Die kleine Genrefibel Teil 55: Sci-Fi Visions
Wenn in den kleinen Genrefibeln von Genre, Subgenres, dem Film an sich gesprochen wird, dann liegt in der Materie immer eine gewissen Arroganz. Manchmal scheint es so, als liege im Film der Wahrheit letzter Schluss. Das Unbekannte, Unerklärliche, das Phantastische, alles hat seine Wurzeln, alles beeinflusst die Kunst und irgendwann gibt es zu all dem auch einen Film, der die Dinge visuell und plastisch macht. Der Film war stets stolz darauf, durch seine Projektionsfläche am Ende auch die Zivilisation und Gesellschaft beeinflusst und neue Impulse und Gedankenanstöße geliefert zu haben. Doch gerade bei einer Säule der Phantastik schient diese Rechnung nicht aufzugehen – der Science-Fiction. Denn die raffiniertesten Fragen um den Stand der Zivilisation, der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Technik stellte nicht der Film, sondern die Literatur.
Wir tauchen heute erneut in das große Gebiet der Science-Fiction ein. Wir haben uns mit Zeitreisen, mit künstlicher Intelligenz, dem Cyberspace und Außerirdischen beschäftigt. Was bleibt noch übrig? Eine ganze Menge, wenn man den Betrachtungswinkel ändert. Das Unbekannte hat die Phantasie beflügelt, der Film hat es trickreich visualisiert, was wiederum die Wissenschaft anstachelte.
Bei der Science-Fiction lief das ein wenig anders. Viele Fragen um den Stand von Wissenschaft, Technik und Gesellschaft wurden zuerst von Schriftstellern gestellt, bevor sie der Film aufgriff und abbilden konnte. Hat nun der Film diese Anstöße gegeben, sei es das Beamen, Zeitreisen, künstliches Leben oder die Suche nach intelligenten Daseinsformen außerhalb der Erde? Oder waren es vielmehr Visionäre und Propheten wie Jules Verne, H. G. Wells, Arthur C. Clarke oder Philip K. Dick, deren Werke am Ende die Wissenschaft mehr bereichert haben, als es der Film vermochte?
Utopia / Dystopia
Bevor wir uns diesen Visionären zuwenden, klären wir entscheidende Fragen der Genredefinition. Was ist die Science-Fiction eigentlich? Für manch Unkundige ist Science-Fiction immer noch etwas mit Raumschiffen und Außerirdischen. Das ist auch gar nicht so falsch, decken diese zwei Begriffe auch gleich weite Teile der Science-Fiction ab, nämlich technische Evolution und die Frage nach Leben außerhalb unseres Planeten, beides wissenschaftliche Fragen. Science-Fiction definiert sich als Genre, welches sich der wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Spekulation hingibt. Was wäre wenn oder was könnte sein, auf Grundlage des jetzigen Standes der Evolution? Science-Fiction ist ein Weiterdenken menschlicher Errungenschaften in einer möglichen Zukunft, das Überwinden aktueller Probleme und die Weiterentwicklung zu einer höheren Stufe der Existenz.
In der Science-Fiction gibt es zwei Stömungen, die sich diesen Fragen in unterschiedlichen Ansätzen nähern. Man spricht von der sogenannten Hard Science-Fiction und der Soft Science-Fiction. Hard Science-Fiction beschäftigt sich inhaltlich vor allem mit der Naturwissenschaft und denkt deren Erbe in der Zukunft logisch weiter, im Vordergrund stehen Fakten, Daten und technische Details.
Die Soft Science-Fiction befasst sich eher mit Fragen der Philosophie, der Politik und der Gesellschaft in einer möglichen Zukunft, vorrangig also mit ethische Fragen. Sie befasst sich mit den Auswirkungen technischer Fortschritte auf den Menschen und die Zivilisation. Wirklich klar zu trennen sind beide Begriffe nicht, aber um sie an einem Beispiel zu erklären, könnte man sagen, Michael Crichtons Roman “DinoPark” (verfilmt als JURASSIC PARK) spiegelt eher Hard Science-Fiction Elemente, Ray Bradburys Zukunftsvision “Fahrenheit 451” tendiert in eher Richtung Soft Sci-Fi.
Im Film dominieren logischerweise Soft Science-Fiction Stoffe, denn in Filmen geht es weniger um Zahlen, Variablen und Formeln als um Menschen. Viele Science-Fiction Stoffe erzählen nicht die Geschichte einer Erfindung, sondern die Auswirkungen dieser Erfindung auf den Mensch und die Welt, in der er lebt. In diesem Bereich gibt es zwei weitere Begriffe, die es zu unterscheiden gilt.
Die Vision einer möglichen Zukunft kann zweierlei Tendenzen haben. So gibt es die Vorstellung über eine Zukunft, in der der Mensch die Probleme seiner Zeit gelöst hat. Technische Limitierung, Profitgier oder Kriege wurden überwunden, die Menscheit lebt in Einklang. Eine solche optimistische Schilderung der Zukunft nennt man für gewöhnlich Utopie.
Nur ist die Utopie im Film so gut wie nicht existent. Es gibt nur wenige Beispiele für filmische Utopien und diese sind meist auch nur eine Vision. Denn eine friedliche Zukunft entbehrt jeglichen Konflikt und eine dramatische Geschichte Film braucht Konflikte. Ein Konflikt kann in einer Welt, in der alle Menschen gleich sind, es keine Kriege, keinen Hunger, kein Arm und Reich gibt, nicht vorkommen.
Einer der wenigen Filmstoffe mit utopischen Zukunftsaussichten ist die STAR TREK Franchise. Doch jene utopische Wunschwelt ohne Konflikte ist noch nicht gänzlich realisiert, die Geschichten von STAR TREK spiegeln vor allem Konflikte, wenn eine friedlebende Zivilisation auf eine weniger freundliche trifft. Wir finden utopische Welten der Zukunft auch in DEMOLITION MAN, in A WORLD BEYOND oder in HER.
