Die kleine Genrefibel Teil 28: Barbarians

Ich will von einem Subgenre berichten, das begann, als aus einer alten steiermärkischen Eiche ein Klumpen Mensch geknetet wurde. Will erzählen von Conan, von Red Sonja und Ronal, die dazu auserkoren waren, in rauen Zeiten ein wenig Geschmeidigkeit durch Körperduftöle zu verbreiten. Ich will von behaarten Achseln berichten, von Fleischzinnen und Muskelgebirgen, von Stahl, Blut, Schweiß und dickflüssigem Wein. Als Weiber noch züchtig waren und Männer den Gott des Eisens anbeteten, von großen Abenteuern, von Sklaverei, von Freiheit und von Gummimonstern. Ich will die Geschichte des Barbarenfilms erzählen.

 

So höret nun zu vürdererst, ihr niederen Völker, eine einleitende Abhandlung über das Wesen des Barbaren, über seine fomvollendete Physe und seine formvollendeten Füße. Eine Ode an die Keimdrüsen der Manneskraft, den Quell seiner Maskulinität.

 

 

 

 

Gnaaaa! Barbaren! Könnte es einen schöneren Kontrast zur Femme Fatale in der letzten Ausgabe geben? Mich erreichten tausende Zuschriften erboster, weiblicher Fans, die mich des Sexismus bezichtigten und die vor meiner Tür so lange mit transparenten Transparenten herumliefen, bis ich schließlich nachgab. Also gut, reden wir heute über muskulöse Männerkörper. Ist das nicht alles, was den Barbarenfilm ausmacht? Nicht ganz. Barbaren sind eine entzückende Nische innerhalb des Fantasyfilms, der häufig nur mit “Der Herr der Ringe” verknüpft wird. Doch um die Geschichte des Barbarenfilms zu ergründen, muss man mit dem historischem Kontext beginnen. Denn im Gegensatz zu anderen historisch angehauchten Stoffen gibt es zwischen den Barbaren in der Menschheitsgeschichte und denen im Fantasybereich recht große Unterschiede.

 

 

Rhabarber, Rhabarber

 

Wenn man an Barbaren denkt, fallen einem alte Stämme von kräftigen Kriegern ein, die nicht unbedingt durch filigrane Denkweisen auffallen, sondern eher durch rohe Kraft und brachiale Gewalt. Damit assoziiert man vorrangig den Fantasybarbaren in Literatur und Film. Der historische Barbar aber hatte einen ganz anderen Hintergrund.

 

 

Historische Barbaren: Hektor gegen Achill, Das römische Reich, heidnische Kleidung

 

Im ursprünglichem Kontext waren Barbaren jene Völker, die der griechischen Sprache nicht mächtig waren. Barbar bedeutete so etwas wie Stotterer oder Brabbler. Die feingeistigen Griechen meinten damit wohl jedes fremde Volk, welches nicht ihre wissenschaftlich wie kulturell fortschrittlichen Zivilisation entsprach. Doch der Begriff war gar nicht so negativ belegt wie er heute erscheint. Bereits innerhalb der “Iljas” von Homer stand der Barbar auch für einen rohen Helden, bestes Beispiel: Hektor von Troja.

 

Den Begriff übernahmen später aber auch die Römer und grenzten so andere Völker von ihrer privilegierten Gesellschaft ab. Denn die Römer hielten sich für das Gegenteil eines Barbaren, sie hielten sich für zivilisiert. Diese Unterscheidungen hinsichtlich der Bildung, der Religion oder jedweder Weltanschauung war auch später noch im Wortlaut erkennbar. Man spricht vom Heidentum, von Heiden, von indigenen Völkern des Nordens und anderen grobschlachten Wilden. So schön das alles klingt, aber mit den Wilden in Barbarenfilmen haben sie alle nicht wirklich was zu tun.

 

Diese haben ihre Wurzeln nämlich viel eher in der Trivialliteratur des jungen 20. Jahrhunderts. Barbaren im Bereich Fantasy haben interessanterweise den gleichen Ursprung wie die verschrobenen Geschichten eines H.P. Lovecraft – Pulpmagazine der 1930er Jahre. So erschien 1932 im Magazin “Weird Tales” eine Geschichte des jungen Autors Robert E. Howard mit dem Titel “The Phoenix and the Sword” mit einen barbarischen Helden namens Conan, der Cimmerier.

