Der Traumfalter Jahresrückblick 2021

So People, da wären wir wieder. Alles gut bei Euch, Weihnachten gut überstanden? Ich noch nicht, mir steht das alles noch bevor. Ja aber wie kann das denn sein, fragt ihr euch? Ich kann es euch sagen, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, das alles gibt es gar nicht, also gibt’s schon irgendwie, aber eben auch nicht. Und so weiter. Eine endlose Diskussion. Die einen nennen es Vergegenwärtikunft, andere bezeichnen dieses Phänomen Quantenparadoxer Normschlund. Die Wahrheit liegt natürlich irgendwo in der Mitte oder wie Aristoteles einst sagen wird: „Ein Teil der Zeit war und ist nicht, während der andere sein wird und noch nicht ist.“. Und der muss es ja wissen, der hat ja schließlich auch den Kühlschrankmagneten erfunden. Was ich eigentlich damit sagen will ist, ich schreibe hier (Gegenwart) den Traumfalter Jahresrückblick 2021 (Vergangenheit) für Euch, liebe Leser, als Lektüre für die Rauhnächte zwischen den Jahren (Zukunft). Alles gleichzeitig. Das soll euch jetzt aber nicht weiter verwirren, wenn noch Fragen sind, einfach Melden.

 

Wie ich im letzten Jahresrückblick prophezeit habe, ist 2021 alles noch viel schlimmer gekommen als im ersten Jahr der Pandemie. Schon damals habe ich die Sachlage fachgerecht vergegenwärtikünftigt, dass ich mich manchmal frage, ob ich Jahresrückblicke nicht generell schon im Januar schreiben sollte. Ich könnte mich als Algorithmus andienen, das liegt ja voll im Trend, alles wird von Zahlen bestimmt, Box Office, Quote, Bewertungsschemen in Filmrezensionen, alles Schnee von gestern, es geht um den Schnee von morgen, denn mittlerweile sagt uns der Algorithmus, was wir gefälligst zu schauen haben und was nicht, was relevant ist und was nicht, bevor es im digitalen Nirvana verschwindet. Vergegenwärtikunft aber bedeutet, auszutreten aus diesem Teufelskreis der algorithmischen Quarkmühle. Das heißt im Konkreten, hört nicht auf den Algorithmus, auf die 4 von 10 Punkten, vergesst den ShowView Code der Gleichmacher, hört nur auf mich, dann wird alles gut. Willkommen zum Traumfalter Jahresrückblick 2021.

 

3G-Winner Plus & Minus

 

Reingelegt, los geht’s mit Zahlen und Algorithmen. Am 01. Januar 2021 hat Thanos nochmal mit dem großen Handschuh geschnippt und zack – die Hälfte des Kinofilmjahres 2021 war weg. Ein Filmjahr mit nur sechs Monaten Kinobetrieb in Deutschland, gen Ende zusätzlich erschwert durch neue Beschränkungsregularien, dazu die teilweise parallele Veröffentlichung von Kinoblockbustern auf diversen Streamingdiensten, war das nun der Todesstoß für die Kinobranche? Nicht ganz, obgleich die Branche herbe Verluste hinnehmen musste. Offiziell gings hierzulande am 01. Juli wieder mit Kino los, davor gab es hier und da Phantomstarts, so richtig durchgeblickt hab ich da nicht. Im Gegensatz zu den USA kamen hierzulande einige Filme früher in die Lichtspielhäuser und waren befreit vom Zugzwang zeitnaher VIP-Streamingveröffentlichungen. Zudem schien sich der Stapel pandemiebedingter Verschieblinge fast vollständig zu dezimieren. Was fehlt nun eigentlich noch? Bis auf TOP GUN: MAVERICK fällt mir spontan nichts ein.

 

 

Film 2021 Erfolge

Die großen Erfolge 2021 in Kino und Heimkino: SPIDER-MAN: NO WAY HOME spielte sich in 3 Tagen an die Spitze der US-Jahrescharts, HELLBOUND aus Südkorea löste noch im selben Jahr SQUID GAME als erfolgreichste Serie ab & BLOOD RED SKY avancierte zum international erfolgreichsten deutschen Netflix Film überhaupt.

 

In den USA sorgte die anhaltende Pandemie wohl für den größten Umsatzeinbruch im Kino, zum Glück lief es in der internationalen Auswertung für einige Filme besser. Auch in Deutschland konnten in der zweiten Jahreshälfte bessere Zahlen verbucht werden, die Lust auf Kino war nach sechs Monaten Abstinenz wieder spürbar groß. Hierzulande schaffte es der neue Bond-Streifen KEINE ZEIT ZU STERBEN mit 5,8 Millionen Besuchern locker an die Spitze der Jahrescharts, in den USA reichte es nur für Platz 7, international immerhin Platz 3 mit 755 Millionen US-Dollar Einspielergebnis. Damit wurde auch die Frage beantwortet, ob sich ein exklusiver Deal mit Apple oder Netflix für die MGM gelohnt hätte, die immerhin 600 Million geboten hatten. Am Ende völlig egal, denn Amazon schluckte die MGM, versicherte aber, neue Bond-Filme mit neuen Bond-Darstellern werden weiterhin ins Kino kommen.

 

 

Debatten Film 2021

Skandale, Debatten, Kontroversen 2021: KEINE ZEIT ZU STERBEN Regisseur Cary Fukunaga bezeichnete die Bond Figur in FEUERBALL (1965) als Vergewaltiger. SQUID GAME löst eine Debatte über Jugendgewalt aus, Lehrer schlagen Alarm. Und uns Uwe Boll wagt es doch tatsächlich, den Terroranschlag in Hanau verfilmen zu wollen.

 

Viel Gerede um Kohle also mal wieder. Große Wellen schlug auch das Battle JOHANSSON VS DISNEY, denn mit dem zeitgleichen VIP-Start von BLACK WIDOW gingen der Hauptdarstellerin prozentuale Einnahmen aus dem Kinobetrieb flöten. Was erlauben Scarlett? Die Frage ist eher, was erlauben Disney, andere Studios haben Verträge rechtzeitig angepasst, Disney nicht, also gabs Zoff, später auch seitens Emily Blunt und Emma Stone. Während in der Kinobranche die Zahlen sichtbarer sind, wird es bei diversen Streamingdiensten dezent nebulös. Wer kann das alles schon nachprüfen genau, was genau hier Erfolg bemisst. Ironischerweise sind diese Phantomzahlen noch viel entscheidender für die Außenwirkung, bei SQUID GAME redete man, abgesehen von der Schulhofsdiskussion, von nichts anderem, allerdings nur solange, bis SQUID GAME von der Serie HELLBOUND abgelöst wurde.

 

 

Debatten Film 2021

Frauen in der Filmbranche sollen besser bezahlt werden – es sei denn, es geht um Scarlett Johansson, den Walt Disney Konzern und Vertragsnachverhandlungen, da wittert der außenstehend Scheinheilige nur Gier und Profitsucht. Schämt Euch! Chloé Zhao gewinnt als zweite Frau in der US-Filmgeschichte des Oscar als Beste Regisseurin plus den Oscar für den Besten Film – am nächsten Tag wird ihre Arbeit in China komplett boykottiert. Fickt Euch! Aber es gibt auch schöne Nachrichten: Im Jahr 2021 darf Elliot Page endlich Elliot Page sein.

 

Das ist es, was derzeit relevant ist, Zahlen, Algorithmen, Annahmen & Stille Post. Die Frage aber ist, leidet darunter die Kunst, die inhaltliche Debatte, die Leidenschaft? Kommt immer auf die Blase an, in der man sich gerade befindet. Gen Ende des Filmjahres schienen GHOSTBUSTERS: LEGACY und SPIDER-MAN: NO WAY HOME vor allem wieder Herzen zu erfüllen, Geldbeutel sicherlich auch, aber es gibt sie noch, die Leidenschaft, die Nostalgie, das Homecoming. Mit KEINE ZEIT ZU STERBEN und SQUID GAME gibt es auch noch die inhaltliche Debatte, auch wenn die in diesen Fällen hauptsächlich zwischen den Polen politische Korrektheit und Jugendschutz geführt wurde. Und auch die Kunst ist immer noch da und genau damit wollen wir uns jetzt tiefer beschäftigen, mit großartigen Filmen, mit beeindruckenden Darstellungen und mit überwältigenden Visionen.

 

We Care A Lot

 

Die Werke zweier deutscher Shootingstars gaben dem Filmjahr 2021 eine wundervolle Klammer, wenn auch nicht im Kino oder nur ein bisschen. Pandemiebedingt schaffte es Paul Greengrass‘ Neowestern NEUES AUS DER WELT im Januar nicht in die deutschen Lichtspielhäuser und ging Anfang Februar direkt zu Netflix. An der Seite von Tom Hanks spielt die dreizehnjährige Helena Zengel ihre zweite Hauptrolle nach dem international gefeierten Drama SYSTEMSPRENGER, auch in NEUES AUS DER WELT begeistert sie und fuhr sogar eine Golden Globe Nominierung ein. SYSTEMSPRENGER Regisseurin Nora Fingscheidt wiederum legte im November ihren zweiten Spielfilm THE UNFORGIVABLE vor, der nach kurzer Leinwandpräsenz im Dezember auch exklusiv zu Netflix ging. THE UNFORGIVABLE geht tief unter die Haut und Sandra Bullock liefert als Ex-Knacki die bislang beste Performance ihrer Karriere ab.