Doch die Welt allein macht noch keine Geschichte. In DEMOLITION MAN dringt ein Krimineller in die friedvolle Welt ein, in A WORD BEYOND ist der Beweggrund um die friedvolle Welt alles andere als pazifistisch und in HER ist die Geißel der neuen Friedfertigkeit die Einsamkeit. Etwas eint alle Utopien, sie finden in einer geschlossenen Gesellschaft statt. Für den Film waren diese geschlossenen Gesellschaften hauptsächlich in der Zukunft zu finden. Aber auch eine ferne Insel wie im Fall von “Robinson Crusoe” stellt eine Utopie dar.
Der Gegenentwurf zur Utopie ist die Dystopie oder auch Anti-Utopie. Dystopien sind in der Literatur erst nach dem Zeitalter der Aufklärung und mit Beginn des Industriezeitalters auszumachen, sie nähren sich an Krisen und Katastrophen und zeichnen ein eher pessimistisches Bild einer möglichen Zukunft. Die Angst vor einem Ungleichgewicht der Welt wird vor allem in Dystopien propagiert, wenn Welt und Gesellschaft im Niedergang liegen.
Im Gegensatz zur Utopie ist die Dystopie voller Konflikte und Zwiespalt. Meist handeln die Geschichten von Individuen, die sich dieser Entwicklung widersetzen. Eine Dystopie wird aus der Angst heraus geboren, dass der Mensch in Zukunft nicht mehr frei ist und andere über seine Freiheit entscheiden.
In Dystopien findet man Totalitarismus, diktatorische Herrschaftsformen, Propaganda, Überwachung, Bevormundung und Kontrollverslust. Ausgangspunkt solcher Welten sind meist Kriege, Katastrophen, eine negative Veränderung der Gesellschaft und des Lebensstandards. Die bekannteste Dystopie ist George Orwells Roman “1984” aus dem Jahr 1948, der bislang zweimal verfilmt wurde, unter anderem von Michael Radford im “Schicksalsjahr” 1984.
In 1984 geht es um den Krieg dreier Supermächte, Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Dieser Krieg ist zu großen Teilen ein Propagandakrieg, London, die Hauptstadt Ozeaniens berichtet ihren Bürgern meist von Kampfschauplätzen, die es nicht wirklich gibt. Ozeanien liegt immer mit der Supermacht im Krieg, wie es ihr gerade passt. Die Bürger des Systems werden von “Der Partei” überwacht, unterliegen einem Personenkult um einen Führer, den “Big Brother”. In Ozeanien herrscht Gedankenkontrolle, Zweifel am System werden als Gedankenverbrechen geahndet. Um die Bürger gefügiger im System zu halten, wird die Sprache reduziert, Individualität unterdrückt und die Wahrheit manipuliert.
1984 enthält alle Grundzüge einer Dystopie, Unterdrückung, Überwachung und Manipulation. Protagonisten von Dystopien sind Individuen, die sich dem System entgegenstellen oder es von innen heraus zerstören wollen. Die Dystopie als Gegenentwurf zur Utopie gilt als Warnung. Dystopien sind keine unhaltbaren Zukunftsvisionen, die fußen auf dem Hier und Jetzt. Zu Beginn des Industriezeitalters waren das beispielsweise Ängste vor moderner Technik und der damit verbundenen Abschaffung des Menschen. Sollten später Maschinen und Roboter die Erde bevölkern und den Menschen überflüssig machen?
Dystopien werden vom täglichen Weltgeschehen und dem Fortschritt genährt. 1984 basiert auf den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges und des kalten Krieges der Siegermächte. Nicht nur die Ausgangslage der Dystopie ist negativ, auch die Lösung ist oft von Pessimismus geprägt. In Dystopien verwirklichen sich keine Heldengeschichten, oft scheitert der “Held” und muss sich am Ende der neuen dystopischen Gesellschaft fügen. Aber Dystopien entstehen nicht ausschließlich aus negativen Vorzeichen. Auch im Bestreben nach einer utopischen Lösung der Gesellschaft kann die Dystopie resultieren, wie im Fall MINORITY REPORT. Dort gibt es das Bestreben, die Welt friedlicher zu machen, in dem man Verbrechen vorhersagen kann. Das Resultat aber ist die Vorverurteilung, was wieder zu einer Unfreiheit des Individuums führt, wenn das System nur schwarz und weiß kennt.
Die schillerndsten Zukunftsvisionen, welche auf Wissenschaft, Technik und Gesellschaft fußen, hatten nicht Filmemacher, sondern Schriftsteller, bereits lange vor der Erfindung des Mediums. Und auch nach der Geburt des Films waren diese dem Medium meist weit voraus. Die Bandbreite an waghalsigen Prophezeiungen nahm mit der Evolution der Wissenschaft zu, doch je mehr sich die Wissenschaft weiterentwickelte, desto kleiner wurde die Spanne zwischen Realität und Fiktion. Es gab Punkte in der menschlichen Evolution, welche von Schriftstellern bereits um Jahrzehnte, wenn nicht sogar um Jahrhunderte vorausgeahnt wurden. Werfen wir nun einen genaueren Blick auf jene Visionäre, die zuerst die Wissenschaft und die Technik, und erst dann den Film beeinflusst haben.