 

Dieser Held, der fortan in Howards Geschichten auftauchte, galt als Prototyp des neuzeitlichen Barbaren im Bereich Fantasy. Die Pulps sind auch für eine heutige Genrebezeichnung verantwortlich. Denn jener Bereich, der fortan von vielen Autoren ähnlich dem Werk Lovecrafts weitergeführt wurde, trägt heute die Bezeichnung Low Fantasy.

 

Die Begriffe Low Fantasy und High Fantasy gehen dabei auf ihre Publikationsformen zurück. Während Werke wie “Der Herr der Ringe” von Tolkin vornehmlich im Hardcoverbereich verlegt wurde, waren die Abenteuer von Conan & Co. im Bereich Heftroman oder Taschenbuch erfolgreich.

 

 

Die Begriffe Low Fantasy und High Fantasy wird heute aber auch noch anders interpretiert. Low Fantasy ist deutlich roher, grobschlachter, auch humorvoller, weniger episch und allumspannend. Während in “Der Herr der Ringe” größere Bögen in längeren Zeiträumen geschlagen wurden, sind Low Fantasy Abenteuer direkter, auf einen Helden bezogen und natürlich auch trivialer – viel Gewalt, Sex und klare Trennung zwischen Gut und Böse. Low Fantasy verzichtet größtenteils auf übernatürliche oder magische Einflüsse, die Welten sind archaischer und näher an geschichtlicher Korrektheit, die Figuren erdiger als Elben oder Hobbitse.

 

Low Fantasy: Erdige Krieger und Helden, klares Gut und Böse in Pulp Magazinen

High Fantasy: Magie und Mythologie, fremde Wesen und Sprachen in Hardcover Büchern

 

Weil wir gerade bei Begrifflichkeiten sind, oft hört man im Zusammenhang mit Low Fantasy und dem Barbarenfilm auch die Bezeichnung “Sword and Sorcerer”. Auch dieses Etikett wurde von Robert E. Howards Geschichten geprägt, aber nicht jedes Sword and Sorcerer-Abenteuer ist gleichzeitig auch ein Barbarenstoff.

 

Vom literarischen Ursprung der 30er Jahre bis zur Barbarenfilmwelle ab 1982 verging allerdings recht viel Zeit, in denen Barbaren auf der Leinwand nur eine untergeordnete Rolle spielten. Zwar waren in den fünfziger Jahren historische Filmstoffe eine gute Einnahmequelle für B-Movie-Studios, doch thematisierten diese eher heroische Einzelfiguren griechischer und römischer Geschichte wie Herkules, aber auch König Arthur oder Ilja Muromez. Der klassische Barbarenfilm entstand erst durch die Verfilmung der Abenteuer von Conan, dem Cimmerier.

 

Conan ist nicht umsonst die Gallionsfigur des Subgenres, sowohl in Literatur als auch im Film. Er gilt als Prototyp eines Barbaren, dem viele folgten, ihrem Vorbild aber selten das Wasser reichen konnten. Beim Namen ging es schon los, jeder gute Barbar musste einen einfachen und schlichten Namen tragen, denn möglicherweise hätte er ihn sonst vergessen.

 

Dicke Muskelpakete waren ohnehin obligatorisch, zwar wird nicht wirklich offen mit seinen geistigen Defiziten umgegangen, aber große Intelligenzbestien waren Barbaren nicht. Doch sie hatten Charakter, meist waren das einsame Krieger, die schmerzliche Verluste zu beklagen hatten und sich somit der Rache verschrieben. Auch Conan hatte ein solches Schicksal. Seine Eltern wurden abgeschlachtet, er selbst versklavt, was ihn aber über die Jahre immer stärker werden ließ. Mit der Stärke wuchs auch der Gedanke nach Vergeltung. Das Motiv der Rache ist prägend für den Barbar. Doch für dieses Subgenre waren Kleinigkeiten wie Kleidung und Bewaffnung mindestens von gleichgroßer Bedeutung.

 

 

Nur dem Schwert kannst du vertrauen!