 

 

THE UNFORGIVABLE

Sandra Bullock in THE UNFORGIVABLE von Nora Fingscheidt (Neflix)

 

Der meiner Meinung nach beste Streaming Only Film erschien im Februar mit J Blakesons bitterböser Satire I CARE A LOT. Nach außen leitet Hauptfigur Marla (Rosamund Pike) ein führsorgliches Betreuungsunternehmen für ältere Menschen, doch bringt sie diese hinterhältig und skrupellos um ihr Vermögen. So auch die steinreiche Jennifer (Diane Wiest), die unter Marlas Vormundschaft im Seniorenheim landet. Was Marla nicht weiß, ihr neustes Opfer ist die Tochter des brutalen Gangsterbosses Roman Lunyov, grandios gespielt von Peter Dinklage, der seine Mutter aus den Fängen von Marla zu befreien versucht und damit ein Duell in Gang setzt, wer unmoralischer und hinterlistiger ist – I CARE A LOT ist so tiefschwarz, dass man den Bildschirm heller stellen muss.

 

 

I CARE A LOT

Rosamund Pike und Peter Dinklage in I CARE A LOT vo J Blakson (Netflix)

 

Der neue Film von Joe Wright nach DIE DUNKELSTE STUNDE hat ein wenig auf sich warten lassen und kam im Mai direkt zu Netflix – THE WOMAN IN THE WINDOW mit Amy Adams, Julianne Moore und Gary Oldman, eine Thrill Noir Verbeugung vor Hitchcocks DAS FENSTER ZUM HOF, wie immer bei Joe Wright elegant ausgestattet, fotografiert und choreografiert. Möglicherweise mehr Style als Substanz, aber die harschen Kritiken hat THE WOMAN IN THE WINDOW nicht verdient, vor allem wegen der starken Darstellerriege, dem langsam aufbauenden Mysteryplot und einer endlich wieder erinnerungswürdigen Filmmusik von Danny Elfman.

 

 

THE WOMAN IN THE WINDOW

Amy Adams in THE WOMAN IN THE WINDOW von Joe Wright (Netflix)

 

Eine kleine Überraschung gab es mit ABENTEUER ‘OHANA, ein Feel Good Movie für die ganze Familie, vor allem aber für die vielen Fans der GOONIES, die für das hawaiianische Treasure Hunter Adventure sichtlich Pate standen. Dass ABENTEUER ‘OHANA aber kein Abklatsch des Kultfilms von Richard Donner geworden ist, dafür sorgen vor allem Newcomerin Kea Peahu, die grandiose Kulisse Hawaiis und vielen witzigen Schatzsucherideen vor allem in der zweiten Filmhälfte. Für Kids mit über 2 Stunden Länge vielleicht ein wenig zu ausladend, für alle anderen, insbesondere Liebhaber von DIE GOONIES aber ein nostalgischer Trip mit viel Herz.

 

 

ABENTEUER OHANA

ABENTEUER OHANA von Jude Weng (Netflix)

 

Epische Western in Cinemascope auf Smartphone Hosentaschenformat geschrumpft, das mag Frevel sein, aber es soll ja auch Leute mit größeren Bildschirmen geben und die bekamen via Netflix mit NEUES AUS DER WELT, THE HARDER THEY FALL und THE POWER OF THE DOG gleich drei Western spendiert, allesamt mit heftigem Staraufgebot. Am meisten beeindruckt hat mich dabei THE POWER OF THE DOG von Jane Campion, in dem Benedict Cumberbatch eine beeindruckende Performance abliefert und damit jetzt schon zu den großen Oscar Favoriten gehört. Doch auch die Co-Stars Kodi Smit-McPhee, Jesse Plemons und Kirsten Dunst spielen formidabel auf in einem bildgewaltigen und bedrückendem Drama im gar nicht mehr so Wilden Westen.

 

 

Neowestern 2021

Spätwestern Offensive via Netflix: Tom Hanks und Helena Zengel in NEUES AUS DER WELT von Paul Greengrass, Idirs Elba in THE HARDER THEX FALL von Jeymes Samuel & Benedict Cumberbatch und Kodi Smit-McPhee in THE POWER OF THE DOG von Jane Campion.

 

In Sachen Exklusivfilme ist nach wie vor Netflix Hauptplattform, doch auch die Mitbewerber wollen mitmischen. Disney+ bot ihren Kunden mit LUCA aus dem Hause Pixar und dem hauseigenen RAYA UND DER LETZTE DRACHE zumindest in Deutschland zwei exklusive Argumente für ihren Dienst. Vor allem LUCA ist ein herzlich frisches Abenteuer um zwei Wasserwesen, welche in der italienischen Riviera ein spritziges Abenteuer mit einer selbstgebauten Vespa erleben. Auch RAYA UND DER LETZTE DRACHE dürfte die Kids begeistern, für Erwachsene aber mag das Geplapper von Wasserdrache Sisu vielleicht eine Spur zu hibbelig sein.

 

 

Der neue Pixar Film LUCA von Enrico Casarosa, RAYA UND DER LETZTE DRACHE von Carlos López Estrada und Don Hall & ENCANTO von Byron Howard und Jared Bush (Disney+)

 

Auch Apple TV+ hatte eine exklusive Filmperle am Start, das zweite Werk von Regisseur Miguel Sapochnik nach REPO MAN. Noch als BIOS fürs Kino angekündigt, verkaufte Paramount Pictures den nun FINCH betitelten Sci-Fi-Endzeitfilm an Apple, der ihn im November ins Streamingangebot aufnahm. Tom Hanks spielt einen Ingenieur in einer von Sonneneruptionen zerstörten Welt, der einen Robotergefährten für seinen Hund Goodyear baut und eine gefährliche Reise nach San Franzisco antritt. Wirklich bedrohlich wird FINCH aber nicht, denn der Film konzentriert sich vor allem auf das berührende Gespann aus Mensch, Tier und Maschine.

 

 

Finch

Tom Hanks in FINCH von Miguel Sapochnik (Apple TV+)

 

Es ist jedoch nicht alles Streaminggold, was da durchs Glasfasernetz rauscht, neben vielen B-Movies, die früher als Videopremieren verramscht worden wären, gibt es auch ausgesprochen kostspielige Gurken. Um RED NOTICE gab es einen Bieterwettstreit zwischen Studios und Streamingdiensten, letztendlich landete die knapp 200 Million US-Dollar teure Produktion mit Ryan Reynold, Dwayne Johnson und Gal Gadot bei Netflix. Von den Gagen abgesehen sieht man das exorbitante Budget aber an kaum einer Stelle, sollte Netflix mal jemand verklickern, dass man das auch mindestens für die Hälfte inszenieren kann?

 

 

Streaming Flops 2021

Große Pläne, große Enttäuschungen: der lahme Indiana Jones Verschnitt RED NOTICE von Rawson Marshall Thurber mit Ryan Reynolds, Dwayne Johnson und Gal Gadot (Netflix), cooles Creature Design trifft auf dämliche Zeitreisestory in TOMMORROW WAR von Chris McKay (Amazon Prime) & die äh…selbsternannte Zombiequeen in ZACK SNYDERS ARMY OF THE DEAD (Netflix).

 

Amazon konterte im Big Budget Wettrennen mit dem Science-Fiction Tentakelspektakel THE TOMORROW WAR von Chris McKay, dessen Creature Design zwar aufsehenerregend daher kommt, storytechnisch wie dramaturgisch aber beinahe ein Rohrkrepierer ist. Leidlich unterhaltsam sind RED NOTICE und TOMORROW WAR dann aber doch irgendwie, nur fragt man sich, wie viel mehr möglich gewesen wäre als, wenn man nicht nur mit Übergröße auftrumpfen hätte wollen. Übergroß auch Zack Snyders ARMY OF THE DEAD auf Netflix, ein kolossaler Hubba Bubba Ziehkaugummi von 148 Minuten Länge, das is zu viel, Zack, du hast zu viel genommen. Und noch was, Zack. Niemals darf man in einem Film einen Schauspieler „Easy Peasy Lemon Squeezy“ sagen lassen!