Urväter der Moderne
Utopisches Gedankengut gab es schon immer in der Menschheitsgeschichte. Platon propagierte einen utopischen Staat, Thomas Morus gab ihm mit “Utopia” einen Namen. Aber erst durch die Aufklärung und die Industrialisierung bildeten solche Gedanken die Basis für eine mögliche Zukunftsvision. Eine der großen Vorläufer jenes Genres war Mary Shelley mit ihrem Roman “Frankenstein und der neue Prometheus” aus dem Jahr 1818. Der Frankensteinmythos in Literatur und Film ist mitnichten eine Horrorgeschichte, sondern klassische Science-Fiction, aus dem auch Gedanken über Robotik und künstliche Intelligenz hervorgingen.
In der Literatur aber setzte sich der Begriff Science-Fiction erst am Ende des 19. Jahrhunderts durch. Diese Zeit war einerseits vom Fortschrittswahn, andererseits von Technikangst geprägt. Vor allem aber war es eine Zeit, die Wissenschaftler und Künstler inspirierte. Fast täglich wurden neue Rekorde vermeldet, die Erdkugel war beinahe komplett erforscht, das Unmögliche schien plötzlich nicht mehr unmöglich. In dieser Zeit dachten vor allem zwei Visionäre den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft und Gesellschaft weiter, mit beinahe prophetischem Scharfsinn.
Jules Verne (1828 – 1905) wurde zu einem der Urväter der modernen Science-Fiction. 1865 schrieb er den Roman “Von der Erde zum Mond”, der 1902 als DIE REISE ZUM MOND von Georges Méliès verfilmt wurde. Doch der Film, so überwältigend seine visuellen Möglichkeiten auch waren, sie verblassten gegenüber der prophetischen Vorstellung des Romans aus dem Jahr 1865. Jules Verne nahm darin Details der ersten Mondlandung im Jahr 1969 um fast 100 Jahre vorweg. Zwar wurde sein Raumschiff mittels einer Kanone und All geschossen, tat das aber von Florida aus, wo auch die Apollo 11 Mission startete. Die Landung auf dem Mond und die Rückkehr zur Erde auf dem Ozean mittels mit Fallschirmen bestückten Kapseln, all das erdachte sich Jules Verne bereits knapp 100 Jahre vor der ersten tatsächlichen Mondlandung.
In “20.000 Meilen unter dem Meer” aus dem Jahr 1879 beschrieb Verne ein atombetriebenes Unterseeboot namens Nautilus. Georges Méliès verfilmte auch diesen Stoff bereits 1907, die bekannteste Adaption ist aber der Film aus dem Jahr 1954 von Richard Fleischer. Zwar gab es in der Zeit, in der Jules Verne den Roman schrieb, bereits Unterseeboote, aber atomarer Antrieb und Ausstattung waren nicht nur extrem futuristisch, sondern auch sehr realistisch vorausgedacht. Das erste Atom-U-Boot, welches 1954 vom Stapel lief, wurde dementsprechend USS Nautilus getauft.
Jules Verne inspirierte nicht nur andere Schriftsteller und Filmemacher, sondern auch Wissenschaftler seiner Zeit und darüber hinaus. Er gilt als Begründer der modernen Science-Fiction, obgleich seine Romane eher Abenteuergeschichten waren, gespickt mit aktuellen Themen aus Wissenschaft und Technik. Ein anderer Kollege hingegen wird zu Recht als Pionier der Science-Fiction Literatur bezeichnet, der Brite H. G. Wells.
Wells Hauptwerke decken alle Facetten moderner Science-Fiction ab, vom Technikwahn, Utopien, die sich als Dystopien entpuppen, moralischer Zwiespalt und Missbrauch. Zwischen 1895 und 1898 schrieb er vier der bekanntesten und einflussreichsten Werke der Science-Fiction Literatur. “Die Zeitmaschine” von 1895 behandelt die erste Zeitreise in der Literatur und ist gleichzeitig eine Geschichte um Klassenunterschiede Ende des 19. Jahrhunderts. So begründet “Die Zeitmaschine” nicht nur die beliebte Thematik, welche der Film bis zum heutigen Tage aufgreift, sondern stellt auch eine der ersten Dystopien dar.
In “Die Insel des Doktor Moreau” aus dem Jahr 1896 vermischt Wells Science-Fiction mit Abenteuer und Horror. Ein verstoßener Wissenschaftler unternimmt auf einer abgelegenen Insel höchst unmoralische Tierversuche, um menschenähnliche Mischwesen zu erschaffen. In “Der Unsichtbare” aus dem Jahr 1897 verfällt ein anderer Forscher durch ein missglücktes Experiment in Unmoral. Durch eine chemische Formel gelangt er zur Unsichtbarkeit, nutzt diesen Zustand jedoch für Diebstahl und Mord. Beide Romane spiegeln moralischen Aspekte der Wissenschaft. Was darf der Mensch nicht tun, wenngleich er die Möglichkeit dazu hat?
In “Krieg der Welten” von 1898 schließlich legt Herbert George Wells den Grundstein für das Sci-Fi Subgenre “Alien Invasion”, ist aber gleichsam eine Satire um Kolonialherrschaft und Militarismus. Die Wirkung des Werkes erreichte durch das Hörspiel von Orson Wells im Jahr 1938 einen beklemmenden Höhepunkt. Die Adaption des Romans führte zu einer Massenpanik in New York, deren Bevölkerung den Bericht über eine tatsächliche Alienlandung tatsächlich glaubten. Obgleich “Krieg der Welten” bis heute mehrfach verfilmt wurden, einen höheren Wirkungsgrad erreichten die Filme gegenüber dem Roman und dem Hörspiel nie wieder.