 

Ein zentrales Element des Barbaren ist das Schwert, eigens geschmiedet in Feuer und Eis. Jene Zweihandwaffe konnte gar nicht groß genug sein, möglicherweise war eine solches Schwert gar nicht tragbar, dennoch wurde geschwungen und Schädel gespalten, dass die oder der Heide wackelte. Das führte natürlich dazu, dass ein prominenter Barbar ebenso große, körperliche Wucht aufweisen musste. Es bedurfte eines richtigen Kolosses von Mann, um die Figur Conan aus den Pulpmagazinen der 30er Jahre zu visualisieren und so kam der österreichische Bodybuilder und Mister Universum Arnold Schwarzenegger genau recht, denn zu jener Zeit war die Kombination Kraftsportler und Schauspieler nicht unbedingt salonfähig.

 

 

CONAN, THE BARBARIAN (1982) von John Milius

 

 

Für CONAN, THE BARBARIAN aber war Schwarzenegger die Idealbesetzung, ein Muskelberg mit stoischem Blick, der bereits 1970 den Herkules in HERKULES IN NEW YORK gab. Die Rolle des Conan war 1982 Schwarzeneggers internationaler Durchbruch und im Gegensatz zu späteren Schwarzeneggerfilmen war seine Besetzung hier genau die Richtige.

 

In den Folgejahren wurden Plots und Geschichten eher Schwarzenegger angepasst, was den Vorlagen der Filme TOTAL RECALL (“Erinnerungen en gros” von Philip K. Dick) oder RUNNING MAN (“Menschenjagd” von Stephen King) nur bedingt gerecht wurde. Bei Conan allerdings war das nicht nötig, Schwarzenegger war noch kein Star und er entsprach der Vorlage. Arnie tat viel für die Rolle, trainierte Schwert- und Reitkunst, absolvierte seine Stunts alle selbst, wohl auch deswegen, weil es einfach keinerlei vergleichbares Körperdouble für Schwarzenegger gab.

 

Die Gemälde von Frank Frazetta formten das Bild des Fantasy-Barbaren

Das Bild von Conan, dem Barbaren, den Arnold Schwarzenegger perfekt verkörperte, wurde bereits in den sechziger Jahren von dem Zeichner und Grafiker Frank Frazetta geformt. Seine Titelbilder für die Conan-Nachdrucke wurden prägend für das Bild des Barbaren.

 

Nach dem Schwert, dem wichtigsten Element des Barbaren, welches filmisch von größter Bedeutung für Kampfaction wurde, waren es vor allem die Kostüme, die einen guten Barbarenfilm ausmachen und die auf Frazettas Ölbilder zurückgehen. Was einen guten Barbarenfilm auszeichnet, ist starke Schwertaction, malerische Landschaftsaufnahmen und ein filigran-brachiales Kostümbild.

 

 

Barbaren trugen gern Leder und Fell, aber das nur dezent, denn Haut und Muskeln waren die eigentliche Tracht. Dafür hatten sie lange, fettige Haare, dichte Pelze unter den Armen, ansonsten glatte Haut, die mit Öl eingerieben wurde und glänzte wie eine Speckschwarte. Toll waren auch Helme mit überdimensionalen Hörnern, Lendenschurze, Äxte, Keulen und Hämmer. Schilder oder Rüstungen brauchte der Barbar nicht, dafür war er selbst Klops genug. All diese Facetten, der literarische Conan der 30er Jahre Pulpmagazine und die Bilder von Frank Frazetta in den sechziger Jahren führten 1982 zu CONAN, THE BARBARIAN und lösten damit die Barbarenfilmwelle aus.

 

 

“Crom, ei häf näver preijd do ju befohr!”

 

Als Produzent war es vor allem Roger Corman, der in den Achtzigern auf jenen Zug aufsprang und mit WIZARDS OF THE LOST KINGDOM, der DEATHSTALKER-Serie, AMAZONS oder BARBARIAN QUEEN großartigen Barbarentrash produzierte. Dass das Subgenre so erfolgreich war, nach dem Erfolg von CONAN, war vor allem dem Umstand geschuldet, dass es extrem günstig zu produzieren war. Gedreht wurde ohnehin in fremden Landen, vor allem in Spanien, Italien. Stars des Subgenres waren keine hochbezahlten Mimen vom Theater, sondern Fleischberge, die mit Mühe und Not Hauptsätze aneinanderreihen konnten.

