32. Fantasy Filmfest
Das 32. Fantasy Filmfest steht vor der Tür, beziehungsweise den Toren sieben deutscher Großstädte, los geht’s ab 05. September in Berlin. Das internationale Genre-Filmfestival geht also nach den White Nights im Januar und den Nights im April mit 50 Filmen plus Kurzfilmrolle in die Vollen. Business as usual, möchte man meinen, doch in diesem Jahr gibt es Abweichungen im Festivalverlauf. Leipzig hat es letztendlich nicht unter die Festivalstädte geschafft, schade. Auch die Nürnberger und Stuttgarter müssen mit einem abgespeckten Best-Of Programm leben, ganze 18 Filme laufen dort nämlich nicht. In Berlin wiederum finden die Vorstellungen am Dienstag, den 11. September im Zoo Palast statt anstelle im Cinestar am Potsdamer Platz und kosten einen Euro mehr pro Ticket.
Abgesehen von diesen internen Abweichungen bietet Rosebud Entertainment im Jahr 2018 wieder eine volle Wundertüte an internationalen Genrekleinoden aus 19 Ländern. Wir werfen traditionell einen ersten Blick auf das Programm und die mutmaßlichen Highlights und schließen das diesjährige Festival Ende September mit einem Quick´n´Dirty Reviewbuffet ab, an dem sich jeder laben kann. Schauen wir uns zunächst das Rahmenprogramm an, das ist in jedem Fall ein wenig flockiger als im Vorjahr.
Eröffnungsfilm in diesem Jahr ist der US-amerikanische Horrorfilm MANDY von Panos Cosmatos, der bereits mit seinem surrealem Debüt BEYOND THE BLACK RAINBOW 2010 für Furore sorgte. Sein Zweitwerk wurde schon in Cannes bejubelt und verhilft dem Hauptdarsteller Nicolas Cage im besten Fall zu einer Art Comeback. Verdient hätte er es, denn Nicolas Cage betritt nicht zum ersten Mal Horrorfilmpfade (TRESPASS, MOM AND DAD, unvergessen im Bärenkostüm in WICKER MAN). MANDY hingegen schaut alles andere als unfreiwillig komisch aus, das Sekten-Rache Drama verspricht einen wahnhaft-psychodelischen Trip der alten Schule voller Nebel und Farbfilter sowie einen brachialen Metalsoundtrack des diesjährig verstorbenen Komponisten Jóhann Jóhannsson.
Centerpiece in diesem Jahr ist der schwedisch-dänische Fantasy-Horrorthriller BORDER um die Grenzbeamtin Tina, die ein entstelltes Gesicht hat, dafür aber einen besonderen Geruchssinn. An der schwedischen Grenze kann sie nicht nur Schmuggelware erschnüffeln, sondern auch menschliche Schuld und Angst olfaktorisch wahrnehmen. Eines Tages lernt Tina den ebenfalls entstellten Vore kennen und eine ungewöhnliche Beziehung bahnt sich an. BORDER basiert auf einem Roman von John Erik Ajvide Lindqvist (SO FINSTER DIE NACHT), inszeniert wurde die obskure Liebesgeschichte von Ali Abbasi (SHELLEY).
Im Director’s Spotlight steht in diesem Jahr David Robert Mitchell, der 2014 mit dem Horrorfilm IT FOLLOWS einen modernen Klassiker erschuf. Sein neues Werk heißt UNDER THE SILVER LAKE und ist ein Noir-Thriller um eine skurrile Odyssee durch Los Angeles. Andrew Garfield spielt einen abgehalfterten Typen namens Sam, der sich auf die Suche nach einem verschwundenen, mysteriösen Mädchen begibt. Das Ganze ist irgendwo zwischen MULHOLLAND DRIVE und SOUTHLAND TALES angesiedelt und schaut nach einem echten Highlight im diesjährigen Programm aus.
Nach einen zünftigen Horrorfilmstart, einem Fantasy-Liebesdrama und einem Noir Thriller schließt das Festivalprogramm mit einem Zombie-Musical namens ANNA AND THE APOCALYPSE. Ich steh auf knallige Abschlussfilme, aber ein Musical ist ja nicht jedermanns Sache, STAGE FRIGHT von 2014 kam beispielsweise nur gemischt beim Publikum an. Trotzdem verspricht der britische ANNA AND THE APOCALYPSE eine überaus spritzige Closing Night zu werden, dank Hauptdarstellerin Ella Hunt, zombifizierten Schneemännern, handgemachten Effekten und hoffentlich coolen Songs.
Auch in diesem Jahr gibt es den Fresh Blood Award um die besten Debüt- und Zweitfilme, leider haben es nur sieben Titel in den Wettbewerb geschafft. Die Auswahl allerdings kann sich sehen lassen. Da hätten wir BOMB CITY von Jameson Brooks um die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Punks und Sportlern in texanischen Amarillo des Jahres 1997.
Aus Österreich kommt der Coming-Of-Age Horrorfilm THE DARK von Justin P. Lange mit Karl Markovics (DIE FÄLSCHER), der sehr stimmungsvoll ausschaut. Optisch ebenso galant gibt sich der US-kanadische Science-Fiction Western PROSPECT von Christopher Caldwell und Zeek Earl um eine Bruchlandung auf einem toxischen Mond.