Retro Futurismus
Jules Verne und H. G. Wells Werke begründeten zwar die moderne Science-Fiction, nur wirkliche Zukunftsvisionen waren sie keine. Sie nahmen die Gegebenheiten ihrer Zeit auf, fütterten sie mit Dingen, die es so noch nicht in Gänze gab und dachten sie so logisch weiter. Aus Vernes und Wells’ Visionen aber sind andere Subsparten der Science-Fiction entstanden, sowohl in der Literatur als auch im Film. Denkt man das viktorianische Zeitalter mit seinen Errungenschaften weiter, behält aber seine Stilistik in Sachen Sprache, Kultur und Mode bei, fällt das in den Bereich Retro-Futurismus. Eine konkrete Richtung dafür ist Steampunk.
Jules Verne und H. G. Wells beschrieben eine für ihre Zeit typische Technik. Der Wegbereiter der Industrialisierung war die Dampfmaschine. Beim Steampunk (steam, engl. für Dampf) steht eine Welt im Mittelpunkt, die auf Basis der zeitgenössischen Technik weiterentwickelt hat, jedoch nicht in Wirklichkeit stattfand. Steampunkwerke sind erst ab 1980 erschienen und sie sind in gewisser Weise Werke einer alternativen Geschichte, die man überhaupt erst retrospektiv ausmachen kann.
Im Mittelpunkt stehen dampf- und zahnradbetriebene Maschinen in allen Bereichen des Lebens, der Stil ist jedoch nachweislich viktorianischen Ursprungs. Was sich seltsam anhören mag, ist stilistisch sehr aufregend und vor allem visuell betörend. Steampunk entfernt sich weiter von der Science-Fiction in Richtung Fantasy. Es gibt nur wenige Filme, die sich mit dieser Funktionalität auseinandersetzen. Meist sind diese Werke nur stilistisch an den Steampunk angelehnt, in Sachen Design und Kunst. Bekannte und imposante Beispiele sind FRANKLYN, HELLBOY – THE GOLDEN ARMY und CITY OF THE LOST CHILDREN, aber auch WILD WILD WEST oder #9.
Letztere Beispiele haben mit dem viktorianischen Zeitalter nichts zu tun, sondern versetzen die retro-futuristische Handlung in den Wilden Westen oder sogar in eine Zukunft, die über die Dampfmaschine nicht hinausgekommen ist. Sie zählen dennoch zu typischen Steampunkwerken. Trotzdem hat sich das Subgenre noch weiter verzweigt.
Alle haben mit Energie- und Antriebsarten zu tun, welche charakteristisch für bestimmte Epochen waren. So gibt es den sogenannten “Teslapunk” (THE PRESTIGE), den “Dieselpunk” (SKY CAPTAIN AND THE WORLD OF TOMORROW, MAD MAX) sowie die sogenannte “Gaslicht-Romantik” (SLEEPY HOLLOW). Der Begriff “Cyberpunk” hingegen gehört in diesen Bereich nicht hinein.
Der Film half natürlich seit seiner Erfindung 1896, die Visionen der großen Autoren wie Jules Verne und H. G. Wells zu visualisieren. Neben Georges Méliès Wunderwerken war das vor allem der Film METROPOLIS von Fritz Lang aus dem Jahr 1921, der als erster Science-Fiction Langfilm in die Geschichte einging. Nach dem zweiten Weltkrieg verlagerte sich das Science-Fiction Genre zum einen in die Dystopie, zum anderen gab es in den fünfziger Jahren eine Welle von Alienfilmen, die von der Angst vor fremden Invasoren beflügelt waren und eher dem Horrorfilm entsprachen. In der Hard wie Soft Science-Fiction aber ging es um den Mensch, sein Werk und die gesellschaftlichen Auswirkungen, weniger um Fremdherrschaft. Die Atombombe brachte eher postapokalyptische Szenarien und Geschichten hervor, die in der globalen Zerstörung mündeten. Die neuen Propheten der Science-Fiction waren nicht ganz so pessimistisch, obwohl sie den gegenwärtigen Stand an Wissenschaft und Technik kritisch hinterfragten.
Der Ausgangspunkt dafür war die technische Evolution und auch diese wurde durch Autoren und Filmemacher manchmal erschreckend realistisch weitergedacht. Neben den großen Klassikern 1984 von George Orwell und “Schöne Neue Welt” von Aldous Huxley waren das vor allem Werke junger Wilder, deren Phantastereien heute zum Teil Realität geworden sind.
Philip K. Dick und wie er die Welt sah
Einer dieser Visionäre war der Amerikaner Philip K. Dick, dessen Werke erst spät von Filmemachern entdeckt wurden, nachdem sie bereits literarische Klassiker waren und die Wissenschaft beeinflusst hatten. Philip K. Dick (1928 – 1982) schuf in über 120 Kurzgeschichten und 40 Romanen Zukunftsideen von erschreckender Plausibilität.
Philip K. Dick gilt als Exzentriker mit traumatischer Kindheit, als Querulant, möglicherweise als schizophren, getrieben von Paranoia und Drogen. Zu seinen Lebzeiten war er unglaublich produktiv, konnte von seinen Geschichten aber kaum leben, obgleich seine Werke bereits von Science-Fiction Begeisterten und auch von Wissenschaftlern verehrt wurden. Seine Geschichten bildeten die Vorlage für moderne Sci-Fi Filme, allen voran BLADE RUNNER aus dem Jahr 1982.
BLADE RUNNER basiert auf Dicks Roman “Träumen Androiden von elektrischen Schafen” aus dem Jahr 1968. Darin geht es um eine mögliche Zukunft, in der Androiden, also menschenähnliche Roboter, ihrer eigenen Existenz in Frage stellen. Wenn Androiden immer menschlicher werden, führt das zu der Frage, was den Menschen überhaupt ausmacht. Dieser Frage stellt sich auch der Protagonist der Geschichte Rick Deckard. In “Träumen Androiden von elektrischen Schafen” geht es weniger um den Faktor Intelligenz als um Empathie, welche mittels eines Tests Mensch von Maschine unterscheiden soll. Ab einem bestimmten Punkt dieser Entwicklung kann nicht mehr klar unterschieden werden, wer Mensch oder Maschine ist, eine eher philosophische Fragestellung als eine rein wissenschaftliche Betrachtung. Es ist jedoch genau diese Frage, die die Wissenschaft in Sachen Robotik und künstliche Intelligenz noch heute umtreibt.
