind diese Abenteuer immer Märchen, Western und Abenteuerfilme.

 

 

The Guardians of the Galaxy

THE GUARDIANS OF THE GALAXY 2 (2017) von James Gunn

 

 

Den großen Wellen der Space Opera in den 40er, 70er und 90er Jahren im Kino und seit den 60er Jahren fast ungebrochen im TV werden vielleicht keine mehr folgen, aber es wird weiterhin spaßige Weltraumabenteuer geben, vielleicht auch mit den bekannten und beliebten Helden. Christian Alvart hatte bereits eine mögliche Verfilmung von CAPTAIN FUTURE skizziert, Taiki Waititi arbeitet Gerüchten zufolge an einem Remake von FLASH GORDON, STAR WARS und STAR TREK sind nach wie vor sehr lebendig im Kino und TV, es gibt Neuauflagen wie LOST IN SPACE wie auch originäre Serienneuzugänge wie THE EXPANSE.

 

 

Dune 2020

DUNE (ab Dezember 2020 im Kino) von Denis Villeneuve

 

 

Der Sci-Fi Nerd kann ohnehin unbesorgt sein, denn im Literatur- und Comicbereich sind Space Operas nach wie vor Dauerbrenner, eigentlich gibt es unzählige Stoffvorlagen für Filme und Serien bis ins Jahr 2579, jenes Jahr, in dem es dann auch endlich echte Imperatoren, Sternentore, Raumkreuzer und Weltraumhäfen gibt. Ich war schon mal da und es wird überwältigend sein.

 

 

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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.

 

Lesen Sie in der nächsten Folge:

 

 

 

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de