 

FIRE AND ICE von Ralph Bakshi (1983)

Miles O`Keeffe wurde nach Schwarzenegger wohl der bekannteste Filmbarbar

 

Handlung brauchte es häufig nicht wirklich, irgendein Relikt, welches einem finsteren Herrscher zur Macht verhalf, ward schnell gefunden, große Teile der Filmlänge wurden durch Schwertaction oder ewiges Herumreiten in der Pampa gefüllt. Dramaturgisch ist der Barbar bis auf seine persönliche Vendetta, nicht gerade vielfältig. Was soll man sonst auch schreiben über ein Leben in einem Dorf, in dem man tagein, tagaus Schwerter schleifen muss. So als Mensch ist der Barbar nicht wirklich greifbar, aber wenn jemand das Dreckskaff anzündet und wild herumstochert, dann erlangt der Barbar erst seine wahre Daseinsberechtigung. Und die hat viel mit Rübe ab zu tun.

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Nach dem Erfolg von CONAN und seinen amerikanischen Nachfolgern dachten sich wohl die Gastgeberländer jener Produktionen, dass sie ob ihrer schönen Naturkulissen auch gleich selbst solch ertragreiche Kost wie Barbarenfilme produzieren könnten. So schwappte die Barbarenfilmwelle auch in Italien über. Als 1984 in den Staaten die Fortsetzung CONAN, THE DESTROYER anlief, war der Barbarenfilm von seiner anfänglichen archaischen Urgewalt in pure Trashfilmgefilde angekommen.

 

 

CONAN, DER BARBAR war auch Trash, aber er kaschierte das gut, unter anderem durch die bombastische Musik von Basil Poledouris. Aber allein der Umstand, dass der Held Conan einen unüberhörbaren österreichischen Akzent hatte, der Schwarzeneggers Gestammel noch wahnwitziger machte, vergeigte jeden Ernst der Inszenierung. CONAN, DER BARBAR ist demzufolge auch nur in der deutschen Synchronisation zu ertragen, die der Figur wesentlich mehr Ernst verleiht.

 

 

CONAN, THE DESTROYER (1984)

 

In CONAN, THE DESTROYER war man mittlerweile dann aber weg vom Bombast zu tumber Trashunterhaltung angekommen, ein dritter Teil erschien gar nicht erst, nachdem bereits Fleischers Fortsetzung nicht an den Erfolg des Erstlings von 1982 heranreichen konnte. Was nicht heißt, dass CONAN, THE DESTROYER keinen Spaß macht, im Gegenteil, er bildet den typischen 80er Jahre Barbarenfilm viel deutlicher ab als sein Vorgänger. Denn CONAN, THE BARBARIAN war beinahe schon zu episch. Ein richtiges Barbarenvergnügen aber ist auch Trash vom Allerfeinsten.

 

Lebendige HE-MAN Figuren David & Peter Paul (DIE BARBAREN, 1987)

BEASTMASTER (1982) mit Schwert und Amazone

 

In Italien entstanden dann unter der Regie von Joe D’Amato die Trashklassiker ATOR 1 und 2 mit Miles O´Keeffe, der als Tarzan angefangen hatte und einen guten Barbar abgab. ATOR war eine CONAN-Kopie, bei der alles 3 Klassen billiger war, aber dennoch Laune verbreitete. Auch Kannibalenexperte Ruggero Deodato warf 1987 einen Barbarenbeitrag in den Ring – DIE BARBAREN mit den Bodybuilder-Zwillingen David und Peter Paul. Grandios! Mich begeisterten in der frühen neunziger Jahren vor allem die BEASTMASTER-Filme von Don Coscarelli (PHANTASM). Wilde Tiere waren bereits in den Bildern von Frazetta eine wichtige Facette des Barbaren. Löwen, Elefanten oder Kamele, all das gehörte zu einem guten Barbarenfilm wie das Salz in der Suppe.