Die Geschichten von Philip K. Dick sind deshalb so gut adaptierbar, weil sie nicht aus einer rein theoretischen Betrachtungsweise von Wissenschaft, Technik und Gesellschaft entsprungen sind, sondern bereits eine “filmische” Geschichte erzählen. Die Figuren in Dicks Werken sind in diese Welten organisch implantiert und stellen sie von innen heraus in Frage. Das macht seine Werke und deren Verfilmungen so überaus spannend, wie TOTAL RECALL (manipulierte Erinnerungen), MINORITY REPORT (Vorhersagung) oder THE ADJUSTMENT BUREAU (Willensfreiheit).
Mit einem seiner bekanntesten Werke schuf Philip K. Dick noch ein anderes Subgenre der Science-Fiction, die sogenannte “Alternativgeschichte”. Dabei handelt es sich um eine spekulative Geschichte, die ab einem bestimmten Zeitpunkt von der bekannten Geschichte abweicht. Jenes Subgenre ist wesensverwandt mit dem Steampunk und wurde erst nach dem zweiten Weltkrieg populär. Als wichtigstes Werk der Alternativgeschichte gilt Philip K. Dicks Roman “Das Orakel vom Berge”, verfilmt als Serie THE MAN IN THE HIGH CASTLE.
In “Das Orakel vom Berge” von 1962 endet der Zweite Weltkrieg im Jahr 1947, die Siegermächte Deutschland und Japan teilen sich das Gebiet der Vereinigten Staaten untereinander auf.
Die eigentliche Handlung spielt in den 60er Jahren und zeigt einen völlig anderen Verlauf der Weltgeschichte und deren Folgen für die Figuren auf. Der Reiz solcher Alternativgeschichten liegt in der Diskrepanz zwischen den Wissen um den wahren Verlauf der Geschichte und der Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung.
Im Gegensatz zu Zeitreisegeschichten schildern sie aber nicht die aktive Veränderung der Zukunft in der Vergangenheit, sondern sind Gedankenspiele, die das Wesen der Dystopie offenlegen. In der unkonkreten Schilderung einer dystopischen Zukunft liegt der Pessimismus in der Annahme, in alternativgeschichtlichen Konstrukten ist die Entwicklung geradliniger nachvollziehbar. Beispiele für solche Stoffe, die auch verfilmt wurden, sind VATERLAND sowie die fiktive Dokumentation DER DRITTE WELTKRIEG.
Mit “Träumen Adroiden von elektrischen Schafen” begründete Philip K. Dick indirekt auch noch ein weiteres Subgenre der Science-Fiction – den Cyberpunk. Geprägt wurde dieser Begriff aber erst mit der Verfilmung von Ridley Scott und den Werken des Autors William Gibson (“Neuromancer”, 1984). Elemente von Cyberpunk sind Nanotechnologie, Virtuelle Realität und computergenerierte Welten. Im Film spiegeln Cyberpunk Stoffe oft den Film Noir.
Die Protagonisten leben in einer möglichen Zukunft, die von Computern bestimmt wird. Die Fragen, die Cyberpunk Werke stellen, drehen sich meist um einen Identitätsverlust des Individuums. Die bekanntesten Filme, die Elemente des Cyberpunks aufgreifen, sind TRON, EXISTENZ, die MATRIX-Trilogie, A SCANNER DARKLY (nach einem Roman von Philip K. Dick), STRANGE DAYS sowie Verfilmungen von japanischen Animes wie AKIRA oder GHOST IN THE SHELL.
Fantastyka i futurologia
Während westliche Science-Fiction Werke zur Trivialliteratur gehörten, versuchte man im kalten Krieg auf Seiten des Sozialismus die Utopie als erstrebenswerte Gesellschaftsform auch in der Realität zu propagieren. So sind Science-Fiction Stoffe aus ehemals sozialistischen Ländern keine Seltenheit, wenn auch sie gleichzeitig Propaganda waren. Aber auch auf der anderen Seite des eisernen Vorhangs gab es Propheten, die ihre Visionen mit der gesamten Menschheit teilten, nicht nur mit dem System. Zu den bekanntesten Autoren gehören Isaac Asimov und Stanislaw Lem.
Der Pole Stanislaw Lem (1921 – 2006) ist ein solcher Utopist, der die Zukunft des Menschen nicht gänzlich pessimistisch sah. In seinen Werken nahm er die tatsächliche Entwicklung von Nanotechnologie, virtueller Realität und Gentechnik voraus und warnte in eher satirischer Form vor den Gefahren der neuen Technikhörigkeit.
Zu seinen bekanntesten Werken zählt sein Roman “Solaris” aus dem Jahr 1961, welcher bislang dreimal verfilmt wurde. Die Geschichte handelt von einem fernen Planeten namens Solaris, welcher von einem gewaltigen Ozean umgeben ist. Dieser Ozean ist im eigentlichen Sinne eine künstliche Intelligenz, die aus den Erinnerungen und Schuldgefühlen von Wissenschaftlern, die sich auf einer Raumstation über dem Planeten befinden, neues künstliches Leben erschaffen.
Solaris gilt als Meilenstein der Science-Fiction und spiegelt hochinteressante ethische Fragen um Existenz und Selbsterkenntnis. Der Film THE CONGRESS (2013) übernimmt stattdessen Teile von Lems Roman “Der futurologische Kongress” und vertauscht die damalige Kritik am kommunistischen System mit einer Generalabrechnung der Unterhaltungsfilmdiktatur westlicher Welten.