 

 

DER PRINZ AUS ZAMUNDA 2

Gurke des Jahres 2021: DER PRINZ AUS ZAMUNDA 2 von Craig Brewer mit Eddie Murphy und Wesley Snipes

 

Doch den Flopvogel abgeschossen hat am Ende dann doch Amazon. RED NOTICE, TOMORROW WAR und ARMY OF THE DEAD sind zarte Gürkchen, die gammelige Megagurke des Jahres 2021 aber geht an DER PRINZ AUS ZAMUNDA 2 von Craig Brewer mit Eddie Murphy. Jenes Dreamteam, welches vor zwei Jahren mit DOLEMITE IS MY NAME auftrumpfte, Eddie Murphy und Wesley Snipes ein grandioses Comeback bescherte, liefert mit DER PRINZ VON ZAMUNDA 2 ein Machwerk ab, welches einfach nur erschüttert und an Körperverletzung grenzt. Was zur Hölle ist da schiefgelaufen? Teil 1 aus dem Jahr 1988 ist ein Klassiker, die Fortsetzung ein reines Desaster, debiler Plot, lustlos dahinerzählt und penetrant zotig hart über der Schmerzmembran. Aber egal, viel wichtiger ist:

 

Aligator-Loki ist der neue Baby-Yoda!

 

Kinoblockbusterfeeling, Serienstorytelling und Fanservice, das alles hat in diesem Jahr niemand so perfekt gemischt wie die Marvel Studios mit einem exklusiven Serienangebot für Disney+. Phase 4 im Marvel Cinematic Universe wurde vor allem von den neuen Serien vorngetrieben, dass das so gut funktioniert, hätte ich nicht vermutet, doch es geschah. Alle vier Serien sind clever konzipiert und der Traum eines jeden Comicfans, die Erste und gleichzeitig Mutigste, Kreativste und auch Herzlichste war die Sitcompilation WANDAVISION im Januar, aus diesem kühnen Grunde bekommt sie auch den Traumfalter Award Überraschung des Jahres.

 

 

WANDAVISION

Überraschung des Jahres 2021: WANDAVISION von Matt Shakman mit Elizabeth Olsen und Paul Bettany (Disney+)

 

WANDAVISION erzählt nicht nur, wie es mit den Figuren Wanda Maximoff und Vision nach den Ereignissen in AVENGERS: ENDGAME weitergeht, kleidet diese Geschichte in das Gewand einer Best-of-Sitcom-Revue, die stilistisch an die jeweiligen Fernsehdekaden anlehnt ist. Das Ganze ist allerdings nicht nur Show, sondern eingewickelt einen ziemlich coolen Plot, welcher außerhalb der WANDAVISION in bekannter MARVEL Manier inszeniert ist. Von Slapstick bis zu überdramatischer Epik ist alles dabei, was das Herz von Fans der Marvel Comics höherschlagen lässt. Ein grandioser Einstieg in ein neues Kapitel MCU, doch es wird noch besser.

 

 

Anthony Mackie, Sebastian Stan & Daniel Brühl in THE FALCON AND THE WINTER SOLDIER, Sophia Di Martino & Tom Hiddleston in LOKI und Jeremy Renner und Hailee Steinfeld in HAWKEYE (Disney+)

 

Von allen vier Marvel Serien mag THE FALCON AND THE WINTER SOLDIER vielleicht die schwächste sein, aber auch hier gibt es fulminante Kinoaction und ein superbes Wiedersehen mit Daniel Brühl als Baron Helmut Zemo, der eigentliche Star der Serie. Doch dann ließ es Kevin Feige so richtig krachen. In LOKI wurde ebenfalls ein Faden aus AVENGER: ENDGAME fortgeführt, welches den Titelhelden in das Hauptquartier der Zeithüter teleportiert. Neben wilden Zeitstrahlquerelen begeistert in LOKI vor allem Sophia Di Martino als weiblicher Loki Sylvie, das Finale der Serie ist eine episches Fantasy-Eruption. Und als ich dachte, das sei nicht zu toppen, erst Recht nicht HAWKEYE, der nie mein liebster Avenger war – Pustetorte – auch HAWKEYE ist hochgradig unterhaltsam und lebt vor allem von den beiden Hautfiguren Clint Barton und Kate Bishop, letztere hinreißend gespielt von Hailee Steinfeld.

 

 

Serien Netflix 2021

Ewan McGregor ist HALSTON von Daniel Minahan, Hamish Linklater in MIDNIGHT MASS von Mike Flanagan & Christian Convery in SWEET TOOTH (Netflix)

 

So hinreißend die neuen Marvel Serien waren, für den Award Serie des Jahres reichte es knapp nicht, die Konkurrenz war riesig. HALSTON mit Ewan McGregor als Modeikone Roy Halston Frowick wandelt erzählerisch wie dramaturgisch auf den Pfaden des Vorjahresiegers DAS DAMENGAMBIT und ist ebenso ein fantastischer Trip in drei Jahrzehnte Modegeschichte mit einem fulminant aufspielenden McGregor. Mit MIDNIGHT MASS dagegen hat Regisseur Mike Flanagan nach SPUK IN HILL HOUSE & BLY MANOR wohl sein Meisterstück abgeliefert hat und SWEET TOOTH erzählt die bildgewaltige und berührende Reise des Hirschjungen Gus durch eine Endzeitwelt, doch für keine der drei fantastischen Serien reichte es am Ende für die Spitzenposition.

 

 

MARE OF EASTTOWN

Serie des Jahres 2021: MARE OF EASTTOWN von Craig Zobel mit Kate Winslet und Evan Peters (Sky Atlantic)

 

Die Serie des Jahres 2021 für mich ist keine Blockbusterstaffel, kein High Concept und auch kein Crowd Pleaser, sondern die extrem dichte und wundervoll geschriebene Miniserie MARE OF EASTTOWN mit Kate Winslet, produziert von HBO und ein wenig abseits des Serienmainstreams auf Sky Atlantic veröffentlicht. MARE OF EASTTOWN ist ein klassischer Krimi, in dem Hauptfigur Marianne Sheehan einen lokalen Mordfall in einer Kleinstadt aufklären will. Neben Kate Winslets überragendem Spiel ist es vor allem das Geflecht an Nebenfiguren mit Fokus auf verschiedene Müttergenerationen und eine differenziertere Betrachtung einer White Trash Gesellschaft, die sonst eher kaltherzig dargestellt wird. Am Ende hat mich MARE OF EASTTOWN vor allem deshalb berührt, weil die Serie es geschafft hat, eine tiefe Zuneigung für die Figuren zu entwickeln, die noch lang nach dem Serienfinale nachhallt.

 

 

Zwischenzeitlich dachte ich, mit Apples Exklusivserie FOUNDATION sei ein wahrer Killer kurz vor Besteigen des Serienthrones, im wahrsten Sinne des Wortspiels, denn nach den ersten beiden Folgen sah alles danach aus, dass sich FOUNDATION zu einer Science-Fiction Version von GAME OF THRONES entwickeln würde. Doch leider konnte die Serie nach Werken von Isaac Asimov das hohe Niveau der ersten beiden Folgen nicht halten. Während der Plot um das imperiale Klontrio durchgehend faszinierend ist, fallen andere Handlungsstränge nach dem Auftakt merklich ab. FOUNDATION fängt sich zum Ende hin aber wieder und verspricht sicher für die nächste Staffel epische Science-Fiction, dann aber etwas mehr Fokus, wenn ich bitten darf.

 

 

Foundation

FOUNDATION nach Motiven von Isaac Asimov (Apple TV+)

 

Wenn es um Serien 2021 geht, darf natürlich die große Überraschung SQUID GAME nicht fehlen, beim ganzen Drumherum der gesellschaftlichen Diskussion um Erfolg und Gewaltnachahmung ging das Inhaltliche des südkoreanischen Battle Royal Verschnitts beinahe unter. Zu Unrecht, denn auch dramaturgisch und inszenatorisch ist SQUID GAME erstklassig, hochgradig unterhaltsam, gespickt mit moralischen Dilemmas und viel Subtext um Kapitalismus und Existentialismus, dazu noch audiovisuell betörend und eindringlich gespielt, von einem gewissen Hang zur Überdramatisierung mal abgesehen. Dass SQUID GAME zur erfolgreichsten Netflix Serie mit 142 Millionen Abrufen wurde, konnte sicher niemand vorhersagen, der arme Regisseur und Autor Hwang Dong-hyuk muss nun gegen sein Konzept schnell eine zweite Staffel nachschieben, der Arme. Gibt aber sicherlich schlimmere Schicksale.

 

 

Squid Game

SQUID GAME von Hwang Dong-hyuk (Netflix)

 

Viele viele bunte Seriensmarties 2021, hier noch ein paar echte Geheimtipps, Freunde. BRAND NEW CHERRY FLAVOR mit Rosa Salazar (ALITA: BATTLE ANGEL) hat mich voll geflasht, was für ein surrealer Trip ins Hollywood der 90er Jahre, bisschen Lynch, mehr noch UNDER THE SILVER LAKE, verschroben, sperrig, einfach faszinierend, zieht euch das rein! Auch THE FLIGHT ATTENDANT fand ich klasse, endlich darf Kaley Coucu zeigen, dass sie noch mehr auf dem Kasten hat als die wunderbare Penny aus THE BIG BANG THEORY. Margaret Qualley reiht sich mit MAID in die Riege großartiger Serienschauspielerinnen 2021 ein und spielt an der Seite ihrer Mama Andy McDowell ihre bislang ergreifendste Rolle als obdachlose junge Mutter.