 

 

Connie, die Barbarin

 

Wenn man sich den testosterongeschwängerten Barbarenfilm so anschaut, könnte man meinen, für holde Weiblichkeit sei darin gar kein Platz. Aber das ist nicht ganz richtig, so unterwürfig waren Frauen in diesem Subgenre gar nicht. Die Amazone, das Gegenstück des Barbaren, hatte auch ihre Fangemeinde.

 

Nach dem Erfolg von CONAN, THE BARBARIAN wurde auch die Figur “Red Sonya of Rogatino” aus einer Geschichte von Robert E. Howard adaptiert, die im Jahr 1973 zu einer Comicikone aufgestiegen ist.

 

 

Red Sonja wurde ein wichtiger Nebencharakter im Conan-Universum und wurde 1985 mit der jungen Brigitte Nielsen verfilmt. Eine Amazone wie Red Sonja unterschied sich nicht groß von ihren männlichen Kollegen, auch sie trachtet nach Rache, gibt sich unnahbar und will sich mit Mannsvolk nur dann einlassen, wenn sie in einem Schwertkampf besiegt wurde.

 

 

Brigitte Nielsen und Arnold “Statue seiner Selbst” Schwarzenegger in RED SONJA, 1985

Man begegnet gar nicht so vielen unterwürfigen Frauen in Barbarenfilmen, mancherorts sind Frauen sogar heimliche Strippenzieher im Hintergrund. Da gibt es oft grazile Priesterinnen, die irgendeinen Pappmaschee-Krempel bewachen, von nicht-auszuhaltender Jungfräulichkeit beseelt oder schlichtweg Hexen sind.

 

So sprossen auch Barbarenfilme mit femininen Hauptakteuren aus dem Sandboden, BARBARIAN QUEEN, HUNDRA, AMAZONS oder SHE, die an Unterhaltungswert ihren männlichen Kollegen in nichts nachstehen. Muskeln hatten die natürlich auch, lange Mähnen und eine weiche Lederhaut.

 

 

Wie Brigitte Nielsen es geschafft hat, in RED SONJA ein so bulliges Schwert zu führen, es wird wohl in der Geschichte des Barbarenfilms untergegangen sein. Auch Arnold durfte nochmal ran, sollte eigentlich auch die Figur Conan spielen, doch da machten lizenzrechtliche Probleme der Sache einen Strich durch die Rechnung. Dennoch zählt RED SONJA zu den Highlights des Barbarenfilms, vor allem wegen dem kleinen Prinzen, Schwarzeneggers Geschmachte und der Musik von Ennio Morricone.

 

 

CONAN (2011)

 

Die Barbarenfilmwelle endete mehr oder minder Anfang der neunziger Jahre. Dort gab es vereinzelt im Fernsehen noch trashige Low Fantasy-Unterhaltung wie XENIA oder HERCULES. Nur selten ließen sich noch bullige Barbaren blicken, beispielsweise The Rock als SCORPION KING oder in DER 13. KRIEGER von John McTiernan.

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2011 erhielt der Stoff Conan eine Neuverfilmung. CONAN 3D ist kein Remake des Schwarzenegger-Streifens, aber auch er basiert auf den Pulpgeschichten von Robert E. Howard. Ich finde den gar nicht schlecht, zumindest den Anfang um Klein Conan und Ron Perlman, aber nach gut einer halben Stunde wird die Choose ziemlich generisch und trist.

 

 

Hairy Balls!

 

Wesentlich besser macht die Wiederbelebung des Barbarenfilms der dänische Animationskracher RONAL, DER BARBAR. Ronal funktioniert als Parodie auf das Barbarenfilm-Subgenre hervorragend, obwohl es keine Persiflage auf CONAN, THE BARBARIAN darstellt, wie der Titel vermuten lässt. Vielmehr werden einige der großen Fantasyklassiker von LORD OF THE RINGS bis HARRY POTTER und sogar RED SONJA durch den Kakao gezogen. Aber Kakao gezogen trifft es nicht wirklich, denn RONAL, THE BARBARIAN vereint hier alle Merkmale des Barbarenfilms, die ja selbst eine Karikatur darstellen. Fand ich irre witzig, eine derbe Abwechslung zu seichter Animationskost, die überall aus dem Boden sprießt.