Isaac Asimov (1919 – 1992), geboren in Russland, hingegen steht mehr für den Typus der Hard Science-Fiction, auch seine Zukunftsvisionen sind eher Utopien als Dystopien und erlangte vor allem durch seine Robotergeschichten Weltruhm.
Auf Asimov geht auch der Begriff Robotik zurück. Seine Werke sind inhaltlich lose miteinander verbunden und erzählen eine Vision der Menschheit bis in die Jahrtausende hinein. Im Mittelpunkt seiner Geschichten stehen oft Roboter, deren Existenz im wahren Leben Asimov aber nicht verteufelte, sondern von einer friedlichen Koexistenz mit dem Menschen ausging. Dieser Weg allerdings ist steinig und verlangte von Mensch und Maschine des Öfteren eine Neujustierung.
Isaac Asimov schenkte der Science-Fiction die drei Robotergesetze und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für beide Geschöpfe, Mensch und Maschine. Ein Roboter darf dem Menschen keinen Schaden zufügen. Er muss dem Mensch gehorchen, es sei denn, es steht im Widerspruch zum ersten Gesetz. Und ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, es sei denn, es widerspricht dem ersten und zweiten Gesetz.
Mit diesem Konstrukt schuf Asimov unzählige Geschichten von moralischen Dilemmas und Schwachstellen im perfekten System. Die Verfilmungen THE BICENTENNIAL MAN (nach “Der Zweihundertjährige”) und I, ROBOT (nach der “Ich, der Roboter”) zeigen nur ausschnittsweise die komplexen Zukunftswelten des Isaac Asimov.
The Clarke Orbit
Isaac Asimov wird als einer der “Big Three” der Science-Fiction Autoren bezeichnet. Wer also sind die anderen beiden? Das wäre zum einen der Amerikaner Arthur C. Clarke, der als wichtigster Autor der Hard Science-Fiction gilt.
Doch darüber hinaus ist Arthur C. Clarke auch ein Philosoph und vor allem selbst Wissenschaftler mit visionären Ideen. Arthur C. Clarke wurde vor allem durch seinen Roman “2001: A Space Odyssey” aus dem Jahr 1968 bekannt, verfilmt von Stanley Kubrick, mit dem er auch das Drehbuch verfasste. Aber Arthur C. Clarke verdanken wir auch die moderne Satellitentechnik, er war der erste, der Berechnungen für geostationäre Satelliten durchführte, die 1963 dann tatsächlich Realität wurden. Der Orbit, in dem diese Satelliten noch heute kreisen, wird seither Clarke Orbit genannt. Nach Clarke wurden auch Asteroiden und Saurier benannt.
Für die Science-Fiction schuf Clarke ebenfalls ein dreigliedriges Gesetz, die sogenannten Clarkeschen Gesetze: 1.: “Wenn ein angesehener, aber älterer Wissenschaftler behauptet, dass etwas möglich ist, hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht. Wenn er behauptet, dass etwas unmöglich ist, hat er höchstwahrscheinlich unrecht.“ 2.: „Der einzige Weg, die Grenzen des Möglichen zu finden, ist, ein klein wenig über diese hinaus in das Unmögliche vorzustoßen.“ Und 3.: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“
Besonders letztes fand Einzug in viele andere Bereiche der Popkultur und wurde vielfach nachgewiesen und bestätigt. Die drei clarkeschen Gesetzen sind so etwas wie die DNA-Bausteine der Science-Fiction, eine Quintessenz aus Beobachtung und Schlussfolgerung und diese drei Sätze hielten auch in die Wissenschaftstheorie Einzug. Clarkes Werk lebt vor allem in der Literatur und der Philosophie, im Bereich Film ragt lediglich das urgewaltige Werk 2001: ODYSSEE IM WELTALL von Stanley Kubrick heraus, der auch heute noch als der Meilenstein des Science-Fiction Films gilt.
Der Dritte im Bunde der Big Three der Science-Fiction ist Robert A. Heinlein (1907 – 1988). Zu seinen bekanntesten Werken gehören “Starship Trooper”, “The Puppet Masters” sowie die Hippie-Bibel “Stranger in a strange land”. Heinleins Werk war von Militarismus und Autorität geprägt, während er mit “Stranger in a strange land” vor allem eine Utopie der freien Liebe propagierte. Heinlein gilt als eher umstrittener Science-Fiction Visionär.
Für “Starship Troopers” von 1959, 1997 verfilmt von Paul Verhoeven, bezog Heinlein heftig Prügel, den satirischen Unterton nahm in der faschistoiden Zukunftsvision nicht jeder wahr. Auch die Verfilmung STARSHIP TROOPERS trifft diese Kritik, wenngleich die satirischen Elemente der Geschichte nicht im Vordergrund stehen.
Trotz allem ist STARSHIP TROOPERS als Buch und Film ein zynischer Blick in eine überpatriotische Zukunft, in der man sich nur durch den Militärdienst das Bürgerrecht erwerben kann und damit weitere Privilegien wie Wahlrecht und Geburtslizenz.
Von einer faschistoiden Zukunft erzählt auch der Roman “Fahrenheit 451” von Ray Bradbury (1920 – 2012), der ebenfalls zu den bekanntesten Sci-Fi Autoren gehört. Im Gegensatz zu seinen Kollegen war Bradbury kein Freund des technischen Fortschritts. Trotzdem beflügelten seine Werke Filmemacher und Wissenschaftler gleichermaßen.