Wesentlich witziger geht es allerdings im finnischen Beitrag HEAVY TRIP zu, einem Road Movie um eine Gruppe von Metalfans auf ihrem Weg zum größten Musik-Festival Skandinaviens, natürlich inklusive KISS Make-up und Sarg. Zynischere Töne schlägt dagegen PIERCING von THE EYES OF MY MOTHER Regisseur Nicolas Pesce an, dort plant ein Freier den Mord an einer Prostituierten (Mia Wasikowska), die den Bratenspieß allerdings gehörig umdreht.
Zwei Mysterystreifen runden den Fresh Blood Wettbewerb ab, zum einen das Regiedebüt von Autor Sergio G. Sánchez (THE IMPOSSIBLE, DAS WAISENHAUS) mit den Jungstars George MacKay (PETER PAN, CAPTAIN FANTASTC), Anna Taylor Joy (SPLIT, THE WITCH), Mia Goth (NYMPHOMANIC, A CURE FOR WELLNESS) und Charlie Heaton (STRANGER THINGS), die in MARROWBONE übernatürlichen Vorkommnissen im ländlichen Familienanwesen nachgehen müssen.
Zu guter Letzt verschlägt es einen 6jährigen Jungen in die unheimlichen Wälder Norwegens auf der Suche nach einer unsichtbaren Macht in VALLEY OF SHADOWS von Jonas Matzow Gulbrandsen. Nachdem dem Fund dreier verstümmelte Schafsleichen machen die Dorfbewohner Wölfe für die grausige Tat verantwortlich, aber die norwegischen Kids haben ganz andere Theorien.
Was aber läuft sonst noch im Programm? Wieder einmal wird das Fantasy Filmfest zu einem Wiedersehen mit illustren Filmemachern und ihren neuen Werken. Mit dabei in diesem Jahr sind Gaspar Noé mit CLIMAX, Quentin Dupieux mit KEEP AN EYE OUT und, Trommelwirbel, der neue Jim Hoskins Film ist am Start. Nach THE GREASY STRANGLER (2016) heißt es nun AN EVENING WITH BEVERLY LUFF LYNN, der Streifen verspricht wieder überaus bizarren Humor, mit der großartigen Aubrey Plaza in der Hauptrolle, zudem Emile Hirsch und Jemaine Clement aus WHAT WE DO IN THE SHADOWS.
Cleveren Witz verspricht auch AMERICAN ANIMALS um einen tollkühnen Überfall, mit Ewan Peters in der Hauptrolle sowie Urgestein Udo Kier, der auch einen Auftritt im neuen PUPPET MASTER Film namens THE LITTLEST REICH hat. Die Wiederbelebung der alten Reihe, die es immerhin auf 12 Filme geschafft hat, inszenieren Sonny Laguna und Tommy Wirkola (DEAD SNOW) nach einem Drehbuch von S. Craig Zahler (BONE TOMAHAWK, BRAWL IN CELLBLOCK 99). Das dürfte deftig werden.
Hier und da liest man einige vertraute Namen wie Colin Minihan (IT STAINS THE SANDS RED), der mit dem Horrorthriller WHAT KEEPS YOU ALIVE am Start ist. Aus Israel kommt die neue Produktion von Doron und Yoav Paz (JERUZALEM) mit dem Titel THE GOLEM, der zu Teilen die mystische Folkflore um den jüdischen Golem nacherzählt. Aus Mexico kommt der okkulte Horrorfilm THE INHABITANT, aus Argentinien der düstere paranormale Schocker TERRIFIED, in Koproduktion mit Chile MURDER ME, MONSTER, aus Indonesien und Südkorea der Geisterfilm SATANS SLAVES. Für düstere, schaurige, beklemmende, schockierende Stündchen ist 2018 also bestens gesorgt.
Etwas lockerer geht es hingegen in BAD SAMARITAN, ein irre spannender Psychothriller mit Dr. Who Star David Tennant, mit MEGA TIME SQUAD steht ein zünftiger Zeitreisespaß im Stil von TURBO KID in den Startlöchern, der japanische ONE CUT OF THE DEAD verspricht heftigen Splatterspaß und FUTURE WORLD von und mit James Franco wird hoffentlich eine unterhaltsame Trashgranate.
Nur eine deutsche Produktion hat es ins Programm geschafft, LUZ von Tilmann Singer, der bereits auf der Berlinale lief. Aber immerhin kommt mit WILDLING ein überaus interessanter Fantasy-Horror Streifen vom deutschen Regisseur Fritz Böhm mit Liv Tylor, Brad Dourif und der wundervollen Bel Powley um ein Mädchen, die isoliert von der Außenwelt in einer Waldhütte aufwächst.
Auf meinem Programmplan stehen zudem der Science-Fiction Film SOLIS, der britische AWAIT FURTHER INSTRUCTONS und BOARDING SCHOOL mit Samantha Matthis. Die Pilotfolge zur neuen Serie THE CRIMSON RIVERS nach Mathieu Kassovitz Kinofilm DIE PURPURNEN FLÜSSE schenke ich mir und warte auf die ganze Staffel. Dann lieber der skandinavische Noir Thriller VULTURES.
Soweit, so fantastisch. Alle Spielzeiten, Infos, Trailer, etc. findet ihr auf der offiziellen Fantasy Filmfest Seite, ab nächster Woche liegen die Kataloge in den Kinos aus, der Kartenvorverkauf startet am 27. August. Wir lesen uns wieder zum Quick´n´Dirty Ende September, bis dahin wünsche ich Euch ein tolles Fantasy Filmfest 2018 und einen schönen Spätsommer.