 

 

RONAL, THE BARBARIAN (2011)

 

Letzten Endes könnte man RONAL, THE BARBARIAN als definitive Zusammenfassung des Subgenres auffassen. Schwer vorstellbar, dass ein neuer CONAN 2015 mit Schwarzenegger oder das doch noch kommende Remake von RED SONJA (ob nun von Roberto Rodriguez oder Simon West, mit Rose McGowan oder Amber Heard) dieser Nische noch einen dritten Frühling verschafft.

 

Nie über die Planungsphase hinausgekommen – RED SONJA Remake von Robert Rodriguez

Das tolle am Barbarenfilm ist seine Kompaktheit, man kann das Subgenre gut abarbeiten, es ist nicht so unübersichtlich komplex wie Filme über Ritter oder Piraten, aber breiter als Filme über andere wilde Volksstämme wie Wikinger oder Mongolen. Ich mag genau die Mischung aus einer eher historisch-europäisch angehauchten Welt mit wenig Fantasyanteilen, dafür brachialer Gewalt und kerniger Schwertaction, mit alten Relikten, mit Frauen, die irgendwie respektiert wurden, mit Muskelbergen, die trotzdem warmherzig sind. Man muss allerdings einen Faible für Trash haben, denn nicht einmal die Creme De la Creme des Subgenres, CONAN, THE BARBARIAN, ist wirklich ernst zu nehmen. Doch im Vergleich zu ATOR ist der Klassiker von John Milius geradezu ein filigranes Charakterstück.

 

 

Manche Subgenre gehören einer ganz bestimmten Zeit an und sind schwierig zu reanimieren. Auch FLUCH DER KARIBIK hat keine neue Piratenwelle nach sich gezogen, trotz des Erfolges. Auch der Barbarenfilm wird ein Relikt der Achtziger bleiben. Heute ziehen eher Kleinwüchsige mit behaarten Füßen die Massen in die Kinos. Dennoch freue ich mich nochmal auf den guten alten Arnie, wenn er 2015 nochmal die Stahlklinge schwingt. Auf die Helme, Freunde der leichten Unterhaltung! And oily muscles too!

 

 

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In der Reihe DIE KLEINE GENREFIBEL habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sämtliche Genre, Subgenre, Mikro- und Nanogenre des Genrefilms vorzustellen. Eine Aufgabe, die mich bis weit nach mein Lebensende beschäftigen wird. Ich lege den Fokus auf Dramaturgie und Buch, werde mich aber auch mit der Inszenierung sowie den jeweils besten Vertretern befassen.

 

Lesen Sie in der nächsten Folge:

 

 

7 Comments

  1. Antworten

    […] zurück im Genrestreichelzoo. Unsere letzten beiden Fibeln über Männlein und Weiblein waren inhaltlich eher retrospektiv geprägt. Subgenres in einem historischen wie […]

  2. Antworten

    […] Denn vor allem aus dem römischen Herkules wurde verstärkt ein Raufbold, der sich eher der Barbarenfilmwelle zuordnen […]

  3. Antworten

    […] Animeeisberges. Trotzdem bemerkenswert, dass man mal bewusst von einer Welle mitgerissen wurde. Die Barbarenfilmwelle, die Kannibalenwelle, für all das war ich noch zu jung, aber den Animeerfolg außerhalb Japans hab […]

  4. Antworten

    […] Die kleine Genrefibel Teil 28: Barbarians « traumfalter filmwerkstatt | stoffentwicklung – g… 14. November […]

  5. Antworten

    […] Fantasy ist ein schwammiger Begriff. Die meisten verbinden ihn mit Tolkien, Drachen, Rittersleuten, Barbaren oder Fabelwesen. Im Bereich Fantasy trifft man einerseits auf geschichtliche Mythologie wie auf […]

  6. Antworten

    […] das mitteleuropäische Frühmittelalter zwischen 800 – 1050 nach Christus prägten. Neben den Barbaren, die allerdings auf Pulpromanen der 20er Jahre basierten, waren Wikinger die beliebtesten Raufbolde […]

  7. Antworten

    […] zugeordnet – der High Fantasy oder Epischen Fantasy. Dem Gegenüber scheint der Begriff Low Fantasy zu stehen, doch sind jene Schlagworte keine Gegenpole oder an qualitative Maßstäbe geknüpft. In […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de