Ray Bradburys Werk enthält neben der Vision einer Marsbesiedlung (“Die Mars-Chroniken” 1950) vor allem die berühmten Kurzgeschichtensammlungen “Der illustrierte Mann” und “Medizin für Melancholie”. Sein bekanntestes Wert aber ist der Roman “Fahrenheit 451”, welcher 1966 von François Truffaut verfilmt wurde. Wie in 1984 von Orwell ist die Zukunft für Bradbury eine Dystopie. In ihr ist es verboten, Bücher zu lesen, Bücher werden allesamt von der Feuerwehr, einer neuen Form der Polizei, vernichtet. Verboten ist aber vor allem selbstständiges Denken.
Schuld ist in “Fahreheit 451” aber keine selbsternannte Diktatur, der Mensch selbst hat sich durch Konsumwahn und Gewaltverherrlichung in jene Lage gebracht. Ursprünglich meinte Bradbury mit seiner Geschichte die aufkommende Selbstabschaffung des Menschen durch das Fernsehprogramm, er sah in der Vernichtung der Bücher ein Synonym dafür. Doch wird “Fahrenheit 451” heute vor allem mit der Bücherverbrennung der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht. Bradburys Roman “Fahrenheit 451” inspirierte auch neue dystopische Filme wie EQUILIBRIUM oder BOOK OF ELI.
Gepriesen sei der Wurm, verdammt sei der Affe
Zwei weitere Namen gehören zwingend in die Riege der großen Science-Fiction Autoren. Einer davon ist Frank Herbert, der Schöpfer von “Dune – Der Wüstenplanet”. Dune ist ein Romanzyklus zwischen 1963 und 1985 und enthält sechs Bände einer großen Sci-Fi Saga, angereichert mit Elementen der Fantasy und des Steampunks.
In “Dune” vermischt Frank Herbert (1920 – 1986) Science-Fiction mit Monarchien. Die Themen, die er in seinen Romanen spiegelt, reichen von der Abhängigkeit des Menschen vom Erdöl über Drogensucht, Feminismus bis zu ökologischen Fragen. Der Dune-Zyklus ist komplex, bislang scheiterten Filmemacher an einer adäquaten Adaption, auch David Lynch mit DUNE.
Alejandro Jodorowski (DER HEILIGE BERG, TOPAS), H. R. Giger und auch Salvatore Dali haben an der Umsetzungen von “Dune” gearbeitet und warfen ob der Komplexität des Stoffes das Handtuch. Auch die Fernsehproduktionen DUNE (2000) und CHILDREN OF DUNE (2003) konnten der komplexen Vorlage bislang kaum gerecht werden.
Besser erging es dem französischen Science-Fiction Autor Pierre Boulle (1912 – 1994) und seinem 1963 erschienenen Roman “Planet der Affen”. Die faszinierende Geschichte um einen interstellaren Raumflug zum Stern Beteigeuze, der zu einem Planeten führt, der von menschlichen Affen regiert wird, wurde bislang neun mal verfilmt, zusätzlich existiert eine TV- und Animationsserie. Im Gegensatz zu DUNE konnte die PLANET DER AFFEN Franchise das Urwerk Boulles auf interessante Weise erweitern und neu interpretieren.
Die Originalfilmreihe wirft einen recht skurrilen, dennoch bedrohlichen Blick auf die Zukunft der Menschheit, die nun wieder von ihren Vorfahren beherrscht wird. Auch die filmische Änderung des Endes und die damit verbundene Öffnung für Fortsetzungen waren recht clever angelegt. PLANET DER AFFEN aus dem Jahr 1968 wurde ein weltweiter Erfolg und ebnete den Weg für andere Science-Fiction Produktionen wie DUNE.
Übermorgen
Schaut man sich diese kleine, aber illustre Riege an Science-Fiction Propheten an, fällt einem auf, wie groß zum Teil die Zeitspanne zwischen der Vision und dessen Verwirklichung war. Jules Verne sah die Mondlandung fast um hundert Jahre voraus, die Phantastereien um Androiden, Nanotechnologie und Klone wurden nach ihren Vordenkern erst Jahrzehnte später realisiert. Doch der Science-Fiction Film war auch immer ein Genre mit Mindesthaltbarkeitsdatum. Ernüchterung trat ein, als an bestimmten Etappenzielen wie 1984 oder 2001 die Welt doch anders aussah als vermutet.
Nicht, dass es auch später noch wissenschaftsbegeisterte Autoren und Filmemacher gab. Der Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur Michael Crichton gehört zu den jüngeren Visionären, die es verstanden, fundierte Annahmen über zukünftige, technische Entwicklungen mittels spannender Geschichten und Figuren zu erspinnen.
Einer seiner ersten Romane aus dem Jahr 1969 “Andromeda” wurde 1971 von Robert Wise als ANDROMEDA – TÖDLICHER STAUB AUS DEM ALL verfilmt, später auch als TV-Zweiteiler von Tony und Ridley Scott. 1973 verfasste er nicht nur das Drehbuch zu WESTWORLD über einen futuristischen Freizeitpark, sondern führte auch selbst Regie. Nach “Congo” und “Sphere”, die beide ebenfalls verfilmt wurden, gelang Crichton mit der Verfilmung von “DinoPark” als JURASSIC PARK der internationale Durchbruch. Ihm zu Ehren wurde die Dinosaurierart Crichtonsaurus benannt.
Natürlich gibt es auch heute noch eine Flut von Science-Fiction Autoren, Büchern und Filmen. Aber die Visionen um Dystopien, Androiden und Roboter wurden umso kleiner, wie sie Realität wurden. Nur wenige neue Strömungen sind nach der Jahrtausendwende entstanden, aber ein Subgenre erlebte noch ein kleines Revival.