 

 

Serien 2021

Serien Geheimtipps 2021: RosaSalazar und Catherine Keener in BRAND NEW CHERRY FLAVOR (Netflix), Kaley Coucu in THE FLIGHT ATTENDANT (Amazon Prime) & Margaret Qualley in MAID (Netflix)

 

So gänzlich abschließend ist dieses Serienfazit 2021 damit leider nicht, aber was will man machen. THE BOOK OF BOBA FETT erscheint leider erst am 29. Dezember auf Disney+, in Sachen STAR WARS kann ich als Fan aber auch dieses Jahr nicht meckern, sowohl THE BAD BATCH als auch die Anime Interpretationen in STAR WARS VISIONS fand ich großartig. Bei THE WITCHER und THE WHEEL OF TIME bin ich noch dran, die zweite Staffel WITCHER toppt bislang die Erste, THE WHEEL OF TIME indes hat noch nicht ganz einen Rhythmus gefunden, aber die Jungstars überzeugen und Rosamund Pike sowieso.

 

Stars, Comebacks, Breakthroughs & Goodbyes

 

Nun endlich ist es wieder soweit, die Awards für die besten Schauspielerinnen und Schauspieler, die Newcomer, Durchstarter und Comebackler werden vergeben. Zuvor wie immer ein Blick auf jene fantastischen Performances, die manchmal nur knapp an der Trophäe vorbeigeschrammt sind. So richtig gut lief das Jahr für Adam Driver, der in gleich drei Produktionen glänzte (THE LAST DUEL, HOUSE OF GUCCHI & ANNETTE). Aber Driver ist immer grandios und mein Herz gehörte in diesem Jahr bereits einem anderen Recken. Bevor wir den küren, ein kurzer Blick auf jene, deren Schauspiel mich 2021 beinahe restlos begeistert haben.

 

 

Best Film Performances 2021

Herausragende Performances 2021: Adam Driver in HOUSE OF GUCCI (aber auch THE LAST DUEL & ANNETTE, Agatha Rousselle in TITANE, Jesse Plemons in THE POWER OF THE DOG (aber auch in JUNGLE CRUISE & ANTLERS), Ana de Armas asl einziger Lichtblick in KEINE ZEIT ZU STERBEN, Zoe Kazan in CLICKBAIT, Daniel Kaluuya in JUDAS AND THE BLACK MESSIAH, Ruth Negga in PASSION & Anthony Hopkins, Oscarsgewinner für THE FATHER.

 

Nun aber. Er ist weder Newcomer noch auf dem Zenit seines Erfolges, er brilliert in kleinen Filmperlen wie in großen Blockbustern, er ist schlicht eine Wucht, obwohl ich oft ein bisschen Angst vor ihm habe, weil er manchmal so böse kuckt. Seine Bandbreite in diesem Jahr ist beeindruckender als Konkurrent Adam Driver und ganze zwei Mal hat er mich zu Tränen gerührt. Mine damer og herrer, der Award Schauspieler des Jahres 2021 geht an Mads Mikkelsen. In DER RAUSCH spielt Mikkelsen einen desillusionierten Lehrer, der mit Kollegen ein Experiment zur Lebensqualitätsverbesserung startet – ganztägig einen Alkoholpegel von 0,5 Promille zu halten. In HELDEN DER WAHRSCHEINLICHKEIT verkörpert er einen emotionslosen Vater, der nach dem Tod seiner Frau die Beziehung zu seiner Tochter neu finden muss, während er mit einer Gruppe von Nerds einen Rachefeldzug plant. Und in CHAOS WALKING spielt er einen echten finsteren Bürgermeister in fantastischen Outfits. Hjertelig tillykke, Mads!

 

 

Mads Mikkelsen

Schauspieler des Jahres 2021: Mad Mikkelsen in DER RAUSCH, HELDEN DER WAHRSCHEINLICHKEIT & CHAOS WALKING

 

Bei den Damen gab es eine Pattsituation, die mich dazu veranlasste, gleich zwei Awards zu vergeben, hab ja genug. Beide haben sich auch wirklich Mühe gegeben, sich gegenseitig zu übertrumpfen. Beide haben im Dreck gewühlt, um uralte Fossilien oder Artefakte auszubuddeln, beide haben sich in einer von toxischen Männern dominierten Gesellschaft durchgebissen, als Cop oder gar als Racheengel, all das so unglaublich ergreifend, herzlich, stark und feinfühlig, dass ich mich einfach nicht entscheiden konnte. So geht jeweils ein Award für die Beste Schauspielerinn 2021 an Carey Mulligan für PROMISED YOUNG WOMAN & DIE AUSGRABUNG sowie an KATE WINSLET für MARE OF EASTTOWN & AMMONITE. Denn ich will wirklich keinen Ärger bekommen, egal mit wem.

 

 

Carey Mulligan Kate Winslet

Schauspielerin(nen) des Jahres 2021: Carey Mulligan in DIE AUSGRABUNG & PROMISING YOUNG WOMAN und Kate Winslet in MARE OF EASTTOWN & AMMONITE

 

Große Freude auch über die Durchstarter des Jahres, junge Talente, die bereits früher aufgefallen sind und für die 2021 ein richtig gutes Jahr war. Im letzten Jahr bezauberte sie im Film des Jahres JOJO RABBIT das Publikum, in diesem Jahr spielte sie neben Schauspielerin des Jahres 2020 die Hauptrolle und Anya-Taylor Joy auch glatt an die Wand. Zudem begeistert sie in THE JUSTICE OF BUNNY KING als fantastische zweite Hauptfigur und veredelte auch in kleineren Rollen die Filme OLD von M. Night Shyamalan und THE POWER OF THE DOG von Jane Campino – der Award Durchstarter des Jahres 2021 geht an Thomasin Mckenzie.

 

 

Thomasin Mckenzie

Durchstarter des Jahres 2021: Thomasin Mckenzie in LAST NIGHT IN SOHO, OLD, THE JUSTICE OF BUNNY KING & THE POWER OF THE DOG

 

Ebenfalls ein starkes Tripple hatte Jungstar Fred Hechinger 2021 vorgelegt, allen voran als zwielichtiger Nachbarsjunge Ethan in Joe Wrights THE WOMAN IN THE WINDOW und als kurzzeitiger Begleiter von Tom Hanks und Helena Zengel in NEUES AUS DER WELT. In der Netflix Horrorfilm Trilogie FEAR STREET schlüpfte er gar in zwei weitere coole Rollen in verschiedenen Zeitebenen, was für ein Haudegen, dieser Fred Hechinger, von dem werden wir sicher noch viel sehen und hören in Zukunft.

 

 

Fred Hechinger

Durchstarter des Jahres 2021: Fred Hechinger in FEAR STREET TRILOGY, THE WOMAN IN THE WINDOW & NEUES AUS DER WELT

 

Es ist gar nicht so einfach, Jahr für Jahr echte Newcomer zu finden, dass jemand aus dem Nichts auftaucht und alle umhaut, ist überaus selten. Dennoch geschah dieses Phänomen in diesem Jahr gleich drei Mal. Zum einen mit Kea Peahu als hawaiianische Schatzsucherin in ABENTEUER ‘OHANA, das hat sie wirklich toll gemacht. Der südkoreanische Schauspieler Anupam Tripathi gab mit der Netflix Serie SQUID GAME sein Debüt in einer größeren Rolle und begeisterte als schüchterner Ali Abdul aus Pakistan, welcher das Preisgeld für seine Familie gewinnen will. Grandios ist auch der erst elfjährige Jude Hill, der aus über 300 Bewerbern für die Hauptrolle in Kenneth Branaghs BELFAST ausgewählt wurde und wohl als die Entdeckung des Filmjahres gilt.

 

 

Newcomer 2021

Newcomer des Jahres 2021: Kea Peahu in ABENTEUER OHANA, Anupam Tripathi in SQUID GAME & Jude Hill in BELFAST

 

Jude Hill sollte sich als Kinderdarsteller nicht unbedingt von ihm inspirieren lassen, aber auch ein ehemaliger Kinderstar erlebte 2021 ein fulminantes Comeback – Macalay Culkin in der zehnten Staffel AMERICAN HORROR STORY im Segment RED TIDE. Hier spielt Culkin einen heruntergekommenen und drogenabhängigen Stricher mit großem Herz, jede Szene mit ihm ist beeindruckend, so dass man hofft, Macalay Culkin bald wieder in tollen Rollen zu sehen, damit das ewige Gequatsche über seinen Absturz nach den großen Erfolgen wie KEVIN ALLEIN ZU HAUS und MY GIRL endlich mal aufhört – Macalay, du bist ne coole Type!

 

 

Macaulay Culkin

Comeback des Jahres 2021: Macaulay Culkin in AMERICAN HORROR STORY: DOUBLE FEATURE RED TIDE (ProSieben Fun)

 

Für die einen heißt es Willkommen im Starrummel, für andere bedeutet es einen Abschied aus dem Scheinwerferlicht und so geben wir hier wie immer jenen das letzte Geleit, welche die Leinwände auf Erden 2021 in Richtung Himmelszelt verlassen haben.