Auch das hatte seine Wurzeln in den 80er Jahren, als Dystopien und Cyberpunk den Film eroberten. Es war die Vorstellung einer Welt, in der man sich die individuelle Freiheit durch den Wettstreit erkämpfen konnte. In Filmen wie DAS MILLIONENSPIEL oder THE RUNNING MAN ging es um futuristische Gameshows, das Subgenre lebt auch heute noch mit Filmen wie IMMIGRATION GAME von Krystof Zlatnik.
Es wurde sogar durch ein paar Kniffe zu einem neuen Jugendphänomen. Eine neue Richtung der Dystopie in Literatur und Film wurde die sogenannte “Young Adult Dystopie”. Ihr Vorläufer war der Roman und Film BATTLE ROYAL aus Japan, in dem sich Schüler in einem dystopischen Spiel gegenseitig töten müssen. Romane und Filme wie DIE TRIBUTE VON PANEM, MAZE RUNNER oder die DIVERGENT Serie funktionieren nach dem gleichen Prinzip.
Aber es gibt auch Unterschiede zu herkömmlichen Dystopien. Young Adult Dystopien tangieren auch Postapokalyptische Szenarien, die Figuren sind jung und sprechen eine völlig andere Zielgruppe als George Orwells 1984 an. Ihre Zielgruppe begeistern diese Werke natürlich wegen der jungen, aktiven und heroischen, vorrangig weiblichen, Hauptfiguren. Dafür müssen alte Sci-Fi Hasen oft Kitsch erdulden. Im Kern steckt aber auch in der Young Adult Dystopie ein pessimistisches Bild der Zukunft.
Neue Science-Fiction Visionen im Kino sind in den letzten Jahren allerdings recht rar geworden. Unter dem Banner Science-Fiction rangieren heute vor allem Superheldenfilme und ein paar Young Adult Dystopien. Dieses und letztes Jahr waren maximal PASSENGERS, GHOST IN THE SHELL, INTERSTELLAR oder EX-MACHINA veritable Zukunftsvisionen. Es scheint, als seien alle Träume von elektrischen Schafen schon geträumt.
Möglicherweise braucht die Menschheit wieder einen Traum wie zu Zeiten von Jules Verne oder Arthur C. Clarke, vor dem Aufbruch ins All und in die Weiten des Universums, vor technischer Revolutionen und gesellschaftlicher Umbrüche. Eigentlich leben wir wieder in genau solchen Zeiten. Doch Science-Fiction bedeutet auch, einen mutigen Schritt weiterzudenken.
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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.
Lesen Sie in der nächsten Folge:
[…] Diese Zweifel wurden vor allem durch wissenschaftliche Neugier genährt. Die Erfindung besserer Fernrohre, mit denen man den Mond und den Mars beobachten konnte, trat eine Welle von Überlegungen los. Gibt es Leben auf dem Erdtrabanten, den sprichwörtlichen Mann im Mond? Und was verbarg sich hinter den Marskanälen, die 1877 von dem italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli beobachtet wurden? Diese Fragen beflügelten vor allem die Phantasie junger Autoren Ende des 19. Jahrhunderts wie Jules… […]
[…] angepasst, was den Vorlagen der Filme TOTAL RECALL („Erinnerungen en gros“ von Philip K. Dick) oder RUNNING MAN („Menschenjagd“ von Stephen King) nur bedingt gerecht wurde. Bei […]
[…] des Lebens und vielleicht nicht einmal eine sehr nützliche.“ ist ein Zitat von Isaac Asimov, einem der bekanntesten Science-Fiction-Autoren. In seinen Kurzgeschichten und Romanen beschäftigte sich Asimov sehr intensiv mit Robotern, aber […]
[…] zur Science-Fiction, aber das kann man noch besser klassifizieren. STAR TREK ist eine der wenigen Utopien in der Filmgeschichte, also eine Wunschzukunft der Menschheit, in der Zivilisationen friedlich […]
[…] Die Themenfelder, die das Genre Science-Fiction tangieren, reichen von Zukunftsvisionen wie Utopien & Dystopien, Aliens, apokalyptische Weltuntergangsszenarien bis hin zu Geschichten über künstlicher […]
[…] nur in die Videothek. Nun inszenierten die Spierig Brothers eine Adaption einer Geschichte aus Robert A. Heinleins „All you zombies“, und zwar „Entführung in die Zukunft“ und obwohl niemand […]
[…] Der berühmte Science-Fiction Autor Arthur C. Clarke (2001: ODYSSEE IM WELTRAUM) formulierte drei Gesetze für seine Werke und das dritte Gesetz lautet: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“. In ihm liegt der Schlüssel zur Dechiffrierung phantastischer Literatur, die immer von einem jeweiligem Standpunkt ausgeht. Würden die Menschen im Mittelalter einem knallroten Citroën im Wald begegnen, sie würden ihn für ein Fabelwesen halten. Aber würde es uns in unserem Jahrhundert anders ergehen, wenn es zu einen ersten Kontakt mit einer weit fortgeschrittenen Zivilisation kommt? […]
[…] über das Vorhaben des Regisseurs Alejandro Jodorowsky (EL TOPO, DER HEILIGE BERG), im Jahr 1975 Frank Herberts Roman „Dune – Der Wüstenplanet“ zu verfilmen. Äußerlich sind es natürlich die gigantomanischen Bestrebungen Jodorowskys, einen […]
[…] RAISED BY WOLVES hingegen steht für einen anderen Zweig der Science-Fiction und erzählt eine dystopische Geschichte der menschlichen Evolution in ferner Zukunft, visuell atemberaubend, unglaublich spannend erzählt […]
[…] Mac oder Mike Oldfield bekannt wurde, den schrulligen Musikfilm GARAGE DAYS, kehrte aber 2004 mit I, ROBOT fulminant zur Science-Fiction zurück. Doch weder mit KNOWING noch mit GODS OF EGYT konnte er […]