 

rip2021

Rest in Peace: Michael Apted (Regisseur, GORILLAS IM NEBEL), Christopher Plummer (KNIVES OUT), Yaphet Kotto (LEBEN UND STERBEN LASSEN), Marion Ramsey (POLICE ACADEMY), Thomas Fritsch (DER WIXXER), Halyna Hutchins (Kamerafrau, RUST), Ned Beatty (THE BIG EASY), Richard Donner (Regisseur DIE GOONIES), Jean-Paul Belmondo (DER PROFI), Melvin Van Peebles (SWEET SWEETBACKS LIED), Dean Stockwell (BLUE VELVET), Sonny Chiba (KILL BILL)

 

Ja das ist immer traurig, Leute. Wie kommen wir da jetzt drüber weg? Vielleicht mit einem Witz. Warum hat sich der Henker auf dem Heimweg verlaufen? Er hatte nur die Hinrichtung im Kopf. So, schon besser. Weiter gehts mit einer ähnlich makabren Überschrift.

 

Tritt auf meine Sandburg und ich hack dir den Kopf ab!

 

Endlich mal wieder ein großer Blockbuster, der 2021 zum Kinofilm des Jahres avancieren könnte, nichts anderes erwartete ich von Denis Villeneuves DUNE Neuverfilmung, die im September in die Kinos kam. Diese Erwartungen waren so hoch wie die Sanddünen auf Arakis, ein visionärer Regisseur, die fulminante Besetzung, der Stoff, von Villeneuve als STAR WARS für Erwachsene betitelt, an dem sich bereits andere Filmemacher die Zähne ausgebissen hatten, alles schrie nach Hit. Und auf Villeneuve ist Verlass, DUNE ist einfach ein überwältigendes Kinoerlebnis, audiovisuell ohnehin, aber auch mit manch erschreckender inhaltlicher Parallele zum aktuellen Weltgeschehen (Abzug der USA aus Afghanistan) und jeder Menge politischem Subtext.

 

 

Timothée Chalamet

Timothée Chalamet in DUNE PART ONE von Denis Villeneuve (Warner Bros.)

 

Ein Wehrmutstropfen aber blieb, DUNE ist eben auch das, was überraschend plakativ zu Filmbeginn eingeblendet wird – ein PART ONE. Somit endet das epische Sci-Fi-Fantasyfest auch glatt an einer Stelle, wo es erst richtig losgeht. Natürlich mutig von Warner, in diesen Zeiten auf eine Kinoexklusive Saga zu setzen, das hätte auch in den Sand gesetzt werden können. Das Einspielergebnis aber gab grünes Licht für die Fortsetzung, alles nochmal gut gegangen. Bis in den Dezember hinein blieb DUNE somit auch hier der Kandidat für den Besten Film des Jahres, doch dann meldete sich überraschend ein Konkurrent an. Auch der war episch hoch zehn, audiovisuell betörend, tief metaphorisch, aber er hatte zudem etwas, was DUNE fehlte – ein richtiges Ende. Möglich, dass DUNE als komplette Saga einmal die wahre Größe von Villeneuves Vision aufzeigen wird und damit Filmgeschichte schreibt.

 

Bis es aber soweit ist, heißt der Film des Jahres 2021 THE GREEN KNIGHT.

 

 

THE GREEN KNIGHT

Film des Jahres 2021: THE GREEN KNIGHT von David Lowery mit Dev Patel (Telepool)

 

Obwohl beide Filme episches Fantasykino darstellen, könnten DUNE und THE GREEN KNIGHT nicht unterschiedlicher sein, DUNE ist wesentlich konventioneller erzählt, THE GREEN KNIGHT dagegen überwiegend metaphorisch, fast schon ein Arthouse Film. Die Geschichte von Sir Gawain und dem grünen Ritter ist trotz mittelalterlicher Reimform eine Absage an die klassische Heldenreise und der Tugenden jener Ritterrecken, die Quest führt Sir Gawain in die Abgründe seiner Ängste, krude Männlichkeitsbeweise und Lebenssinnkrisen, alles wird in THE GREEN KNIGHT sauber seziert bis zerstückelt, beinahe zur Antithese der Heldenreise stilisiert. So etwas sieht man im Genrekino selten, es ist fast eine neue Erfahrung. Das Ganze wird zudem grandios getragen von Dev Patel, auch die Nebenrollen sind mit Alicia Vikander, Barry Keoghan und Joel Edgerton glänzend besetzt, ein wahrer Fantasy (Alp)Traum.

 

 

THE LAST DUEL

Adam Driver und Matt Damon in THE LAST DUEL von Ridely Scott (Walt Disney)

 

Ähnlich radikal widmet sich auch Ridley Scotts THE LAST DUEL dem Abgesang männlichen Heldentums. Scotts Spätwerk fasziniert dabei auf zwei Ebenen. Einerseits ist es ein optisch berauschendes Mittelalterfest, weniger fokussiert auf Schlachten und Getöse, sondern um eine realistische Darstellung jener Zeit bemüht, trotz spektakulärem Lanzenduell am Ende. Doch THE LAST DUEL erzählt eine ganz andere Geschichte in drei Perspektiven, eine Vergewaltigung, Schuld, Unschuld, Sühne, historisch verbürgt durch alte Aufzeichnungen bis hin zum letzten gesetzlich verbürgtem Duell, welches die Verantwortung aller in die Hände Gottes legt. Hat man sich einmal auf diese erzählerische Struktur eingelassen, fesselt THE LAST DUEL bis zur letzten Minute.

 

 

Actionkino 2021

Actionkino 2021: GODZILLA VS KONG von Adam Wingard (Warner Bros.), CASH TRUCK von Guy Ritchie (Studiocanal) & THE SUICIDE SQUAD von James Gunn (Warner Bros.)

 

In DUNE, THE GREEN KNIGHT und THE LAST DUEL werden Männlichkeitsbilder invertiert wie zerbrochen, bedeutet das wirklich das Ende des klassischen Jungskinos? Nicht ganz, auch 2021 gab es noch viel Testosteron für die Kinoleinwand. Als Gegensymbol durften sich King Kong und Godzilla gegenseitig die Fresse polieren und in geradezu archaischer Weise jenen Kampf austragen, den echte Männer nun eben auszutragen haben und bei dem Drumherum alles kaputt geht. Kann man so sehen, ich aber sehe in GODZILLA VS KONG einen weiteren spaßigen Part von Legendarys MonsterVerse Franchise. Geiles Männerkino gab es auch mit Guy Ritchies WRATH OF MEN, hierzulande CASH TRUCK betitelt, fand ich wirklich stark, reinrassiges Actionkino der alten Schule.

 

 

Franchises 2021

GHOSTBUSTERS: LEGACY von Jason Reitman, SPIDER-MAN: NO WAY HOME von John Watts (Sony Pictures) & MATRIX RESURRECTIOS von Lana Wachowski (Warner Bros.)

 

Dreimal dickster Fanservice 202, doch was begeisterte wirklich bei den großen Reboots, Franchisen und Fortsetzungen? Zumindest finanziell gab es einen großen Gewinner und der hieß Sony, ohne zeitgleichen oder zeitnahen Kinostart schrieben GHOSTBUSTERS: LEGACY sehr gute und SPIDER-MAN: NO WAY HOME fantastische Zahlen. GHOSTBUSTERS: LEGACY setzt auf neues Setting, junge Stars und Retrocharme, das funktioniert soweit und ist herzlich, nostalgisch und rührend. Leider hat man sich storytechnisch aus vielen Elementen von GHOSTBUSTERS aus dem Jahr 1984 bedient und diese quasi wild geremixt, damit erinnert das Reboot stark an STAR WARS: THE FORCE AWAKENS, was insgesamt ein wenig schade ist, den der Rest ist ziemlich gelungen, allen voran die Hauptfigur Phoebe, wundervoll gespielt von Mckenna Grace (YOUNG SHELDON) und der ergreifende Abschied von Harold Ramis.

 

SPIDER-MAN: NO WAY HOME setzt noch stärker auf die Vergangenheit und holt neben alten Bösewichtern auch Tobey Maguire und Andrew Garfield als Spinnenmänner zurück – leider gerät das ausschließlich zur Nummernrevue und zu nervigen „Weißt du noch…“ Nachplapperungen, aus dem großen Aufeinandertreffen wird einfach viel zu wenig gemacht, für mich ist SPIDER-MAN: NO WAY HOME eine ebenso große Enttäuschung wie bereits sein Vorgänger. Und dann war da noch MATRIX RESURRECTIONS, der etwas völlig anderes verfolgte, die Neuformung der Marke bis hin zur Parodie und einer ungewohnten Art von Anti-Fanservice. Was jetzt negativ klingt, ist in Wirklichkeit eher faszinierend anzuschauen, nie wurde die Fortsetzung einer großen Marke so pulverisiert und wieder zusammengesetzt. Doch nur die erste Hälfte hat diese Frische, der Rest nervt mit ewigen Erklärbärtiraden des Analytikers und miserablen Actionsszenen. Komischer Film, aber wenigstens mutiger als das SPIDER-MAN Gupfeltreffen.

 

Disney Kino 2021

Scarlett Johansson und Florene Pugh in BLACK WIDOW von Cate Shortland, Emma Stone in CRUELLA von Craig Gillespie & Emily Blunt und Dwayne Johnson in JUNGLE CRUISE (Walt Disney)

 

Disney indes setzte 2021 voll auf starke weibliche Hauptfiguren in großen Produktionen. Nach einem Jahr Verspätung lief endlich BLACK WIDOW in den Kinos an, zeitgleich aber auch per VIP-Zugang im Heimkino. BLACK WIDOW wurde zwar dezent vom MARVEL Serienzug überrollt, macht aber immer noch Spaß, obgleich die Show hier für mich eher Florence Pugh als Scarlett Johansson gehört. CRUELLA erzählt die Vorgeschichte zum Disney Zeichentrickklassiker 101 DALMATINER, Emma Stone ist einfach hinreißend als junge Cruella De Vil, Ausstattung und Soundtrack ebenso. Überraschenderweise funktioniert auch JUNGLE CRUISE mit Emily Blunt für mich ganz hervorragend, hat viele klassische Indiana Jones Vibes, jede Menge Drive und coole Momente.

 

 

SHANG CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS

SHANG CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS von Destin Daniel Cretton (Walt Disney)

 

Auch SHANG CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS ist spaßiges und wuchtiges Fantasykino, der 25. Marvel Film rangierte lang auf Platz 1 der US-Kinocharts und wurde erst kurz vor Jahresende von Sonys SPIDER-MAN: NO WAY HOME entthront. Aber nicht alles, was auf Comics basiert, kam 2021 aus dem Hause MARVEL oder Sony. Nur eben fast alles. Einzig THE SUICIDE SQUAD von James Gunn hielt im Kino die Fahne für das DC-Universum hoch, das jedoch in gewohnt unangepasster und brachialer Höchstform des einst von Disney geschassten Kultregisseurs. THE SUICIDE SQUAD von James Gunn macht locker die erste Verfilmung vergessen und zugleich Vorfreude auf die geplante DC-Serie PEACEMAKER.

 

 

Kino Enttäuschungen 2021

Enttäuschungen 2021: An Daniel Craig liegt es nicht, dass KEINE ZEIT ZU STERBEN eher den lahmen Bond Teilen EIN QUANTUM TROST und SPECTRE folgt. Tom Hardy & Venom sind weiterhin cool, aber Woody Harrelson als Carnage ist eine Enttäuschung in VENOM: LET THERE BE CARNAGE. TOM & JERRY schlittert von einer Peinlichkeit in die nächste, viel besser gelang die Rückkehr der Looney Tunes in SPACE JAM: A NEW LEGACY.

 

Der erfolgreichste Film 2021 in Deutschland indes taucht hier in den Best-of Panels gar nicht auf, was war da los mit KEINE ZEIT ZU STERBEN, dem letzten Bond mit Daniel Craig, das auch noch unter der Regie des großartigen Regisseurs Cary Fukunaga (MANIAC)? Ich weiß es nicht, CASINO ROYAL und SKYFALL fand ich großartig, KEINE ZEIT ZU STERBEN folgt aber eher den maueren Teilen EIN QUANTUM TROST und SPECTRE. Dabei trifft die Kritik weniger Craig als alle anderen Beteiligten, vor allem von Rami Malek als Bösewicht war ich schwer enttäuscht. Auf das Gerede bezüglich der Heldenzertrümmerung, der politischen Korrektheit und aller anderen Unkenrufe gebe ich indes einen feuchten Fuzzi, ich fand BOND Nr. 25 schlichtweg langweilig.

 

 

So sehr ich DUNE und THE GREEN KNIGHT in diesem Jahr vergöttert habe, den größeren Nachhall im Inneren verursachten drei Filmwerke abseits des Blockbuster Mainstreams. Allen voran DER RAUSCH von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen, völlig zu Recht mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Dass mich mit HELDEN DER WAHRSCHEINLICHKEIT ein weiterer Film aus Dänemark tief im Herz berührt hat, obendrein ebenfalls mit Mad Mikkelsen besetzt, ist irgendwie skurril, aber bei Filmemachern wie Thomas Vinterberg und Anders Thomas Jensen auch nicht verwunderlich.

 

 

Der Rausch

DER RAUSCH von Thomas Vinterberg (Weltkino)

 

Und dann war da noch PROMISING YOUNG WOMAN von Emeral Fennell, zu Recht ausgezeichnet mit dem Oscar für das beste Originaldrehuch, mit Carey Mulligan in einer überwältigenden Hauptrolle. Dabei ist PROMISING YOUNG WOMAN mehr als die ihm verliehene Bezeichnung #MeToo-Rachethriller. Der Sogwirkung der entfaltenden Story kann man sich kaum entziehen, am Ende will man gar wegschauen, aber der Film ist definitiv kein Männerhasserfilm, er ist auch ein tragischer Liebesfilm, ein Schwarzer Thriller in gellem Pink, komplett getragen von Mulligans hinreißendem wie angstmachendem Spiel und dem mikroskopischen Brennglas von Regisseurin Fennell auf eine Welt, welche trotz aller scheinheiliger Sensibilisierung noch immer viel zu viel duldet und zulässt.

 

 

Actress 2021

Oscar für Frances McDormand in NOMADLAND, Cary Mulligan in PROMISING YOUNG WOMAN & Michelle Pfeiffer in FRENCH EXIT

 

Aus der diesjährigen Oscar Saison blieben auch Chloé Zhaos NOMADLAND mit Frances McDormand hängen sowie Anthony Hopkins großartige Performance in THE FATHER. Auch JUDAS AND THE BLACK MESSIAH empfand ich als überaus spannende Filmbiographie um die Black Panther Bewegung in den 60er Jahren. Wes Anderson ist zurück mit THE FRENCH DISPATCH und wieder in Topform, weniger Varieté, aber immer noch köstlich absurd. Ein bisschen Wes Anderson light kam auch mit FRENCH EXIT in die Kinos, in dem Michelle Pfeiffer richtig groß aufspielt und der mit Lucas Hedges und Imogen Potts auch in den Nebenrollen glänzend besetzt ist.

 

Blutrot im siebten Genrehimmel

 

Wenngleich die Krise vor allem 2021 diverse Produktionen ausbremste, war es dennoch ein qualitativ gutes Jahr für den deutschen Film, insbesondere dem Deutschen Genrefilm. Der ganze große Wurf gelang der Rat Pack Produktion BLOOD RED SKY von Peter Thorwarth (BANG BOOM BANG), welcher zum erfolgreichsten deutschen Netflix Film 2021 avancierte. BLOOD RED SKY besticht durch einen cleverer Plottwist, der ihn von andereren Werken des Subgenres Vampirfilms abhebt, bei dem es in den letzten Jahren eher wenig Innovationen gab. Gleichzeitig ist BLOOD RED SKY ein krachiger Actionthriller, ungemein physisch, manchmal bisschen drüber (Alexander Scheer, was zur Hölle?), aber immer auf den Punkt inszeniert. Bis auf das Ende, irgendwie hätte das ein bisschen epischer sein können. Abgesehen davon ist BLOOD RED SKY eine Furie des Neuen Deutschen Genrefilms.

 

 

Blood Red Sky

German Genre Award 2021: BLOOD RED SKY von Peter Thorwarth (Netflix)

 

Etwas untergegangen ist dagegen ein anderer deutscher Genrebeitrag, TIDES von Tim Fehlbaum, der im August in die deutschen Kinos kam. Zehn Jahre nach Fehlbaums Erfolg HELL erzählt auch TIDES eine Endzeitgeschichte, stärker geprägt von klassischer Science-Fiction als die Endzeitvision HELL, aber die Verbindungen sind deutlich sichtbar. Die Astronautin Blake kehrt Mitte des 21. Jahrhunderts von der Kolonie Keppler auf die bis dato unbewohnbare Erde zurück, um Chancen für eine Neukolonialisierung auszumachen, gerät in die Hände von Ödländern und muss nicht nur um ihr eigenes Überleben kämpfen. Stilistisch angelehnt an MAD MAX oder WATERWORLD besticht TIDES durch eine dichte Atmosphäre aus einfachen visuellen Mitteln, einer starken Performance von Hauptdarstellerin Nora Arnezeder und teils prominentem Nebencast wie Iain Glen und Sebastian Roché.

 

 

Tides

TIDES von Tim Fehlbaum (Constantin Film)

 

Auch im Serienbereich mischen deutsche Produktionen wieder fleißig mit. Zu einem deutschen Genre Haudegen entwickelt sich mittlerweile Schauspieler Moritz Bleibtreu, nach seinem grandiosen Regiedebüt CORTEX spielt er in BLACKOUT einen ehemaligen Hacker, der einen europaweiten Stromausfall untersucht, für den er sich indirekt verantwortlich fühlt. Noch besser ist Bleibtreu aber in der Rolle des Kunstfälschers Konrad Kujau in der Serieninterpretation des Skandals um die gefälschten Hitlertagebücher FAKING HITLER, produziert von UFA Fiction für RTL+, die tonal nicht so schwarzsatirisch wie SCHTONK! daherkommt, aber im Angesicht der skurrilen wahren Ereignisse immer noch zum Schießen ist. Neben Bleibtreu spielt sich auch Lars Eidinger die Seele aus dem Leib.

 

 

Faking Hitler

Beste Deutsche Serie 2021: FAKING HITLER von Wolfgang Groos und Tobi Baumann (RTL+)

 

Mit A PURE PLACE kam zudem der neue Film von Nikias Chryssos in die Kinos, nach seinem brillanten Debüt DER BUNKER 2015 von mir natürlich mit Spannung erwartet, leider konnte ich den Film bislang noch nicht sehen, aber ich vertrau da einfach mal auf Chryssos. Leider habe ich auch SKY SHARKS bislang verpasst, aber was soll bei Nazi-Zombies auf fliegenden Kampfhaien mit Oliver Kalkofe als Hermann Göhring schon schief gehen? Mit DER BOANDELKRAMER UND DIE EWIGE LIEBE und CATWEAZLE gab es 2021 zwei Produktionen, die einerseits deutsche Lokalfolklore und andererseits eine Neuinterpretation einer kultigen Fernsehserie mit behutsameren Genremitteln dem Publikum vermitteln wollten. Grundsätzlich mag ich beide Filme und Herangehensweisen, leider ist der zweite BOANDELKRAMER nicht schwarzhumorig und CATWEAZLE nicht anarchistisch genug, aber die Tendenz stimmt.

 

 

Abseits von deutschen Genrebestrebungen empfand ich auch andere deutsche Filme besser als in den Vorjahren. Vor allem mochte ich das Regiedebüt von Daniel Brühl NEBENAN, auch Karoline Herfurths erste Regiearbeit WUNDERSCHÖN sieht vielversprechend aus, startete aber erst nach Redaktionsschluss. Anke Engelke spielte in MEIN SOHN wohl ihre beste Hauptrolle bislang, Detlef Buck meldete sich mit der überraschend schwungvollen Adaption von Thomas Manns BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS FELIX KRULL zurück und auch der neue Film von Stefan Ruzowitzky HINTERLAND, bei dem die deutsche Lieblingsfilm als Koproduzent beteiligt war, ist wieder eine Sternstunde in der Filmographie des österreichischen Oscar-Preisträgers.

 

B-Movie Milkshake in Space

 

Am heftigsten betroffen von der anhaltenden Krise ist sicherlich der internationale Genrefilmmarkt für kleinere Produktion. Deutlich wurde das auch hierzulande auf dem Fantasy Filmfest, welches zwar wacker zwei Ausgaben bestritt, filmtechnisch aber einen eher schwachen Jahrgang darstellte. In Erinnerung geblieben ist bei mir lediglich LAMB, GAIA und COME TRUE, schade, denn die Auswahl des Fantasy Filmfestes bestimmte in den Vorjahren maßgeblich das Genreprogramm abseits des Mainstreams. Nachdem Videopremieren so gut wie gar nicht mehr erscheinen, bleibt auch hier nur Streaming, um die ein oder andere Perle auszumachen.

 

 

LAMB

LAMB von Valdimar Jóhannsson (Koch Films)

 

Drei minimalistische High Concept Filme haben bestens unterhalten. Der Sci-Fi Thriller STOWAWAY kam hierzulande sogar in die Kinos, anderswo gings direkt zu Netflix. Auf dem Weg zum Mars entdeckt die dreiköpfige Crew einen blinden Passagier an Bord des Raumschiffes, dessen Anwesenheit recht bald das Überleben aller Insassen gefährdet, darunter Anna Kendrick und Toni Collette. In OXYGEN erwacht Mélanie Laurent zu früh in einer Raumkapsel, in der alsbald der Sauerstoff ausgeht, was OXYGEN zu einer Sci-Fi Variante von BURIED macht, von Genrespezialist Alexandre Aja ziemlich spannend inszeniert. Eng wirds auch in MEANDER, in dem eine Tramperin von einem Serienkiller in ein Labyrinth voller Fallen gesteckt wird, auch das fand ich hochgradig nervenkitzelig.

 

 

Sci Fi Film 2021

Unterhaltsame bis clevere Sci-Fi-High Concept Filme im Stream oder Direct-toDisc: STOWAWAY von Joe Penna, OXYGEN von Alexandre Aja (Netflix) & MEANDER – SURVIVAL INSTINCT von Mathieu Turi (Splendid Film)

 

B-Movie Action gibts via Streaming zuhauf, zum Beispiel GUNPOWDER MILKSHAKE, der das Fantasy Filmfest 2021 im September eröffnete, seit Juni aber bereits auf Netflix US abrufbar war. GUNPOWDER MILKSHAKE ist alles andere als originell, aber cool besetzt mit Karen Gillian, Lena Headey und Paul Giamati. Mary Elizabeth Winstead und Woody Harrelson mag ich auch sehr und deshalb gefiel mir auch der JOHN WICK Verschnitt KATE auf Netflix, aber Woody Harrelson enttäuscht hier leider genauso wie in VENOM 2, schade. Für Videospielfilmfreunde war 2021 sogar ein großartiges Jahr, neben dem vergnüglichen FREE GUY erschien mit BOSS LEVEL eine trashige B-Movie Version von UND TÄGLICH GRÜßT DAS MURMELTIER mit Frank Grillo sowie Mel Gibson und Naomi Watts in Nebenrollen. Und dazu gab es ja auch noch die Realverfilmungen von MORTAL COMBAT, MONSTER HUNTER und sowohl eine Serienverfilmung wie einen neuen Spielfilm im beliebten RESIDENT EVIL Universum. Alles richtig schön schlecht.

 

 

Run

Genre-Geheimtipp RUN von Aneesh Chaganty (LEONINE)

 

Ein Genregeheimtipp noch, bevor wir die besten Horrorfilme küren, ein erstklassiger Psychothriller erschien gleich im Januar direkt digital oder via Blu-Ray – RUN mit Sarah Paulson und Newcomerin Kiera Allen. In RUN wird Teenagerin Chloe von ihrer Mutter von der Außenwelt abgeschnitten, denn Chloe sitzt im Rollstuhl und leidet gleich unter einer Vielzahl von Krankheiten. Eines Tages jedoch kommen Chloe Zweifel, ob hinter der Fürsorge ihrer Mutter nicht doch etwas anderes steht. Mehr zu verraten würde den Filmspaß ruinieren, denn RUN ist ein Psychothriller der bitterböstesten Sorte. Darüber hinaus ist RUN auch deshalb bemerkenswert, weil Kiera Allen nach über 70 Jahren erst die zweite US-Schauspielerin ist, die selbst im Rollstuhl sitzt.

 

Time To Cut Out The Cancer

 

Wie immer schließen wir den Jahresrückblick mit einer meiner liebsten Passionen, dem Horrorfilm. Der beste Horrorstreifen 2021 ist endlich mal kein Spalter wie RELIC, MIDSUMMER oder SUSPIRIA in den Vorjahren, sondern wirklich ein klassischer Horrorfilm, ein Slasher, darüber hinaus aber auch ein Twist-Movie, welcher tatsächlich neuen Schwung in das Subgenre bringt, eine gar grässliche Horrorikone installiert, die gehörig Schrecken verbreitet und die trotz des geschlossenen Endes gern wiederkommen darf, denn sie ist fucking angsteinflößend. Leider darf ich nicht mehr verraten, denn erleben muss man Trip wie Twist schon alleine, liebe Kinder. Der Horrorfilm des Jahres heißt MALIGNANT.

 

 

Malignant

Horrorfilm des Jahres 2021: MALIGNANT von James Wan (Warner Bros.)

 

Horror und Fortsetzungen, das gehört zusammen wie Marmelade und Käse, doch nicht immer funktioniert das, das ist vor allem dem Horrorfilmfan wohl bewusst. Hervorragend geklappt hat das 2021 mit der Fortsetzung zu A QUIET PLACE, die da weitermacht, wo Teil Eins 2018 aufhörte. Auch A QUIET PLACE 2 ist nervenzerfetzend spannend, toll gespielt von Emily Blunt, Cillian Murphy und vor allem den Kids, als Fortsetzung definitiv auf dem gleichen Level wie der Vorgänger. Nicht ganz so lief es mit dem offiziellen dritten Teil der CONJURING Reihe, die ja mittlerweile ein eigenes Filmuniversum darstellt und Dank Vera Farmiga und Patrick Wilson immer noch sympathisch ist, aber die große Spannung ist mittlerweile raus aus Exorzismusfilmen.

 

 

Sequels 2021

Horror-Sequels 2021 von Spitze bis Hacke: A QUIET PLACE 2 von John Krasinski (Paramount / Universal), CONJURING 3 – IM BANN DES TEUFEL von Michael Chaves (Warner Bros.) & HALLOWEEN KILLS von David Gordon Green (Universal Pictures)

 

Wann endlich hören Filmkritiker auf, bei einem neuen Film von M. Night Shyamalan die immerwährende Leier zu spielen, wie stark der Regisseur nach THE SIXTH SENSE nachgelassen hat. Hat er meiner Meinung nach nicht ausschließlich, denn neben Gurken wie THE HAPPENING oder AFER EARTH gehören LADY IN THE WATER, THE VILLAGE und SPLIT zu meinen Lieblingsfilmen. Und auch OLD finde ich ziemlich klasse. Diverse Urlauber finden sich an einem malerischen Strand wieder, doch nach einer Weile wird klar, hier stimmt irgendetwas überhaupt nicht. Weil Titel, Trailer und Plakat bereits spoilern, kann ichs ja sagen, an diesem Strand altert man rapide, was zu einigen cleveren Psychospielchen führt und ja, auch am Ende ist OLD ein typischer Shyamalan Twist-Movie, mich hat es gefesselt, aber Shyamalan wird dieses Bashing für den Rest seiner Karriere wohl nicht mehr losbekommen.

 

 

Old 2021

OLD von M. Night Shyamalan (Universal Pictures)

 

Der Horrorfilmplot ist egal, entscheidend ist die Inszenierung, so eine alte Bauernregel. Das bewiesen, oder eben auch nicht, in diesem Jahr zwei Filme mit dem altbekanntem Plotmotiv, eine Horrorgestalt zu erwecken, wenn man nur oft genug ihren Namen sagt. Prominentester Vertreter dieser Zunft ist nach wie vor der CANDYMAN, der durch Produzent Jordan Peele und Regisseur Nia DaCosta 2021 ein Remake spendiert bekam. Dabei ist CANDYMAN gar keine klassische Neuverfilmung, sondern Neuerfindung wie Fortsetzung des Clive Barker Originals gleichzeitig und ebenso finster wie dramatisch. Den gleichen Plot, nur mit einer anderen Schreckfigur, inszenierten Alexandre Bustillo und Julien Maury mit KANDISHA, aber hier funktioniert der Spuk nicht so spielerisch und vor allem längst nicht so gruselig und beklemmend. CANDYMAN bleibt hier Referenz.

 

 

Horrorfilme 2021

Schaurig gut: CANDYMAN von Nia DaCosta (Universal Pictures), ANTLERS von Scott Cooper (Walt Disney) & GAIA: GRÜNE HÖLLE von Jaco Bouwer (LEONINE)

 

Vom Fantasy Filmfest blieben in Sachen Horror lediglich zwei Filme hängen. Zum einen COME TRUE von Anthony Scott Burns (OUR HOUSE), ein kanadischer Sci-Fi Horrorstreifen, stilistisch zwischen Cronenberg, Lynch und Carpenter, storytechnisch dagegen sehr eigenwillig und vor allem gruselig. GAIA indes begeisterte mich durch das unheimliche Regenwaldsetting und das creepy Creature Design. Ebenso markerschütternd sind die Kreaturen aus der Guillermo Del Toro Produktion ANTLERS, der 2021 endlich auch in deutsche Kinos kam und wirklich furchteinflössend war.

 

 

TV Horror 2021

TV Horror 2021: FEAR STREET TRILOGY von Leigh Janiak (Netflix), AAMERICAN HORROR STORY: DOUBLE FEATURE mit RED TIDE & DEATH VALLEY (ProSieben Fun)

 

Horror ist mittlerweile auch immer für einen guten Serienstoff gut, da allerdings gab es 2021 Licht und Schatten. Begeistert hat mich definitiv die Netflix Trilogie FEAR STREET nach der Jugendbuchreihe von R. L. Stine, welche mit den Teilen 1994, 1978 und 1666 gleich drei Horrorfilm Subgenre thematisierte wie visualisierte und das in höchstem Maße spaßig, blutig und toll besetzt mit coolen Jungdarstellern, deren Gesichter man aus STRANGER THINGS wiedererkannte, darunter Maya Hawke und Sadie Sink.

 

 

Auch mit der Kultserie AMERICAN HORROR STORY ging es weiter, neben Staffel Zehn, einem Double Feature aus lovecraftscher Vampirgeschichte (RED TIDE) und 50er Jahre Alien Invasion Trash in Schwarz-Weiß (DEATH VALLEY), die wieder an die Glanzzeiten der Anthologie anschloss, gab es auch das Spin-off AMERICAN HORROR STORIES, welches fast durchweg gurkig war. AMERICAN HORROR STORY war schon immer etwas trashig, aber die Stärke der Anthologieserie lag eindeutig im Storytelling über 10 Episoden hinweg. Wenn das wie im Fall AMERICAN HORROR STORIES wegfällt und ideenlosen Kurzfilmchen weichen muss, bleibt eigentlich nix interessantes mehr übrig, da hilft auch keine Billie Lourd oder das Setting aus Staffel 1.

 

 

Horror Extrem 2021

Verstörend & Kontrovers 2021: V/H/S/94 (Shudder), nach vier Anläufen endlich eine FSK-Freigabe für THE SADNESS von Rob Jabbaz (Capelight) und gar nicht mehr so umstritten, aber auch kein Rohrkrepierer – SAW SPIRAL von Darren Lynn Bousman (Lionsgate)

 

Eine schauderlich-schöne Überraschung kam dagegen mit der mittlerweile vierten Ausgabe der Horror Anthologie V/H/S namens V/H/S/94 via Shudder daher, die im Gegensatz zu V/H/S VIRAL von 2014 wieder qualitativ an die ersten beiden Teile anschloss. Richtig creepy Zeug, was sich da hinter den Kurzfilmsegmenten innerhalb der Rahmenhandlung um ein Squad Team verbirgt. Wellen schlug 2021 auch der taiwanesische Film THE SADNESS, der es nach seinem Start auf dem Fantasy Filmfest erst nach drei Anläufen durch die FSK geschafft hat. Wer den Splatterreigen auf dem Fantasy Filmfest verpasst hat, bekommt nun ab 10. Februar 2022 nochmal die Gelegenheit, das Ganze ungeschnitten auf der Kinoleinwand erleben zu dürfen.

 

And then I go and spoil it all…

 

Am Ende des Filmjahres angekommen, das Ränzlein an den Gehstock geschnürt und bereit zur Weiterfahrt, so schließt nun unsere Reise durch 2021. Inzwischen habe auch ich Weihnachten überstanden, hinke Euch aber immer noch ein wenig hinter, einholen werde ich Euch nie. Dafür sind mir als Chronisten die Begriffe Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einfach zu fremd, ich lebe in ausschließlich im Plusquamperfekt. Der Rest gehört Euch, auch die Rosen, ich will sie nicht. Filmzeugs zu lüften nun, Geheimnisse, die darin ruh’n, das wird immer meine große Passionsfrucht bleiben, aber wer weiß wohl, was die Vergegenwärtikunft bringt?

 

 

Redaktionsschluss verpasst: ETERNALS (Walt Disney, ab 12. Januar 2022 auf Disney+), THE BOOK OF BOBA FETT (Walt Disney, ab 29. Dezember 2021 auf Disney+) & der neue Fillm von Joel Coen THE TRAGEDY OF MACBETH, erstmals ohne Beteiligung seines Bruders Ethan (seit 25. Dezember 2021 im Kino, ab 14. Januar 2022 auf Apple TV+)

 

Für alle, die sich chronologisch nach vorn bewegen, erwartet das Jahr 2022 wieder neuen Zündstoff für Filmfanraketenschnüre mit THE BATMAN und einer neuen THE LORD OF THE RINGS Serie. Vielleicht können wir an dieser Stelle in einem Jahr ein weiteres Mal aus dem Plauderkästchen bunte Jahresrückblicksschnitte nähen, vielleicht bin ich aber schon weitergezogen in Tundren oder Salzwüsten und berichte am Lagerfeuer denen, die vorbeigelaufen, von Wunderwerk der Filmgeschichte. Nun bleibt mir nur noch, Euch freies Geleit zu gewähren, husch husch, das Portal steht offen, aber nicht drängeln. Einen geruhsamen Jahresausklang und Pauken und Trompeten zum Start ins neue Jahr. Eure Traumfalter Filmwerkstatt.

 

 

One Comment

  1. Antworten

    […] Der Traumfalter Jahresrückblick 2021 Film year in a nutshell. Auf den Rückblick der Traumfalter Filmwerkstatt habe ich mich schon gefreut. 🙂 Der ausführlichste Rundumschlag überhaupt: Business, Branche, Tops, Flops, … alles dabei. […]

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Christian Hempel | Autor, Dramaturg und Stoffentwickler | Gesslerstraße 4 | 10829 Berlin | +49 172 357 69 25 | info@traumfalter-filmwerkstatt.de